Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Fünfftes Buch [Spaltenumbruch]
Ja daß unsere Beschützung mehr vom Him-mel/ als unser Vorsicht herrühre. Diese kanst du sicherer nicht erlangen/ als wenn du dich dem ohne diß unüberwindlichem Ver- hängnüsse gedultig unterwirffst/ und nicht durch Grausamkeit gegen dein Kind die Göt- ter als unsere Väter wider dich mehr verbit- tert machst. Glaube nur/ daß diese durch un- serer mißträulichen Klugheit Abwege uns schnurgrade auff den Pfad ihrer unveränderli- chen Schlüsse leiten! Polemon begegnete ihr mit noch ernsthafftem Gesichte: Uberrede diese Träume wen anders/ und lobe einem leicht- gläubigern deine Liebe ein. Die Sonne er- leuchtet ja wohl die Schwantz-Sternen nichts minder/ als andere Gestirne; Aber was ist zwischen jener und dieser ihrem Feuer/ zwi- schen deiner Liebe gegen den Zeno/ und der gegen mich nicht für ein Unterscheid? Unser Großvater Mithridates dienet uns zum Vor- bilde. Denn weil seine Gemahlin Strato- nice nur ein festes Schloß mit seinen Schätzen dem Pompejus übergeben hatte/ durchstach er in denen von ferne zuschauenden Augen sei- ner Mutter ihren und seinen Sohn Xiphar/ und ließ ihn unbegraben liegen; Und ich soll für mein eigen Leben nicht eiffern? Gehet a- ber/ und saget dem Ariobarzanes/ daß zwi- schen seine Vermählung was grosses kommen sey/ wormit seine Ungedult sich nicht gegen uns über noch mehrere Aeffung beschweren dörffe. Hierauff kehrte Polemon mit nie- der geschlagenen Augen auff die Burg; ver- ließ also Ariobarzanen in wütender Raserey/ die Königin in ängstigster Bekümmernüß/ mich im Zweiffel: Ob ich den Polemon für meinen Vater/ oder für meinen Todtfeind halten; ob ich zu Sinope bleiben/ oder mich flüchten solte. Ehe ich mich aber eines endli- chen entschlüssen konte/ kam der Hauptmann über die Königliche Leibwache/ und sagte so [Spaltenumbruch] wohl mir als der Dinamis an/ daß wir ihm auf Königlichen Befehl folgen solten. So bald wir nun von der Schwelle des Tempels tra- ten/ wurden wir von einer Menge Krieges- Volckes umgeben/ und zu empfindlichem Be- trübnüsse der uns begleitenden Priester auff die Burg in einem fest verwahrten Thurm/ zu dem der König selbst die Schlüssel behielt/ verwahret. Jch stelle einem ieden zum Nach- dencken/ wie uns diese Gefängnüß bekümmer- te. Denn wenn Fremder hefftigste Beleidi- gung den Geschmack der Schleen hat/ schmeckt ein von seinen Anverwandten empfangenes mäßige Unrecht bitterer als Wermuth. Sin- temahl nicht das Wasser/ wohl aber das Ge- blüte sich in Galle zu verwandeln fähig ist; und aus dem süssesten Honige der schärffste Es- sig gezogen wird. Weil aber das Mitleiden für die unschuldige Königin mir am tieffsten zu Hertzen ging; hatte ich meines Nothstandes schier vergessen/ biß uns nach Mitternacht das Schwirren der eisernen Riegel und Thü- ren bey so unzeitiger Eröffnung des Thur- mes einen neuen Schauer einjagte. Massen denn auch also fort der unbarmhertzige Pole- mon mit einem blancken Dolche nebst etlichen von der Leibwache zu uns hinein getreten kam. Sein Antlitz war als ein weisses Tuch erblas- set/ seine Glieder und Lippen zitterten/ und aus den Augen sahe zugleich Furcht/ und ihre zwey Töchter/ Verzweiffelung und Grau- samkeit. Hilff Himmel! schriehe die Köni- gin/ welch höllischer Mord-Geist reitzet ihn selbst zum Mörder seines Fleisches und Blu- tes zu machen? hat er seine Unbarmhertzigkeit gegen andere Menschen zeither darum gespa- ret/ daß er sie itzt mit vollen Strömen über sein unschuldiges Kind ausschütte/ und sich denen Jndianischen Einhörnern gleich mache/ welche mit allen andern wilden Thieren in Friede le- ben/ und nur wider seines gleichen wüten? Pole-
Fuͤnfftes Buch [Spaltenumbruch]
Ja daß unſere Beſchuͤtzung mehr vom Him-mel/ als unſer Vorſicht herruͤhre. Dieſe kanſt du ſicherer nicht erlangen/ als wenn du dich dem ohne diß unuͤberwindlichem Ver- haͤngnuͤſſe gedultig unterwirffſt/ und nicht durch Grauſamkeit gegen dein Kind die Goͤt- ter als unſere Vaͤter wider dich mehr verbit- tert machſt. Glaube nur/ daß dieſe durch un- ſerer mißtraͤulichen Klugheit Abwege uns ſchnurgrade auff den Pfad ihrer unveraͤnderli- chen Schluͤſſe leiten! Polemon begegnete ihr mit noch ernſthafftem Geſichte: Uberrede dieſe Traͤume wen anders/ und lobe einem leicht- glaͤubigern deine Liebe ein. Die Sonne er- leuchtet ja wohl die Schwantz-Sternen nichts minder/ als andere Geſtirne; Aber was iſt zwiſchen jener und dieſer ihrem Feuer/ zwi- ſchen deiner Liebe gegen den Zeno/ und der gegen mich nicht fuͤr ein Unterſcheid? Unſer Großvater Mithridates dienet uns zum Vor- bilde. Denn weil ſeine Gemahlin Strato- nice nur ein feſtes Schloß mit ſeinen Schaͤtzen dem Pompejus uͤbergeben hatte/ durchſtach er in denen von ferne zuſchauenden Augen ſei- ner Mutter ihren und ſeinen Sohn Xiphar/ und ließ ihn unbegraben liegen; Und ich ſoll fuͤr mein eigen Leben nicht eiffern? Gehet a- ber/ und ſaget dem Ariobarzanes/ daß zwi- ſchen ſeine Vermaͤhlung was groſſes kommen ſey/ wormit ſeine Ungedult ſich nicht gegen uns uͤber noch mehrere Aeffung beſchweren doͤrffe. Hierauff kehrte Polemon mit nie- der geſchlagenen Augen auff die Burg; ver- ließ alſo Ariobarzanen in wuͤtender Raſerey/ die Koͤnigin in aͤngſtigſter Bekuͤmmernuͤß/ mich im Zweiffel: Ob ich den Polemon fuͤr meinen Vater/ oder fuͤr meinen Todtfeind halten; ob ich zu Sinope bleiben/ oder mich fluͤchten ſolte. Ehe ich mich aber eines endli- chen entſchluͤſſen konte/ kam der Hauptmann uͤber die Koͤnigliche Leibwache/ und ſagte ſo [Spaltenumbruch] wohl mir als der Dinamis an/ daß wir ihm auf Koͤniglichen Befehl folgen ſolten. So bald wir nun von der Schwelle des Tempels tra- ten/ wurden wir von einer Menge Krieges- Volckes umgeben/ und zu empfindlichem Be- truͤbnuͤſſe der uns begleitenden Prieſter auff die Burg in einem feſt verwahrten Thurm/ zu dem der Koͤnig ſelbſt die Schluͤſſel behielt/ verwahret. Jch ſtelle einem ieden zum Nach- dencken/ wie uns dieſe Gefaͤngnuͤß bekuͤmmer- te. Denn wenn Fremder hefftigſte Beleidi- gung den Geſchmack der Schleen hat/ ſchmeckt ein von ſeinen Anverwandten empfangenes maͤßige Unrecht bitterer als Wermuth. Sin- temahl nicht das Waſſer/ wohl aber das Ge- bluͤte ſich in Galle zu verwandeln faͤhig iſt; und aus dem ſuͤſſeſten Honige der ſchaͤrffſte Eſ- ſig gezogen wird. Weil aber das Mitleiden fuͤr die unſchuldige Koͤnigin mir am tieffſten zu Hertzen ging; hatte ich meines Nothſtandes ſchier vergeſſen/ biß uns nach Mitternacht das Schwirren der eiſernen Riegel und Thuͤ- ren bey ſo unzeitiger Eroͤffnung des Thur- mes einen neuen Schauer einjagte. Maſſen denn auch alſo fort der unbarmhertzige Pole- mon mit einem blancken Dolche nebſt etlichen von der Leibwache zu uns hinein getreten kam. Sein Antlitz war als ein weiſſes Tuch erblaſ- ſet/ ſeine Glieder und Lippen zitterten/ und aus den Augen ſahe zugleich Furcht/ und ihre zwey Toͤchter/ Verzweiffelung und Grau- ſamkeit. Hilff Himmel! ſchriehe die Koͤni- gin/ welch hoͤlliſcher Mord-Geiſt reitzet ihn ſelbſt zum Moͤrder ſeines Fleiſches und Blu- tes zu machen? hat er ſeine Unbarmhertzigkeit gegen andere Menſchen zeither darum geſpa- ret/ daß er ſie itzt mit vollen Stroͤmen uͤber ſein unſchuldiges Kind ausſchuͤtte/ und ſich denen Jndianiſchen Einhoͤrnern gleich mache/ welche mit allen andern wilden Thieren in Friede le- ben/ und nur wider ſeines gleichen wuͤten? Pole-
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Fuͤnfftes Buch
Ja daß unſere Beſchuͤtzung mehr vom Him-
mel/ als unſer Vorſicht herruͤhre. Dieſe
kanſt du ſicherer nicht erlangen/ als wenn
du dich dem ohne diß unuͤberwindlichem Ver-
haͤngnuͤſſe gedultig unterwirffſt/ und nicht
durch Grauſamkeit gegen dein Kind die Goͤt-
ter als unſere Vaͤter wider dich mehr verbit-
tert machſt. Glaube nur/ daß dieſe durch un-
ſerer mißtraͤulichen Klugheit Abwege uns
ſchnurgrade auff den Pfad ihrer unveraͤnderli-
chen Schluͤſſe leiten! Polemon begegnete ihr
mit noch ernſthafftem Geſichte: Uberrede dieſe
Traͤume wen anders/ und lobe einem leicht-
glaͤubigern deine Liebe ein. Die Sonne er-
leuchtet ja wohl die Schwantz-Sternen nichts
minder/ als andere Geſtirne; Aber was iſt
zwiſchen jener und dieſer ihrem Feuer/ zwi-
ſchen deiner Liebe gegen den Zeno/ und der
gegen mich nicht fuͤr ein Unterſcheid? Unſer
Großvater Mithridates dienet uns zum Vor-
bilde. Denn weil ſeine Gemahlin Strato-
nice nur ein feſtes Schloß mit ſeinen Schaͤtzen
dem Pompejus uͤbergeben hatte/ durchſtach
er in denen von ferne zuſchauenden Augen ſei-
ner Mutter ihren und ſeinen Sohn Xiphar/
und ließ ihn unbegraben liegen; Und ich ſoll
fuͤr mein eigen Leben nicht eiffern? Gehet a-
ber/ und ſaget dem Ariobarzanes/ daß zwi-
ſchen ſeine Vermaͤhlung was groſſes kommen
ſey/ wormit ſeine Ungedult ſich nicht gegen
uns uͤber noch mehrere Aeffung beſchweren
doͤrffe. Hierauff kehrte Polemon mit nie-
der geſchlagenen Augen auff die Burg; ver-
ließ alſo Ariobarzanen in wuͤtender Raſerey/
die Koͤnigin in aͤngſtigſter Bekuͤmmernuͤß/
mich im Zweiffel: Ob ich den Polemon fuͤr
meinen Vater/ oder fuͤr meinen Todtfeind
halten; ob ich zu Sinope bleiben/ oder mich
fluͤchten ſolte. Ehe ich mich aber eines endli-
chen entſchluͤſſen konte/ kam der Hauptmann
uͤber die Koͤnigliche Leibwache/ und ſagte ſo
wohl mir als der Dinamis an/ daß wir ihm auf
Koͤniglichen Befehl folgen ſolten. So bald
wir nun von der Schwelle des Tempels tra-
ten/ wurden wir von einer Menge Krieges-
Volckes umgeben/ und zu empfindlichem Be-
truͤbnuͤſſe der uns begleitenden Prieſter auff
die Burg in einem feſt verwahrten Thurm/
zu dem der Koͤnig ſelbſt die Schluͤſſel behielt/
verwahret. Jch ſtelle einem ieden zum Nach-
dencken/ wie uns dieſe Gefaͤngnuͤß bekuͤmmer-
te. Denn wenn Fremder hefftigſte Beleidi-
gung den Geſchmack der Schleen hat/ ſchmeckt
ein von ſeinen Anverwandten empfangenes
maͤßige Unrecht bitterer als Wermuth. Sin-
temahl nicht das Waſſer/ wohl aber das Ge-
bluͤte ſich in Galle zu verwandeln faͤhig iſt;
und aus dem ſuͤſſeſten Honige der ſchaͤrffſte Eſ-
ſig gezogen wird. Weil aber das Mitleiden
fuͤr die unſchuldige Koͤnigin mir am tieffſten zu
Hertzen ging; hatte ich meines Nothſtandes
ſchier vergeſſen/ biß uns nach Mitternacht
das Schwirren der eiſernen Riegel und Thuͤ-
ren bey ſo unzeitiger Eroͤffnung des Thur-
mes einen neuen Schauer einjagte. Maſſen
denn auch alſo fort der unbarmhertzige Pole-
mon mit einem blancken Dolche nebſt etlichen
von der Leibwache zu uns hinein getreten kam.
Sein Antlitz war als ein weiſſes Tuch erblaſ-
ſet/ ſeine Glieder und Lippen zitterten/ und
aus den Augen ſahe zugleich Furcht/ und ihre
zwey Toͤchter/ Verzweiffelung und Grau-
ſamkeit. Hilff Himmel! ſchriehe die Koͤni-
gin/ welch hoͤlliſcher Mord-Geiſt reitzet ihn
ſelbſt zum Moͤrder ſeines Fleiſches und Blu-
tes zu machen? hat er ſeine Unbarmhertzigkeit
gegen andere Menſchen zeither darum geſpa-
ret/ daß er ſie itzt mit vollen Stroͤmen uͤber ſein
unſchuldiges Kind ausſchuͤtte/ und ſich denen
Jndianiſchen Einhoͤrnern gleich mache/ welche
mit allen andern wilden Thieren in Friede le-
ben/ und nur wider ſeines gleichen wuͤten?
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