Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieser
Strasse allein über hundert tausend wären; de-
rer keiner doch so wenig als das kleineste Aeder-
lein in dem menschlichen Leibe umsonst geschaf-
fen/ sondern in der Welt seine absondere Wür-
ckung/ ja iedes Kraut seinen eigenthümlichen
Stern hätte. Jch erstarrte aber/ als er mir
gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/
davon ich vorhin nichts gesehen noch gehöret
hatte/ zeigte. Daher ich für grosser Begierde
alsofort ihre Nahmen zu wissen verlangte/ aber
zur Antwort bekam: Es wohnte in diesem
Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche
sich nicht vergnügten/ Huren/ Ehebrecher/
Mörder in Marmel und Helffenbein zu bilden/
sondern sie auch nebst wilden Thieren unter die
Sternen versetzt hätten; daher hätten auch we-
der diese noch andere Sternen in diesem Tem-
pel so irrdische Nahmen/ noch so eitele Einthei-
lung; Er könte aber aus ihrem Stande leicht
wahrsagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/
Flüsse/ Fliegen/ Fische/ Dreyecken/ Thiere/
Krähen/ Phenixe/ Pfauen und andere Geflü-
gel daraus machen würde. Er machte auch
unter diesen Sternen/ welche insgemein für un-
bewegliche in einen Crystallenen dichten Him-
mel eingeschraubte Cörper hielte/ aber in der da-
selbst durchdringlichen dinnesten Lufft eben so
wol ihre richtige/ wiewol unsern entfernten Au-
gen unsichtbare Bewegung hätten/ nur nach ih-
rem Wesen und Eigenschafften einen Unter-
scheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen
der Sirius die gröste/ wären/ welche die um sich
herum irrenden wiewol in unser Gesichte nicht
fallende/ und von unserer Sonne zu erleuchten
unmögliche Monden mit ihrem Lichte betheil-
ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen
viel durchsichtige Schwantz- und Haar-Sterne
zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und
Haare nicht so wie unter denen Jrrsternen er-
kiesen könte; weil sie mehr als hundert mal wei-
ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er-
[Spaltenumbruch] den stünden. Diese Weite verursachte gleich-
fals/ daß nachdem diese stillstehenden Sternen
sich zwar nicht von Ost gegen West alle Tage
umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge-
stirnte Himmel jährlich ein gutes Stück von
West gegen Ost/ wie die Erdkugel alle Tage
fortrückte/ man kaum in hundert Jahren solche
Fortrückung mit den Augen vermerckte. Des-
sen wäre ein klares Zeugnüß der mitternächtige
Angelstern/ welcher sich kaum drey Himmels-
Staffeln weit um seinen Mittelpunct zu dre-
hen schiene; Da doch dieser enge Umkreiß in
Warheit mehr als der Zirckel des Mars in sich
begrieffe. Aus welchen Geschöpffen wir die
Unermäßligkeit des ewigen Schöpffers/ wel-
cher ist der rechte Mittelpunct der gantzen Na-
tur/ und der vernünfftigen Seele ermessen/ und
also wie die vernunfftlosen Dinge nach ihrem/
also so viel mehr wir/ in derer Gemüthern Gott
ein so grosses Licht des Verstandes aufgesteckt
hätte/ nach unserm Mittelpunctuns ziehen sol-
ten.

Wir hatten uns über dem unzehlbaren Ge-
stirne schier müde gesehen/ als der Priester uns
wiederum zum Altare führte/ und uns das Mar-
melbild des Scythischen Königs Prometheus
zeigte/ welches mit beyden Händen die zwey
Hörner desselben faßte/ die Augen aber starr auf
die Sonnen-Kugel richtete. Dieser/ sagte der
Priester/ ist es/ der auf diesem hohen Gebürge
sein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne
und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes
Weltweisen Meinung hierzu alleine geschaffen
wäre/ zubracht hätte; worvon das Getichte ent-
sprungen wäre/ daß er auf dem Caucasus vom
Mercur an eine steinerne Säule gefässelt wor-
den. Dieser Steinfels wäre die Säule/ seine
himmlische Gedancken wären die Fessel/ und
er habe einem hierbey nistenden Adler/ wenn er
sich ausser seinem Gesichte in die Höhe geschwun-
gen/ mißgegönnet/ daß er nicht/ wie dieser un-
verständige Vogel/ dem Gestirne näher kom-

men
Erster Theil. D d d d

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieſer
Straſſe allein uͤber hundert tauſend waͤren; de-
rer keiner doch ſo wenig als das kleineſte Aeder-
lein in dem menſchlichen Leibe umſonſt geſchaf-
fen/ ſondern in der Welt ſeine abſondere Wuͤr-
ckung/ ja iedes Kraut ſeinen eigenthuͤmlichen
Stern haͤtte. Jch erſtarrte aber/ als er mir
gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/
davon ich vorhin nichts geſehen noch gehoͤret
hatte/ zeigte. Daher ich fuͤr groſſer Begierde
alſofort ihre Nahmen zu wiſſen verlangte/ aber
zur Antwort bekam: Es wohnte in dieſem
Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche
ſich nicht vergnuͤgten/ Huren/ Ehebrecher/
Moͤrder in Marmel und Helffenbein zu bilden/
ſondern ſie auch nebſt wilden Thieren unter die
Sternen verſetzt haͤtten; daher haͤtten auch we-
der dieſe noch andere Sternen in dieſem Tem-
pel ſo irrdiſche Nahmen/ noch ſo eitele Einthei-
lung; Er koͤnte aber aus ihrem Stande leicht
wahrſagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/
Fluͤſſe/ Fliegen/ Fiſche/ Dreyecken/ Thiere/
Kraͤhen/ Phenixe/ Pfauen und andere Gefluͤ-
gel daraus machen wuͤrde. Er machte auch
unter dieſen Sternen/ welche insgemein fuͤr un-
bewegliche in einen Cryſtallenen dichten Him-
mel eingeſchraubte Coͤrper hielte/ aber in der da-
ſelbſt durchdringlichen dinneſten Lufft eben ſo
wol ihre richtige/ wiewol unſern entfernten Au-
gen unſichtbare Bewegung haͤtten/ nur nach ih-
rem Weſen und Eigenſchafften einen Unter-
ſcheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen
der Sirius die groͤſte/ waͤren/ welche die um ſich
herum irrenden wiewol in unſer Geſichte nicht
fallende/ und von unſerer Sonne zu erleuchten
unmoͤgliche Monden mit ihrem Lichte betheil-
ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen
viel durchſichtige Schwantz- und Haar-Sterne
zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und
Haare nicht ſo wie unter denen Jrrſternen er-
kieſen koͤnte; weil ſie mehr als hundert mal wei-
ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er-
[Spaltenumbruch] den ſtuͤnden. Dieſe Weite verurſachte gleich-
fals/ daß nachdem dieſe ſtillſtehenden Sternen
ſich zwar nicht von Oſt gegen Weſt alle Tage
umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge-
ſtirnte Himmel jaͤhrlich ein gutes Stuͤck von
Weſt gegen Oſt/ wie die Erdkugel alle Tage
fortruͤckte/ man kaum in hundert Jahren ſolche
Fortruͤckung mit den Augen vermerckte. Deſ-
ſen waͤre ein klares Zeugnuͤß der mitternaͤchtige
Angelſtern/ welcher ſich kaum drey Himmels-
Staffeln weit um ſeinen Mittelpunct zu dre-
hen ſchiene; Da doch dieſer enge Umkreiß in
Warheit mehr als der Zirckel des Mars in ſich
begrieffe. Aus welchen Geſchoͤpffen wir die
Unermaͤßligkeit des ewigen Schoͤpffers/ wel-
cher iſt der rechte Mittelpunct der gantzen Na-
tur/ und der vernuͤnfftigen Seele ermeſſen/ und
alſo wie die vernunfftloſen Dinge nach ihrem/
alſo ſo viel mehr wir/ in derer Gemuͤthern Gott
ein ſo groſſes Licht des Verſtandes aufgeſteckt
haͤtte/ nach unſerm Mittelpunctuns ziehen ſol-
ten.

Wir hatten uns uͤber dem unzehlbaren Ge-
ſtirne ſchier muͤde geſehen/ als der Prieſter uns
wiederum zum Altare fuͤhrte/ und uns das Mar-
melbild des Scythiſchen Koͤnigs Prometheus
zeigte/ welches mit beyden Haͤnden die zwey
Hoͤrner deſſelben faßte/ die Augen aber ſtarr auf
die Sonnen-Kugel richtete. Dieſer/ ſagte der
Prieſter/ iſt es/ der auf dieſem hohen Gebuͤrge
ſein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne
und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes
Weltweiſen Meinung hierzu alleine geſchaffen
waͤre/ zubracht haͤtte; worvon das Getichte ent-
ſprungen waͤre/ daß er auf dem Caucaſus vom
Mercur an eine ſteinerne Saͤule gefaͤſſelt wor-
den. Dieſer Steinfels waͤre die Saͤule/ ſeine
himmliſche Gedancken waͤren die Feſſel/ und
er habe einem hierbey niſtenden Adler/ wenn er
ſich auſſer ſeinem Geſichte in die Hoͤhe geſchwun-
gen/ mißgegoͤnnet/ daß er nicht/ wie dieſer un-
verſtaͤndige Vogel/ dem Geſtirne naͤher kom-

men
Erſter Theil. D d d d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0633" n="577"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in die&#x017F;er<lb/>
Stra&#x017F;&#x017F;e allein u&#x0364;ber hundert tau&#x017F;end wa&#x0364;ren; de-<lb/>
rer keiner doch &#x017F;o wenig als das kleine&#x017F;te Aeder-<lb/>
lein in dem men&#x017F;chlichen Leibe um&#x017F;on&#x017F;t ge&#x017F;chaf-<lb/>
fen/ &#x017F;ondern in der Welt &#x017F;eine ab&#x017F;ondere Wu&#x0364;r-<lb/>
ckung/ ja iedes Kraut &#x017F;einen eigenthu&#x0364;mlichen<lb/>
Stern ha&#x0364;tte. Jch er&#x017F;tarrte aber/ als er mir<lb/>
gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/<lb/>
davon ich vorhin nichts ge&#x017F;ehen noch geho&#x0364;ret<lb/>
hatte/ zeigte. Daher ich fu&#x0364;r gro&#x017F;&#x017F;er Begierde<lb/>
al&#x017F;ofort ihre Nahmen zu wi&#x017F;&#x017F;en verlangte/ aber<lb/>
zur Antwort bekam: Es wohnte in die&#x017F;em<lb/>
Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche<lb/>
&#x017F;ich nicht vergnu&#x0364;gten/ Huren/ Ehebrecher/<lb/>
Mo&#x0364;rder in Marmel und Helffenbein zu bilden/<lb/>
&#x017F;ondern &#x017F;ie auch neb&#x017F;t wilden Thieren unter die<lb/>
Sternen ver&#x017F;etzt ha&#x0364;tten; daher ha&#x0364;tten auch we-<lb/>
der die&#x017F;e noch andere Sternen in die&#x017F;em Tem-<lb/>
pel &#x017F;o irrdi&#x017F;che Nahmen/ noch &#x017F;o eitele Einthei-<lb/>
lung; Er ko&#x0364;nte aber aus ihrem Stande leicht<lb/>
wahr&#x017F;agen/ daß man mit der Zeit Schlangen/<lb/>
Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ Fliegen/ Fi&#x017F;che/ Dreyecken/ Thiere/<lb/>
Kra&#x0364;hen/ Phenixe/ Pfauen und andere Geflu&#x0364;-<lb/>
gel daraus machen wu&#x0364;rde. Er machte auch<lb/>
unter die&#x017F;en Sternen/ welche insgemein fu&#x0364;r un-<lb/>
bewegliche in einen Cry&#x017F;tallenen dichten Him-<lb/>
mel einge&#x017F;chraubte Co&#x0364;rper hielte/ aber in der da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t durchdringlichen dinne&#x017F;ten Lufft eben &#x017F;o<lb/>
wol ihre richtige/ wiewol un&#x017F;ern entfernten Au-<lb/>
gen un&#x017F;ichtbare Bewegung ha&#x0364;tten/ nur nach ih-<lb/>
rem We&#x017F;en und Eigen&#x017F;chafften einen Unter-<lb/>
&#x017F;cheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen<lb/>
der Sirius die gro&#x0364;&#x017F;te/ wa&#x0364;ren/ welche die um &#x017F;ich<lb/>
herum irrenden wiewol in un&#x017F;er Ge&#x017F;ichte nicht<lb/>
fallende/ und von un&#x017F;erer Sonne zu erleuchten<lb/>
unmo&#x0364;gliche Monden mit ihrem Lichte betheil-<lb/>
ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen<lb/>
viel durch&#x017F;ichtige Schwantz- und Haar-Sterne<lb/>
zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und<lb/>
Haare nicht &#x017F;o wie unter denen Jrr&#x017F;ternen er-<lb/>
kie&#x017F;en ko&#x0364;nte; weil &#x017F;ie mehr als hundert mal wei-<lb/>
ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er-<lb/><cb/>
den &#x017F;tu&#x0364;nden. Die&#x017F;e Weite verur&#x017F;achte gleich-<lb/>
fals/ daß nachdem die&#x017F;e &#x017F;till&#x017F;tehenden Sternen<lb/>
&#x017F;ich zwar nicht von O&#x017F;t gegen We&#x017F;t alle Tage<lb/>
umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge-<lb/>
&#x017F;tirnte Himmel ja&#x0364;hrlich ein gutes Stu&#x0364;ck von<lb/>
We&#x017F;t gegen O&#x017F;t/ wie die Erdkugel alle Tage<lb/>
fortru&#x0364;ckte/ man kaum in hundert Jahren &#x017F;olche<lb/>
Fortru&#x0364;ckung mit den Augen vermerckte. De&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wa&#x0364;re ein klares Zeugnu&#x0364;ß der mitterna&#x0364;chtige<lb/>
Angel&#x017F;tern/ welcher &#x017F;ich kaum drey Himmels-<lb/>
Staffeln weit um &#x017F;einen Mittelpunct zu dre-<lb/>
hen &#x017F;chiene; Da doch die&#x017F;er enge Umkreiß in<lb/>
Warheit mehr als der Zirckel des Mars in &#x017F;ich<lb/>
begrieffe. Aus welchen Ge&#x017F;cho&#x0364;pffen wir die<lb/>
Unerma&#x0364;ßligkeit des ewigen Scho&#x0364;pffers/ wel-<lb/>
cher i&#x017F;t der rechte Mittelpunct der gantzen Na-<lb/>
tur/ und der vernu&#x0364;nfftigen Seele erme&#x017F;&#x017F;en/ und<lb/>
al&#x017F;o wie die vernunfftlo&#x017F;en Dinge nach ihrem/<lb/>
al&#x017F;o &#x017F;o viel mehr wir/ in derer Gemu&#x0364;thern Gott<lb/>
ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es Licht des Ver&#x017F;tandes aufge&#x017F;teckt<lb/>
ha&#x0364;tte/ nach un&#x017F;erm Mittelpunctuns ziehen &#x017F;ol-<lb/>
ten.</p><lb/>
          <p>Wir hatten uns u&#x0364;ber dem unzehlbaren Ge-<lb/>
&#x017F;tirne &#x017F;chier mu&#x0364;de ge&#x017F;ehen/ als der Prie&#x017F;ter uns<lb/>
wiederum zum Altare fu&#x0364;hrte/ und uns das Mar-<lb/>
melbild des Scythi&#x017F;chen Ko&#x0364;nigs Prometheus<lb/>
zeigte/ welches mit beyden Ha&#x0364;nden die zwey<lb/>
Ho&#x0364;rner de&#x017F;&#x017F;elben faßte/ die Augen aber &#x017F;tarr auf<lb/>
die Sonnen-Kugel richtete. Die&#x017F;er/ &#x017F;agte der<lb/>
Prie&#x017F;ter/ i&#x017F;t es/ der auf die&#x017F;em hohen Gebu&#x0364;rge<lb/>
&#x017F;ein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne<lb/>
und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes<lb/>
Weltwei&#x017F;en Meinung hierzu alleine ge&#x017F;chaffen<lb/>
wa&#x0364;re/ zubracht ha&#x0364;tte; worvon das Getichte ent-<lb/>
&#x017F;prungen wa&#x0364;re/ daß er auf dem Cauca&#x017F;us vom<lb/>
Mercur an eine &#x017F;teinerne Sa&#x0364;ule gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;elt wor-<lb/>
den. Die&#x017F;er Steinfels wa&#x0364;re die Sa&#x0364;ule/ &#x017F;eine<lb/>
himmli&#x017F;che Gedancken wa&#x0364;ren die Fe&#x017F;&#x017F;el/ und<lb/>
er habe einem hierbey ni&#x017F;tenden Adler/ wenn er<lb/>
&#x017F;ich au&#x017F;&#x017F;er &#x017F;einem Ge&#x017F;ichte in die Ho&#x0364;he ge&#x017F;chwun-<lb/>
gen/ mißgego&#x0364;nnet/ daß er nicht/ wie die&#x017F;er un-<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Vogel/ dem Ge&#x017F;tirne na&#x0364;her kom-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. D d d d</fw><fw place="bottom" type="catch">men</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[577/0633] Arminius und Thußnelda. am gantzen Himmel zehlte/ ja ihrer in dieſer Straſſe allein uͤber hundert tauſend waͤren; de- rer keiner doch ſo wenig als das kleineſte Aeder- lein in dem menſchlichen Leibe umſonſt geſchaf- fen/ ſondern in der Welt ſeine abſondere Wuͤr- ckung/ ja iedes Kraut ſeinen eigenthuͤmlichen Stern haͤtte. Jch erſtarrte aber/ als er mir gegen Sud funfzehn gantz neue Sternbilder/ davon ich vorhin nichts geſehen noch gehoͤret hatte/ zeigte. Daher ich fuͤr groſſer Begierde alſofort ihre Nahmen zu wiſſen verlangte/ aber zur Antwort bekam: Es wohnte in dieſem Tempel weder Heucheley noch Ehrgeitz/ welche ſich nicht vergnuͤgten/ Huren/ Ehebrecher/ Moͤrder in Marmel und Helffenbein zu bilden/ ſondern ſie auch nebſt wilden Thieren unter die Sternen verſetzt haͤtten; daher haͤtten auch we- der dieſe noch andere Sternen in dieſem Tem- pel ſo irrdiſche Nahmen/ noch ſo eitele Einthei- lung; Er koͤnte aber aus ihrem Stande leicht wahrſagen/ daß man mit der Zeit Schlangen/ Fluͤſſe/ Fliegen/ Fiſche/ Dreyecken/ Thiere/ Kraͤhen/ Phenixe/ Pfauen und andere Gefluͤ- gel daraus machen wuͤrde. Er machte auch unter dieſen Sternen/ welche insgemein fuͤr un- bewegliche in einen Cryſtallenen dichten Him- mel eingeſchraubte Coͤrper hielte/ aber in der da- ſelbſt durchdringlichen dinneſten Lufft eben ſo wol ihre richtige/ wiewol unſern entfernten Au- gen unſichtbare Bewegung haͤtten/ nur nach ih- rem Weſen und Eigenſchafften einen Unter- ſcheid/ daß etliche rechte Sonnen/ unter denen der Sirius die groͤſte/ waͤren/ welche die um ſich herum irrenden wiewol in unſer Geſichte nicht fallende/ und von unſerer Sonne zu erleuchten unmoͤgliche Monden mit ihrem Lichte betheil- ten/ auch aus ihren feurigen Ausdampffungen viel durchſichtige Schwantz- und Haar-Sterne zeugeten/ wiewol man ihren Schwantz und Haare nicht ſo wie unter denen Jrrſternen er- kieſen koͤnte; weil ſie mehr als hundert mal wei- ter von der Sonne/ als die Sonne von der Er- den ſtuͤnden. Dieſe Weite verurſachte gleich- fals/ daß nachdem dieſe ſtillſtehenden Sternen ſich zwar nicht von Oſt gegen Weſt alle Tage umwendeten; Gleichwohl aber der gantze ge- ſtirnte Himmel jaͤhrlich ein gutes Stuͤck von Weſt gegen Oſt/ wie die Erdkugel alle Tage fortruͤckte/ man kaum in hundert Jahren ſolche Fortruͤckung mit den Augen vermerckte. Deſ- ſen waͤre ein klares Zeugnuͤß der mitternaͤchtige Angelſtern/ welcher ſich kaum drey Himmels- Staffeln weit um ſeinen Mittelpunct zu dre- hen ſchiene; Da doch dieſer enge Umkreiß in Warheit mehr als der Zirckel des Mars in ſich begrieffe. Aus welchen Geſchoͤpffen wir die Unermaͤßligkeit des ewigen Schoͤpffers/ wel- cher iſt der rechte Mittelpunct der gantzen Na- tur/ und der vernuͤnfftigen Seele ermeſſen/ und alſo wie die vernunfftloſen Dinge nach ihrem/ alſo ſo viel mehr wir/ in derer Gemuͤthern Gott ein ſo groſſes Licht des Verſtandes aufgeſteckt haͤtte/ nach unſerm Mittelpunctuns ziehen ſol- ten. Wir hatten uns uͤber dem unzehlbaren Ge- ſtirne ſchier muͤde geſehen/ als der Prieſter uns wiederum zum Altare fuͤhrte/ und uns das Mar- melbild des Scythiſchen Koͤnigs Prometheus zeigte/ welches mit beyden Haͤnden die zwey Hoͤrner deſſelben faßte/ die Augen aber ſtarr auf die Sonnen-Kugel richtete. Dieſer/ ſagte der Prieſter/ iſt es/ der auf dieſem hohen Gebuͤrge ſein gantzes Leben in Betrachtung der Sonne und Sternen/ gleich als wenn er nach jenes Weltweiſen Meinung hierzu alleine geſchaffen waͤre/ zubracht haͤtte; worvon das Getichte ent- ſprungen waͤre/ daß er auf dem Caucaſus vom Mercur an eine ſteinerne Saͤule gefaͤſſelt wor- den. Dieſer Steinfels waͤre die Saͤule/ ſeine himmliſche Gedancken waͤren die Feſſel/ und er habe einem hierbey niſtenden Adler/ wenn er ſich auſſer ſeinem Geſichte in die Hoͤhe geſchwun- gen/ mißgegoͤnnet/ daß er nicht/ wie dieſer un- verſtaͤndige Vogel/ dem Geſtirne naͤher kom- men Erſter Theil. D d d d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/633
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 577. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/633>, abgerufen am 22.11.2024.