Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] seinem Leben gebüsset. Huhansiens Groß-
müthigkeit/ und die Tugend der vergnüglichen
Scythen versicherten ihn/ daß sie mehr umb
Ruhm/ als aus Begierde fremde Länder einzu-
nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen hätte
er über alle seine Vorfahren bereit erworben.
Kriegsknechte suchten ihre Vergnügung am
Siege/ kluge Fürsten im Frieden. Die aber/
welche den Frieden aus Liebe des Krieges störe-
ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens
nicht weg. Er kriegte für itzt mit einem sechs-
jährigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie-
sen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer-
gen anzubinden. Er würde den Serern auch
so viel Länder nicht abnehmen/ als die Ohn-
macht seines Feindes seinem erworbenen Ruh-
me Abbruch thun könte. Die Serer wären
entschlossen den Scythen alles abzutreten/ was
der grosse Xius ihnen für langer Zeit abgenom-
men. Die gerechten Götter aber hätten für de-
nen eine Abscheu/ welche auf billiche Bedingun-
gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/
und unersättlich nach Menschen-Blute dürste-
ten/ welches sie als die Oberherren der Fürsten
von ihren Händen zu fordern hätten. Diesem
Brieffe war beygefügt eine Vorbitt-Schrifft
der friedliebenden Königin Syrmanis/ und
recht königliche Geschencke. Dieses bewegte den
ohne diß nicht blutdürstigen Huhansien/ daß er
die Stadt Jengan in Xensi/ weil sie für Zeiten
den Scythen zugehört/ zur Friedens-Handlung
beliebte/ auch mich und zwey andere Scythische
Fürsten darzu vollmächtigte. Wir wurden da-
selbst aufs prächtigste bewillkommt/ und nach
zweyen Tagen auser der Stadt auf dem Berge
Chingleang in eine ihnen überaus heilige und
für einen Tempel der Eintracht gehaltene Höle/
in welcher 10000. steinerne-von einem einigen
in diese Einsamkeit sich verkrichenden Könige
aufgerichtete Götzenbilder standen/ begleitet;
nach zehntägichter Unterhandlung auch der
Friede derogestalt beschlossen/ daß die beyden
[Spaltenumbruch] Reiche Suchuen und Xensi dem Könige Hu-
hansien völlig und ewig verbleiben/ dessen Bru-
der/ der König in Tibet/ des verstorbenen König
Juens Schwester heyrathen/ und hiermit alle
zwischen beyden Völckern erwachsene alte und
neue Ansprüche von Grund aus aufgehoben
seyn solten.

Demnach nun dieser Friede von dem wiewol
noch so jungen Könige/ und denen obersten
Reichs-Räthen beschworen werden solte; bat ich
mir bey dem Scythischen Könige aus/ die Bot-
schafft dahin zu übernehmen. Also schiffte ich auf
dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und
von diesem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche
Xansi/ allwo ich austrat das Gebürge Lie zu be-
schauen/ auf welchem der fromme Ackersmann
Xuno/ der hernach der Serer König worden/
das Feld gebauet/ darauf seiner Tugenden we-
gen seit derselben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/
noch einige schädliche Staude wachsen soll. Rhe-
metalces fragte alsofort: Ob er diß also wahr be-
funden? Denn auf solchen Fall hielte er es für ein
ungemeines Wunderwerck. Zeno versetzte: das
Wachsthum dieses Berges wäre allerdinges
dem Ruffe gemäß; ob er aber für dem Könige
Xuno was schädliches getragen/ wäre mehr be-
dencklich. Der Feldherr fügte bey: Er hielte diß
nicht für so unglaublich/ nachdem es die unge-
zweiffelte Warheit wäre/ daß die Frömmigkeit
eines Fürsten einem gantzen Reiche Segen/ sein
Laster aber göttliche Straffe zuziehe. Dahero
hätten die Egyptier ihren Königen alle böse und
gute Begebungen/ und also auch blosse Zufälle
seiner Schuld beygemessen; die Massynecier ihr
Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen
Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge-
straft. Bey welchem Verstande denn dieselben Kö-
nige/ welche sich Brüder der Sternen und Söhne
der Sonnen; oder auch/ daß sie sich mit dem Mon-
den vermischten/ rühmeten/ so sehr nicht zu verla-
chen wären; denn die Frömmigkeit wäre sicher
ein Schlüssel zum Himmel; eine Meisterin der

Natur;
L l l l 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſeinem Leben gebuͤſſet. Huhanſiens Groß-
muͤthigkeit/ und die Tugend der vergnuͤglichen
Scythen verſicherten ihn/ daß ſie mehr umb
Ruhm/ als aus Begierde fremde Laͤnder einzu-
nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen haͤtte
er uͤber alle ſeine Vorfahren bereit erworben.
Kriegsknechte ſuchten ihre Vergnuͤgung am
Siege/ kluge Fuͤrſten im Frieden. Die aber/
welche den Frieden aus Liebe des Krieges ſtoͤre-
ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens
nicht weg. Er kriegte fuͤr itzt mit einem ſechs-
jaͤhrigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie-
ſen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer-
gen anzubinden. Er wuͤrde den Serern auch
ſo viel Laͤnder nicht abnehmen/ als die Ohn-
macht ſeines Feindes ſeinem erworbenen Ruh-
me Abbruch thun koͤnte. Die Serer waͤren
entſchloſſen den Scythen alles abzutreten/ was
der groſſe Xius ihnen fuͤr langer Zeit abgenom-
men. Die gerechten Goͤtter aber haͤtten fuͤr de-
nen eine Abſcheu/ welche auf billiche Bedingun-
gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/
und unerſaͤttlich nach Menſchen-Blute duͤrſte-
ten/ welches ſie als die Oberherren der Fuͤrſten
von ihren Haͤnden zu fordern haͤtten. Dieſem
Brieffe war beygefuͤgt eine Vorbitt-Schrifft
der friedliebenden Koͤnigin Syrmanis/ und
recht koͤnigliche Geſchencke. Dieſes bewegte den
ohne diß nicht blutduͤrſtigen Huhanſien/ daß er
die Stadt Jengan in Xenſi/ weil ſie fuͤr Zeiten
den Scythen zugehoͤrt/ zuꝛ Friedens-Handlung
beliebte/ auch mich und zwey andere Scythiſche
Fuͤrſten darzu vollmaͤchtigte. Wir wurden da-
ſelbſt aufs praͤchtigſte bewillkommt/ und nach
zweyen Tagen auſer der Stadt auf dem Berge
Chingleang in eine ihnen uͤberaus heilige und
fuͤr einen Tempel der Eintracht gehaltene Hoͤle/
in welcher 10000. ſteinerne-von einem einigen
in dieſe Einſamkeit ſich verkrichenden Koͤnige
aufgerichtete Goͤtzenbilder ſtanden/ begleitet;
nach zehntaͤgichter Unterhandlung auch der
Friede derogeſtalt beſchloſſen/ daß die beyden
[Spaltenumbruch] Reiche Suchuen und Xenſi dem Koͤnige Hu-
hanſien voͤllig und ewig verbleiben/ deſſen Bru-
der/ der Koͤnig in Tibet/ des verſtorbenen Koͤnig
Juens Schweſter heyrathen/ und hiermit alle
zwiſchen beyden Voͤlckern erwachſene alte und
neue Anſpruͤche von Grund aus aufgehoben
ſeyn ſolten.

Demnach nun dieſer Friede von dem wiewol
noch ſo jungen Koͤnige/ und denen oberſten
Reichs-Raͤthen beſchworen werden ſolte; bat ich
mir bey dem Scythiſchen Koͤnige aus/ die Bot-
ſchafft dahin zu uͤbernehmen. Alſo ſchiffte ich auf
dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und
von dieſem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche
Xanſi/ allwo ich austrat das Gebuͤrge Lie zu be-
ſchauen/ auf welchem der fromme Ackersmann
Xuno/ der hernach der Serer Koͤnig worden/
das Feld gebauet/ darauf ſeiner Tugenden we-
gen ſeit derſelben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/
noch einige ſchaͤdliche Staude wachſen ſoll. Rhe-
metalces fragte alſofort: Ob er diß alſo wahr be-
funden? Denn auf ſolchen Fall hielte er es fuͤr ein
ungemeines Wunderwerck. Zeno verſetzte: das
Wachsthum dieſes Berges waͤre allerdinges
dem Ruffe gemaͤß; ob er aber fuͤr dem Koͤnige
Xuno was ſchaͤdliches getragen/ waͤre mehr be-
dencklich. Der Feldherr fuͤgte bey: Er hielte diß
nicht fuͤr ſo unglaublich/ nachdem es die unge-
zweiffelte Warheit waͤre/ daß die Froͤmmigkeit
eines Fuͤrſten einem gantzen Reiche Segen/ ſein
Laſter aber goͤttliche Straffe zuziehe. Dahero
haͤtten die Egyptier ihren Koͤnigen alle boͤſe und
gute Begebungen/ und alſo auch bloſſe Zufaͤlle
ſeiner Schuld beygemeſſen; die Maſſynecier ihꝛ
Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen
Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge-
ſtraft. Bey welchem Verſtande deñ dieſelben Koͤ-
nige/ welche ſich Bruͤder der Sternẽ und Soͤhne
der Soñen; oder auch/ daß ſie ſich mit dem Mon-
den vermiſchten/ ruͤhmeten/ ſo ſehꝛ nicht zu verla-
chen waͤren; denn die Froͤmmigkeit waͤre ſicher
ein Schluͤſſel zum Himmel; eine Meiſterin der

Natur;
L l l l 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0691" n="635"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;einem Leben gebu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Huhan&#x017F;iens Groß-<lb/>
mu&#x0364;thigkeit/ und die Tugend der vergnu&#x0364;glichen<lb/>
Scythen ver&#x017F;icherten ihn/ daß &#x017F;ie mehr umb<lb/>
Ruhm/ als aus Begierde fremde La&#x0364;nder einzu-<lb/>
nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen ha&#x0364;tte<lb/>
er u&#x0364;ber alle &#x017F;eine Vorfahren bereit erworben.<lb/>
Kriegsknechte &#x017F;uchten ihre Vergnu&#x0364;gung am<lb/>
Siege/ kluge Fu&#x0364;r&#x017F;ten im Frieden. Die aber/<lb/>
welche den Frieden aus Liebe des Krieges &#x017F;to&#x0364;re-<lb/>
ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens<lb/>
nicht weg. Er kriegte fu&#x0364;r itzt mit einem &#x017F;echs-<lb/>
ja&#x0364;hrigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie-<lb/>
&#x017F;en aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer-<lb/>
gen anzubinden. Er wu&#x0364;rde den Serern auch<lb/>
&#x017F;o viel La&#x0364;nder nicht abnehmen/ als die Ohn-<lb/>
macht &#x017F;eines Feindes &#x017F;einem erworbenen Ruh-<lb/>
me Abbruch thun ko&#x0364;nte. Die Serer wa&#x0364;ren<lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en den Scythen alles abzutreten/ was<lb/>
der gro&#x017F;&#x017F;e Xius ihnen fu&#x0364;r langer Zeit abgenom-<lb/>
men. Die gerechten Go&#x0364;tter aber ha&#x0364;tten fu&#x0364;r de-<lb/>
nen eine Ab&#x017F;cheu/ welche auf billiche Bedingun-<lb/>
gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/<lb/>
und uner&#x017F;a&#x0364;ttlich nach Men&#x017F;chen-Blute du&#x0364;r&#x017F;te-<lb/>
ten/ welches &#x017F;ie als die Oberherren der Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
von ihren Ha&#x0364;nden zu fordern ha&#x0364;tten. Die&#x017F;em<lb/>
Brieffe war beygefu&#x0364;gt eine Vorbitt-Schrifft<lb/>
der friedliebenden Ko&#x0364;nigin Syrmanis/ und<lb/>
recht ko&#x0364;nigliche Ge&#x017F;chencke. Die&#x017F;es bewegte den<lb/>
ohne diß nicht blutdu&#x0364;r&#x017F;tigen Huhan&#x017F;ien/ daß er<lb/>
die Stadt Jengan in Xen&#x017F;i/ weil &#x017F;ie fu&#x0364;r Zeiten<lb/>
den Scythen zugeho&#x0364;rt/ zu&#xA75B; Friedens-Handlung<lb/>
beliebte/ auch mich und zwey andere Scythi&#x017F;che<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten darzu vollma&#x0364;chtigte. Wir wurden da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t aufs pra&#x0364;chtig&#x017F;te bewillkommt/ und nach<lb/>
zweyen Tagen au&#x017F;er der Stadt auf dem Berge<lb/>
Chingleang in eine ihnen u&#x0364;beraus heilige und<lb/>
fu&#x0364;r einen Tempel der Eintracht gehaltene Ho&#x0364;le/<lb/>
in welcher 10000. &#x017F;teinerne-von einem einigen<lb/>
in die&#x017F;e Ein&#x017F;amkeit &#x017F;ich verkrichenden Ko&#x0364;nige<lb/>
aufgerichtete Go&#x0364;tzenbilder &#x017F;tanden/ begleitet;<lb/>
nach zehnta&#x0364;gichter Unterhandlung auch der<lb/>
Friede deroge&#x017F;talt be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en/ daß die beyden<lb/><cb/>
Reiche Suchuen und Xen&#x017F;i dem Ko&#x0364;nige Hu-<lb/>
han&#x017F;ien vo&#x0364;llig und ewig verbleiben/ de&#x017F;&#x017F;en Bru-<lb/>
der/ der Ko&#x0364;nig in Tibet/ des ver&#x017F;torbenen Ko&#x0364;nig<lb/>
Juens Schwe&#x017F;ter heyrathen/ und hiermit alle<lb/>
zwi&#x017F;chen beyden Vo&#x0364;lckern erwach&#x017F;ene alte und<lb/>
neue An&#x017F;pru&#x0364;che von Grund aus aufgehoben<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;olten.</p><lb/>
          <p>Demnach nun die&#x017F;er Friede von dem wiewol<lb/>
noch &#x017F;o jungen Ko&#x0364;nige/ und denen ober&#x017F;ten<lb/>
Reichs-Ra&#x0364;then be&#x017F;chworen werden &#x017F;olte; bat ich<lb/>
mir bey dem Scythi&#x017F;chen Ko&#x0364;nige aus/ die Bot-<lb/>
&#x017F;chafft dahin zu u&#x0364;bernehmen. Al&#x017F;o &#x017F;chiffte ich auf<lb/>
dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und<lb/>
von die&#x017F;em biß zu der Stadt Pu in dem Reiche<lb/>
Xan&#x017F;i/ allwo ich austrat das Gebu&#x0364;rge Lie zu be-<lb/>
&#x017F;chauen/ auf welchem der fromme Ackersmann<lb/>
Xuno/ der hernach der Serer Ko&#x0364;nig worden/<lb/>
das Feld gebauet/ darauf &#x017F;einer Tugenden we-<lb/>
gen &#x017F;eit der&#x017F;elben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/<lb/>
noch einige &#x017F;cha&#x0364;dliche Staude wach&#x017F;en &#x017F;oll. Rhe-<lb/>
metalces fragte al&#x017F;ofort: Ob er diß al&#x017F;o wahr be-<lb/>
funden? Denn auf &#x017F;olchen Fall hielte er es fu&#x0364;r ein<lb/>
ungemeines Wunderwerck. Zeno ver&#x017F;etzte: das<lb/>
Wachsthum die&#x017F;es Berges wa&#x0364;re allerdinges<lb/>
dem Ruffe gema&#x0364;ß; ob er aber fu&#x0364;r dem Ko&#x0364;nige<lb/>
Xuno was &#x017F;cha&#x0364;dliches getragen/ wa&#x0364;re mehr be-<lb/>
dencklich. Der Feldherr fu&#x0364;gte bey: Er hielte diß<lb/>
nicht fu&#x0364;r &#x017F;o unglaublich/ nachdem es die unge-<lb/>
zweiffelte Warheit wa&#x0364;re/ daß die Fro&#x0364;mmigkeit<lb/>
eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten einem gantzen Reiche Segen/ &#x017F;ein<lb/>
La&#x017F;ter aber go&#x0364;ttliche Straffe zuziehe. Dahero<lb/>
ha&#x0364;tten die Egyptier ihren Ko&#x0364;nigen alle bo&#x0364;&#x017F;e und<lb/>
gute Begebungen/ und al&#x017F;o auch blo&#x017F;&#x017F;e Zufa&#x0364;lle<lb/>
&#x017F;einer Schuld beygeme&#x017F;&#x017F;en; die Ma&#x017F;&#x017F;ynecier ih&#xA75B;<lb/>
Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen<lb/>
Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge-<lb/>
&#x017F;traft. Bey welchem Ver&#x017F;tande den&#x0303; die&#x017F;elben Ko&#x0364;-<lb/>
nige/ welche &#x017F;ich Bru&#x0364;der der Sterne&#x0303; und So&#x0364;hne<lb/>
der Son&#x0303;en; oder auch/ daß &#x017F;ie &#x017F;ich mit dem Mon-<lb/>
den vermi&#x017F;chten/ ru&#x0364;hmeten/ &#x017F;o &#x017F;eh&#xA75B; nicht zu verla-<lb/>
chen wa&#x0364;ren; denn die Fro&#x0364;mmigkeit wa&#x0364;re &#x017F;icher<lb/>
ein Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zum Himmel; eine Mei&#x017F;terin der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L l l l 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Natur;</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[635/0691] Arminius und Thußnelda. ſeinem Leben gebuͤſſet. Huhanſiens Groß- muͤthigkeit/ und die Tugend der vergnuͤglichen Scythen verſicherten ihn/ daß ſie mehr umb Ruhm/ als aus Begierde fremde Laͤnder einzu- nehmen die Waffen ergrieffen. Jenen haͤtte er uͤber alle ſeine Vorfahren bereit erworben. Kriegsknechte ſuchten ihre Vergnuͤgung am Siege/ kluge Fuͤrſten im Frieden. Die aber/ welche den Frieden aus Liebe des Krieges ſtoͤre- ten/ legten ihn nur aus Begierde des Friedens nicht weg. Er kriegte fuͤr itzt mit einem ſechs- jaͤhrigen Kinde Ching/ des Juens Sohne; Rie- ſen aber hielten ihnen verkleinerlich mit Zwer- gen anzubinden. Er wuͤrde den Serern auch ſo viel Laͤnder nicht abnehmen/ als die Ohn- macht ſeines Feindes ſeinem erworbenen Ruh- me Abbruch thun koͤnte. Die Serer waͤren entſchloſſen den Scythen alles abzutreten/ was der groſſe Xius ihnen fuͤr langer Zeit abgenom- men. Die gerechten Goͤtter aber haͤtten fuͤr de- nen eine Abſcheu/ welche auf billiche Bedingun- gen denen Bittenden die Ruhe verweigerten/ und unerſaͤttlich nach Menſchen-Blute duͤrſte- ten/ welches ſie als die Oberherren der Fuͤrſten von ihren Haͤnden zu fordern haͤtten. Dieſem Brieffe war beygefuͤgt eine Vorbitt-Schrifft der friedliebenden Koͤnigin Syrmanis/ und recht koͤnigliche Geſchencke. Dieſes bewegte den ohne diß nicht blutduͤrſtigen Huhanſien/ daß er die Stadt Jengan in Xenſi/ weil ſie fuͤr Zeiten den Scythen zugehoͤrt/ zuꝛ Friedens-Handlung beliebte/ auch mich und zwey andere Scythiſche Fuͤrſten darzu vollmaͤchtigte. Wir wurden da- ſelbſt aufs praͤchtigſte bewillkommt/ und nach zweyen Tagen auſer der Stadt auf dem Berge Chingleang in eine ihnen uͤberaus heilige und fuͤr einen Tempel der Eintracht gehaltene Hoͤle/ in welcher 10000. ſteinerne-von einem einigen in dieſe Einſamkeit ſich verkrichenden Koͤnige aufgerichtete Goͤtzenbilder ſtanden/ begleitet; nach zehntaͤgichter Unterhandlung auch der Friede derogeſtalt beſchloſſen/ daß die beyden Reiche Suchuen und Xenſi dem Koͤnige Hu- hanſien voͤllig und ewig verbleiben/ deſſen Bru- der/ der Koͤnig in Tibet/ des verſtorbenen Koͤnig Juens Schweſter heyrathen/ und hiermit alle zwiſchen beyden Voͤlckern erwachſene alte und neue Anſpruͤche von Grund aus aufgehoben ſeyn ſolten. Demnach nun dieſer Friede von dem wiewol noch ſo jungen Koͤnige/ und denen oberſten Reichs-Raͤthen beſchworen werden ſolte; bat ich mir bey dem Scythiſchen Koͤnige aus/ die Bot- ſchafft dahin zu uͤbernehmen. Alſo ſchiffte ich auf dem Strome Guei in den Saffran-Fluß/ und von dieſem biß zu der Stadt Pu in dem Reiche Xanſi/ allwo ich austrat das Gebuͤrge Lie zu be- ſchauen/ auf welchem der fromme Ackersmann Xuno/ der hernach der Serer Koͤnig worden/ das Feld gebauet/ darauf ſeiner Tugenden we- gen ſeit derſelben Zeit kein Dorn/ kein Unkraut/ noch einige ſchaͤdliche Staude wachſen ſoll. Rhe- metalces fragte alſofort: Ob er diß alſo wahr be- funden? Denn auf ſolchen Fall hielte er es fuͤr ein ungemeines Wunderwerck. Zeno verſetzte: das Wachsthum dieſes Berges waͤre allerdinges dem Ruffe gemaͤß; ob er aber fuͤr dem Koͤnige Xuno was ſchaͤdliches getragen/ waͤre mehr be- dencklich. Der Feldherr fuͤgte bey: Er hielte diß nicht fuͤr ſo unglaublich/ nachdem es die unge- zweiffelte Warheit waͤre/ daß die Froͤmmigkeit eines Fuͤrſten einem gantzen Reiche Segen/ ſein Laſter aber goͤttliche Straffe zuziehe. Dahero haͤtten die Egyptier ihren Koͤnigen alle boͤſe und gute Begebungen/ und alſo auch bloſſe Zufaͤlle ſeiner Schuld beygemeſſen; die Maſſynecier ihꝛ Oberhaupt/ wenn etwas mißgelungen/ einen Tag lang mit Entziehung der Lebensmittel ge- ſtraft. Bey welchem Verſtande deñ dieſelben Koͤ- nige/ welche ſich Bruͤder der Sternẽ und Soͤhne der Soñen; oder auch/ daß ſie ſich mit dem Mon- den vermiſchten/ ruͤhmeten/ ſo ſehꝛ nicht zu verla- chen waͤren; denn die Froͤmmigkeit waͤre ſicher ein Schluͤſſel zum Himmel; eine Meiſterin der Natur; L l l l 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/691
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/691>, abgerufen am 22.11.2024.