Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
auf ihn verfallen wäre/ weil in Jndien nichtsminder als bey den Arabern die Brüder nicht allein den Söhnen in der Reichsfolge/ ja auch den Töchtern in gemeiner Erbschafft vorgien- gen/ sondern auf der Jnsel Taprobana auch ein altes Herkommen wäre/ daß die Könige/ so bald sie Erben bekämen/ Zepter und Krone nieder- legen müsten/ um das Reich nicht erblich zu ma- chen. Hiervon aber wäre das sonst die freye Wahl habende Volck bey itzigem Könige Piri- mal abgewichen; indem sie ihn nun nach etli- cher Jahre Vererbung entweder aus Liebe sei- ner Güte und Tapfferkeit/ oder aus Furcht sei- ner so weit ergrösserten Macht/ ohne Wiederre- de behalten. Seine Tugenden und hingegen die Laster derer Könige/ welche über das vielfäl- tig zertheilte Jndien geherrschet/ hätten ihm auch das so grosse Reich erworben; in dem die Völcker meist ihre vorige aus Bartscherern und anderm Pöfel auf den Stul erhobene/ und deß- halben so viel mehr unerträgliche Fürsten ver- stossen/ und sich dem so milden Pirimal freywil- lig unterworffen; also/ daß er nicht nur die mäch- tigen Reiche der Gangariden und Prasier zwi- schen dem Ost-Meere und Ganges/ wider de- rer König Agrammes dem grossen Alexander sein Heer nicht hätte folgen wollen/ sondern auch alle Länder/ zwischen dem Ganges und Jndus beherrschete/ und derogestalt sechs hun- dert Königen zu gebieten gehabt hätte. Diß a- ber/ was er über dem Flusse Caor/ Cosmin und Martaban besässe/ hätte er als ein von Jndien durch den König Hiaouv abgerissenes Antheil Jndiens denen Serern/ ingleichen das zwi- schen dem Flusse Arabs/ Etymandrus/ und Jn- dus gelegene Königreich Gedrosia den Parthen durch die Waffen abgenommen. Als er nun auch von den Scythen das eroberte Land Paro- pamisis und Arachosien wieder zu suchen ver- meinet/ wäre er in diesen unglückseligen Krieg verfallen/ zu einer nachdencklichen Erinne- rung/ daß das Rad des Glückes am allerhefftig- [Spaltenumbruch] sten loßschlägt/ wenn man vermeinel es am al- lerfestesten angenagelt zu haben; und daß dieser allgemeine Abgott der Sterblichen auch diesel- bige Hand mit seinem Feuer verletzet/ die ihm gleich den Weyrauch auf sein Altar streuet; ja mit seinem überrennenden Wagen zerqvetschet/ die für ihm täglich zu Fusse fallen/ oder auff ihn alle ihre Hoffnung anckern. Jedoch hätte Kö- nig Pirimal sich seines itzt unglücklichen Krie- ges halber weder über seine Diener/ noch über die Götter zu beschweren. Sintemal jene ihm iederzeit mit den streitbaren Scythen zu kriegen beweglich widerrathen; diese ihn auch/ als er in das Paropamisische Gebürge einbrechen wol- len/ deutlich genung gewarniget hätten. Denn als er an dem Flusse Hyphanis bey denen da- selbst vom grossen Alexander aufgerichteten stei- nernen Altären geopffert hätte; wären neun den Scythen heilige Nacht-Eulen/ aber der Jndianer verhaste Unglücks-Vögel von dem Gebürge hergeflogen kommen/ hätten sich auff die Spitzen der Altäre gesetzt/ und nicht allein gegen den König Pirimal ein heßliches Ge- schrey angehoben/ sondern auch ihren Koth in seine Opffer-Feuer fallen lassen. Er Masuli- pat selbst hätte noch den König erinnert/ daß er an diesem merckwürdigen Orte nach dem Bey- spiele des grossen Alexanders/ wie auch des Bac- chus/ des Hercules/ der Semiramis/ und des Cyrus seinen Siegen ein Gräntzmal/ seiner Großmüthigkeit ein Maaß ausstecken möchte. Alleine Pirimal hätte ihm geantwortet: wenn er Alexanders Vorbild solte seine Richtschnur seyn lassen/ müste er/ wie jener bey Betretung Asiens/ hier zwölf Altäre/ als den Anfang seiner Siege/ und an dem Gestade des Scythischen Nord-Meeres sein Ziel mit zwölf andern stei- nernen Säulen bezeichnen. Sintemal er noch viel zu erobern hätte/ was seiner Jndiani- schen Vorfahren gewest wäre. Also deutete der Himmel zwar allezeit künfftige Unfälle an/ aber das Verhängnüß verstockte die Gemüther derer Erster Theil. O o o o
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
auf ihn verfallen waͤre/ weil in Jndien nichtsminder als bey den Arabern die Bruͤder nicht allein den Soͤhnen in der Reichsfolge/ ja auch den Toͤchtern in gemeiner Erbſchafft vorgien- gen/ ſondern auf der Jnſel Taprobana auch ein altes Herkommen waͤre/ daß die Koͤnige/ ſo bald ſie Erben bekaͤmen/ Zepter und Krone nieder- legen muͤſten/ um das Reich nicht erblich zu ma- chen. Hiervon aber waͤre das ſonſt die freye Wahl habende Volck bey itzigem Koͤnige Piri- mal abgewichen; indem ſie ihn nun nach etli- cher Jahre Vererbung entweder aus Liebe ſei- ner Guͤte und Tapfferkeit/ oder aus Furcht ſei- ner ſo weit ergroͤſſerten Macht/ ohne Wiederre- de behalten. Seine Tugenden und hingegen die Laſter derer Koͤnige/ welche uͤber das vielfaͤl- tig zertheilte Jndien geherrſchet/ haͤtten ihm auch das ſo groſſe Reich erworben; in dem die Voͤlcker meiſt ihre vorige aus Bartſcherern und anderm Poͤfel auf den Stul erhobene/ und deß- halben ſo viel mehr unertraͤgliche Fuͤrſten ver- ſtoſſen/ und ſich dem ſo milden Pirimal freywil- lig unterworffen; alſo/ daß er nicht nur die maͤch- tigen Reiche der Gangariden und Praſier zwi- ſchen dem Oſt-Meere und Ganges/ wider de- rer Koͤnig Agrammes dem groſſen Alexander ſein Heer nicht haͤtte folgen wollen/ ſondern auch alle Laͤnder/ zwiſchen dem Ganges und Jndus beherrſchete/ und derogeſtalt ſechs hun- dert Koͤnigen zu gebieten gehabt haͤtte. Diß a- ber/ was er uͤber dem Fluſſe Caor/ Coſmin und Martaban beſaͤſſe/ haͤtte er als ein von Jndien durch den Koͤnig Hiaouv abgeriſſenes Antheil Jndiens denen Serern/ ingleichen das zwi- ſchen dem Fluſſe Arabs/ Etymandrus/ und Jn- dus gelegene Koͤnigreich Gedroſia den Parthen durch die Waffen abgenommen. Als er nun auch von den Scythen das eroberte Land Paro- pamiſis und Arachoſien wieder zu ſuchen ver- meinet/ waͤre er in dieſen ungluͤckſeligen Krieg verfallen/ zu einer nachdencklichen Erinne- rung/ daß das Rad des Gluͤckes am allerhefftig- [Spaltenumbruch] ſten loßſchlaͤgt/ wenn man vermeinel es am al- lerfeſteſten angenagelt zu haben; und daß dieſer allgemeine Abgott der Sterblichen auch dieſel- bige Hand mit ſeinem Feuer verletzet/ die ihm gleich den Weyrauch auf ſein Altar ſtreuet; ja mit ſeinem uͤberrennenden Wagen zerqvetſchet/ die fuͤr ihm taͤglich zu Fuſſe fallen/ oder auff ihn alle ihre Hoffnung anckern. Jedoch haͤtte Koͤ- nig Pirimal ſich ſeines itzt ungluͤcklichen Krie- ges halber weder uͤber ſeine Diener/ noch uͤber die Goͤtter zu beſchweren. Sintemal jene ihm iederzeit mit den ſtreitbaren Scythen zu kriegen beweglich widerrathen; dieſe ihn auch/ als er in das Paropamiſiſche Gebuͤrge einbrechen wol- len/ deutlich genung gewarniget haͤtten. Denn als er an dem Fluſſe Hyphanis bey denen da- ſelbſt vom groſſen Alexander aufgerichteten ſtei- nernen Altaͤren geopffert haͤtte; waͤren neun den Scythen heilige Nacht-Eulen/ aber der Jndianer verhaſte Ungluͤcks-Voͤgel von dem Gebuͤrge hergeflogen kommen/ haͤtten ſich auff die Spitzen der Altaͤre geſetzt/ und nicht allein gegen den Koͤnig Pirimal ein heßliches Ge- ſchrey angehoben/ ſondern auch ihren Koth in ſeine Opffer-Feuer fallen laſſen. Er Maſuli- pat ſelbſt haͤtte noch den Koͤnig erinnert/ daß er an dieſem merckwuͤrdigen Orte nach dem Bey- ſpiele des groſſen Alexanders/ wie auch des Bac- chus/ des Hercules/ der Semiramis/ und des Cyrus ſeinen Siegen ein Graͤntzmal/ ſeiner Großmuͤthigkeit ein Maaß ausſtecken moͤchte. Alleine Pirimal haͤtte ihm geantwortet: wenn er Alexanders Vorbild ſolte ſeine Richtſchnur ſeyn laſſen/ muͤſte er/ wie jener bey Betretung Aſiens/ hier zwoͤlf Altaͤre/ als den Anfang ſeiner Siege/ und an dem Geſtade des Scythiſchen Nord-Meeres ſein Ziel mit zwoͤlf andern ſtei- nernen Saͤulen bezeichnen. Sintemal er noch viel zu erobern haͤtte/ was ſeiner Jndiani- ſchen Vorfahren geweſt waͤre. Alſo deutete der Himmel zwar allezeit kuͤnfftige Unfaͤlle an/ aber das Verhaͤngnuͤß verſtockte die Gemuͤther derer Erſter Theil. O o o o
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Arminius und Thußnelda.
auf ihn verfallen waͤre/ weil in Jndien nichts
minder als bey den Arabern die Bruͤder nicht
allein den Soͤhnen in der Reichsfolge/ ja auch
den Toͤchtern in gemeiner Erbſchafft vorgien-
gen/ ſondern auf der Jnſel Taprobana auch ein
altes Herkommen waͤre/ daß die Koͤnige/ ſo bald
ſie Erben bekaͤmen/ Zepter und Krone nieder-
legen muͤſten/ um das Reich nicht erblich zu ma-
chen. Hiervon aber waͤre das ſonſt die freye
Wahl habende Volck bey itzigem Koͤnige Piri-
mal abgewichen; indem ſie ihn nun nach etli-
cher Jahre Vererbung entweder aus Liebe ſei-
ner Guͤte und Tapfferkeit/ oder aus Furcht ſei-
ner ſo weit ergroͤſſerten Macht/ ohne Wiederre-
de behalten. Seine Tugenden und hingegen
die Laſter derer Koͤnige/ welche uͤber das vielfaͤl-
tig zertheilte Jndien geherrſchet/ haͤtten ihm
auch das ſo groſſe Reich erworben; in dem die
Voͤlcker meiſt ihre vorige aus Bartſcherern und
anderm Poͤfel auf den Stul erhobene/ und deß-
halben ſo viel mehr unertraͤgliche Fuͤrſten ver-
ſtoſſen/ und ſich dem ſo milden Pirimal freywil-
lig unterworffen; alſo/ daß er nicht nur die maͤch-
tigen Reiche der Gangariden und Praſier zwi-
ſchen dem Oſt-Meere und Ganges/ wider de-
rer Koͤnig Agrammes dem groſſen Alexander
ſein Heer nicht haͤtte folgen wollen/ ſondern
auch alle Laͤnder/ zwiſchen dem Ganges und
Jndus beherrſchete/ und derogeſtalt ſechs hun-
dert Koͤnigen zu gebieten gehabt haͤtte. Diß a-
ber/ was er uͤber dem Fluſſe Caor/ Coſmin und
Martaban beſaͤſſe/ haͤtte er als ein von Jndien
durch den Koͤnig Hiaouv abgeriſſenes Antheil
Jndiens denen Serern/ ingleichen das zwi-
ſchen dem Fluſſe Arabs/ Etymandrus/ und Jn-
dus gelegene Koͤnigreich Gedroſia den Parthen
durch die Waffen abgenommen. Als er nun
auch von den Scythen das eroberte Land Paro-
pamiſis und Arachoſien wieder zu ſuchen ver-
meinet/ waͤre er in dieſen ungluͤckſeligen Krieg
verfallen/ zu einer nachdencklichen Erinne-
rung/ daß das Rad des Gluͤckes am allerhefftig-
ſten loßſchlaͤgt/ wenn man vermeinel es am al-
lerfeſteſten angenagelt zu haben; und daß dieſer
allgemeine Abgott der Sterblichen auch dieſel-
bige Hand mit ſeinem Feuer verletzet/ die ihm
gleich den Weyrauch auf ſein Altar ſtreuet; ja
mit ſeinem uͤberrennenden Wagen zerqvetſchet/
die fuͤr ihm taͤglich zu Fuſſe fallen/ oder auff ihn
alle ihre Hoffnung anckern. Jedoch haͤtte Koͤ-
nig Pirimal ſich ſeines itzt ungluͤcklichen Krie-
ges halber weder uͤber ſeine Diener/ noch uͤber
die Goͤtter zu beſchweren. Sintemal jene ihm
iederzeit mit den ſtreitbaren Scythen zu kriegen
beweglich widerrathen; dieſe ihn auch/ als er in
das Paropamiſiſche Gebuͤrge einbrechen wol-
len/ deutlich genung gewarniget haͤtten. Denn
als er an dem Fluſſe Hyphanis bey denen da-
ſelbſt vom groſſen Alexander aufgerichteten ſtei-
nernen Altaͤren geopffert haͤtte; waͤren neun
den Scythen heilige Nacht-Eulen/ aber der
Jndianer verhaſte Ungluͤcks-Voͤgel von dem
Gebuͤrge hergeflogen kommen/ haͤtten ſich auff
die Spitzen der Altaͤre geſetzt/ und nicht allein
gegen den Koͤnig Pirimal ein heßliches Ge-
ſchrey angehoben/ ſondern auch ihren Koth in
ſeine Opffer-Feuer fallen laſſen. Er Maſuli-
pat ſelbſt haͤtte noch den Koͤnig erinnert/ daß er
an dieſem merckwuͤrdigen Orte nach dem Bey-
ſpiele des groſſen Alexanders/ wie auch des Bac-
chus/ des Hercules/ der Semiramis/ und des
Cyrus ſeinen Siegen ein Graͤntzmal/ ſeiner
Großmuͤthigkeit ein Maaß ausſtecken moͤchte.
Alleine Pirimal haͤtte ihm geantwortet: wenn
er Alexanders Vorbild ſolte ſeine Richtſchnur
ſeyn laſſen/ muͤſte er/ wie jener bey Betretung
Aſiens/ hier zwoͤlf Altaͤre/ als den Anfang ſeiner
Siege/ und an dem Geſtade des Scythiſchen
Nord-Meeres ſein Ziel mit zwoͤlf andern ſtei-
nernen Saͤulen bezeichnen. Sintemal er
noch viel zu erobern haͤtte/ was ſeiner Jndiani-
ſchen Vorfahren geweſt waͤre. Alſo deutete
der Himmel zwar allezeit kuͤnfftige Unfaͤlle an/
aber das Verhaͤngnuͤß verſtockte die Gemuͤther
derer
Erſter Theil. O o o o
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