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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] den Boris auf sich. Auf beyden Seiten ward
alle Tapfferkeit und Kriegs-List herfür gesucht.
Nach langem Gefechte ward Hertzog Melo
vom Marsingischen Fürsten in die lincke Seite/
hernach von dem Ritter Hohberg an dem rechten
Arm verwundet/ und mit ihm sein Hauffen für
denen an der Menge ihnen weit überlegenen
Feinden etwas zurück zu weichen gezwungen.
Gleicher gestalt kamen Hertzog Jubil und Bo-
ris an einander/ welcher auf eine gantz seltsame
Art sein um und um mit eisernem Bleche be-
hencktes Pferd mit dem Zügel im Munde lenck-
te. Anfangs brauchte er an statt der Lantze einen
langen an dem Sattel feste gemachten stähler-
nen Pantzerstecher/ welchen er mit der rechten
Hand in vollen biegen rennende auff seinen
Feind richtete; dem aber Hertzog Jubil/ weil er
diß Gewehre ihm auff die Seite abzulehnen
nicht getraute/ klüglich auswich. Ob er nun
zwar hingegen den Boris mit der Lantze zu er-
reichen vermeinte/ beugte sich doch dieser Sar-
mate mit einer grossen Geschwindigkeit auf die
andere Seite; Hierauf ließ er seinen Schild auf
die Seite hängen/ ergriff mit beyden Händen
eine überaus lange Sebel/ und schlug auff den
Fürsten der Hermundurer mit grossem Unge-
stüme loß/ also/ daß er für diesen Riesenstreichen
sich zu beschirmen grosse Müh hatte. Nach
vielen ver gebenen Streichen kriegte endlich die-
ses ungeheure Gewehre den Schwung/ also/
daß es ihm aus den Händen entfuhr. Jubil
meinte bey dieser Gelegenheit ihm eines zu ver-
setzen/ aber Boris bedeckte mit seinem überaus
breiten Schilde seinen gantzen Leib/ warf sein
Pferd herum/ und bückte sich zugleich so tief an
Bodem/ daß er eine andere daselbst liegende
Sebel aufhob/ und mit seinem Feinde aufs neue
anband. Jubil hingegen suchte alle Meister-
streiche herfür diesem geschwinden Feinde einen
Vortheil abzurennen/ und infonderheit sein
Pferd zu erlegen/ weil er wol sahe/ daß des Bo-
ris Rüstung und Waffen zu einem Fußgefechte
[Spaltenumbruch] ungeschickt waren; Zumal diese List vielen Che-
ruskern neben ihm wider die Sarmater wohl
glückte. Ob nun wohl der abhängende Har-
nisch viel tapffere Streiche zernichtete; so gerieth
ihm doch endlich einer derogestalt/ daß er des
Boris Pferd an einen Vorder-Schenckel heff-
tig verwundete/ worvon er über und über stürtz-
te. Hertzog Jubil sprang Augenblicks vom
Pferde um seinem Feinde vollends den Rest zu
geben; als er ein jämmerliches Geschrey eines
Frauenzimmers hinter sich im Walde erblickte/
und als er sich umwendete/ die Königin Erato
mit einem Stocke gegen zwey mit blancken
Sebeln sie antastende Sarmater sich beschir-
men sahe. Dieser Nothstand machte/ daß er
des gefallenen Boris vergaß/ und der Königin
zu Hülffe eilete; für welchem sich ihre Feinde al-
sofort in die Hecken verbargen. Herentgegen
sahe er zwey grausame weisse Bären/ welche
Boris gezähmet/ und gleichsam zu seiner Leib-
wache abgerichtet/ sein Waffenträger aber bey
seines Herrn ersehener Stürtzung loß gelassen
hatte/ auf ihn zurennen/ welches ihn nöthigte/
sich an einen dicken Baum an zulehnen/ wormit
er nicht zugleich vor- und rück wärts angegriffen
würde. Bey dieser Sorge hatte er noch eine
grössere für die sich nahe bey ihm befindende und
unbewehrte Königin/ welche aber/ entweder
aus göttlicher Beschirmung/ oder weil die Bä-
ren dem weiblichen Geschlechte leichte kein Leid
thun/ zu seiner grossen Vergnügung unange-
tastet blieb; iedoch von denen zwey vorigen
Sarmatern aufs neue überfallen/ und in das
Gepüsche fort geschlept ward. Wiewohl er
nun kein ander Gewehr/ als seinen Degen bey
der Hand hatte/ auch in halbe Verzweiffelung
gerieth/ daß er die in so grosse Ehren- und Le-
bens-Noth verfallene Erato nicht retten konte/
so hielt er doch die Bären ihm eine gute Zeit
vom Leibe/ verwundete auch beyde in ihre Mäu-
ler. Dieses aber verursachte bey ihnen keine
Furcht/ sondern vielmehr ein grausames Wü-

ten;

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] den Boris auf ſich. Auf beyden Seiten ward
alle Tapfferkeit und Kriegs-Liſt herfuͤr geſucht.
Nach langem Gefechte ward Hertzog Melo
vom Marſingiſchen Fuͤrſten in die lincke Seite/
hernach von dem Ritteꝛ Hohbeꝛg an dem rechten
Arm verwundet/ und mit ihm ſein Hauffen fuͤr
denen an der Menge ihnen weit uͤberlegenen
Feinden etwas zuruͤck zu weichen gezwungen.
Gleicher geſtalt kamen Hertzog Jubil und Bo-
ris an einander/ welcher auf eine gantz ſeltſame
Art ſein um und um mit eiſernem Bleche be-
hencktes Pferd mit dem Zuͤgel im Munde lenck-
te. Anfangs brauchte er an ſtatt der Lantze einen
langen an dem Sattel feſte gemachten ſtaͤhler-
nen Pantzerſtecher/ welchen er mit der rechten
Hand in vollen biegen rennende auff ſeinen
Feind richtete; dem aber Hertzog Jubil/ weil er
diß Gewehre ihm auff die Seite abzulehnen
nicht getraute/ kluͤglich auswich. Ob er nun
zwar hingegen den Boris mit der Lantze zu er-
reichen vermeinte/ beugte ſich doch dieſer Sar-
mate mit einer groſſen Geſchwindigkeit auf die
andere Seite; Hierauf ließ er ſeinen Schild auf
die Seite haͤngen/ ergriff mit beyden Haͤnden
eine uͤberaus lange Sebel/ und ſchlug auff den
Fuͤrſten der Hermundurer mit groſſem Unge-
ſtuͤme loß/ alſo/ daß er fuͤr dieſen Rieſenſtreichen
ſich zu beſchirmen groſſe Muͤh hatte. Nach
vielen ver gebenen Streichen kriegte endlich die-
ſes ungeheure Gewehre den Schwung/ alſo/
daß es ihm aus den Haͤnden entfuhr. Jubil
meinte bey dieſer Gelegenheit ihm eines zu ver-
ſetzen/ aber Boris bedeckte mit ſeinem uͤberaus
breiten Schilde ſeinen gantzen Leib/ warf ſein
Pferd herum/ und buͤckte ſich zugleich ſo tief an
Bodem/ daß er eine andere daſelbſt liegende
Sebel aufhob/ und mit ſeinem Feinde aufs neue
anband. Jubil hingegen ſuchte alle Meiſter-
ſtreiche herfuͤr dieſem geſchwinden Feinde einen
Vortheil abzurennen/ und infonderheit ſein
Pferd zu erlegen/ weil er wol ſahe/ daß des Bo-
ris Ruͤſtung und Waffen zu einem Fußgefechte
[Spaltenumbruch] ungeſchickt waren; Zumal dieſe Liſt vielen Che-
ruskern neben ihm wider die Sarmater wohl
gluͤckte. Ob nun wohl der abhaͤngende Har-
niſch viel tapffere Streiche zernichtete; ſo gerieth
ihm doch endlich einer derogeſtalt/ daß er des
Boris Pferd an einen Vorder-Schenckel heff-
tig verwundete/ worvon er uͤber und uͤber ſtuͤrtz-
te. Hertzog Jubil ſprang Augenblicks vom
Pferde um ſeinem Feinde vollends den Reſt zu
geben; als er ein jaͤmmerliches Geſchrey eines
Frauenzimmers hinter ſich im Walde erblickte/
und als er ſich umwendete/ die Koͤnigin Erato
mit einem Stocke gegen zwey mit blancken
Sebeln ſie antaſtende Sarmater ſich beſchir-
men ſahe. Dieſer Nothſtand machte/ daß er
des gefallenen Boris vergaß/ und der Koͤnigin
zu Huͤlffe eilete; fuͤr welchem ſich ihre Feinde al-
ſofort in die Hecken verbargen. Herentgegen
ſahe er zwey grauſame weiſſe Baͤren/ welche
Boris gezaͤhmet/ und gleichſam zu ſeiner Leib-
wache abgerichtet/ ſein Waffentraͤger aber bey
ſeines Herrn erſehener Stuͤrtzung loß gelaſſen
hatte/ auf ihn zurennen/ welches ihn noͤthigte/
ſich an einen dicken Baum an zulehnen/ wormit
er nicht zugleich vor- und ruͤck waͤrts angegriffen
wuͤrde. Bey dieſer Sorge hatte er noch eine
groͤſſere fuͤr die ſich nahe bey ihm befindende und
unbewehrte Koͤnigin/ welche aber/ entweder
aus goͤttlicher Beſchirmung/ oder weil die Baͤ-
ren dem weiblichen Geſchlechte leichte kein Leid
thun/ zu ſeiner groſſen Vergnuͤgung unange-
taſtet blieb; iedoch von denen zwey vorigen
Sarmatern aufs neue uͤberfallen/ und in das
Gepuͤſche fort geſchlept ward. Wiewohl er
nun kein ander Gewehr/ als ſeinen Degen bey
der Hand hatte/ auch in halbe Verzweiffelung
gerieth/ daß er die in ſo groſſe Ehren- und Le-
bens-Noth verfallene Erato nicht retten konte/
ſo hielt er doch die Baͤren ihm eine gute Zeit
vom Leibe/ verwundete auch beyde in ihre Maͤu-
ler. Dieſes aber verurſachte bey ihnen keine
Furcht/ ſondern vielmehr ein grauſames Wuͤ-

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[426/0480] Vierdtes Buch den Boris auf ſich. Auf beyden Seiten ward alle Tapfferkeit und Kriegs-Liſt herfuͤr geſucht. Nach langem Gefechte ward Hertzog Melo vom Marſingiſchen Fuͤrſten in die lincke Seite/ hernach von dem Ritteꝛ Hohbeꝛg an dem rechten Arm verwundet/ und mit ihm ſein Hauffen fuͤr denen an der Menge ihnen weit uͤberlegenen Feinden etwas zuruͤck zu weichen gezwungen. Gleicher geſtalt kamen Hertzog Jubil und Bo- ris an einander/ welcher auf eine gantz ſeltſame Art ſein um und um mit eiſernem Bleche be- hencktes Pferd mit dem Zuͤgel im Munde lenck- te. Anfangs brauchte er an ſtatt der Lantze einen langen an dem Sattel feſte gemachten ſtaͤhler- nen Pantzerſtecher/ welchen er mit der rechten Hand in vollen biegen rennende auff ſeinen Feind richtete; dem aber Hertzog Jubil/ weil er diß Gewehre ihm auff die Seite abzulehnen nicht getraute/ kluͤglich auswich. Ob er nun zwar hingegen den Boris mit der Lantze zu er- reichen vermeinte/ beugte ſich doch dieſer Sar- mate mit einer groſſen Geſchwindigkeit auf die andere Seite; Hierauf ließ er ſeinen Schild auf die Seite haͤngen/ ergriff mit beyden Haͤnden eine uͤberaus lange Sebel/ und ſchlug auff den Fuͤrſten der Hermundurer mit groſſem Unge- ſtuͤme loß/ alſo/ daß er fuͤr dieſen Rieſenſtreichen ſich zu beſchirmen groſſe Muͤh hatte. Nach vielen ver gebenen Streichen kriegte endlich die- ſes ungeheure Gewehre den Schwung/ alſo/ daß es ihm aus den Haͤnden entfuhr. Jubil meinte bey dieſer Gelegenheit ihm eines zu ver- ſetzen/ aber Boris bedeckte mit ſeinem uͤberaus breiten Schilde ſeinen gantzen Leib/ warf ſein Pferd herum/ und buͤckte ſich zugleich ſo tief an Bodem/ daß er eine andere daſelbſt liegende Sebel aufhob/ und mit ſeinem Feinde aufs neue anband. Jubil hingegen ſuchte alle Meiſter- ſtreiche herfuͤr dieſem geſchwinden Feinde einen Vortheil abzurennen/ und infonderheit ſein Pferd zu erlegen/ weil er wol ſahe/ daß des Bo- ris Ruͤſtung und Waffen zu einem Fußgefechte ungeſchickt waren; Zumal dieſe Liſt vielen Che- ruskern neben ihm wider die Sarmater wohl gluͤckte. Ob nun wohl der abhaͤngende Har- niſch viel tapffere Streiche zernichtete; ſo gerieth ihm doch endlich einer derogeſtalt/ daß er des Boris Pferd an einen Vorder-Schenckel heff- tig verwundete/ worvon er uͤber und uͤber ſtuͤrtz- te. Hertzog Jubil ſprang Augenblicks vom Pferde um ſeinem Feinde vollends den Reſt zu geben; als er ein jaͤmmerliches Geſchrey eines Frauenzimmers hinter ſich im Walde erblickte/ und als er ſich umwendete/ die Koͤnigin Erato mit einem Stocke gegen zwey mit blancken Sebeln ſie antaſtende Sarmater ſich beſchir- men ſahe. Dieſer Nothſtand machte/ daß er des gefallenen Boris vergaß/ und der Koͤnigin zu Huͤlffe eilete; fuͤr welchem ſich ihre Feinde al- ſofort in die Hecken verbargen. Herentgegen ſahe er zwey grauſame weiſſe Baͤren/ welche Boris gezaͤhmet/ und gleichſam zu ſeiner Leib- wache abgerichtet/ ſein Waffentraͤger aber bey ſeines Herrn erſehener Stuͤrtzung loß gelaſſen hatte/ auf ihn zurennen/ welches ihn noͤthigte/ ſich an einen dicken Baum an zulehnen/ wormit er nicht zugleich vor- und ruͤck waͤrts angegriffen wuͤrde. Bey dieſer Sorge hatte er noch eine groͤſſere fuͤr die ſich nahe bey ihm befindende und unbewehrte Koͤnigin/ welche aber/ entweder aus goͤttlicher Beſchirmung/ oder weil die Baͤ- ren dem weiblichen Geſchlechte leichte kein Leid thun/ zu ſeiner groſſen Vergnuͤgung unange- taſtet blieb; iedoch von denen zwey vorigen Sarmatern aufs neue uͤberfallen/ und in das Gepuͤſche fort geſchlept ward. Wiewohl er nun kein ander Gewehr/ als ſeinen Degen bey der Hand hatte/ auch in halbe Verzweiffelung gerieth/ daß er die in ſo groſſe Ehren- und Le- bens-Noth verfallene Erato nicht retten konte/ ſo hielt er doch die Baͤren ihm eine gute Zeit vom Leibe/ verwundete auch beyde in ihre Maͤu- ler. Dieſes aber verurſachte bey ihnen keine Furcht/ ſondern vielmehr ein grauſames Wuͤ- ten;

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/480>, abgerufen am 25.11.2024.