Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
ligen Ehstande Gewalt und Unrecht an/ wenner wegen etlicher Fehler eine an ihr selbst so gute Sache verdamme. Aus dem besten Weine machteder Mißbrauch den schärffsten Essig/ und aus den gesündesten Speisen das schädlichste Gift. Ein tugendhaftes Ehweib verlerne alle weibliche Laster bey Anmassung männlicher Verrichtungen. Es wäre ohne Noth der tapfern Semiramis und der streitbaren Ama- zonen zu erwehnen. Wie vielmal habe in den Römischen Lägern eine Frau die Stelle des Feldherrn vertreten/ die tapfern Kriegsleute aufgemuntert/ die Armen begabet/ die Krancken gepfleget/ die Verwundeten verbunden? Bey den rauhen Deutschen/ derer Hertzhaftigkeit er bereits erfahren/ schlüsse der Mann sein Weib nicht aus den Schrancken der Tugend/ noch aus den Gefährligkeiten des Krieges. Sie wäre eine unabtrennliche Gefertin seiner Bemü- hung und Ebentheuer/ und sie streite neben ihm in den Schlachten; ja sie bringe zu Aufmunte- rung seiner Hertzhaftigkeit ihm nichts als ein ge- satteltes Pferd und eine Rüstung zum Braut- Schatze zu. Man habe für etlicher Zeit erstar- ret/ wie daselbst eine Fürstin im Krieges-Rathe so klüglich vorgesessen/ die Heere gemustert/ die Lauff-Gräben besichtigt/ die Befestigung ange- geben/ die Stürme angeordnet/ ihr Hembde zu Pflastern für ge[q]vetschte Kriegs-Leute zer- schnidten/ und gewiesen/ daß Blitz und Schwerdter nicht allein für die Männer ge- wiedmet sind. Dencke diesemnach zurücke/ mit was für Rechte du den Eh-Stand schiltest/ und unserm Geschlechte beymissest/ daß es einen Riegel der Tugend fürschübe/ und ein Werck- zeug der Laster sey? Jener hat freylich seine Be- schwerden/ aber auch seine Gemächligkeiten. Der wahrsagende Apollo gab dem weisen So- crates zur Antwort: Er möchte sich verheyra- then oder nicht/ so würde er bereuen/ was er thä- te. Das Verhängnüß gibet unsern Ansehlä- gen den Ausschlag/ nicht unsere Behutsamkeit. [Spaltenumbruch] Wenn die Stadt Athen gleich die schlimmsten Rathschläge erwehlte/ richtete doch die Minerva alles zum Besten. Dieses heisset dich dein bißhe- riger Glücks-Stern ebenfalls hoffen. Der Eh- Stand/ das Ansehn der Kinder ist mehrmals ein Sporn zur Tugend und tapferen Helden-Tha- ten. Der grosse Julius hat alle seine Thaten ausgeübet/ nach dem er sich mit des Piso Toch- ter vermählt gehabt. Jch selbst bin mit dem Augustus in die Morgen- und Abend-Länder gereiset. Kan man mich aber beschuldigen/ daß ich ihm einigen Verdruß/ seinen wichtigsten Reichs-Geschäfften einige Hindernüß verursacht habe? Hingegen wirst du es mit der Zeit erfahren/ was eine Frau ihrem aus der Schlacht kommenden und ermüdeten Ehmanne für eine Erleichterung schaffe. Uberdiß untersucht man zu spät und umbsonst/ ob diß thulich sey/ was schon der ver- füget/ dem man schlechter Dinges zu gehorsamen schuldig ist. Mit diesen Worten reichte Livia ihrem Sohne des Käysers Befehl. Drusus färbte sich etliche mal über den wenigen Zeilen; fing hierauf an: Er wäre versichert/ daß Augu- stens Vorsorge zu seinem Besten angezielet sey. Aber nach dem die Wichtigkeit des Werckes Zeit und Nachdencken/ Heyrathen einen gantz freyen Willen erforderten; versehe er sich weder einiger Ubereilung noch einigen Zwanges. Livia begegnete ihm: Des Käysers und mein Absehen ist dir heute nicht neu/ und es ist seit dei- ner Wissenschafft mehr Zeit/ als drey Hey- raths Berathungen erfordern/ verstrichen. Die Freyheit nach seinem Belieben zu heyrathen ist ein Vorrecht des Pöfels. Der Adel aber/ der in so viel andern den Vorzug hat/ muß ihm die- sen Kitzel vergehen lassen. Denn wo dem Rei- che und der gemeinen Ruhe etwas daran ge- legen/ bestehet die Wahl der Braut bey dem Fürsten/ nicht bey dem Urthel eines lüsternen Auges. Es ist Klugheit/ sich so wohl Fürsten/ als das Verhängnüß bey der Hand leiten/ nicht mit den Haaren ziehen lassen. Die Götter ha- ben
Vierdtes Buch [Spaltenumbruch]
ligen Ehſtande Gewalt und Unrecht an/ wenner wegen etlicher Fehler eine an ihr ſelbſt ſo gute Sache verdamme. Aus dem beſten Weine machteder Mißbrauch den ſchaͤrffſten Eſſig/ und aus den geſuͤndeſten Speiſen das ſchaͤdlichſte Gift. Ein tugendhaftes Ehweib verlerne alle weibliche Laſter bey Anmaſſung maͤnnlicher Verrichtungen. Es waͤre ohne Noth der tapfern Semiramis und der ſtreitbaren Ama- zonen zu erwehnen. Wie vielmal habe in den Roͤmiſchen Laͤgern eine Frau die Stelle des Feldherrn vertreten/ die tapfern Kriegsleute aufgemuntert/ die Armen begabet/ die Krancken gepfleget/ die Verwundeten verbunden? Bey den rauhen Deutſchen/ derer Hertzhaftigkeit er bereits erfahren/ ſchluͤſſe der Mann ſein Weib nicht aus den Schrancken der Tugend/ noch aus den Gefaͤhrligkeiten des Krieges. Sie waͤre eine unabtrennliche Gefertin ſeiner Bemuͤ- hung und Ebentheuer/ und ſie ſtreite neben ihm in den Schlachten; ja ſie bringe zu Aufmunte- rung ſeiner Hertzhaftigkeit ihm nichts als ein ge- ſatteltes Pferd und eine Ruͤſtung zum Braut- Schatze zu. Man habe fuͤr etlicher Zeit erſtar- ret/ wie daſelbſt eine Fuͤrſtin im Krieges-Rathe ſo kluͤglich vorgeſeſſen/ die Heere gemuſtert/ die Lauff-Graͤben beſichtigt/ die Befeſtigung ange- geben/ die Stuͤrme angeordnet/ ihr Hembde zu Pflaſtern fuͤr ge[q]vetſchte Kriegs-Leute zer- ſchnidten/ und gewieſen/ daß Blitz und Schwerdter nicht allein fuͤr die Maͤnner ge- wiedmet ſind. Dencke dieſemnach zuruͤcke/ mit was fuͤr Rechte du den Eh-Stand ſchilteſt/ und unſerm Geſchlechte beymiſſeſt/ daß es einen Riegel der Tugend fuͤrſchuͤbe/ und ein Werck- zeug der Laſter ſey? Jener hat freylich ſeine Be- ſchwerden/ aber auch ſeine Gemaͤchligkeiten. Der wahrſagende Apollo gab dem weiſen So- crates zur Antwort: Er moͤchte ſich verheyra- then oder nicht/ ſo wuͤrde er bereuen/ was er thaͤ- te. Das Verhaͤngnuͤß gibet unſern Anſehlaͤ- gen den Ausſchlag/ nicht unſere Behutſamkeit. [Spaltenumbruch] Wenn die Stadt Athen gleich die ſchlim̃ſten Rathſchlaͤge erwehlte/ richtete doch die Minerva alles zum Beſten. Dieſes heiſſet dich dein bißhe- riger Gluͤcks-Stern ebenfalls hoffen. Der Eh- Stand/ das Anſehn der Kinder iſt mehrmals ein Sporn zur Tugend und tapferen Helden-Tha- ten. Der groſſe Julius hat alle ſeine Thaten ausgeuͤbet/ nach dem er ſich mit des Piſo Toch- ter vermaͤhlt gehabt. Jch ſelbſt bin mit dem Auguſtus in die Morgen- und Abend-Laͤnder gereiſet. Kan man mich aber beſchuldigen/ daß ich ihm einigen Verdruß/ ſeinen wichtigſten Reichs-Geſchaͤfftẽ einige Hindernuͤß verurſacht habe? Hingegen wirſt du es mit der Zeit erfahrẽ/ was eine Frau ihrem aus der Schlacht kom̃endẽ und ermuͤdeten Ehmañe fuͤr eine Erleichterung ſchaffe. Uberdiß unterſucht man zu ſpaͤt und umbſonſt/ ob diß thulich ſey/ was ſchon der ver- fuͤget/ dem man ſchlechter Dinges zu gehorſamen ſchuldig iſt. Mit dieſen Worten reichte Livia ihrem Sohne des Kaͤyſers Befehl. Druſus faͤrbte ſich etliche mal uͤber den wenigen Zeilen; fing hierauf an: Er waͤre verſichert/ daß Augu- ſtens Vorſorge zu ſeinem Beſten angezielet ſey. Aber nach dem die Wichtigkeit des Werckes Zeit und Nachdencken/ Heyrathen einen gantz freyen Willen erforderten; verſehe er ſich weder einiger Ubereilung noch einigen Zwanges. Livia begegnete ihm: Des Kaͤyſers und mein Abſehen iſt dir heute nicht neu/ und es iſt ſeit dei- ner Wiſſenſchafft mehr Zeit/ als drey Hey- raths Berathungen erfordern/ verſtrichen. Die Freyheit nach ſeinem Belieben zu heyrathen iſt ein Vorrecht des Poͤfels. Der Adel aber/ der in ſo viel andern den Vorzug hat/ muß ihm die- ſen Kitzel vergehen laſſen. Denn wo dem Rei- che und der gemeinen Ruhe etwas daran ge- legen/ beſtehet die Wahl der Braut bey dem Fuͤrſten/ nicht bey dem Urthel eines luͤſternen Auges. Es iſt Klugheit/ ſich ſo wohl Fuͤrſten/ als das Verhaͤngnuͤß bey der Hand leiten/ nicht mit den Haaren ziehen laſſen. Die Goͤtter ha- ben
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Vierdtes Buch
ligen Ehſtande Gewalt und Unrecht an/ wenn
er wegen etlicher Fehler eine an ihr ſelbſt ſo gute
Sache verdamme. Aus dem beſten Weine
machteder Mißbrauch den ſchaͤrffſten Eſſig/ und
aus den geſuͤndeſten Speiſen das ſchaͤdlichſte
Gift. Ein tugendhaftes Ehweib verlerne alle
weibliche Laſter bey Anmaſſung maͤnnlicher
Verrichtungen. Es waͤre ohne Noth der
tapfern Semiramis und der ſtreitbaren Ama-
zonen zu erwehnen. Wie vielmal habe in den
Roͤmiſchen Laͤgern eine Frau die Stelle des
Feldherrn vertreten/ die tapfern Kriegsleute
aufgemuntert/ die Armen begabet/ die Krancken
gepfleget/ die Verwundeten verbunden? Bey
den rauhen Deutſchen/ derer Hertzhaftigkeit er
bereits erfahren/ ſchluͤſſe der Mann ſein Weib
nicht aus den Schrancken der Tugend/ noch aus
den Gefaͤhrligkeiten des Krieges. Sie waͤre
eine unabtrennliche Gefertin ſeiner Bemuͤ-
hung und Ebentheuer/ und ſie ſtreite neben ihm
in den Schlachten; ja ſie bringe zu Aufmunte-
rung ſeiner Hertzhaftigkeit ihm nichts als ein ge-
ſatteltes Pferd und eine Ruͤſtung zum Braut-
Schatze zu. Man habe fuͤr etlicher Zeit erſtar-
ret/ wie daſelbſt eine Fuͤrſtin im Krieges-Rathe
ſo kluͤglich vorgeſeſſen/ die Heere gemuſtert/ die
Lauff-Graͤben beſichtigt/ die Befeſtigung ange-
geben/ die Stuͤrme angeordnet/ ihr Hembde zu
Pflaſtern fuͤr geqvetſchte Kriegs-Leute zer-
ſchnidten/ und gewieſen/ daß Blitz und
Schwerdter nicht allein fuͤr die Maͤnner ge-
wiedmet ſind. Dencke dieſemnach zuruͤcke/
mit was fuͤr Rechte du den Eh-Stand ſchilteſt/
und unſerm Geſchlechte beymiſſeſt/ daß es einen
Riegel der Tugend fuͤrſchuͤbe/ und ein Werck-
zeug der Laſter ſey? Jener hat freylich ſeine Be-
ſchwerden/ aber auch ſeine Gemaͤchligkeiten.
Der wahrſagende Apollo gab dem weiſen So-
crates zur Antwort: Er moͤchte ſich verheyra-
then oder nicht/ ſo wuͤrde er bereuen/ was er thaͤ-
te. Das Verhaͤngnuͤß gibet unſern Anſehlaͤ-
gen den Ausſchlag/ nicht unſere Behutſamkeit.
Wenn die Stadt Athen gleich die ſchlim̃ſten
Rathſchlaͤge erwehlte/ richtete doch die Minerva
alles zum Beſten. Dieſes heiſſet dich dein bißhe-
riger Gluͤcks-Stern ebenfalls hoffen. Der Eh-
Stand/ das Anſehn der Kinder iſt mehrmals ein
Sporn zur Tugend und tapferen Helden-Tha-
ten. Der groſſe Julius hat alle ſeine Thaten
ausgeuͤbet/ nach dem er ſich mit des Piſo Toch-
ter vermaͤhlt gehabt. Jch ſelbſt bin mit dem
Auguſtus in die Morgen- und Abend-Laͤnder
gereiſet. Kan man mich aber beſchuldigen/ daß
ich ihm einigen Verdruß/ ſeinen wichtigſten
Reichs-Geſchaͤfftẽ einige Hindernuͤß verurſacht
habe? Hingegen wirſt du es mit der Zeit erfahrẽ/
was eine Frau ihrem aus der Schlacht kom̃endẽ
und ermuͤdeten Ehmañe fuͤr eine Erleichterung
ſchaffe. Uberdiß unterſucht man zu ſpaͤt und
umbſonſt/ ob diß thulich ſey/ was ſchon der ver-
fuͤget/ dem man ſchlechter Dinges zu gehorſamen
ſchuldig iſt. Mit dieſen Worten reichte Livia
ihrem Sohne des Kaͤyſers Befehl. Druſus
faͤrbte ſich etliche mal uͤber den wenigen Zeilen;
fing hierauf an: Er waͤre verſichert/ daß Augu-
ſtens Vorſorge zu ſeinem Beſten angezielet ſey.
Aber nach dem die Wichtigkeit des Werckes
Zeit und Nachdencken/ Heyrathen einen gantz
freyen Willen erforderten; verſehe er ſich weder
einiger Ubereilung noch einigen Zwanges.
Livia begegnete ihm: Des Kaͤyſers und mein
Abſehen iſt dir heute nicht neu/ und es iſt ſeit dei-
ner Wiſſenſchafft mehr Zeit/ als drey Hey-
raths Berathungen erfordern/ verſtrichen. Die
Freyheit nach ſeinem Belieben zu heyrathen iſt
ein Vorrecht des Poͤfels. Der Adel aber/ der
in ſo viel andern den Vorzug hat/ muß ihm die-
ſen Kitzel vergehen laſſen. Denn wo dem Rei-
che und der gemeinen Ruhe etwas daran ge-
legen/ beſtehet die Wahl der Braut bey dem
Fuͤrſten/ nicht bey dem Urthel eines luͤſternen
Auges. Es iſt Klugheit/ ſich ſo wohl Fuͤrſten/
als das Verhaͤngnuͤß bey der Hand leiten/ nicht
mit den Haaren ziehen laſſen. Die Goͤtter ha-
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