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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit viel tausend umschwermenden Seelen ange-
füllet/ die Vielheit der Götter gelehret/ und sie in
Zahlen verwandelt; am allermeisten aber mit den
albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung
der Seelen in andere menschliche und viehische
Leiber bethöret hat; vorgebende: daß nachden die
Seele sich einmal aus dem Gestirne in einen irr-
dischen Leib herab gelassen hätte/ müste sie durch
allerhand andere Leiber herum wandern/ biß sie
nach 3000. Jahren/ oder dem grossen Welt-Jahre/
wieder in ihren ersten Leib und vorigen Circkel
komme/ endlich aber nach einer sehr langen Zeit
sich mit ihren Flügeln wieder zu ihrem Gestirne
empor schwinge. Diese Wanderschafft geschehe
aber nach der Beschaffenheit des guten und bösen
Verhaltens/ also: daß die Frommen entweder in
eine andere menschliche/ oder in heiliger Thiere/
die Bösen aber in unreiner Thiere Leiber sich ver-
fügten. Also rühmte sich Pythagoras: Seine
Seele wäre anfänglich in einem Pfauen gewest/
hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/
und so fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in seinen
damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu
Delphis noch eigentlich scinen dahin gewiedme-
ten Schild erkennet hätte; und sich erinnerte:
wie er in der Hölle den an eine ertztene Säule
angefesselten Hesiodus/ und des Homerus an
einen Baum gehenckte und mit Schlangen um-
gebene Seele gesehen. Gleicher gestalt wäre
die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des
Thamyras in eine Lerche/ des Telamonischen
Ajax in einen Löwen (in welcher Gestalt auch
einst König Amasis soll erkennet worden seyn)
Agamemnons in einen Adler gediegen. Der
Weltweisen ihre kämen in Bienen/ der Redner
in Nachtigaln/ umb sich auch nach dem Tode an
der Anmuth und Süssigkeit zu sättigen. Wel-
che aber nur dem Göttlichen Erkäntnüsse obge-
legen/ würden unmittelbar zu Engeln. Auch
wäre diese Umbirrung ihnen keine Straffe/
sondern eine Ehre und Vergnügung; nachdem
die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere
[Spaltenumbruch] Leibern ihrem Vaterlande wohlthäten/ die Erd-
Kugel umbreiseten/ und das Thun der Men-
schen beobachteten/ ja die Götter selbst in heilige
Thiere sich zu verfügen nicht scheueten. Hin-
gegen würden die Zornigen in Schlangen/ die
Geitzigen in Wölffe/ die Betrüger in Füchse/
die Hoffärtigen in Pfauen/ die Neidischen in
Hunde/ die Unzüchtigen in Schweine/ die grau-
samen in Crocodile/ die Faulen in Esel/ die
Rauber in Raub - Vögel/ einige Seelen auch
wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in
Bäume und Pflantzen verdammet. Ob nun
wohl die Egyptischen Priester eben dieses den
albern Pöfel und die leichtglaubigen Ausländer
überredet/ also daß dieser Jrrthum nicht nur
gantz Morgenland eingenommen/ auch unsere
Einfältigen die glückseligsten Seelen in Küh-
Häuten eingeschlossen zu seyn vermeynen/ son-
dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den
Druyden in Gallien/ und auch in Deutschland
gebracht worden; so haben doch die Priester ih-
nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was sie
selbst nicht geglaubt/ auch von unsern Vor-
fahren nicht gelernet; oder sie selbst haben die
Lehre des Hermes und Zoroasters als unserer
Schüler übel verstanden; oder nachdem sie die
Unsterbligkeit der Seelen/ und daß die From-
men nach dem Tode ergetzt/ die Bösen gepei-
nigt werden solten/ gestehen müssen/ nicht ge-
wüßt/ was sie denen Seelen für einen Aufent-
halt zueignen/ oder einem Geiste für äuserlichen
Zwang anthun solten; diß/ was wir verblüm-
ter Weise geredet/ und die Griechen zum Theil
selbst unter der Zauber-Ruthe Circens und der
Ulyssischen Geferten fürgebildet/ wie nehmlich
der Mensch durch seine unvernünftige Begier-
den/ durch Unterdrückung der Vernunfft/ von
dem Kitzel äuserlichen Sinnen sich selbst zum
Viehe mache/ wesentlich angenommen/ und die
Spreu für den Weitzen erkieset/ wiewohl auch
einige unter ihnen nur die Wanderung der
Seelen in andere Menschen/ nicht aber in das

Vieh
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] mit viel tauſend umſchwermendẽ Seelen ange-
fuͤllet/ die Vielheit der Goͤtter gelehret/ und ſie in
Zahlen verwandelt; am allermeiſtẽ aber mit den
albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung
der Seelen in andere menſchliche und viehiſche
Leiber bethoͤret hat; vorgebende: daß nachdẽ die
Seele ſich einmal aus dem Geſtirne in einen irr-
diſchen Leib herab gelaſſen haͤtte/ muͤſte ſie durch
allerhand andere Leiber herum wandern/ biß ſie
nach 3000. Jahrẽ/ oder dem groſſẽ Welt-Jahre/
wieder in ihren erſten Leib und vorigen Circkel
komme/ endlich aber nach einer ſehr langen Zeit
ſich mit ihren Fluͤgeln wieder zu ihrem Geſtirne
empor ſchwinge. Dieſe Wanderſchafft geſchehe
aber nach der Beſchaffenheit des guten und boͤſen
Verhaltens/ alſo: daß die From̃en entweder in
eine andere menſchliche/ oder in heiliger Thiere/
die Boͤſẽ aber in unreiner Thiere Leiber ſich ver-
fuͤgten. Alſo ruͤhmte ſich Pythagoras: Seine
Seele waͤre anfaͤnglich in einem Pfauen geweſt/
hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/
und ſo fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in ſeinen
damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu
Delphis noch eigentlich ſcinen dahin gewiedme-
ten Schild erkennet haͤtte; und ſich erinnerte:
wie er in der Hoͤlle den an eine ertztene Saͤule
angefeſſelten Heſiodus/ und des Homerus an
einen Baum gehenckte und mit Schlangen um-
gebene Seele geſehen. Gleicher geſtalt waͤre
die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des
Thamyras in eine Lerche/ des Telamoniſchen
Ajax in einen Loͤwen (in welcher Geſtalt auch
einſt Koͤnig Amaſis ſoll erkennet worden ſeyn)
Agamemnons in einen Adler gediegen. Der
Weltweiſen ihre kaͤmen in Bienen/ der Redner
in Nachtigaln/ umb ſich auch nach dem Tode an
der Anmuth und Suͤſſigkeit zu ſaͤttigen. Wel-
che aber nur dem Goͤttlichen Erkaͤntnuͤſſe obge-
legen/ wuͤrden unmittelbar zu Engeln. Auch
waͤre dieſe Umbirrung ihnen keine Straffe/
ſondern eine Ehre und Vergnuͤgung; nachdem
die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere
[Spaltenumbruch] Leibern ihrem Vaterlande wohlthaͤten/ die Erd-
Kugel umbreiſeten/ und das Thun der Men-
ſchen beobachteten/ ja die Goͤtter ſelbſt in heilige
Thiere ſich zu verfuͤgen nicht ſcheueten. Hin-
gegen wuͤrden die Zornigen in Schlangen/ die
Geitzigen in Woͤlffe/ die Betruͤger in Fuͤchſe/
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Hunde/ die Unzuͤchtigen in Schweine/ die grau-
ſamen in Crocodile/ die Faulen in Eſel/ die
Rauber in Raub - Voͤgel/ einige Seelen auch
wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in
Baͤume und Pflantzen verdammet. Ob nun
wohl die Egyptiſchen Prieſter eben dieſes den
albern Poͤfel und die leichtglaubigen Auslaͤnder
uͤberredet/ alſo daß dieſer Jrrthum nicht nur
gantz Morgenland eingenommen/ auch unſere
Einfaͤltigen die gluͤckſeligſten Seelen in Kuͤh-
Haͤuten eingeſchloſſen zu ſeyn vermeynen/ ſon-
dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den
Druyden in Gallien/ und auch in Deutſchland
gebracht worden; ſo haben doch die Prieſter ih-
nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was ſie
ſelbſt nicht geglaubt/ auch von unſern Vor-
fahren nicht gelernet; oder ſie ſelbſt haben die
Lehre des Hermes und Zoroaſters als unſerer
Schuͤler uͤbel verſtanden; oder nachdem ſie die
Unſterbligkeit der Seelen/ und daß die From-
men nach dem Tode ergetzt/ die Boͤſen gepei-
nigt werden ſolten/ geſtehen muͤſſen/ nicht ge-
wuͤßt/ was ſie denen Seelen fuͤr einen Aufent-
halt zueignen/ oder einem Geiſte fuͤr aͤuſerlichen
Zwang anthun ſolten; diß/ was wir verbluͤm-
ter Weiſe geredet/ und die Griechen zum Theil
ſelbſt unter der Zauber-Ruthe Circens und der
Ulyſſiſchen Geferten fuͤrgebildet/ wie nehmlich
der Menſch durch ſeine unvernuͤnftige Begier-
den/ durch Unterdruͤckung der Vernunfft/ von
dem Kitzel aͤuſerlichen Sinnen ſich ſelbſt zum
Viehe mache/ weſentlich angenommen/ und die
Spreu fuͤr den Weitzen erkieſet/ wiewohl auch
einige unter ihnen nur die Wanderung der
Seelen in andere Menſchen/ nicht aber in das

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[667/0723] Arminius und Thußnelda. mit viel tauſend umſchwermendẽ Seelen ange- fuͤllet/ die Vielheit der Goͤtter gelehret/ und ſie in Zahlen verwandelt; am allermeiſtẽ aber mit den albern Egyptiern die Welt mit der Wanderung der Seelen in andere menſchliche und viehiſche Leiber bethoͤret hat; vorgebende: daß nachdẽ die Seele ſich einmal aus dem Geſtirne in einen irr- diſchen Leib herab gelaſſen haͤtte/ muͤſte ſie durch allerhand andere Leiber herum wandern/ biß ſie nach 3000. Jahrẽ/ oder dem groſſẽ Welt-Jahre/ wieder in ihren erſten Leib und vorigen Circkel komme/ endlich aber nach einer ſehr langen Zeit ſich mit ihren Fluͤgeln wieder zu ihrem Geſtirne empor ſchwinge. Dieſe Wanderſchafft geſchehe aber nach der Beſchaffenheit des guten und boͤſen Verhaltens/ alſo: daß die From̃en entweder in eine andere menſchliche/ oder in heiliger Thiere/ die Boͤſẽ aber in unreiner Thiere Leiber ſich ver- fuͤgten. Alſo ruͤhmte ſich Pythagoras: Seine Seele waͤre anfaͤnglich in einem Pfauen geweſt/ hernach in Euphorbus/ von dar in Homerus/ und ſo fort Pyrrhus/ Eleus/ endlich in ſeinen damaligen Leib gefahren; weßwegen er auch zu Delphis noch eigentlich ſcinen dahin gewiedme- ten Schild erkennet haͤtte; und ſich erinnerte: wie er in der Hoͤlle den an eine ertztene Saͤule angefeſſelten Heſiodus/ und des Homerus an einen Baum gehenckte und mit Schlangen um- gebene Seele geſehen. Gleicher geſtalt waͤre die Seele des Orpheus in einen Schwan/ des Thamyras in eine Lerche/ des Telamoniſchen Ajax in einen Loͤwen (in welcher Geſtalt auch einſt Koͤnig Amaſis ſoll erkennet worden ſeyn) Agamemnons in einen Adler gediegen. Der Weltweiſen ihre kaͤmen in Bienen/ der Redner in Nachtigaln/ umb ſich auch nach dem Tode an der Anmuth und Suͤſſigkeit zu ſaͤttigen. Wel- che aber nur dem Goͤttlichen Erkaͤntnuͤſſe obge- legen/ wuͤrden unmittelbar zu Engeln. Auch waͤre dieſe Umbirrung ihnen keine Straffe/ ſondern eine Ehre und Vergnuͤgung; nachdem die heiligen Seelen auch in der wilden Thiere Leibern ihrem Vaterlande wohlthaͤten/ die Erd- Kugel umbreiſeten/ und das Thun der Men- ſchen beobachteten/ ja die Goͤtter ſelbſt in heilige Thiere ſich zu verfuͤgen nicht ſcheueten. Hin- gegen wuͤrden die Zornigen in Schlangen/ die Geitzigen in Woͤlffe/ die Betruͤger in Fuͤchſe/ die Hoffaͤrtigen in Pfauen/ die Neidiſchen in Hunde/ die Unzuͤchtigen in Schweine/ die grau- ſamen in Crocodile/ die Faulen in Eſel/ die Rauber in Raub - Voͤgel/ einige Seelen auch wohl gar/ nach der Lehre des Empedocles/ in Baͤume und Pflantzen verdammet. Ob nun wohl die Egyptiſchen Prieſter eben dieſes den albern Poͤfel und die leichtglaubigen Auslaͤnder uͤberredet/ alſo daß dieſer Jrrthum nicht nur gantz Morgenland eingenommen/ auch unſere Einfaͤltigen die gluͤckſeligſten Seelen in Kuͤh- Haͤuten eingeſchloſſen zu ſeyn vermeynen/ ſon- dern auch vom Zamolxis zu den Geten/ von den Druyden in Gallien/ und auch in Deutſchland gebracht worden; ſo haben doch die Prieſter ih- nen etwas mit Fleiß weiß gemacht/ was ſie ſelbſt nicht geglaubt/ auch von unſern Vor- fahren nicht gelernet; oder ſie ſelbſt haben die Lehre des Hermes und Zoroaſters als unſerer Schuͤler uͤbel verſtanden; oder nachdem ſie die Unſterbligkeit der Seelen/ und daß die From- men nach dem Tode ergetzt/ die Boͤſen gepei- nigt werden ſolten/ geſtehen muͤſſen/ nicht ge- wuͤßt/ was ſie denen Seelen fuͤr einen Aufent- halt zueignen/ oder einem Geiſte fuͤr aͤuſerlichen Zwang anthun ſolten; diß/ was wir verbluͤm- ter Weiſe geredet/ und die Griechen zum Theil ſelbſt unter der Zauber-Ruthe Circens und der Ulyſſiſchen Geferten fuͤrgebildet/ wie nehmlich der Menſch durch ſeine unvernuͤnftige Begier- den/ durch Unterdruͤckung der Vernunfft/ von dem Kitzel aͤuſerlichen Sinnen ſich ſelbſt zum Viehe mache/ weſentlich angenommen/ und die Spreu fuͤr den Weitzen erkieſet/ wiewohl auch einige unter ihnen nur die Wanderung der Seelen in andere Menſchen/ nicht aber in das Vieh P p p p 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 667. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/723>, abgerufen am 22.11.2024.