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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] nicht unbillich bedencklich fürkäme/ thäte Dru-
sus gar wohl/ daß er alle Gelegenheit der Unei-
nigkeit aus dem Wege zu räumen trachtete. Die
einmahl zerbrochene Freundschafft wäre her-
nach unauffhörlichem Mißtrauen unterworf-
fen/ liesse sich auch weniger als ein zerfallenes
Glaß vollkömmlich ergäntzen. Dieselbten hegten
mit einander den beständigsten Frieden/ die ihre
Kräfften noch nicht gegen einander versucht hät-
ten. Der Hermundurer Streiffen lobte er nicht/
es wäre aber eine so tieff eingewurtzelte Art die-
ses streitbaren Volckes/ welches schwerlich durch
einiges Mittel/ am wenigsten aber durch die Waf-
fen vertilget werden könte. Nachdem aber die
Hermundurer ihn für ihren König angenommen/
und er ihren vorigen unruhigen Fürsten vertrie-
ben/ wolte er darob seyn/ daß der Römer Be-
schwerden/ so viel möglich/ würde abgeholffen
werden. Drusus nahm diese Erklärung für be-
kandt an/ und bat/ daß Marobod den Vannius
zu ihnen beruffen möchte. Als diß erfolgte/ redete
Drusus ihn an: Sein Antlitz und Geberdung
bestätigten bey ihm das gute Urthel/ welches Kö-
nig Marobod von ihm gefället hätte/ da er ihn
zum Königreiche der Qvaden wäre beförderlich
gewest. Diesemnach erkläre er ihn im Nahmen
des Käysers ebenfals für einen König der Qva-
den/ für einen Freund des Käysers/ und treuen
Bunds-Genossen der Römer. Hiermit befahl
Drusus alsofort/ daß so wohl dem Marobod/ als
dem Vannius ein schönes mit einer goldgestück-
ten Decke/ und mit güldenem Zeuge geputztes
Pferd/ ein mit Edelgesteinen versetzter Degen/
eine Lantze/ und ein gülden Halsband mit des
Käysers Bildniße herbey gebracht ward. Wor-
mit sie also nach gewechselten Versicherungen
ihrer Freundschafft von sammen schieden/ die Rö-
mer aber von ihrem Drusus hierauff ruhmrä-
thig aussprengten/ daß er den mächtigen König
Marobod zun Frieden gezwungen/ auch den Qva-
den und Schwaben einen König fürgesetzt hätte.

Diesem nach entschloß sich Drusus/ der ver-
möge des mit dem Marobod getroffenen Ab-
[Spaltenumbruch] kommens/ das Gebiete der Hermundurer räu-
men muste/ seine Rache an den Cheruskern aus-
zuüben/ darzu er nimmermehr eine bessere Ge-
legenheit hoffen konte/ als sie ihm itzt die zwischen
dem Marobod/ und ihnen schwebende Mißhel-
ligkeit an die Hand gab. Also richtete er seinen
Zug recht gegen die Weser/ welche von aller Be-
satzung entblösset war/ indem der von so vielen
innländischen Kriegen abgemergelte Segimer
sich mit dem übrigen Kriegsvolcke im Baceni-
schen Walde/ so wohl wegen der Marckmänner/
als Römer verhauen hatte/ aus Veysorge: Es
hätten Marobod und Drusus bey ihrer Zusam-
menkunfft wider die Cherusker ein Bündniß ge-
macht/ und ihn vor und hinterwerts anzugreif-
fen mit einander abgeredet. Sintemal die Zu-
sammenkunfft grosser Fürsten nichts minder/
als die Vereinbarung grosser Gestirne/ nach-
drückliche Würckungen nach sich zu ziehen pfle-
gen. Drusus schlug eine Brücke über die Weser/
befestigte sie/ und ging mit dem gantzen Heere ü-
ber. Weil er nun alle Flecken leer fand/ versuchte
er zwar in den Hartzwald ein zu brechen; aber er
muste mit Verlust abweichen/ indem die der heim-
lichen Wege kundigen Cherusker die Römer bald
vor/ bald hinterwerts anfielen/ und von denen
hohen Klippen und schattenreichen Gipffeln der
Bäume unversehens verletzten. Hiervon wen-
dete er seinen Zug gegen der Elbe/ mit Vorsatz
über diesen berühmten Fluß zu setzen/ und hier-
durch allen für ihm gewesenen Römern/ derer
keiner noch diesen Strom gesehen hatte/ den
Preiß abzurennen. Welches ihm denn auszurich-
ten nicht schwer schien/ weil Deutschland zwi-
schen der Weser und der Elbe fast gantz Volck-
leer war/ und sich die Einwohner entweder in den
Bacenischen Wald/ oder in die Jnseln geflüchtet
hatten. Alleine wo menschliche Armen zu
schwach sind einem ungestümen Glücke die
Stirne zu bieten/ hauen die Götter selbst einem
einen Span ein/ wo das Verhängniß seine
Deichsel anderwerts hin zu drehen beschlossen
hat. Drusus kam zwar ohne einigen feindli-

chen

Vierdtes Buch
[Spaltenumbruch] nicht unbillich bedencklich fuͤrkaͤme/ thaͤte Dru-
ſus gar wohl/ daß er alle Gelegenheit der Unei-
nigkeit aus dem Wege zu raͤumen trachtete. Die
einmahl zerbrochene Freundſchafft waͤre her-
nach unauffhoͤrlichem Mißtrauen unterworf-
fen/ lieſſe ſich auch weniger als ein zerfallenes
Glaß vollkoͤm̃lich ergaͤntzen. Dieſelbten hegten
mit einander den beſtaͤndigſten Frieden/ die ihre
Kraͤfften noch nicht gegen einander verſucht haͤt-
ten. Der Hermundurer Streiffen lobte er nicht/
es waͤre aber eine ſo tieff eingewurtzelte Art die-
ſes ſtreitbaren Volckes/ welches ſchwerlich durch
einiges Mittel/ am wenigſtẽ abeꝛ durch die Waf-
fen vertilget werden koͤnte. Nachdem aber die
Hermundurer ihn fuͤr ihren Koͤnig angenom̃en/
und er ihren vorigen unruhigen Fuͤrſten vertrie-
ben/ wolte er darob ſeyn/ daß der Roͤmer Be-
ſchwerden/ ſo viel moͤglich/ wuͤrde abgeholffen
werden. Druſus nahm dieſe Erklaͤrung fuͤr be-
kandt an/ und bat/ daß Marobod den Vannius
zu ihnen beruffen moͤchte. Als diß erfolgte/ redete
Druſus ihn an: Sein Antlitz und Geberdung
beſtaͤtigten bey ihm das gute Urthel/ welches Koͤ-
nig Marobod von ihm gefaͤllet haͤtte/ da er ihn
zum Koͤnigreiche der Qvaden waͤre befoͤrderlich
geweſt. Dieſemnach erklaͤre er ihn im Nahmen
des Kaͤyſers ebenfals fuͤr einen Koͤnig der Qva-
den/ fuͤr einen Freund des Kaͤyſers/ und treuen
Bunds-Genoſſen der Roͤmer. Hiermit befahl
Druſus alſofort/ daß ſo wohl dem Marobod/ als
dem Vannius ein ſchoͤnes mit einer goldgeſtuͤck-
ten Decke/ und mit guͤldenem Zeuge geputztes
Pferd/ ein mit Edelgeſteinen verſetzter Degen/
eine Lantze/ und ein guͤlden Halsband mit des
Kaͤyſers Bildniße herbey gebracht ward. Wor-
mit ſie alſo nach gewechſelten Verſicherungen
ihrer Freundſchafft von ſam̃en ſchieden/ die Roͤ-
mer aber von ihrem Druſus hierauff ruhmraͤ-
thig ausſprengten/ daß er den maͤchtigen Koͤnig
Maꝛobod zũ Fꝛieden gezwungen/ auch den Qva-
den und Schwaben einen Koͤnig fuͤrgeſetzt haͤtte.

Dieſem nach entſchloß ſich Druſus/ der ver-
moͤge des mit dem Marobod getroffenen Ab-
[Spaltenumbruch] kommens/ das Gebiete der Hermundurer raͤu-
men muſte/ ſeine Rache an den Cheruſkern aus-
zuuͤben/ darzu er nimmermehr eine beſſere Ge-
legenheit hoffen konte/ als ſie ihm itzt die zwiſchen
dem Marobod/ und ihnen ſchwebende Mißhel-
ligkeit an die Hand gab. Alſo richtete er ſeinen
Zug recht gegen die Weſer/ welche von aller Be-
ſatzung entbloͤſſet war/ indem der von ſo vielen
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ſich mit dem uͤbrigen Kriegsvolcke im Baceni-
ſchen Walde/ ſo wohl wegen der Marckmaͤnner/
als Roͤmer verhauen hatte/ aus Veyſorge: Es
haͤtten Marobod und Druſus bey ihrer Zuſam-
menkunfft wider die Cheruſker ein Buͤndniß ge-
macht/ und ihn vor und hinterwerts anzugreif-
fen mit einander abgeredet. Sintemal die Zu-
ſammenkunfft groſſer Fuͤrſten nichts minder/
als die Vereinbarung groſſer Geſtirne/ nach-
druͤckliche Wuͤrckungen nach ſich zu ziehen pfle-
gen. Druſus ſchlug eine Bruͤcke uͤber die Weſer/
befeſtigte ſie/ und ging mit dem gantzen Heere uͤ-
ber. Weil er nun alle Flecken leer fand/ verſuchte
er zwar in den Hartzwald ein zu brechen; aber er
muſte mit Verluſt abweichẽ/ indem die der heim-
lichen Wege kundigen Cheruſker die Roͤmer bald
vor/ bald hinterwerts anfielen/ und von denen
hohen Klippen und ſchattenreichen Gipffeln der
Baͤume unverſehens verletzten. Hiervon wen-
dete er ſeinen Zug gegen der Elbe/ mit Vorſatz
uͤber dieſen beruͤhmten Fluß zu ſetzen/ und hier-
durch allen fuͤr ihm geweſenen Roͤmern/ derer
keiner noch dieſen Strom geſehen hatte/ den
Preiß abzurennen. Welches ihm deñ auszurich-
ten nicht ſchwer ſchien/ weil Deutſchland zwi-
ſchen der Weſer und der Elbe faſt gantz Volck-
leer war/ und ſich die Einwohneꝛ entwedeꝛ in den
Baceniſchen Wald/ oder in die Jnſeln gefluͤchtet
hatten. Alleine wo menſchliche Armen zu
ſchwach ſind einem ungeſtuͤmen Gluͤcke die
Stirne zu bieten/ hauen die Goͤtter ſelbſt einem
einen Span ein/ wo das Verhaͤngniß ſeine
Deichſel anderwerts hin zu drehen beſchloſſen
hat. Druſus kam zwar ohne einigen feindli-

chen
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/466>, abgerufen am 22.11.2024.