Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
aus dem Lande Meer gemacht/ also den Nahmendes langröckichten Xerxes bekommen; aber auch diese Verschwendung wäre weder dem Nutzen/ noch der Geschwindigkeit halber mit Huhan- siens Wercke zu vergleichen/ welcher gleichwol acht Tage mit Ubersetzung des Heeres theils auf Schiffen/ theils über die Brücke zu thun hat- te. Wiewol noch ein absonderes Heer von de- nen dem Huhansien biß an das Nord-Meer un- terthänigen Scythen gegen die Serer anzog. Wir setzten hierauf über das Gebürge des Pa- ropamisus unsere Reise schleunigst fort/ und ka- men nach zwey Monaten qver über die lange Sandwüsteney Lop nicht ferne von der Seri- schen Gräntze an. Wir konten in dieser Ein- öde/ welche weder Wasser/ Laub noch Graß hat/ sondern hin und her nur etliche stachlichte Kräuter und Hecken zeuget/ uns über die Här- tigkeit der Menschen und des Viehes nicht ge- nungsam verwundern. Das mitgeführte Wasser reichte kaum für das Kriegesvolck/ also musten Pferde und Kamele ungetränckt sich mit den dürren Kräutern/ die Scythen aber sich mit dem Pferde-Blute vergnügen/ welches sie aus- sogen/ wenn die Natur von sich selbst/ oder sie ih- ren zu sehr erhitzten Pferden zur Ader liessen. Hertzog Rhemetalces fiel ein: Die in dieser Wüsten reisenden solten billich die Eigenschafft jenes Griechen von Argos haben/ den sein Leb- tage nie dürstete/ auf der weiten Reise zu dem Ammonischen Jupiter nur saltzichte Speisen aß/ und gar nicht/ ja auch sonst sehr selten tranck. Zeno setzte bey: Casyrta Lasionius würde sich e- benfals gar wol zu uns geschicket haben/ welcher in dreißig Tagen nichts tranck/ auch nichts feuchtes aß; gleichwol aber Wasser von sich ließ. Es wäre beydes viel/ sagte der Feldherr/ und dünckt mich/ es haben die Griechen beydes nichts minder/ als die Hyperborier vergrössert/ welche ihren Abaris niemals haben wollen essen oder trincken sehen. Die Natur wäre zwar mit wenigem vergnügt; Aber der Mensch kön- te so wenig als ein Cameleon/ der gemeinen [Spaltenumbruch] Sage nach/ von der Lufft/ noch von den Son- nenstrahlen leben. Sintemal die Erfahrung diesen Jrrthum verrathen/ und gezeigt hät- te/ daß diß Thier Würmer und Fliegen verzehrte. Zeno fuhr fort: Wir überstan- den durch der obersten Befehlhaber kluge Vor- sicht/ und sparsame Austheilung der Lebens- Mittel gleichwol diesen beschwerlichen Weg/ ohne sonderbaren Verlust/ an Menschen oder Vieh. Wiewol auch die Serer zwischen die- ser Wüsten und ihren Gräntzen alles versängt/ verheeret/ und die Scythen verjagt hatten/ so hatten diese doch ihren meisten Vorrath unter die Erde vergraben/ und sich in die Gebürge verstecket/ welche nunmehr herfür rückten/ und diesem Heere überflüßige Lebens-Mittel entge- gen brachten. Der König schlug sein Läger an die zwey Seen/ durch welche der berühmte Saffran-Fluß fleust/ stellte es daselbst in zwey Schlacht-Ordnungen; und es musten beyde Heere zu Bezeugung ihrer Tapfferkeit/ und wie sie sich nunmehro bald gegen ihre Feinde verhalten wolten/ durch ein blindes Treffen an- deuten. Also musten auch wir unsere Krieges- Ubungen schauen lassen/ welche den König de- rogestalt vergnügten/ daß er iedem unter uns tausend Nomadische Scythen von seiner Leib- wache unter gab. Jedoch hatte Huhansien bey unserem Gefechte von der Syrmanis eine Muthmassung gefast/ daß sie nicht männ-son- dern weiblichen Geschlechtes wäre; daher er nach und nach so viel mehr auf ihre Leibesgestalt und Gebehrden Achtung gab/ und endlich mich zur Rede setzte: warum wir für ihm ihr Ge- schlechte verbergen wolten? Also solte ich ihm ge- rade zusagen/ wer sie wäre. Jch erschrack über die- ser unvermutheten Ansprache; wuste also nichts anders in der Eil zu sagen/ als daß sie Oropa- stens Schwester wäre/ welche aus Anreitzung der Tugend/ die Welt zu beschauen/ und sich durch tapffere Thaten berühmt zu machen sich ihnen zugesellet hätte. Huhansien fragte mich etliche mal: Ob er auf meine Erzehlung trauen dörffte? Erster Theil. F f f f
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
aus dem Lande Meer gemacht/ alſo den Nahmendes langroͤckichten Xerxes bekom̃en; aber auch dieſe Verſchwendung waͤre weder dem Nutzen/ noch der Geſchwindigkeit halber mit Huhan- ſiens Wercke zu vergleichen/ welcher gleichwol acht Tage mit Uberſetzung des Heeres theils auf Schiffen/ theils uͤber die Bruͤcke zu thun hat- te. Wiewol noch ein abſonderes Heer von de- nen dem Huhanſien biß an das Nord-Meer un- terthaͤnigen Scythen gegen die Serer anzog. Wir ſetzten hierauf uͤber das Gebuͤrge des Pa- ropamiſus unſere Reiſe ſchleunigſt fort/ und ka- men nach zwey Monaten qver uͤber die lange Sandwuͤſteney Lop nicht ferne von der Seri- ſchen Graͤntze an. Wir konten in dieſer Ein- oͤde/ welche weder Waſſer/ Laub noch Graß hat/ ſondern hin und her nur etliche ſtachlichte Kraͤuter und Hecken zeuget/ uns uͤber die Haͤr- tigkeit der Menſchen und des Viehes nicht ge- nungſam verwundern. Das mitgefuͤhrte Waſſer reichte kaum fuͤr das Kriegesvolck/ alſo muſten Pferde und Kamele ungetraͤnckt ſich mit den duͤrren Kraͤutern/ die Scythen aber ſich mit dem Pferde-Blute vergnuͤgen/ welches ſie aus- ſogen/ wenn die Natur von ſich ſelbſt/ oder ſie ih- ren zu ſehr erhitzten Pferden zur Ader lieſſen. Hertzog Rhemetalces fiel ein: Die in dieſer Wuͤſten reiſenden ſolten billich die Eigenſchafft jenes Griechen von Argos haben/ den ſein Leb- tage nie duͤrſtete/ auf der weiten Reiſe zu dem Ammoniſchen Jupiter nur ſaltzichte Speiſen aß/ und gar nicht/ ja auch ſonſt ſehr ſelten tranck. Zeno ſetzte bey: Caſyrta Laſionius wuͤrde ſich e- benfals gar wol zu uns geſchicket haben/ welcher in dreißig Tagen nichts tranck/ auch nichts feuchtes aß; gleichwol aber Waſſer von ſich ließ. Es waͤre beydes viel/ ſagte der Feldherr/ und duͤnckt mich/ es haben die Griechen beydes nichts minder/ als die Hyperborier vergroͤſſert/ welche ihren Abaris niemals haben wollen eſſen oder trincken ſehen. Die Natur waͤre zwar mit wenigem vergnuͤgt; Aber der Menſch koͤn- te ſo wenig als ein Cameleon/ der gemeinen [Spaltenumbruch] Sage nach/ von der Lufft/ noch von den Son- nenſtrahlen leben. Sintemal die Erfahrung dieſen Jrrthum verrathen/ und gezeigt haͤt- te/ daß diß Thier Wuͤrmer und Fliegen verzehrte. Zeno fuhr fort: Wir uͤberſtan- den durch der oberſten Befehlhaber kluge Vor- ſicht/ und ſparſame Austheilung der Lebens- Mittel gleichwol dieſen beſchwerlichen Weg/ ohne ſonderbaren Verluſt/ an Menſchen oder Vieh. Wiewol auch die Serer zwiſchen die- ſer Wuͤſten und ihren Graͤntzen alles verſaͤngt/ verheeret/ und die Scythen verjagt hatten/ ſo hatten dieſe doch ihren meiſten Vorrath unter die Erde vergraben/ und ſich in die Gebuͤrge verſtecket/ welche nunmehr herfuͤr ruͤckten/ und dieſem Heere uͤberfluͤßige Lebens-Mittel entge- gen brachten. Der Koͤnig ſchlug ſein Laͤger an die zwey Seen/ durch welche der beruͤhmte Saffran-Fluß fleuſt/ ſtellte es daſelbſt in zwey Schlacht-Ordnungen; und es muſten beyde Heere zu Bezeugung ihrer Tapfferkeit/ und wie ſie ſich nunmehro bald gegen ihre Feinde verhalten wolten/ durch ein blindes Treffen an- deuten. Alſo muſten auch wir unſere Krieges- Ubungen ſchauen laſſen/ welche den Koͤnig de- rogeſtalt vergnuͤgten/ daß er iedem unter uns tauſend Nomadiſche Scythen von ſeiner Leib- wache unter gab. Jedoch hatte Huhanſien bey unſerem Gefechte von der Syrmanis eine Muthmaſſung gefaſt/ daß ſie nicht maͤnn-ſon- dern weiblichen Geſchlechtes waͤre; daher er nach und nach ſo viel mehr auf ihre Leibesgeſtalt und Gebehrden Achtung gab/ und endlich mich zur Rede ſetzte: warum wir fuͤr ihm ihr Ge- ſchlechte verbergen wolten? Alſo ſolte ich ihm ge- rade zuſagẽ/ wer ſie waͤre. Jch erſchrack uͤber die- ſer unvermutheten Anſprache; wuſte alſo nichts anders in der Eil zu ſagen/ als daß ſie Oropa- ſtens Schweſter waͤre/ welche aus Anreitzung der Tugend/ die Welt zu beſchauen/ und ſich durch tapffere Thaten beruͤhmt zu machen ſich ihnen zugeſellet haͤtte. Huhanſien fragte mich etliche mal: Ob er auf meine Erzehlung trauen doͤrffte? Erſter Theil. F f f f
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Arminius und Thußnelda.
aus dem Lande Meer gemacht/ alſo den Nahmen
des langroͤckichten Xerxes bekom̃en; aber auch
dieſe Verſchwendung waͤre weder dem Nutzen/
noch der Geſchwindigkeit halber mit Huhan-
ſiens Wercke zu vergleichen/ welcher gleichwol
acht Tage mit Uberſetzung des Heeres theils
auf Schiffen/ theils uͤber die Bruͤcke zu thun hat-
te. Wiewol noch ein abſonderes Heer von de-
nen dem Huhanſien biß an das Nord-Meer un-
terthaͤnigen Scythen gegen die Serer anzog.
Wir ſetzten hierauf uͤber das Gebuͤrge des Pa-
ropamiſus unſere Reiſe ſchleunigſt fort/ und ka-
men nach zwey Monaten qver uͤber die lange
Sandwuͤſteney Lop nicht ferne von der Seri-
ſchen Graͤntze an. Wir konten in dieſer Ein-
oͤde/ welche weder Waſſer/ Laub noch Graß
hat/ ſondern hin und her nur etliche ſtachlichte
Kraͤuter und Hecken zeuget/ uns uͤber die Haͤr-
tigkeit der Menſchen und des Viehes nicht ge-
nungſam verwundern. Das mitgefuͤhrte
Waſſer reichte kaum fuͤr das Kriegesvolck/ alſo
muſten Pferde und Kamele ungetraͤnckt ſich mit
den duͤrren Kraͤutern/ die Scythen aber ſich mit
dem Pferde-Blute vergnuͤgen/ welches ſie aus-
ſogen/ wenn die Natur von ſich ſelbſt/ oder ſie ih-
ren zu ſehr erhitzten Pferden zur Ader lieſſen.
Hertzog Rhemetalces fiel ein: Die in dieſer
Wuͤſten reiſenden ſolten billich die Eigenſchafft
jenes Griechen von Argos haben/ den ſein Leb-
tage nie duͤrſtete/ auf der weiten Reiſe zu dem
Ammoniſchen Jupiter nur ſaltzichte Speiſen
aß/ und gar nicht/ ja auch ſonſt ſehr ſelten tranck.
Zeno ſetzte bey: Caſyrta Laſionius wuͤrde ſich e-
benfals gar wol zu uns geſchicket haben/ welcher
in dreißig Tagen nichts tranck/ auch nichts
feuchtes aß; gleichwol aber Waſſer von ſich ließ.
Es waͤre beydes viel/ ſagte der Feldherr/ und
duͤnckt mich/ es haben die Griechen beydes
nichts minder/ als die Hyperborier vergroͤſſert/
welche ihren Abaris niemals haben wollen eſſen
oder trincken ſehen. Die Natur waͤre zwar
mit wenigem vergnuͤgt; Aber der Menſch koͤn-
te ſo wenig als ein Cameleon/ der gemeinen
Sage nach/ von der Lufft/ noch von den Son-
nenſtrahlen leben. Sintemal die Erfahrung
dieſen Jrrthum verrathen/ und gezeigt haͤt-
te/ daß diß Thier Wuͤrmer und Fliegen
verzehrte. Zeno fuhr fort: Wir uͤberſtan-
den durch der oberſten Befehlhaber kluge Vor-
ſicht/ und ſparſame Austheilung der Lebens-
Mittel gleichwol dieſen beſchwerlichen Weg/
ohne ſonderbaren Verluſt/ an Menſchen oder
Vieh. Wiewol auch die Serer zwiſchen die-
ſer Wuͤſten und ihren Graͤntzen alles verſaͤngt/
verheeret/ und die Scythen verjagt hatten/ ſo
hatten dieſe doch ihren meiſten Vorrath unter
die Erde vergraben/ und ſich in die Gebuͤrge
verſtecket/ welche nunmehr herfuͤr ruͤckten/ und
dieſem Heere uͤberfluͤßige Lebens-Mittel entge-
gen brachten. Der Koͤnig ſchlug ſein Laͤger
an die zwey Seen/ durch welche der beruͤhmte
Saffran-Fluß fleuſt/ ſtellte es daſelbſt in zwey
Schlacht-Ordnungen; und es muſten beyde
Heere zu Bezeugung ihrer Tapfferkeit/ und
wie ſie ſich nunmehro bald gegen ihre Feinde
verhalten wolten/ durch ein blindes Treffen an-
deuten. Alſo muſten auch wir unſere Krieges-
Ubungen ſchauen laſſen/ welche den Koͤnig de-
rogeſtalt vergnuͤgten/ daß er iedem unter uns
tauſend Nomadiſche Scythen von ſeiner Leib-
wache unter gab. Jedoch hatte Huhanſien bey
unſerem Gefechte von der Syrmanis eine
Muthmaſſung gefaſt/ daß ſie nicht maͤnn-ſon-
dern weiblichen Geſchlechtes waͤre; daher er
nach und nach ſo viel mehr auf ihre Leibesgeſtalt
und Gebehrden Achtung gab/ und endlich mich
zur Rede ſetzte: warum wir fuͤr ihm ihr Ge-
ſchlechte verbergen wolten? Alſo ſolte ich ihm ge-
rade zuſagẽ/ wer ſie waͤre. Jch erſchrack uͤber die-
ſer unvermutheten Anſprache; wuſte alſo nichts
anders in der Eil zu ſagen/ als daß ſie Oropa-
ſtens Schweſter waͤre/ welche aus Anreitzung
der Tugend/ die Welt zu beſchauen/ und ſich
durch tapffere Thaten beruͤhmt zu machen ſich
ihnen zugeſellet haͤtte. Huhanſien fragte mich
etliche mal: Ob er auf meine Erzehlung trauen
doͤrffte?
Erſter Theil. F f f f
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