Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] den sey; also daß sie ihre Schiffarthen mit ihrer
grossen Gefahr und Zeitverlierung immer an
denen Ufern/ und nach der allzu entfernten
Richtschnur etlicher Sterne/ oder aus dem
Schiffe loßgelassener Vögel vollführen müsten.
Der Feldherr fiel ein: Er wundere sich nicht
von den Egyptiern/ weil sie aus Verächtligkeit
aller andern Völcker die Schiffarthauser ihrem
Reiche verboten/ und sich gleichsam aus einer
Andacht gegen ihrem Nil/ des Meeres gäntz-
lich/ als eines vom Typhon herrührenden
Schaumes/ enteusert. Gleicherweise hätten
auch die Serer sich aller fremden Völcker mit
Fleiß entschlagen/ und ihr einiges Reich für eine
für sich selbst vollkommene Welt geachtet; aber
aus den fernen Schiffarthen der Tyrier und
Carthaginenser muthmaste er/ daß sie diese Kunst
auch gehabt/ und wäre glaublich/ daß der Ma-
gnet bey ihnen deßhalben dieser Krafft halber
des Hercules Stein geheissen/ welchen sie für
den allgemeinen Wegweiser verehrten. Je-
doch wäre diese Wissenschafft hernach auser Acht
gelassen worden/ und wie viel andere Künste der
Alten in Vergessen kommen. Von den Frie-
sen aber hätte er bereits etwas erzehlet/ was mit
dieser Kunst eine Verwandschafft hätte. Uber
diß brauchten sie auf ihren Schiffen ein gewisses
Eisen/ welches in seiner Ader gegen Mittag ge-
legen/ dasselbe bestrichen sie an der einen Seite
mit dem Magnet; also wiese ihnen die sich be-
wegende Spitze iederzeit den Mittagsstrich.
Es scheinet/ sagte Zeno/ beyderley Kunst aus ei-
nerley Nachdencken entsprungen zu seyn/ ich
aber bin erstaunet/ wie gewiß der Steuermann
auf diesem strengen Flusse auch bey stockfinsterer
Nacht das Schiff geleitet/ also/ daß unsere Reise
noch einst so geschwinde/ als ich mir eingebildet
hatte/ von statten ging. Wir kamen also glück-
lich in die Landschafft Xantung/ fuhren den
Fluß Su hinauf zu der Stadt Sao uns zu er-
frischen/ und sodenn biß in den Pful Lui den aus
einem Steinfels gemachten Drachen mit einem
[Spaltenumbruch] Menschen-Kopff in dessen Mitte zu beschauen/
der/ wenn man auf seinen Bauch schlägt/ ein
Gethöne wie der Donner von sich giebt/ und
deßhalben der Donner-Geist genennet wird.
Von dar giengen wir zu Lande wieder in den
Saffran-Fluß. Weil aber aus diesem biß in
den Strom Guei eine tieffe und breite Wasser-
farth gegraben/ mit eitel geschnittenen Steinen
besetzt/ und mit zwantzig beqvemen Schleussen
versehen ist; vermochte ich mich von der Be-
schauung nicht zu enthalten/ theils aus Vor-
witz/ theils zum Unterrichte derogleichen viel-
leicht anderwerts darnach anzugeben. Wo der
Wasser gang in den Fluß Guei bey Lincing
fällt/ stehet ein achteckichter Thurm mit neun
Umgängen/ der von der Spitze biß zum Grun-
de neun hundert Ellen hoch/ auswendig mit
dem feinsten Porcellan inwendig mit Spiegel-
glattem Marmel bedeckt ist/ oben aber einen
küpffernen und starck ver goldeten Götzen stehen
hat. Wir kehrten von Lincing über den Berg
Minaxe/ darauf eine Säule hundert Meß-Ru-
then hoch steht/ von dem geringsten Anrühren
wie ein Drommel klingt/ und von dar auff dem
Flusse Mingto über die Haupt-Stadt Cinan
meist durch flache mit Roßmarin/ Hirschen/ Re-
hen und Fasanen häuffig bedeckte Felder/ end-
lich auf dem Flusse Ven/ in die grosse Wasser-
farth/ und in den Saffran-Fluß zurücke. Auf
diesem kamen wir mit gutem Winde zu der ü-
beraus grossen Handelstadt/ Linchoai wo der
Saffran-Fluß und der grosse Strom Hoai zu-
sammen kommen/ und durch einen Mund in
das grosse Ost-Meer fallen. Von dar fuhren
wir durch eine prächtig gegrabene/ und mit eitel
weissen viergeeckten Steinen besetzte Wasser-
farth/ 60. Stadien lang/ bey dem grossen See
Piexe vorbey zu der von dem Saltzhandel über-
aus reichen/ und mit unzehlbaren Brücken/ de-
rer viel vier und zwantzig auch dreißig steinerne
Bogen haben/ versehenen Stadt Kiangtu; Jn
welcher das schönste Frauenzimmer gefunden/

aber
L l l l 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] den ſey; alſo daß ſie ihre Schiffarthen mit ihrer
groſſen Gefahr und Zeitverlierung immer an
denen Ufern/ und nach der allzu entfernten
Richtſchnur etlicher Sterne/ oder aus dem
Schiffe loßgelaſſener Voͤgel vollfuͤhren muͤſten.
Der Feldherr fiel ein: Er wundere ſich nicht
von den Egyptiern/ weil ſie aus Veraͤchtligkeit
aller andern Voͤlcker die Schiffarthauſer ihrem
Reiche verboten/ und ſich gleichſam aus einer
Andacht gegen ihrem Nil/ des Meeres gaͤntz-
lich/ als eines vom Typhon herruͤhrenden
Schaumes/ enteuſert. Gleicherweiſe haͤtten
auch die Serer ſich aller fremden Voͤlcker mit
Fleiß entſchlagen/ und ihr einiges Reich fuͤr eine
fuͤr ſich ſelbſt vollkommene Welt geachtet; aber
aus den fernen Schiffarthen der Tyrier und
Carthaginenſer muthmaſte er/ daß ſie dieſe Kunſt
auch gehabt/ und waͤre glaublich/ daß der Ma-
gnet bey ihnen deßhalben dieſer Krafft halber
des Hercules Stein geheiſſen/ welchen ſie fuͤr
den allgemeinen Wegweiſer verehrten. Je-
doch waͤre dieſe Wiſſenſchafft hernach auſer Acht
gelaſſen worden/ und wie viel andere Kuͤnſte der
Alten in Vergeſſen kommen. Von den Frie-
ſen aber haͤtte er bereits etwas erzehlet/ was mit
dieſer Kunſt eine Verwandſchafft haͤtte. Uber
diß brauchten ſie auf ihren Schiffen ein gewiſſes
Eiſen/ welches in ſeiner Ader gegen Mittag ge-
legen/ daſſelbe beſtrichen ſie an der einen Seite
mit dem Magnet; alſo wieſe ihnen die ſich be-
wegende Spitze iederzeit den Mittagsſtrich.
Es ſcheinet/ ſagte Zeno/ beyderley Kunſt aus ei-
nerley Nachdencken entſprungen zu ſeyn/ ich
aber bin erſtaunet/ wie gewiß der Steuermann
auf dieſem ſtrengen Fluſſe auch bey ſtockfinſterer
Nacht das Schiff geleitet/ alſo/ daß unſere Reiſe
noch einſt ſo geſchwinde/ als ich mir eingebildet
hatte/ von ſtatten ging. Wir kamen alſo gluͤck-
lich in die Landſchafft Xantung/ fuhren den
Fluß Su hinauf zu der Stadt Sao uns zu er-
friſchen/ und ſodenn biß in den Pful Lui den aus
einem Steinfels gemachten Drachen mit einem
[Spaltenumbruch] Menſchen-Kopff in deſſen Mitte zu beſchauen/
der/ wenn man auf ſeinen Bauch ſchlaͤgt/ ein
Gethoͤne wie der Donner von ſich giebt/ und
deßhalben der Donner-Geiſt genennet wird.
Von dar giengen wir zu Lande wieder in den
Saffran-Fluß. Weil aber aus dieſem biß in
den Strom Guei eine tieffe und breite Waſſer-
farth gegraben/ mit eitel geſchnittenen Steinen
beſetzt/ und mit zwantzig beqvemen Schleuſſen
verſehen iſt; vermochte ich mich von der Be-
ſchauung nicht zu enthalten/ theils aus Vor-
witz/ theils zum Unterrichte derogleichen viel-
leicht anderwerts darnach anzugeben. Wo der
Waſſer gang in den Fluß Guei bey Lincing
faͤllt/ ſtehet ein achteckichter Thurm mit neun
Umgaͤngen/ der von der Spitze biß zum Grun-
de neun hundert Ellen hoch/ auswendig mit
dem feinſten Porcellan inwendig mit Spiegel-
glattem Marmel bedeckt iſt/ oben aber einen
kuͤpffernen und ſtarck ver goldeten Goͤtzen ſtehen
hat. Wir kehrten von Lincing uͤber den Berg
Minaxe/ darauf eine Saͤule hundeꝛt Meß-Ru-
then hoch ſteht/ von dem geringſten Anruͤhren
wie ein Drommel klingt/ und von dar auff dem
Fluſſe Mingto uͤber die Haupt-Stadt Cinan
meiſt durch flache mit Roßmarin/ Hirſchen/ Re-
hen und Faſanen haͤuffig bedeckte Felder/ end-
lich auf dem Fluſſe Ven/ in die groſſe Waſſer-
farth/ und in den Saffran-Fluß zuruͤcke. Auf
dieſem kamen wir mit gutem Winde zu der uͤ-
beraus groſſen Handelſtadt/ Linchoai wo der
Saffran-Fluß und der groſſe Strom Hoai zu-
ſammen kommen/ und durch einen Mund in
das groſſe Oſt-Meer fallen. Von dar fuhren
wir durch eine praͤchtig gegrabene/ und mit eitel
weiſſen viergeeckten Steinen beſetzte Waſſer-
farth/ 60. Stadien lang/ bey dem groſſen See
Piexe vorbey zu der von dem Saltzhandel uͤber-
aus reichen/ und mit unzehlbaren Bruͤcken/ de-
rer viel vier und zwantzig auch dreißig ſteinerne
Bogen haben/ verſehenen Stadt Kiangtu; Jn
welcher das ſchoͤnſte Frauenzimmer gefunden/

aber
L l l l 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0693" n="637"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
den &#x017F;ey; al&#x017F;o daß &#x017F;ie ihre Schiffarthen mit ihrer<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Gefahr und Zeitverlierung immer an<lb/>
denen Ufern/ und nach der allzu entfernten<lb/>
Richt&#x017F;chnur etlicher Sterne/ oder aus dem<lb/>
Schiffe loßgela&#x017F;&#x017F;ener Vo&#x0364;gel vollfu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;ten.<lb/>
Der Feldherr fiel ein: Er wundere &#x017F;ich nicht<lb/>
von den Egyptiern/ weil &#x017F;ie aus Vera&#x0364;chtligkeit<lb/>
aller andern Vo&#x0364;lcker die Schiffarthau&#x017F;er ihrem<lb/>
Reiche verboten/ und &#x017F;ich gleich&#x017F;am aus einer<lb/>
Andacht gegen ihrem Nil/ des Meeres ga&#x0364;ntz-<lb/>
lich/ als eines vom Typhon herru&#x0364;hrenden<lb/>
Schaumes/ enteu&#x017F;ert. Gleicherwei&#x017F;e ha&#x0364;tten<lb/>
auch die Serer &#x017F;ich aller fremden Vo&#x0364;lcker mit<lb/>
Fleiß ent&#x017F;chlagen/ und ihr einiges Reich fu&#x0364;r eine<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t vollkommene Welt geachtet; aber<lb/>
aus den fernen Schiffarthen der Tyrier und<lb/>
Carthaginen&#x017F;er muthma&#x017F;te er/ daß &#x017F;ie die&#x017F;e Kun&#x017F;t<lb/>
auch gehabt/ und wa&#x0364;re glaublich/ daß der Ma-<lb/>
gnet bey ihnen deßhalben die&#x017F;er Krafft halber<lb/>
des Hercules Stein gehei&#x017F;&#x017F;en/ welchen &#x017F;ie fu&#x0364;r<lb/>
den allgemeinen Wegwei&#x017F;er verehrten. Je-<lb/>
doch wa&#x0364;re die&#x017F;e Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft hernach au&#x017F;er Acht<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en worden/ und wie viel andere Ku&#x0364;n&#x017F;te der<lb/>
Alten in Verge&#x017F;&#x017F;en kommen. Von den Frie-<lb/>
&#x017F;en aber ha&#x0364;tte er bereits etwas erzehlet/ was mit<lb/>
die&#x017F;er Kun&#x017F;t eine Verwand&#x017F;chafft ha&#x0364;tte. Uber<lb/>
diß brauchten &#x017F;ie auf ihren Schiffen ein gewi&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Ei&#x017F;en/ welches in &#x017F;einer Ader gegen Mittag ge-<lb/>
legen/ da&#x017F;&#x017F;elbe be&#x017F;trichen &#x017F;ie an der einen Seite<lb/>
mit dem Magnet; al&#x017F;o wie&#x017F;e ihnen die &#x017F;ich be-<lb/>
wegende Spitze iederzeit den Mittags&#x017F;trich.<lb/>
Es &#x017F;cheinet/ &#x017F;agte Zeno/ beyderley Kun&#x017F;t aus ei-<lb/>
nerley Nachdencken ent&#x017F;prungen zu &#x017F;eyn/ ich<lb/>
aber bin er&#x017F;taunet/ wie gewiß der Steuermann<lb/>
auf die&#x017F;em &#x017F;trengen Flu&#x017F;&#x017F;e auch bey &#x017F;tockfin&#x017F;terer<lb/>
Nacht das Schiff geleitet/ al&#x017F;o/ daß un&#x017F;ere Rei&#x017F;e<lb/>
noch ein&#x017F;t &#x017F;o ge&#x017F;chwinde/ als ich mir eingebildet<lb/>
hatte/ von &#x017F;tatten ging. Wir kamen al&#x017F;o glu&#x0364;ck-<lb/>
lich in die Land&#x017F;chafft Xantung/ fuhren den<lb/>
Fluß Su hinauf zu der Stadt Sao uns zu er-<lb/>
fri&#x017F;chen/ und &#x017F;odenn biß in den Pful Lui den aus<lb/>
einem Steinfels gemachten Drachen mit einem<lb/><cb/>
Men&#x017F;chen-Kopff in de&#x017F;&#x017F;en Mitte zu be&#x017F;chauen/<lb/>
der/ wenn man auf &#x017F;einen Bauch &#x017F;chla&#x0364;gt/ ein<lb/>
Getho&#x0364;ne wie der Donner von &#x017F;ich giebt/ und<lb/>
deßhalben der Donner-Gei&#x017F;t genennet wird.<lb/>
Von dar giengen wir zu Lande wieder in den<lb/>
Saffran-Fluß. Weil aber aus die&#x017F;em biß in<lb/>
den Strom Guei eine tieffe und breite Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
farth gegraben/ mit eitel ge&#x017F;chnittenen Steinen<lb/>
be&#x017F;etzt/ und mit zwantzig beqvemen Schleu&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ver&#x017F;ehen i&#x017F;t; vermochte ich mich von der Be-<lb/>
&#x017F;chauung nicht zu enthalten/ theils aus Vor-<lb/>
witz/ theils zum Unterrichte derogleichen viel-<lb/>
leicht anderwerts darnach anzugeben. Wo der<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er gang in den Fluß Guei bey Lincing<lb/>
fa&#x0364;llt/ &#x017F;tehet ein achteckichter Thurm mit neun<lb/>
Umga&#x0364;ngen/ der von der Spitze biß zum Grun-<lb/>
de neun hundert Ellen hoch/ auswendig mit<lb/>
dem fein&#x017F;ten Porcellan inwendig mit Spiegel-<lb/>
glattem Marmel bedeckt i&#x017F;t/ oben aber einen<lb/>
ku&#x0364;pffernen und &#x017F;tarck ver goldeten Go&#x0364;tzen &#x017F;tehen<lb/>
hat. Wir kehrten von Lincing u&#x0364;ber den Berg<lb/>
Minaxe/ darauf eine Sa&#x0364;ule hunde&#xA75B;t Meß-Ru-<lb/>
then hoch &#x017F;teht/ von dem gering&#x017F;ten Anru&#x0364;hren<lb/>
wie ein Drommel klingt/ und von dar auff dem<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;e Mingto u&#x0364;ber die Haupt-Stadt Cinan<lb/>
mei&#x017F;t durch flache mit Roßmarin/ Hir&#x017F;chen/ Re-<lb/>
hen und Fa&#x017F;anen ha&#x0364;uffig bedeckte Felder/ end-<lb/>
lich auf dem Flu&#x017F;&#x017F;e Ven/ in die gro&#x017F;&#x017F;e Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
farth/ und in den Saffran-Fluß zuru&#x0364;cke. Auf<lb/>
die&#x017F;em kamen wir mit gutem Winde zu der u&#x0364;-<lb/>
beraus gro&#x017F;&#x017F;en Handel&#x017F;tadt/ Linchoai wo der<lb/>
Saffran-Fluß und der gro&#x017F;&#x017F;e Strom Hoai zu-<lb/>
&#x017F;ammen kommen/ und durch einen Mund in<lb/>
das gro&#x017F;&#x017F;e O&#x017F;t-Meer fallen. Von dar fuhren<lb/>
wir durch eine pra&#x0364;chtig gegrabene/ und mit eitel<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;en viergeeckten Steinen be&#x017F;etzte Wa&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
farth/ 60. Stadien lang/ bey dem gro&#x017F;&#x017F;en See<lb/>
Piexe vorbey zu der von dem Saltzhandel u&#x0364;ber-<lb/>
aus reichen/ und mit unzehlbaren Bru&#x0364;cken/ de-<lb/>
rer viel vier und zwantzig auch dreißig &#x017F;teinerne<lb/>
Bogen haben/ ver&#x017F;ehenen Stadt Kiangtu; Jn<lb/>
welcher das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Frauenzimmer gefunden/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l l l 3</fw><fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[637/0693] Arminius und Thußnelda. den ſey; alſo daß ſie ihre Schiffarthen mit ihrer groſſen Gefahr und Zeitverlierung immer an denen Ufern/ und nach der allzu entfernten Richtſchnur etlicher Sterne/ oder aus dem Schiffe loßgelaſſener Voͤgel vollfuͤhren muͤſten. Der Feldherr fiel ein: Er wundere ſich nicht von den Egyptiern/ weil ſie aus Veraͤchtligkeit aller andern Voͤlcker die Schiffarthauſer ihrem Reiche verboten/ und ſich gleichſam aus einer Andacht gegen ihrem Nil/ des Meeres gaͤntz- lich/ als eines vom Typhon herruͤhrenden Schaumes/ enteuſert. Gleicherweiſe haͤtten auch die Serer ſich aller fremden Voͤlcker mit Fleiß entſchlagen/ und ihr einiges Reich fuͤr eine fuͤr ſich ſelbſt vollkommene Welt geachtet; aber aus den fernen Schiffarthen der Tyrier und Carthaginenſer muthmaſte er/ daß ſie dieſe Kunſt auch gehabt/ und waͤre glaublich/ daß der Ma- gnet bey ihnen deßhalben dieſer Krafft halber des Hercules Stein geheiſſen/ welchen ſie fuͤr den allgemeinen Wegweiſer verehrten. Je- doch waͤre dieſe Wiſſenſchafft hernach auſer Acht gelaſſen worden/ und wie viel andere Kuͤnſte der Alten in Vergeſſen kommen. Von den Frie- ſen aber haͤtte er bereits etwas erzehlet/ was mit dieſer Kunſt eine Verwandſchafft haͤtte. Uber diß brauchten ſie auf ihren Schiffen ein gewiſſes Eiſen/ welches in ſeiner Ader gegen Mittag ge- legen/ daſſelbe beſtrichen ſie an der einen Seite mit dem Magnet; alſo wieſe ihnen die ſich be- wegende Spitze iederzeit den Mittagsſtrich. Es ſcheinet/ ſagte Zeno/ beyderley Kunſt aus ei- nerley Nachdencken entſprungen zu ſeyn/ ich aber bin erſtaunet/ wie gewiß der Steuermann auf dieſem ſtrengen Fluſſe auch bey ſtockfinſterer Nacht das Schiff geleitet/ alſo/ daß unſere Reiſe noch einſt ſo geſchwinde/ als ich mir eingebildet hatte/ von ſtatten ging. Wir kamen alſo gluͤck- lich in die Landſchafft Xantung/ fuhren den Fluß Su hinauf zu der Stadt Sao uns zu er- friſchen/ und ſodenn biß in den Pful Lui den aus einem Steinfels gemachten Drachen mit einem Menſchen-Kopff in deſſen Mitte zu beſchauen/ der/ wenn man auf ſeinen Bauch ſchlaͤgt/ ein Gethoͤne wie der Donner von ſich giebt/ und deßhalben der Donner-Geiſt genennet wird. Von dar giengen wir zu Lande wieder in den Saffran-Fluß. Weil aber aus dieſem biß in den Strom Guei eine tieffe und breite Waſſer- farth gegraben/ mit eitel geſchnittenen Steinen beſetzt/ und mit zwantzig beqvemen Schleuſſen verſehen iſt; vermochte ich mich von der Be- ſchauung nicht zu enthalten/ theils aus Vor- witz/ theils zum Unterrichte derogleichen viel- leicht anderwerts darnach anzugeben. Wo der Waſſer gang in den Fluß Guei bey Lincing faͤllt/ ſtehet ein achteckichter Thurm mit neun Umgaͤngen/ der von der Spitze biß zum Grun- de neun hundert Ellen hoch/ auswendig mit dem feinſten Porcellan inwendig mit Spiegel- glattem Marmel bedeckt iſt/ oben aber einen kuͤpffernen und ſtarck ver goldeten Goͤtzen ſtehen hat. Wir kehrten von Lincing uͤber den Berg Minaxe/ darauf eine Saͤule hundeꝛt Meß-Ru- then hoch ſteht/ von dem geringſten Anruͤhren wie ein Drommel klingt/ und von dar auff dem Fluſſe Mingto uͤber die Haupt-Stadt Cinan meiſt durch flache mit Roßmarin/ Hirſchen/ Re- hen und Faſanen haͤuffig bedeckte Felder/ end- lich auf dem Fluſſe Ven/ in die groſſe Waſſer- farth/ und in den Saffran-Fluß zuruͤcke. Auf dieſem kamen wir mit gutem Winde zu der uͤ- beraus groſſen Handelſtadt/ Linchoai wo der Saffran-Fluß und der groſſe Strom Hoai zu- ſammen kommen/ und durch einen Mund in das groſſe Oſt-Meer fallen. Von dar fuhren wir durch eine praͤchtig gegrabene/ und mit eitel weiſſen viergeeckten Steinen beſetzte Waſſer- farth/ 60. Stadien lang/ bey dem groſſen See Piexe vorbey zu der von dem Saltzhandel uͤber- aus reichen/ und mit unzehlbaren Bruͤcken/ de- rer viel vier und zwantzig auch dreißig ſteinerne Bogen haben/ verſehenen Stadt Kiangtu; Jn welcher das ſchoͤnſte Frauenzimmer gefunden/ aber L l l l 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/693
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/693>, abgerufen am 22.11.2024.