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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Fünfftes Buch
[Spaltenumbruch] gäntzlich zu enthalten gewüst/ aus seiner Schule
gestossen; und Pittalus ein Gesetze gegeben/
daß ein in der Trunckenheit begangenes Laster
zweyfach gestrafft werden solte. Jn den Opf-
fern der Sonne/ welche doch diesen Safft selbst
allein kochte/ und zubereitete/ wäre es nicht zu-
läßlich einigen Tropffen Wein beyzumischen/
und in den Tempel der Juno dorfte man keinen
dem Bacchus gewiedmeten Epheu bringen;
Zu einer heilsamen Lehre/ daß insonderheit
Fürsten/ und die/ welche über andere Menschen
Aufsicht haben/ sich dessen zu enthalten hätten.
Daher der grosse Alexander mit seinem Heere
einen weiten Umweg genommen hätte/ wor-
mit er es nicht über den weinreichen Berg Ny-
sa führen dörfte/ weil er solches unversehrt darü-
ber zu bringen nicht getrauete Denen über die
Gesetze sonst erhabenen Königen in Jndien
wäre der Wein durch ein Gesetze verboten/ und
ein Weiser hätte den Weinberg nachdencklich
die Haupt-Stadt der Laster genennet. Her-
tzog Herrmann lächelte/ wendete sich gegen den
Hertzog Arpus/ und fing an: Jch mercke nun
allererst/ daß Zeno sich bey den Catten aufge-
halten/ und ihm ihre Sitten nicht übel gefallen
haben müssen/ welche eben so wenig/ als die von
ihnen entsprossenen tapfferen Nervier in Gal-
lien einigen Wein/ als wordurch man nur wei-
bisch und zur Arbeit untüchtig gemacht würde/
in ihr Land zu führen bey Lebens-Straffen ver-
bieten. Hertzog Arpus antwortete: Jch be-
sorge vielmehr/ daß seine Scheltung der Trun-
ckenheit nichts minder meine Catten/ als alle
andere Deutschen zu treffen anziele. Sinte-
mal wir fast in der gantzen Welt deßhalben
schwartz sind/ es auch in Warheit wenig anders
ist/ als daß es bey den Deutschen keine Schande
sey/ Tag und Nacht mit trincken zugebracht ha-
ben. Hertzog Herrmann setzte bey: Es ist lei-
der wol wahr/ daß die Deutschen im Truncke
ihre Schwäche zeigen. Gleichwol aber wür-
dr ihnen viel über die Warheit beygemessen;
[Spaltenumbruch] insonderheit wäre es eine offenbare Verläum-
dung der Römer/ daß sie einen Knaben um ei-
nen Eymer Wein vertauschten; Bey denen
Gastmahlen ihnen die Stirne aufritzten/ das
Blut daraus in den Wein rinnen liessen/ und
aus ihren Hörnern zu Bestätigung ihrer
Freundschafft einander zubrächten. Und ob
er wol seiner Landsleute Laster nicht entschuldi-
gen/ weniger zu Tugenden machen wolte; so
hielte er doch das Trincken nicht für das ärgste.
Den Deutschen wäre angebohren/ aufrichtig
und streitbar zu seyn. Nach des Plato Berich-
te aber/ wären alle streitbare Völcker/ als Scy-
then/ Persen/ Zelten/ Spanier und Thracier
zum Truncke geneigt/ und die Warheit solte im
Weine begraben liegen. Jn welchem Absehn
die Griechen die Sieger auf den Spielen des
Bacchus mit dreyfüßichten Trinck geschirren
beschenckten/ gleich als wenn die Trinckenden
so wahr/ als die Wahrsagerinnen aus dem
Dreyfusse des Apollo redeten. Zeno entschul-
digte sich in alle Wege/ daß er die Deutschen an-
zugreiffen nie gemeint gewest wäre; auch nicht
glaubte/ daß sie im Trincken allen andern Völ-
ckern überlegen seyn solten. Die Parthen
suchten Ehre aus vielem Trincken/ und hätten
der Scythen Gesandten von ihnen geurtheilt/
daß ie mehr sie in sich schütteten/ ie mehr dürstete
sie. Die Persen hätten ihrem Erlöser dem
tapffern Darius als eine besondere Lobschrifft
auf sein Grab geetzt/ daß er ohne sein Ungemach
viel zu trincken vermocht. Der grosse Alexan-
der hätte Säuffern ein Talent zum Siegs-
Preisse aufgesetzt/ mit dem Proteus in die Wet-
te getruncken/ und durch den Wein ihm selbst
den Tod verursacht/ gleich als sich Bacchus hier-
durch an ihm wegen Zerstörung der Stadt The-
be hätte rächen wollen. Die Sybariten hiel-
ten für Schande/ diß was sie auff dem Bretspie-
le gewonnen/ anders wohin/ als auf Wein an-
zulegen. Sie nöthigten einander so viel mal
ihre Schalen auszuleeren/ als der Würffel ih-

nen

Fuͤnfftes Buch
[Spaltenumbruch] gaͤntzlich zu enthalten gewuͤſt/ aus ſeiner Schule
geſtoſſen; und Pittalus ein Geſetze gegeben/
daß ein in der Trunckenheit begangenes Laſter
zweyfach geſtrafft werden ſolte. Jn den Opf-
fern der Sonne/ welche doch dieſen Safft ſelbſt
allein kochte/ und zubereitete/ waͤre es nicht zu-
laͤßlich einigen Tropffen Wein beyzumiſchen/
und in den Tempel der Juno dorfte man keinen
dem Bacchus gewiedmeten Epheu bringen;
Zu einer heilſamen Lehre/ daß inſonderheit
Fuͤrſten/ und die/ welche uͤber andere Menſchen
Aufſicht haben/ ſich deſſen zu enthalten haͤtten.
Daher der groſſe Alexander mit ſeinem Heere
einen weiten Umweg genommen haͤtte/ wor-
mit er es nicht uͤber den weinreichen Berg Ny-
ſa fuͤhren doͤrfte/ weil er ſolches unverſehrt daruͤ-
ber zu bringen nicht getrauete Denen uͤber die
Geſetze ſonſt erhabenen Koͤnigen in Jndien
waͤre der Wein durch ein Geſetze verboten/ und
ein Weiſer haͤtte den Weinberg nachdencklich
die Haupt-Stadt der Laſter genennet. Her-
tzog Herrmann laͤchelte/ wendete ſich gegen den
Hertzog Arpus/ und fing an: Jch mercke nun
allererſt/ daß Zeno ſich bey den Catten aufge-
halten/ und ihm ihre Sitten nicht uͤbel gefallen
haben muͤſſen/ welche eben ſo wenig/ als die von
ihnen entſproſſenen tapfferen Nervier in Gal-
lien einigen Wein/ als wordurch man nur wei-
biſch und zur Arbeit untuͤchtig gemacht wuͤrde/
in ihr Land zu fuͤhren bey Lebens-Straffen ver-
bieten. Hertzog Arpus antwortete: Jch be-
ſorge vielmehr/ daß ſeine Scheltung der Trun-
ckenheit nichts minder meine Catten/ als alle
andere Deutſchen zu treffen anziele. Sinte-
mal wir faſt in der gantzen Welt deßhalben
ſchwartz ſind/ es auch in Warheit wenig anders
iſt/ als daß es bey den Deutſchen keine Schande
ſey/ Tag und Nacht mit trincken zugebracht ha-
ben. Hertzog Herrmann ſetzte bey: Es iſt lei-
der wol wahr/ daß die Deutſchen im Truncke
ihre Schwaͤche zeigen. Gleichwol aber wuͤr-
dꝛ ihnen viel uͤber die Warheit beygemeſſen;
[Spaltenumbruch] inſonderheit waͤre es eine offenbare Verlaͤum-
dung der Roͤmer/ daß ſie einen Knaben um ei-
nen Eymer Wein vertauſchten; Bey denen
Gaſtmahlen ihnen die Stirne aufritzten/ das
Blut daraus in den Wein rinnen lieſſen/ und
aus ihren Hoͤrnern zu Beſtaͤtigung ihrer
Freundſchafft einander zubraͤchten. Und ob
er wol ſeiner Landsleute Laſter nicht entſchuldi-
gen/ weniger zu Tugenden machen wolte; ſo
hielte er doch das Trincken nicht fuͤr das aͤrgſte.
Den Deutſchen waͤre angebohren/ aufrichtig
und ſtreitbar zu ſeyn. Nach des Plato Berich-
te aber/ waͤren alle ſtreitbare Voͤlcker/ als Scy-
then/ Perſen/ Zelten/ Spanier und Thracier
zum Truncke geneigt/ und die Warheit ſolte im
Weine begraben liegen. Jn welchem Abſehn
die Griechen die Sieger auf den Spielen des
Bacchus mit dreyfuͤßichten Trinck geſchirren
beſchenckten/ gleich als wenn die Trinckenden
ſo wahr/ als die Wahrſagerinnen aus dem
Dreyfuſſe des Apollo redeten. Zeno entſchul-
digte ſich in alle Wege/ daß er die Deutſchen an-
zugreiffen nie gemeint geweſt waͤre; auch nicht
glaubte/ daß ſie im Trincken allen andern Voͤl-
ckern uͤberlegen ſeyn ſolten. Die Parthen
ſuchten Ehre aus vielem Trincken/ und haͤtten
der Scythen Geſandten von ihnen geurtheilt/
daß ie mehr ſie in ſich ſchuͤtteten/ ie mehr duͤrſtete
ſie. Die Perſen haͤtten ihrem Erloͤſer dem
tapffern Darius als eine beſondere Lobſchrifft
auf ſein Grab geetzt/ daß er ohne ſein Ungemach
viel zu trincken vermocht. Der groſſe Alexan-
der haͤtte Saͤuffern ein Talent zum Siegs-
Preiſſe aufgeſetzt/ mit dem Proteus in die Wet-
te getruncken/ und durch den Wein ihm ſelbſt
den Tod verurſacht/ gleich als ſich Bacchus hier-
durch an ihm wegen Zerſtoͤrung der Stadt The-
be haͤtte raͤchen wollen. Die Sybariten hiel-
ten fuͤr Schande/ diß was ſie auff dem Bretſpie-
le gewonnen/ anders wohin/ als auf Wein an-
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ihre Schalen auszuleeren/ als der Wuͤrffel ih-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/636>, abgerufen am 26.11.2024.