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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] bestehet nicht in Berg und Thälern/ sondern
in denen hier hertzhafft fechtenden Seelen. Ze-
no fing an: Also hätte ihm Vexores auch helf-
fen/ und mit seinem Glücke nicht alsbald gar
die Vernunfft verlieren sollen. Der Königin
Vandala/ und dem Tanausis hingegen wuchs
mit dem Glücke die Klugheit/ allen Deut-
schen aber durch diesen so leichten Sieg der
Muth/ und durch die reiche Beute die Begier-
de mehr zu erlangen. Dahero bemächtigte
sich Vandala der zwischen dem Taurischen/ und
Moschischem Gebürge/ wie auch dem Euxi-
nischen Meere gelegener Länder/ besetzte die
Stadt Phasis/ Sebastopolis an dem Flusse A-
cinasis/ die Stadt Absyrtus an dem Fluße Ab-
sarus/ Baute Xylina zwischen dem Flusse Py-
xites/ und Pritanus/ besetzte die Flüsse Adie-
nus/ Ophis/ Nyssus/ und Melanthius/ ja brach-
te biß an den Fluß Halys die gantze See-Kü-
ste unter ihr Gebiete; zwischen die Ströme
Jris/ und Thermodon aber baute sie ans Meer
zu ihrem Königlichen Sitze die Stadt Themi-
scyra. Tanausis aber theilte sein Heer in
zwey Theil/ mit einem drang sein Bruder Par-
thes über den Caucasus in Hircanien/ und
durch die Caspischen Pforten in Meden/ wel-
chem sich des Vexores Unter-König Sorim gut-
willig unterwarff. Dieser richtete daselbst von
seinem Nahmen das berühmte Volck und Herr-
schafft der Parthen und Bactrianer auff. Das
andere Theil führte Tanausis in Cappadocien
und Lycaonien/ daselbst liessen die Gothen ihre
Weiber/ Kinder und Alten unter dem Schirm
der beyden Fürsten Ylinos und Scolopitus zu-
rücke/ überschwemmeten nicht nur das kleinere
Asien/ sondern auch Syrien/ Mesopotamien
und Assyrien; Sie wären auch biß in Egypten
gedrungen/ wenn sie die Pfützen von dem über-
lauffenden Nil nicht zurücke gehalten hätten.
Tanausis baute in Syrien Hierapolis und Beth-
san/ und die Liebligkeit selbiger Länder verur-
sachte/ daß die Gothen nicht nur ihres kalten
[Spaltenumbruch] Vaterlandes/ sondern auch der ihrigen in Cappa-
docien ver gaßen; Ungeachtet sie ihre verlassenen
Frauen beweglich zurück rufften/ und aus den
Nachbarn andere Männer zu erkiesen dräue-
ten. Die Königin Vandala führte inzwischen
mit den Sacken/ einem Scythischen Volcke
Krieg/ überwältigte sie/ und drang ihnen zur Kö-
nigin ihre Base/ die schöne und streitbare Zarina
auff/ welche hernach die Meden/ und andere
rauhe Völcker demüthigte/ selbten mildere Sit-
ten angewöhnete/ und unterschiedene Städte
bauete/ also auch unter den Scythen die Frau-
en-Herrschafft/ unter den Amazonen aber die
Tugend und Tapfferkeit durch dieses Gesetze be-
festigte/ daß keine/ die nicht drey Feinde erlegt/
und zwar nur alsdenn/ wenn sie vorher ihren Got-
tesdienst verrichtet/ mit einem Manne Gemein-
schafft haben dorffte. Weßwegen sie nach ih-
rem Tode vergöttert/ und mit Auffrichtung ei-
ner Himmel-hohen steinernen Säule verehret
ward. Als Vandala mit den Sacken kaum
fertig ward/ bey diesem Kriege aber sie fast alle
ihre Macht aus dem kleinern Asien zurück ge-
gen Norden gezogen/ und zu Ampsalis ihren
Sitz erkieset hatte/ kriegte sie von denen in Cap-
padocien gelassenen Gothischen Frauen Nach-
richt: Nachdem die benachbarten Pamphilier/
Paphlagonier und Armenier/ die Gothischen
Weiber in Cappadocien aller Mannschafft ent-
blösset/ und von ihren Männern gantz verlassen
gesehen/ wären sie mit gesamter Hand bey ihnen
eingefallen/ hätten auch beyde Fürsten Ylinos
und Scolopitus erlegt/ also wäre es um sie ge-
schehen/ da sie ihnen nicht schleunige Hülffe lei-
stete. Vandala machte sich unverrücktes Fus-
ses mit einem Theile ihrer streitbaren Weiber
auff/ über das Euxinische Meer/ stieg zu The-
miscyra aus/ und traff die Gothischen Frauen
an dem Flusse Jris in einem hitzigen Gefechte
mit ihren Feinden an. Jhre schneidenden
Schwerdter gaben dem zweiffelhafftem Siege
bald einen Ausschlag; Die Feinde wurden mei-

sten-
U u u 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] beſtehet nicht in Berg und Thaͤlern/ ſondern
in denen hier hertzhafft fechtenden Seelen. Ze-
no fing an: Alſo haͤtte ihm Vexores auch helf-
fen/ und mit ſeinem Gluͤcke nicht alsbald gar
die Vernunfft verlieren ſollen. Der Koͤnigin
Vandala/ und dem Tanauſis hingegen wuchs
mit dem Gluͤcke die Klugheit/ allen Deut-
ſchen aber durch dieſen ſo leichten Sieg der
Muth/ und durch die reiche Beute die Begier-
de mehr zu erlangen. Dahero bemaͤchtigte
ſich Vandala der zwiſchen dem Tauriſchen/ und
Moſchiſchem Gebuͤrge/ wie auch dem Euxi-
niſchen Meere gelegener Laͤnder/ beſetzte die
Stadt Phaſis/ Sebaſtopolis an dem Fluſſe A-
cinaſis/ die Stadt Abſyrtus an dem Fluße Ab-
ſarus/ Baute Xylina zwiſchen dem Fluſſe Py-
xites/ und Pritanus/ beſetzte die Fluͤſſe Adie-
nus/ Ophis/ Nyſſus/ und Melanthius/ ja brach-
te biß an den Fluß Halys die gantze See-Kuͤ-
ſte unter ihr Gebiete; zwiſchen die Stroͤme
Jris/ und Thermodon aber baute ſie ans Meer
zu ihrem Koͤniglichen Sitze die Stadt Themi-
ſcyra. Tanauſis aber theilte ſein Heer in
zwey Theil/ mit einem drang ſein Bruder Par-
thes uͤber den Caucaſus in Hircanien/ und
durch die Caſpiſchen Pforten in Meden/ wel-
chem ſich des Vexores Unter-Koͤnig Sorim gut-
willig unterwarff. Dieſer richtete daſelbſt von
ſeinem Nahmen das beruͤhmte Volck und Herr-
ſchafft der Parthen und Bactrianer auff. Das
andere Theil fuͤhrte Tanauſis in Cappadocien
und Lycaonien/ daſelbſt lieſſen die Gothen ihre
Weiber/ Kinder und Alten unter dem Schirm
der beyden Fuͤrſten Ylinos und Scolopitus zu-
ruͤcke/ uͤberſchwemmeten nicht nur das kleinere
Aſien/ ſondern auch Syrien/ Meſopotamien
und Aſſyrien; Sie waͤren auch biß in Egypten
gedrungen/ wenn ſie die Pfuͤtzen von dem uͤber-
lauffenden Nil nicht zuruͤcke gehalten haͤtten.
Tanauſis baute in Syrien Hierapolis uñ Beth-
ſan/ und die Liebligkeit ſelbiger Laͤnder verur-
ſachte/ daß die Gothen nicht nur ihres kalten
[Spaltenumbruch] Vaterlandes/ ſondern auch der ihrigẽ in Cappa-
docien ver gaßen; Ungeachtet ſie ihre verlaſſenen
Frauen beweglich zuruͤck rufften/ und aus den
Nachbarn andere Maͤnner zu erkieſen draͤue-
ten. Die Koͤnigin Vandala fuͤhrte inzwiſchen
mit den Sacken/ einem Scythiſchen Volcke
Krieg/ uͤberwaͤltigte ſie/ und drang ihnen zur Koͤ-
nigin ihre Baſe/ die ſchoͤne und ſtreitbare Zarina
auff/ welche hernach die Meden/ und andere
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Tugend und Tapfferkeit durch dieſes Geſetze be-
feſtigte/ daß keine/ die nicht drey Feinde erlegt/
und zwar nur alsdeñ/ weñ ſie vorher ihren Got-
tesdienſt verrichtet/ mit einem Manne Gemein-
ſchafft haben dorffte. Weßwegen ſie nach ih-
rem Tode vergoͤttert/ und mit Auffrichtung ei-
ner Himmel-hohen ſteinernen Saͤule verehret
ward. Als Vandala mit den Sacken kaum
fertig ward/ bey dieſem Kriege aber ſie faſt alle
ihre Macht aus dem kleinern Aſien zuruͤck ge-
gen Norden gezogen/ und zu Ampſalis ihren
Sitz erkieſet hatte/ kriegte ſie von denen in Cap-
padocien gelaſſenen Gothiſchen Frauen Nach-
richt: Nachdem die benachbarten Pamphilier/
Paphlagonier und Armenier/ die Gothiſchen
Weiber in Cappadocien aller Mannſchafft ent-
bloͤſſet/ und von ihren Maͤnnern gantz verlaſſen
geſehen/ waͤren ſie mit geſamter Hand bey ihnen
eingefallen/ haͤtten auch beyde Fuͤrſten Ylinos
und Scolopitus erlegt/ alſo waͤre es um ſie ge-
ſchehen/ da ſie ihnen nicht ſchleunige Huͤlffe lei-
ſtete. Vandala machte ſich unverruͤcktes Fuſ-
ſes mit einem Theile ihrer ſtreitbaren Weiber
auff/ uͤber das Euxiniſche Meer/ ſtieg zu The-
miſcyra aus/ und traff die Gothiſchen Frauen
an dem Fluſſe Jris in einem hitzigen Gefechte
mit ihren Feinden an. Jhre ſchneidenden
Schwerdter gaben dem zweiffelhafftem Siege
bald einen Ausſchlag; Die Feinde wurden mei-

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[525/0581] Arminius und Thußnelda. beſtehet nicht in Berg und Thaͤlern/ ſondern in denen hier hertzhafft fechtenden Seelen. Ze- no fing an: Alſo haͤtte ihm Vexores auch helf- fen/ und mit ſeinem Gluͤcke nicht alsbald gar die Vernunfft verlieren ſollen. Der Koͤnigin Vandala/ und dem Tanauſis hingegen wuchs mit dem Gluͤcke die Klugheit/ allen Deut- ſchen aber durch dieſen ſo leichten Sieg der Muth/ und durch die reiche Beute die Begier- de mehr zu erlangen. Dahero bemaͤchtigte ſich Vandala der zwiſchen dem Tauriſchen/ und Moſchiſchem Gebuͤrge/ wie auch dem Euxi- niſchen Meere gelegener Laͤnder/ beſetzte die Stadt Phaſis/ Sebaſtopolis an dem Fluſſe A- cinaſis/ die Stadt Abſyrtus an dem Fluße Ab- ſarus/ Baute Xylina zwiſchen dem Fluſſe Py- xites/ und Pritanus/ beſetzte die Fluͤſſe Adie- nus/ Ophis/ Nyſſus/ und Melanthius/ ja brach- te biß an den Fluß Halys die gantze See-Kuͤ- ſte unter ihr Gebiete; zwiſchen die Stroͤme Jris/ und Thermodon aber baute ſie ans Meer zu ihrem Koͤniglichen Sitze die Stadt Themi- ſcyra. Tanauſis aber theilte ſein Heer in zwey Theil/ mit einem drang ſein Bruder Par- thes uͤber den Caucaſus in Hircanien/ und durch die Caſpiſchen Pforten in Meden/ wel- chem ſich des Vexores Unter-Koͤnig Sorim gut- willig unterwarff. Dieſer richtete daſelbſt von ſeinem Nahmen das beruͤhmte Volck und Herr- ſchafft der Parthen und Bactrianer auff. Das andere Theil fuͤhrte Tanauſis in Cappadocien und Lycaonien/ daſelbſt lieſſen die Gothen ihre Weiber/ Kinder und Alten unter dem Schirm der beyden Fuͤrſten Ylinos und Scolopitus zu- ruͤcke/ uͤberſchwemmeten nicht nur das kleinere Aſien/ ſondern auch Syrien/ Meſopotamien und Aſſyrien; Sie waͤren auch biß in Egypten gedrungen/ wenn ſie die Pfuͤtzen von dem uͤber- lauffenden Nil nicht zuruͤcke gehalten haͤtten. Tanauſis baute in Syrien Hierapolis uñ Beth- ſan/ und die Liebligkeit ſelbiger Laͤnder verur- ſachte/ daß die Gothen nicht nur ihres kalten Vaterlandes/ ſondern auch der ihrigẽ in Cappa- docien ver gaßen; Ungeachtet ſie ihre verlaſſenen Frauen beweglich zuruͤck rufften/ und aus den Nachbarn andere Maͤnner zu erkieſen draͤue- ten. Die Koͤnigin Vandala fuͤhrte inzwiſchen mit den Sacken/ einem Scythiſchen Volcke Krieg/ uͤberwaͤltigte ſie/ und drang ihnen zur Koͤ- nigin ihre Baſe/ die ſchoͤne und ſtreitbare Zarina auff/ welche hernach die Meden/ und andere rauhe Voͤlcker demuͤthigte/ ſelbten mildere Sit- ten angewoͤhnete/ und unterſchiedene Staͤdte bauete/ alſo auch unter den Scythen die Frau- en-Herrſchafft/ unter den Amazonen aber die Tugend und Tapfferkeit durch dieſes Geſetze be- feſtigte/ daß keine/ die nicht drey Feinde erlegt/ und zwar nur alsdeñ/ weñ ſie vorher ihren Got- tesdienſt verrichtet/ mit einem Manne Gemein- ſchafft haben dorffte. Weßwegen ſie nach ih- rem Tode vergoͤttert/ und mit Auffrichtung ei- ner Himmel-hohen ſteinernen Saͤule verehret ward. Als Vandala mit den Sacken kaum fertig ward/ bey dieſem Kriege aber ſie faſt alle ihre Macht aus dem kleinern Aſien zuruͤck ge- gen Norden gezogen/ und zu Ampſalis ihren Sitz erkieſet hatte/ kriegte ſie von denen in Cap- padocien gelaſſenen Gothiſchen Frauen Nach- richt: Nachdem die benachbarten Pamphilier/ Paphlagonier und Armenier/ die Gothiſchen Weiber in Cappadocien aller Mannſchafft ent- bloͤſſet/ und von ihren Maͤnnern gantz verlaſſen geſehen/ waͤren ſie mit geſamter Hand bey ihnen eingefallen/ haͤtten auch beyde Fuͤrſten Ylinos und Scolopitus erlegt/ alſo waͤre es um ſie ge- ſchehen/ da ſie ihnen nicht ſchleunige Huͤlffe lei- ſtete. Vandala machte ſich unverruͤcktes Fuſ- ſes mit einem Theile ihrer ſtreitbaren Weiber auff/ uͤber das Euxiniſche Meer/ ſtieg zu The- miſcyra aus/ und traff die Gothiſchen Frauen an dem Fluſſe Jris in einem hitzigen Gefechte mit ihren Feinden an. Jhre ſchneidenden Schwerdter gaben dem zweiffelhafftem Siege bald einen Ausſchlag; Die Feinde wurden mei- ſten- U u u 3

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/581>, abgerufen am 25.11.2024.