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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] sonder Krieges-List hier ferner in Xensi nicht
durchzubrechen; Daher gab er seinem Heer öf-
fentlich zu verstehen/ daß er nicht mit Wasser
und Klippen Krieg zu führen verlangte/ sondern
linck- und west-werts gegen der herrlichen
Stadt Cungchang/ wo der berühmte König Fo-
hius gebohren und begraben ist/ seine Mutter
aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr
hat aufrichten lassen/ abzulencken und den
Feinden sodenn in Rücken zu gehen gedächte.
Unter diesem Vorwand schickte er zwantzig tau-
send Massageten biß an den Fluß Sihan vor-
an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge-
gen das feindliche Läger Kundschafft einholen;
ja derer etliche mit Fleiß in die Hände der Se-
rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge-
fangenen einmüthig zusammen stimmten/ son-
dern auch der Scythen Entschlüssung der Ver-
nunfft sehr ehnlich schien; hoben die Serer mit
höchst unvernünfftiger Ubereilung mit Zurück-
lassung kaum zwantzig tausend Mann ihr Lä-
ger auf/ um den Scythischen zwischen dem Ge-
bürge Poching/ auf welchem das unfruchtbar-
machende Kraut Hoaco wächst/ und dem Berge
Loyo/ wo ein überaus grosser steinerner Löw aus
dem Rachen ein starckes Qvell ausspritzt/ für zu-
beugen. So bald dieser Auffbruch dem Köni-
ge Huhansien verkundschafftet ward/ eilte er mit
seinem gantzen Heere auff die fast unüberwindli-
che und von Bisam und Zinober überaus reiche
Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter
itzigen Königlichen Geschlechtes Hanya zum
ersten wider das Hauß Tschina die Waffen er-
griffen/ schwemmte in Gesichte des hierüber er-
starrenden Feindes/ der über diesen Fluß nur
mit Schiffen zu überkommen möglich hielt/ mit
der Reuterey durch den Strom Han. Alles
was sich widersetzte/ fiel durch die Schärffe der
Scythischen Sebeln. Ehe nun das Fuß-
Volck auff denen eroberten Schiffen auch über-
gesetzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle
Hülffs-Völcker abzuschneiden/ rings herum.
[Spaltenumbruch] Weil aber Pingli/ der Enckel des grossen Hel-
den Changleang/ in selbter das Oberhaupt war/
setzte er ihm für ehe mit seinem Blute die glüen-
de Asche der Stadt auszuleschen/ als mit Zag-
heit die tapfferen Helden-Thaten seines Groß-
vaters zu besudeln/ und daselbst eine Schand-
Säule zu erlangen/ wo jener den herrlichsten
Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar
Huhansien anfangs durch sorgfältigste Verscho-
nung seiner hierum liegender Land-Güter und
Lusthäuser den Pingli bey den Serern zu ver-
dächtigen vermeinte; Hernach als dieser zu Ab-
lehnung solchen Fallstricks/ wie für Zeiten Pe-
ricles zu Athen/ seine Güter dem gemeinen
Wesen zueignete/ gegen ihm seine grosse Ver-
sprechungen mit schrecklichem Dräuen ver-
mischte/ da er sich seinen sieghafften Waffen län-
ger widersetzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur
Antwort: Worte wären nur ein Schatten von
den Wercken. Diese wären Männer/ jene
wären Weiber; Er aber versichert/ daß seine
siegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/
oder sein Tod zum Gotte machen würde. Huhan-
sien ward hierüber erbittert/ wiewol er endlich die
Tugend in seinem Feinde lieb gewinnen muste;
ob schon ihm etliche Stürme zu seinem grossen
Schaden abgeschlagen wurden. Die Scythen
wendeten alle Kräfften und Krieges-Wissen-
schafften an/ die Mauren zu zerschmettern/ die
Stadt mit fliegendem Feuer zu ängstigen/ die
Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer-
keit der Belägerten trat als die festeste Mauer
iederzeit in die Lücke/ biß endlich fast alle Weh-
ren zerschellet waren/ und König Huhansien/ in
Meinung/ daß an dieser Eroberung das gantze
Reich Xensi/ an seiner Abtreibung aber auch der
Verlust des eroberten Königreichs Suchuen
hienge/ oder weil das Feuer und das edle Laster/
nehmlich die Begierde seine Gewalt zu erwei-
tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er-
sättigt wird/ und den Fürsten insgemein nicht
diß/ was sie besitzen/ sondern was ihnen abge-

het/

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] ſonder Krieges-Liſt hier ferner in Xenſi nicht
durchzubrechen; Daher gab er ſeinem Heer oͤf-
fentlich zu verſtehen/ daß er nicht mit Waſſer
und Klippen Krieg zu fuͤhren verlangte/ ſondern
linck- und weſt-werts gegen der herrlichen
Stadt Cungchang/ wo der beruͤhmte Koͤnig Fo-
hius gebohren und begraben iſt/ ſeine Mutter
aber einen Ehren-Tempel aus eitel Porphyr
hat aufrichten laſſen/ abzulencken und den
Feinden ſodenn in Ruͤcken zu gehen gedaͤchte.
Unter dieſem Vorwand ſchickte er zwantzig tau-
ſend Maſſageten biß an den Fluß Sihan vor-
an/ und durch etliche kleine Hauffen ließ er ge-
gen das feindliche Laͤger Kundſchafft einholen;
ja derer etliche mit Fleiß in die Haͤnde der Se-
rer verfallen. Weil nun nicht allein alle Ge-
fangenen einmuͤthig zuſammen ſtimmten/ ſon-
dern auch der Scythen Entſchluͤſſung der Ver-
nunfft ſehr ehnlich ſchien; hoben die Serer mit
hoͤchſt unvernuͤnfftiger Ubereilung mit Zuruͤck-
laſſung kaum zwantzig tauſend Mann ihr Laͤ-
ger auf/ um den Scythiſchen zwiſchen dem Ge-
buͤrge Poching/ auf welchem das unfruchtbar-
machende Kraut Hoaco waͤchſt/ und dem Berge
Loyo/ wo ein uͤberaus groſſer ſteinerner Loͤw aus
dem Rachen ein ſtarckes Qvell ausſpritzt/ fuͤr zu-
beugen. So bald dieſer Auffbruch dem Koͤni-
ge Huhanſien verkundſchafftet ward/ eilte er mit
ſeinem gantzen Heere auff die faſt unuͤberwindli-
che und von Biſam und Zinober uͤberaus reiche
Stadt Hanchung zu/ wo Lieupang der Stiffter
itzigen Koͤniglichen Geſchlechtes Hanya zum
erſten wider das Hauß Tſchina die Waffen er-
griffen/ ſchwemmte in Geſichte des hieruͤber er-
ſtarrenden Feindes/ der uͤber dieſen Fluß nur
mit Schiffen zu uͤberkommen moͤglich hielt/ mit
der Reuterey durch den Strom Han. Alles
was ſich widerſetzte/ fiel durch die Schaͤrffe der
Scythiſchen Sebeln. Ehe nun das Fuß-
Volck auff denen eroberten Schiffen auch uͤber-
geſetzt ward/ berennte er die Stadt/ um ihr alle
Huͤlffs-Voͤlcker abzuſchneiden/ rings herum.
[Spaltenumbruch] Weil aber Pingli/ der Enckel des groſſen Hel-
den Changleang/ in ſelbter das Oberhaupt war/
ſetzte er ihm fuͤr ehe mit ſeinem Blute die gluͤen-
de Aſche der Stadt auszuleſchen/ als mit Zag-
heit die tapfferen Helden-Thaten ſeines Groß-
vaters zu beſudeln/ und daſelbſt eine Schand-
Saͤule zu erlangen/ wo jener den herrlichſten
Ehren-Tempel verdienet hatte. Ob nun zwar
Huhanſien anfangs durch ſorgfaͤltigſte Verſcho-
nung ſeiner hierum liegender Land-Guͤter und
Luſthaͤuſer den Pingli bey den Serern zu ver-
daͤchtigen vermeinte; Hernach als dieſer zu Ab-
lehnung ſolchen Fallſtricks/ wie fuͤr Zeiten Pe-
ricles zu Athen/ ſeine Guͤter dem gemeinen
Weſen zueignete/ gegen ihm ſeine groſſe Ver-
ſprechungen mit ſchrecklichem Draͤuen ver-
miſchte/ da er ſich ſeinen ſieghafften Waffen laͤn-
ger widerſetzte; entbot er ihm doch hertzhafft zur
Antwort: Worte waͤren nur ein Schatten von
den Wercken. Dieſe waͤren Maͤnner/ jene
waͤren Weiber; Er aber verſichert/ daß ſeine
ſiegende Tapfferkeit ihn entweder zum Helden/
odeꝛ ſein Tod zum Gotte machen wuͤꝛde. Huhan-
ſien ward hieruͤbeꝛ erbitteꝛt/ wiewol er endlich die
Tugend in ſeinem Feinde lieb gewinnen muſte;
ob ſchon ihm etliche Stuͤrme zu ſeinem groſſen
Schaden abgeſchlagen wurden. Die Scythen
wendeten alle Kraͤfften und Krieges-Wiſſen-
ſchafften an/ die Mauren zu zerſchmettern/ die
Stadt mit fliegendem Feuer zu aͤngſtigen/ die
Bollwercke zu untergraben; aber die Tapffer-
keit der Belaͤgerten trat als die feſteſte Mauer
iederzeit in die Luͤcke/ biß endlich faſt alle Weh-
ren zerſchellet waren/ und Koͤnig Huhanſien/ in
Meinung/ daß an dieſer Eroberung das gantze
Reich Xenſi/ an ſeiner Abtreibung aber auch der
Verluſt des eroberten Koͤnigreichs Suchuen
hienge/ oder weil das Feuer und das edle Laſter/
nehmlich die Begierde ſeine Gewalt zu erwei-
tern/ durch die Nahrung nur gereitzet/ nicht er-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/679>, abgerufen am 22.11.2024.