Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
Schönheit und Schwärtze bey einander stehenkönnen? Meynest du/ weil deine Deutschen/ wie auch du/ so weiß sind/ daß die Mohren in allen Augen so heßlich seyn? Weist du nicht/ daß die Venus in Africa eben so aus schwartzem/ wie zu Athen von weissem Marmel gebildet wird? Ja die Griechen selbst geben nach/ daß diese Mutter der Schönheit und Liebe mit ihrem Vulcan ein Mohren-Kind gezeugt habe. Jch antwortete: Nach dem die Gewohnheit auch etwas abscheu- lichem eine bessere Farbe anstreicht/ und den Augen ihre erste Empfindligkeit benimmt; ja die Liebe gar ins gemein verbundene Augen hat/ ist mir nichts frembdes/ daß die Wald-Götter ihre rauche und Ziegenfüssichte Geferten/ und die halbgebratenen Mohren ihre beraucherte Weiber oder vielmehr ausgeleschte Kohlen für schön halten? Jch aber werde mir solche Farbe niemals für schön verkauffen/ noch auch michs so gar die nackten und schwartzen Weltweisen in Jndien bereden lassen. Mein Auge ist mir diß- falls nicht allein ein unverwerfflicher Richter; sondern die Römischen Frauen sind meine un- zehlbare Zeugen/ welche durch so viel Künste ihre gelbe Haut in eine lebhafte Schnee-Farbe zu verwandeln/ und ihre schwartze Häupter mit den weissen Haaren des Deutschen Frauenzimmers auszuschmücken bemühet sind. Ja/ sagte Lu- cius/ iede Farbe hat ihre Vollkommenheit. Was weiß ist/ muß sehr weiß seyn/ wenn es schön seyn soll. Also ist die Schwärtze auch schön/ wenn sie nicht fahl/ sondern vollkommen schwartz ist. Der schwartze in Mohrenland und bey denen Landesleuten den Lagionen wachsende Marmel wäre beliebter/ als der weisse des Eylands Paros. Auch ich/ versetzte ich/ halte viel von schwartzen Steinen; und Dia- manten selbst sind nicht schön ohn schwartze Fol- gen und finstere Straalen. Aber unter dem Frauenzimmer halte ich es mit dem weissen. Das Meer hat in sich nichts köstlichers/ als die weissen Perlen; der Himmel der Begriff aller [Spaltenumbruch] Schönheit weiß von keiner schwartzen Farbe. Lucius begegnete mir: Er hat dieser in alle wege zu seiner höchsten Pracht von nöthen. Denn seine Gestirne sind so gar unsichtbar/ wenn ihn der Pinsel der Nacht nicht schwartz anstreicht. Jch brach ihm ein: Der Schatten hilfft wohl unserm blöden Gesichte/ aber dem Lichte und den Sternen theilt er keine Zierde mit. Die Sonne das schöne Wunderwerck der Natur ist der Schwärtze so feind/ daß Nacht und Schatten für ihr in ewiger Flucht seyn müssen. Gleichwohl wird bey den Phö- niciern/ versetzte Lucius/ ein schwartzer Stein als das Ebenbild der Sonnen unter dem Nahmen des Eliogabalus angebetet. Also müssen die Gestirne mit dieser Farbe keine so unleidliche Eigenschafft hegen. Die Jndi- schen und theils Griechischen Götter verlangen ein schwartzes Lamm/ oder eine solche Kuh zu ih- rem Opfer. Alles diß/ antwortete ich/ rühret schwerlich von einer beliebten Verwandschafft/ vielmehr aber daher/ daß ein heßlicher Gegen- Satz der Schwärtze ihrer Zierde einen Firnüß anstreichen soll. Massen denn die Diamante schwartze Schalen/ die Perlen tunckele Mu- scheln/ und die Gold-Adern nicht finstere Be- hältnüsse und düstere Schlacken verschmähen. Jch hingegen versetzte: Das von der Unrei- nigkeit geläuterte Ertzt und die saubersten Ge- schöpfe sind am weissesten. Das Licht ist ein Merckmal der Vollkommenheit/ und daher auch diß vortrefflicher/ was dem Lichte am ähn- lichsten ist. Das weisse aber ist nichts anders als ein ruhendes Licht/ wie das Licht eine thäti- ge Weisse. Dahero ich/ ausser dem Lucius/ noch keinen Verliebten von den schönen Kohlen seiner berähmten Buhlschafft/ wohl aber von dem Alabaster des Halses/ dem Helffenbeine des Leibes/ und den Perlen der Brüste Lobsprüche gehört hätte. Vielleicht aber doch/ sagte Luci- us/ von dem schönen Finsternüsse schwartzer Augen/
Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
Schoͤnheit und Schwaͤrtze bey einander ſtehenkoͤnnen? Meyneſt du/ weil deine Deutſchen/ wie auch du/ ſo weiß ſind/ daß die Mohren in allen Augen ſo heßlich ſeyn? Weiſt du nicht/ daß die Venus in Africa eben ſo aus ſchwartzem/ wie zu Athen von weiſſem Marmel gebildet wird? Ja die Griechen ſelbſt geben nach/ daß dieſe Mutter der Schoͤnheit und Liebe mit ihrem Vulcan ein Mohren-Kind gezeugt habe. Jch antwortete: Nach dem die Gewohnheit auch etwas abſcheu- lichem eine beſſere Farbe anſtreicht/ und den Augen ihre erſte Empfindligkeit benim̃t; ja die Liebe gar ins gemein verbundene Augen hat/ iſt mir nichts frembdes/ daß die Wald-Goͤtter ihre rauche und Ziegenfuͤſſichte Geferten/ und die halbgebratenen Mohren ihre beraucherte Weiber oder vielmehr ausgeleſchte Kohlen fuͤr ſchoͤn halten? Jch aber werde mir ſolche Farbe niemals fuͤr ſchoͤn verkauffen/ noch auch michs ſo gar die nackten und ſchwartzen Weltweiſen in Jndien bereden laſſen. Mein Auge iſt mir diß- falls nicht allein ein unverwerfflicher Richter; ſondern die Roͤmiſchen Frauen ſind meine un- zehlbare Zeugen/ welche durch ſo viel Kuͤnſte ihre gelbe Haut in eine lebhafte Schnee-Farbe zu verwandeln/ und ihre ſchwartze Haͤupter mit den weiſſen Haaren des Deutſchen Frauenzimmers auszuſchmuͤcken bemuͤhet ſind. Ja/ ſagte Lu- cius/ iede Farbe hat ihre Vollkommenheit. Was weiß iſt/ muß ſehr weiß ſeyn/ wenn es ſchoͤn ſeyn ſoll. Alſo iſt die Schwaͤrtze auch ſchoͤn/ wenn ſie nicht fahl/ ſondern vollkommen ſchwartz iſt. Der ſchwartze in Mohrenland und bey denen Landesleuten den Lagionen wachſende Marmel waͤre beliebter/ als der weiſſe des Eylands Paros. Auch ich/ verſetzte ich/ halte viel von ſchwartzen Steinen; und Dia- manten ſelbſt ſind nicht ſchoͤn ohn ſchwartze Fol- gen und finſtere Straalen. Aber unter dem Frauenzimmer halte ich es mit dem weiſſen. Das Meer hat in ſich nichts koͤſtlichers/ als die weiſſen Perlen; der Himmel der Begriff aller [Spaltenumbruch] Schoͤnheit weiß von keiner ſchwartzen Farbe. Lucius begegnete mir: Er hat dieſer in alle wege zu ſeiner hoͤchſten Pracht von noͤthen. Denn ſeine Geſtirne ſind ſo gar unſichtbar/ wenn ihn der Pinſel der Nacht nicht ſchwartz anſtreicht. Jch brach ihm ein: Der Schatten hilfft wohl unſerm bloͤden Geſichte/ aber dem Lichte und den Sternen theilt er keine Zierde mit. Die Sonne das ſchoͤne Wunderwerck der Natur iſt der Schwaͤrtze ſo feind/ daß Nacht und Schatten fuͤr ihr in ewiger Flucht ſeyn muͤſſen. Gleichwohl wird bey den Phoͤ- niciern/ verſetzte Lucius/ ein ſchwartzer Stein als das Ebenbild der Sonnen unter dem Nahmen des Eliogabalus angebetet. Alſo muͤſſen die Geſtirne mit dieſer Farbe keine ſo unleidliche Eigenſchafft hegen. Die Jndi- ſchen und theils Griechiſchen Goͤtter verlangen ein ſchwartzes Lam̃/ oder eine ſolche Kuh zu ih- rem Opfer. Alles diß/ antwortete ich/ ruͤhret ſchwerlich von einer beliebten Verwandſchafft/ vielmehr aber daher/ daß ein heßlicher Gegen- Satz der Schwaͤrtze ihrer Zierde einen Firnuͤß anſtreichen ſoll. Maſſen denn die Diamante ſchwartze Schalen/ die Perlen tunckele Mu- ſcheln/ und die Gold-Adern nicht finſtere Be- haͤltnuͤſſe und duͤſtere Schlacken verſchmaͤhen. Jch hingegen verſetzte: Das von der Unrei- nigkeit gelaͤuterte Ertzt und die ſauberſten Ge- ſchoͤpfe ſind am weiſſeſten. Das Licht iſt ein Merckmal der Vollkommenheit/ und daher auch diß vortrefflicher/ was dem Lichte am aͤhn- lichſten iſt. Das weiſſe aber iſt nichts anders als ein ruhendes Licht/ wie das Licht eine thaͤti- ge Weiſſe. Dahero ich/ auſſer dem Lucius/ noch keinen Verliebten von den ſchoͤnen Kohlen ſeiner beraͤhmten Buhlſchafft/ wohl aber von dem Alabaſter des Halſes/ dem Helffenbeine des Leibes/ und den Perlen der Bruͤſte Lobſpruͤche gehoͤrt haͤtte. Vielleicht aber doch/ ſagte Luci- us/ von dem ſchoͤnen Finſternuͤſſe ſchwartzer Augen/
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Vierdtes Buch
Schoͤnheit und Schwaͤrtze bey einander ſtehen
koͤnnen? Meyneſt du/ weil deine Deutſchen/ wie
auch du/ ſo weiß ſind/ daß die Mohren in allen
Augen ſo heßlich ſeyn? Weiſt du nicht/ daß die
Venus in Africa eben ſo aus ſchwartzem/ wie zu
Athen von weiſſem Marmel gebildet wird? Ja
die Griechen ſelbſt geben nach/ daß dieſe Mutter
der Schoͤnheit und Liebe mit ihrem Vulcan ein
Mohren-Kind gezeugt habe. Jch antwortete:
Nach dem die Gewohnheit auch etwas abſcheu-
lichem eine beſſere Farbe anſtreicht/ und den
Augen ihre erſte Empfindligkeit benim̃t; ja die
Liebe gar ins gemein verbundene Augen hat/
iſt mir nichts frembdes/ daß die Wald-Goͤtter
ihre rauche und Ziegenfuͤſſichte Geferten/ und
die halbgebratenen Mohren ihre beraucherte
Weiber oder vielmehr ausgeleſchte Kohlen fuͤr
ſchoͤn halten? Jch aber werde mir ſolche Farbe
niemals fuͤr ſchoͤn verkauffen/ noch auch michs ſo
gar die nackten und ſchwartzen Weltweiſen in
Jndien bereden laſſen. Mein Auge iſt mir diß-
falls nicht allein ein unverwerfflicher Richter;
ſondern die Roͤmiſchen Frauen ſind meine un-
zehlbare Zeugen/ welche durch ſo viel Kuͤnſte ihre
gelbe Haut in eine lebhafte Schnee-Farbe zu
verwandeln/ und ihre ſchwartze Haͤupter mit den
weiſſen Haaren des Deutſchen Frauenzimmers
auszuſchmuͤcken bemuͤhet ſind. Ja/ ſagte Lu-
cius/ iede Farbe hat ihre Vollkommenheit.
Was weiß iſt/ muß ſehr weiß ſeyn/ wenn es
ſchoͤn ſeyn ſoll. Alſo iſt die Schwaͤrtze auch
ſchoͤn/ wenn ſie nicht fahl/ ſondern vollkommen
ſchwartz iſt. Der ſchwartze in Mohrenland
und bey denen Landesleuten den Lagionen
wachſende Marmel waͤre beliebter/ als der
weiſſe des Eylands Paros. Auch ich/ verſetzte
ich/ halte viel von ſchwartzen Steinen; und Dia-
manten ſelbſt ſind nicht ſchoͤn ohn ſchwartze Fol-
gen und finſtere Straalen. Aber unter dem
Frauenzimmer halte ich es mit dem weiſſen.
Das Meer hat in ſich nichts koͤſtlichers/ als die
weiſſen Perlen; der Himmel der Begriff aller
Schoͤnheit weiß von keiner ſchwartzen Farbe.
Lucius begegnete mir: Er hat dieſer in alle
wege zu ſeiner hoͤchſten Pracht von noͤthen.
Denn ſeine Geſtirne ſind ſo gar unſichtbar/
wenn ihn der Pinſel der Nacht nicht ſchwartz
anſtreicht. Jch brach ihm ein: Der Schatten
hilfft wohl unſerm bloͤden Geſichte/ aber dem
Lichte und den Sternen theilt er keine Zierde
mit. Die Sonne das ſchoͤne Wunderwerck
der Natur iſt der Schwaͤrtze ſo feind/ daß
Nacht und Schatten fuͤr ihr in ewiger Flucht
ſeyn muͤſſen. Gleichwohl wird bey den Phoͤ-
niciern/ verſetzte Lucius/ ein ſchwartzer Stein
als das Ebenbild der Sonnen unter dem
Nahmen des Eliogabalus angebetet. Alſo
muͤſſen die Geſtirne mit dieſer Farbe keine ſo
unleidliche Eigenſchafft hegen. Die Jndi-
ſchen und theils Griechiſchen Goͤtter verlangen
ein ſchwartzes Lam̃/ oder eine ſolche Kuh zu ih-
rem Opfer. Alles diß/ antwortete ich/ ruͤhret
ſchwerlich von einer beliebten Verwandſchafft/
vielmehr aber daher/ daß ein heßlicher Gegen-
Satz der Schwaͤrtze ihrer Zierde einen Firnuͤß
anſtreichen ſoll. Maſſen denn die Diamante
ſchwartze Schalen/ die Perlen tunckele Mu-
ſcheln/ und die Gold-Adern nicht finſtere Be-
haͤltnuͤſſe und duͤſtere Schlacken verſchmaͤhen.
Jch hingegen verſetzte: Das von der Unrei-
nigkeit gelaͤuterte Ertzt und die ſauberſten Ge-
ſchoͤpfe ſind am weiſſeſten. Das Licht iſt ein
Merckmal der Vollkommenheit/ und daher
auch diß vortrefflicher/ was dem Lichte am aͤhn-
lichſten iſt. Das weiſſe aber iſt nichts anders
als ein ruhendes Licht/ wie das Licht eine thaͤti-
ge Weiſſe. Dahero ich/ auſſer dem Lucius/
noch keinen Verliebten von den ſchoͤnen Kohlen
ſeiner beraͤhmten Buhlſchafft/ wohl aber von
dem Alabaſter des Halſes/ dem Helffenbeine des
Leibes/ und den Perlen der Bruͤſte Lobſpruͤche
gehoͤrt haͤtte. Vielleicht aber doch/ ſagte Luci-
us/ von dem ſchoͤnen Finſternuͤſſe ſchwartzer
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/512>, abgerufen am 29.06.2024. |