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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] bratenen Ochsen/ Hirsche und wilde Schweine
verzehren müssen. Zeno fing an: Hertzog
Arpus erinnerte ihn durch sein Verlangen der
Mäßigkeit dessen/ was die Serer von ihrem
unvergleichlichen Könige Yvus rühmten; daß/
als sie ihm den neuerfundenen aus Reiß gemach-
ten köstlichen Tranck zu kosten gebracht/ kläg-
lich geruffen hätte: Wehe meinem Stamme
und dem Königreiche/ welche beyde durch dieses
süsse Gifft vergehen werden! Rhemetalces sag-
te: Derogestalt sind die Deutschen nicht die er-
sten/ oder wenigstens nicht alleine/ die ihnen
neue Träncke erdacht haben. Denn über die
Serer kochten die Mohren aus Hierse/ die
Pannonier/ Spanier und Egyptier aus Wei-
tzen eben dieses Geträncke/ welche letztern es
gar von ihrem Osiris gelernt haben wolten.
Seine Thracier machten aus Gesäme gewisser
Kräuter/ die Babylonier aus Pflaumen/ die
Jllyrier aus Baumknospen/ die Jndianer aus
Datteln und Zucker-Rohre/ die Africaner aus
Granat-Aepffeln starcke Geträncke. Ja die
Scythen trincken sich auch durch den Rauch ge-
dörreter Kräuter voll. Hertzog Herrmann
setzte bey: Diese Einzieh- und Ausblasung des
Rauches wäre fürnehmlich in dem Atlantischen
Eylande gemein/ woher sie die Friesen auch in
die Wasser-Länder Deutschlandes gebracht hät-
ten; und wüste er nicht/ ob die Atlantier von den
Scythen/ oder diese von jenen/ diesen dürren
und stinckenden Tranck bekommen hätten.
Am allerselzamsten aber wäre/ daß die Einwoh-
ner des Eylands Thule ihren Fischthran/ oder
die von den Wallfischen geschmeltzte Fettigkeit
allen Weinen der Welt weit fürziehen. Sonst
aber müste er nur von seinen durstigen Deut-
schen gestehen/ daß sie zu Unterhaltung der
Trunckenheit noch aus gepresten Aepffeln und
Honige einen starcken Meth jähren liessen; zu
ihrem gemeinsten Geträncke aber Milch und
Wasser brauchten. Diese zwey/ sagte Zeno/
sind sonder Zweiffel wol die ältesten/ und daher
[Spaltenumbruch] auch die gesündesten Träncke. Massen denn
der Wein so gar von eingemischtem bittern
Meer-Wasser/ oder wenn man die mit Most
gefülleten Fässer eine weile im Meere schwim-
men läst/ besser werden soll. Thales Milesius
hält das Wasser gar für den Uhrsprung aller
Dinge/ die Egyptier für einen Gott/ und die
meisten Völcker verehren die warmen Brun-
nen/ und die Qvelle grosser Flüsse. Ja in dem
Heiligthume des Clarischen Apollo/ wie auch
des zu Colophon macht das aus seiner Höle ge-
trunckene Wasser auch die ungelehrten Priester
so geschickt/ daß sie in gebundener Rede aufs
zierlichste wahrsagen. Seine Artzney-Kräff-
te sind nicht zu zehlen. Daher Melampus die
Vermischung des Weines mit dem Wasser auf-
bracht hat; und sein Genüß ist so kräfftig/ daß
nicht nur die Heuschrecken davon alleine leben/
sondern auch viel Menschen/ ohne andere Spei-
se/ sich lange erhalten haben. Denn wie Phi-
linus von lauter Milch; also haben Moschus/
Anchimolus und Lamprus von eitel Wasser ne-
ben wenig Feigen und Myrthen-Früchten ge-
lebt. Der Feldherr fing hierüber an: Er wä-
re ebenfals nicht nur ein Freund/ sondern auch
ein Koster der Wasser; wiewol niemand eines
oder des andern Güte durch den Geschmack bes-
ser als die/ welche keinen Wein trincken/ zu un-
terscheiden wüsten; Es wären aber die Mei-
nungen von Gesundheit derselben so unterschie-
den/ daß er sich nicht recht daraus zu wickeln
wüste. Die Griechen rühmten das Attische/
die Persen ihr Euleisches/ die in Asien das Do-
nyleische/ die Phrygier ihr warmes bey Tra-
gasta/ die Sicilier ihr kaltes im Brunnen Are-
thusa/ die Sarmater ihr dinnes im Borysthe-
nes/ die Stadt Nissa ihr fettes Wasser/ welches
sie so gar an statt des Oeles brauchten/ für das
beste. Zwar wären die Wasser aus schlam-
michten und gegrabenen Brunnen/ wie auch
die Salpeter- und saltzichten/ und die das Ertzt
angreiffen/ oder langsam das Gesäme kochten/

wie

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] bratenen Ochſen/ Hirſche und wilde Schweine
verzehren muͤſſen. Zeno fing an: Hertzog
Arpus erinnerte ihn durch ſein Verlangen der
Maͤßigkeit deſſen/ was die Serer von ihrem
unvergleichlichen Koͤnige Yvus ruͤhmten; daß/
als ſie ihm den neuerfundenen aus Reiß gemach-
ten koͤſtlichen Tranck zu koſten gebracht/ klaͤg-
lich geruffen haͤtte: Wehe meinem Stamme
und dem Koͤnigreiche/ welche beyde durch dieſes
ſuͤſſe Gifft vergehen werden! Rhemetalces ſag-
te: Derogeſtalt ſind die Deutſchen nicht die er-
ſten/ oder wenigſtens nicht alleine/ die ihnen
neue Traͤncke erdacht haben. Denn uͤber die
Serer kochten die Mohren aus Hierſe/ die
Pannonier/ Spanier und Egyptier aus Wei-
tzen eben dieſes Getraͤncke/ welche letztern es
gar von ihrem Oſiris gelernt haben wolten.
Seine Thracier machten aus Geſaͤme gewiſſer
Kraͤuter/ die Babylonier aus Pflaumen/ die
Jllyrier aus Baumknoſpen/ die Jndianer aus
Datteln und Zucker-Rohre/ die Africaner aus
Granat-Aepffeln ſtarcke Getraͤncke. Ja die
Scythen trincken ſich auch durch den Rauch ge-
doͤrreter Kraͤuter voll. Hertzog Herrmann
ſetzte bey: Dieſe Einzieh- und Ausblaſung des
Rauches waͤre fuͤrnehmlich in dem Atlantiſchen
Eylande gemein/ woher ſie die Frieſen auch in
die Waſſer-Laͤnder Deutſchlandes gebracht haͤt-
ten; und wuͤſte er nicht/ ob die Atlantier von den
Scythen/ oder dieſe von jenen/ dieſen duͤrren
und ſtinckenden Tranck bekommen haͤtten.
Am allerſelzamſten aber waͤre/ daß die Einwoh-
ner des Eylands Thule ihren Fiſchthran/ oder
die von den Wallfiſchen geſchmeltzte Fettigkeit
allen Weinen der Welt weit fuͤrziehen. Sonſt
aber muͤſte er nur von ſeinen durſtigen Deut-
ſchen geſtehen/ daß ſie zu Unterhaltung der
Trunckenheit noch aus gepreſten Aepffeln und
Honige einen ſtarcken Meth jaͤhren lieſſen; zu
ihrem gemeinſten Getraͤncke aber Milch und
Waſſer brauchten. Dieſe zwey/ ſagte Zeno/
ſind ſonder Zweiffel wol die aͤlteſten/ und daher
[Spaltenumbruch] auch die geſuͤndeſten Traͤncke. Maſſen denn
der Wein ſo gar von eingemiſchtem bittern
Meer-Waſſer/ oder wenn man die mit Moſt
gefuͤlleten Faͤſſer eine weile im Meere ſchwim-
men laͤſt/ beſſer werden ſoll. Thales Mileſius
haͤlt das Waſſer gar fuͤr den Uhrſprung aller
Dinge/ die Egyptier fuͤr einen Gott/ und die
meiſten Voͤlcker verehren die warmen Brun-
nen/ und die Qvelle groſſer Fluͤſſe. Ja in dem
Heiligthume des Clariſchen Apollo/ wie auch
des zu Colophon macht das aus ſeiner Hoͤle ge-
trunckene Waſſer auch die ungelehrten Prieſter
ſo geſchickt/ daß ſie in gebundener Rede aufs
zierlichſte wahrſagen. Seine Artzney-Kraͤff-
te ſind nicht zu zehlen. Daher Melampus die
Vermiſchung des Weines mit dem Waſſer auf-
bracht hat; und ſein Genuͤß iſt ſo kraͤfftig/ daß
nicht nur die Heuſchrecken davon alleine leben/
ſondern auch viel Menſchen/ ohne andere Spei-
ſe/ ſich lange erhalten haben. Denn wie Phi-
linus von lauter Milch; alſo haben Moſchus/
Anchimolus und Lamprus von eitel Waſſer ne-
ben wenig Feigen und Myrthen-Fruͤchten ge-
lebt. Der Feldherr fing hieruͤber an: Er waͤ-
re ebenfals nicht nur ein Freund/ ſondern auch
ein Koſter der Waſſer; wiewol niemand eines
oder des andern Guͤte durch den Geſchmack beſ-
ſer als die/ welche keinen Wein trincken/ zu un-
terſcheiden wuͤſten; Es waͤren aber die Mei-
nungen von Geſundheit derſelben ſo unterſchie-
den/ daß er ſich nicht recht daraus zu wickeln
wuͤſte. Die Griechen ruͤhmten das Attiſche/
die Perſen ihr Euleiſches/ die in Aſien das Do-
nyleiſche/ die Phrygier ihr warmes bey Tra-
gaſta/ die Sicilier ihr kaltes im Brunnen Are-
thuſa/ die Sarmater ihr dinnes im Boryſthe-
nes/ die Stadt Niſſa ihr fettes Waſſer/ welches
ſie ſo gar an ſtatt des Oeles brauchten/ fuͤr das
beſte. Zwar waͤren die Waſſer aus ſchlam-
michten und gegrabenen Brunnen/ wie auch
die Salpeter- und ſaltzichten/ und die das Ertzt
angreiffen/ oder langſam das Geſaͤme kochten/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/638>, abgerufen am 22.11.2024.