Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die
Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge-
mahlin auslesen könne/ als die der Käyser und
ich dir bestimmet/ nehmlich die unvergleichliche
Antonia. Diese hast du nunmehro ohne fer-
nere Zeitverlierung zu erkiesen/ da du den Käy-
ser vergnügen/ mich erfreuen/ und dein eigenes
Glücke befestigen wilst. Drusus fiel nach
beschlossener Rede Livien zu Fusse/ und fing ge-
gen ihr an: Jch würde/ allerliebste Mutter/ für
ihr erstummen müssen/ wenn gleich Kinder an-
dern Müttern ihre Wolthaten verdancken kön-
ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer
Verdienste/ und das Unvermögen meiner Ab-
schuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/
und das Thor aufgeschlossen der Ehren. Jch
erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich
werde über ihren Urtheln keinen höhern Richter
suchen. Aber nachdem hohe Würden zwar durch
Verbindnüsse befestiget/ durch die Tugend aber
erworben werden müssen/ düncket mich/ ich
würde durch Ubereilung mich selbst stürtzen/
da ich nicht den Ansprung von der Tugend
nehme. Meine Kriegs - Ubungen sind
allererst Erstlinge der Tapferkeit/ keine
Thaten/ die einen Käyserlichen Stuhl be-
haupten könten/ welcher auf Klugheit und
Hertzhaftigkeit gegründet werden muß;
welches letztere zwar angebohren/ das erstere
aber durch Erfahrung erlanget werden
muß. Die hierzu nöthigen Ausübungen aber
würde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar stö-
ren eine übereilte Heyrath/ als der wahrhafte
Stein des Anstossens derer/ die auf der Renne-
Bahn der Ehren gleich rühmlich einlegen/ ja
auch einen guten Vorsprung haben. Denn
ein sich verheyrathender giebet dem Glücke/ wel-
ches sonst über die Tugend nichts zu gebieten
hat/ schon den Zügel in die Hand. Da er vor
nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fürchtet
er hernach nichts als sein Weib und Kinder ein-
zubüssen/ welche ihm bey allen kühnen Unter-
[Spaltenumbruch] fangungen für dem Gesichte herumb irren/ und
nicht anders als traurige Gespenste alles Un-
glück wahrsagen. Er ist lüstern nach dem Rau-
che von Jthaca/ und verspielet darüber etliche
Länder; er seufzet nach seiner Penelope/ und
vergisset des unsterblichen Nachruhms; er wa-
get keine Schlacht unter dem Vorwand des er-
mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belä-
gerungen der schon sich zur Ergebung verstehen-
den Festungen auf/ wormit er nur das Bette
seines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be-
steigen könne. Er schätzt es für Grausamkeit
seinem Hause Abbruch thun/ wenn er schon sein
Vaterland darüber in Stich setzt. Sein Kum-
mer bestehet in dem/ was er seinen Kindern ver-
lassen/ und wie er seinen Söhnen die Anwart-
schafft der Aempter zuwege bringen möge; sie
mögen gleich darzu geschickt seyn oder nicht.
Antonius ist durch Cleopatren von der höchsten
Staffel in Abgrund verfallen; und der grosse
Mithridates hat/ umb sich selbst den Fesseln
und Untergange zu entziehen/ seine Sebel in
seiner eigenen Gemahlinnen Blute waschen
müssen. Ja das Oppische und andere Gesetze
hat den Landvögten ihre Ehe-Weiber in die zu
Verwaltung anvertrauten Länder mitzuneh-
men verboten. Sintemal dieses Geschlechte
beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre-
cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den
Männern Mißbrauch der Schatzungen/ bey
den Unterthanen Schwürigkeit verursacht/ und/
wie viel Schwachheiten selbtem gleich ankleben/
doch bey gutem Glücke sich aus Ehrgeitz des Ge-
bietens anmasset. Nach dem sich denn die dem
Vaterlande und denen Seinigen schuldige Lie-
be so schwer eintheilen läst/ zweifele ich nicht/ es
werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ son-
dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr
meine zu rühmlichen Entschlüssungen dienende
Freyheit gefallen lassen/ als selbten durch früh-
zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen.
Livia begegnete dem Drusus: Er thue dem hei-

ligen
D d d 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die
Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge-
mahlin ausleſen koͤnne/ als die der Kaͤyſer und
ich dir beſtimmet/ nehmlich die unvergleichliche
Antonia. Dieſe haſt du nunmehro ohne fer-
nere Zeitverlierung zu erkieſen/ da du den Kaͤy-
ſer vergnuͤgen/ mich erfreuen/ und dein eigenes
Gluͤcke befeſtigen wilſt. Druſus fiel nach
beſchloſſener Rede Livien zu Fuſſe/ und fing ge-
gen ihr an: Jch wuͤrde/ allerliebſte Mutter/ fuͤr
ihr erſtummen muͤſſen/ wenn gleich Kinder an-
dern Muͤttern ihre Wolthaten verdancken koͤn-
ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer
Verdienſte/ und das Unvermoͤgen meiner Ab-
ſchuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/
und das Thor aufgeſchloſſen der Ehren. Jch
erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich
werde uͤber ihren Urtheln keinen hoͤhern Richter
ſuchen. Aber nachdem hohe Wuͤrden zwar durch
Verbindnuͤſſe befeſtiget/ durch die Tugend aber
erworben werden muͤſſen/ duͤncket mich/ ich
wuͤrde durch Ubereilung mich ſelbſt ſtuͤrtzen/
da ich nicht den Anſprung von der Tugend
nehme. Meine Kriegs - Ubungen ſind
allererſt Erſtlinge der Tapferkeit/ keine
Thaten/ die einen Kaͤyſerlichen Stuhl be-
haupten koͤnten/ welcher auf Klugheit und
Hertzhaftigkeit gegruͤndet werden muß;
welches letztere zwar angebohren/ das erſtere
aber durch Erfahrung erlanget werden
muß. Die hierzu noͤthigen Ausuͤbungen aber
wuͤrde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar ſtoͤ-
ren eine uͤbereilte Heyrath/ als der wahrhafte
Stein des Anſtoſſens derer/ die auf der Renne-
Bahn der Ehren gleich ruͤhmlich einlegen/ ja
auch einen guten Vorſprung haben. Denn
ein ſich verheyrathender giebet dem Gluͤcke/ wel-
ches ſonſt uͤber die Tugend nichts zu gebieten
hat/ ſchon den Zuͤgel in die Hand. Da er vor
nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fuͤrchtet
er hernach nichts als ſein Weib und Kinder ein-
zubuͤſſen/ welche ihm bey allen kuͤhnen Unter-
[Spaltenumbruch] fangungen fuͤr dem Geſichte herumb irren/ und
nicht anders als traurige Geſpenſte alles Un-
gluͤck wahrſagen. Er iſt luͤſtern nach dem Rau-
che von Jthaca/ und verſpielet daruͤber etliche
Laͤnder; er ſeufzet nach ſeiner Penelope/ und
vergiſſet des unſterblichen Nachruhms; er wa-
get keine Schlacht unter dem Vorwand des er-
mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belaͤ-
gerungen der ſchon ſich zur Ergebung verſtehen-
den Feſtungen auf/ wormit er nur das Bette
ſeines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be-
ſteigen koͤnne. Er ſchaͤtzt es fuͤr Grauſamkeit
ſeinem Hauſe Abbruch thun/ wenn er ſchon ſein
Vaterland daruͤber in Stich ſetzt. Sein Kum-
mer beſtehet in dem/ was er ſeinen Kindern ver-
laſſen/ und wie er ſeinen Soͤhnen die Anwart-
ſchafft der Aempter zuwege bringen moͤge; ſie
moͤgen gleich darzu geſchickt ſeyn oder nicht.
Antonius iſt durch Cleopatren von der hoͤchſten
Staffel in Abgrund verfallen; und der groſſe
Mithridates hat/ umb ſich ſelbſt den Feſſeln
und Untergange zu entziehen/ ſeine Sebel in
ſeiner eigenen Gemahlinnen Blute waſchen
muͤſſen. Ja das Oppiſche und andere Geſetze
hat den Landvoͤgten ihre Ehe-Weiber in die zu
Verwaltung anvertrauten Laͤnder mitzuneh-
men verboten. Sintemal dieſes Geſchlechte
beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre-
cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den
Maͤnnern Mißbrauch der Schatzungen/ bey
den Unterthanen Schwuͤrigkeit verurſacht/ und/
wie viel Schwachheiten ſelbtem gleich ankleben/
doch bey gutem Gluͤcke ſich aus Ehrgeitz des Ge-
bietens anmaſſet. Nach dem ſich denn die dem
Vaterlande und denen Seinigen ſchuldige Lie-
be ſo ſchwer eintheilen laͤſt/ zweifele ich nicht/ es
werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ ſon-
dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr
meine zu ruͤhmlichen Entſchluͤſſungen dienende
Freyheit gefallen laſſen/ als ſelbten durch fruͤh-
zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen.
Livia begegnete dem Druſus: Er thue dem hei-

ligen
D d d 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0451" n="397"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/>
Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die<lb/>
Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge-<lb/>
mahlin ausle&#x017F;en ko&#x0364;nne/ als die der Ka&#x0364;y&#x017F;er und<lb/>
ich dir be&#x017F;timmet/ nehmlich die unvergleichliche<lb/>
Antonia. Die&#x017F;e ha&#x017F;t du nunmehro ohne fer-<lb/>
nere Zeitverlierung zu erkie&#x017F;en/ da du den Ka&#x0364;y-<lb/>
&#x017F;er vergnu&#x0364;gen/ mich erfreuen/ und dein eigenes<lb/>
Glu&#x0364;cke befe&#x017F;tigen wil&#x017F;t. Dru&#x017F;us fiel nach<lb/>
be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ener Rede Livien zu Fu&#x017F;&#x017F;e/ und fing ge-<lb/>
gen ihr an: Jch wu&#x0364;rde/ allerlieb&#x017F;te Mutter/ fu&#x0364;r<lb/>
ihr er&#x017F;tummen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wenn gleich Kinder an-<lb/>
dern Mu&#x0364;ttern ihre Wolthaten verdancken ko&#x0364;n-<lb/>
ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer<lb/>
Verdien&#x017F;te/ und das Unvermo&#x0364;gen meiner Ab-<lb/>
&#x017F;chuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/<lb/>
und das Thor aufge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en der Ehren. Jch<lb/>
erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich<lb/>
werde u&#x0364;ber ihren Urtheln keinen ho&#x0364;hern Richter<lb/>
&#x017F;uchen. Aber nachdem hohe Wu&#x0364;rden zwar durch<lb/>
Verbindnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e befe&#x017F;tiget/ durch die Tugend aber<lb/>
erworben werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ du&#x0364;ncket mich/ ich<lb/>
wu&#x0364;rde durch Ubereilung mich &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;tu&#x0364;rtzen/<lb/>
da ich nicht den An&#x017F;prung von der Tugend<lb/>
nehme. Meine Kriegs - Ubungen &#x017F;ind<lb/>
allerer&#x017F;t Er&#x017F;tlinge der Tapferkeit/ keine<lb/>
Thaten/ die einen Ka&#x0364;y&#x017F;erlichen Stuhl be-<lb/>
haupten ko&#x0364;nten/ welcher auf Klugheit und<lb/>
Hertzhaftigkeit gegru&#x0364;ndet werden muß;<lb/>
welches letztere zwar angebohren/ das er&#x017F;tere<lb/>
aber durch Erfahrung erlanget werden<lb/>
muß. Die hierzu no&#x0364;thigen Ausu&#x0364;bungen aber<lb/>
wu&#x0364;rde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar &#x017F;to&#x0364;-<lb/>
ren eine u&#x0364;bereilte Heyrath/ als der wahrhafte<lb/>
Stein des An&#x017F;to&#x017F;&#x017F;ens derer/ die auf der Renne-<lb/>
Bahn der Ehren gleich ru&#x0364;hmlich einlegen/ ja<lb/>
auch einen guten Vor&#x017F;prung haben. Denn<lb/>
ein &#x017F;ich verheyrathender giebet dem Glu&#x0364;cke/ wel-<lb/>
ches &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;ber die Tugend nichts zu gebieten<lb/>
hat/ &#x017F;chon den Zu&#x0364;gel in die Hand. Da er vor<lb/>
nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fu&#x0364;rchtet<lb/>
er hernach nichts als &#x017F;ein Weib und Kinder ein-<lb/>
zubu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ welche ihm bey allen ku&#x0364;hnen Unter-<lb/><cb/>
fangungen fu&#x0364;r dem Ge&#x017F;ichte herumb irren/ und<lb/>
nicht anders als traurige Ge&#x017F;pen&#x017F;te alles Un-<lb/>
glu&#x0364;ck wahr&#x017F;agen. Er i&#x017F;t lu&#x0364;&#x017F;tern nach dem Rau-<lb/>
che von Jthaca/ und ver&#x017F;pielet daru&#x0364;ber etliche<lb/>
La&#x0364;nder; er &#x017F;eufzet nach &#x017F;einer Penelope/ und<lb/>
vergi&#x017F;&#x017F;et des un&#x017F;terblichen Nachruhms; er wa-<lb/>
get keine Schlacht unter dem Vorwand des er-<lb/>
mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Bela&#x0364;-<lb/>
gerungen der &#x017F;chon &#x017F;ich zur Ergebung ver&#x017F;tehen-<lb/>
den Fe&#x017F;tungen auf/ wormit er nur das Bette<lb/>
&#x017F;eines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be-<lb/>
&#x017F;teigen ko&#x0364;nne. Er &#x017F;cha&#x0364;tzt es fu&#x0364;r Grau&#x017F;amkeit<lb/>
&#x017F;einem Hau&#x017F;e Abbruch thun/ wenn er &#x017F;chon &#x017F;ein<lb/>
Vaterland daru&#x0364;ber in Stich &#x017F;etzt. Sein Kum-<lb/>
mer be&#x017F;tehet in dem/ was er &#x017F;einen Kindern ver-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ und wie er &#x017F;einen So&#x0364;hnen die Anwart-<lb/>
&#x017F;chafft der Aempter zuwege bringen mo&#x0364;ge; &#x017F;ie<lb/>
mo&#x0364;gen gleich darzu ge&#x017F;chickt &#x017F;eyn oder nicht.<lb/>
Antonius i&#x017F;t durch Cleopatren von der ho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Staffel in Abgrund verfallen; und der gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Mithridates hat/ umb &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t den Fe&#x017F;&#x017F;eln<lb/>
und Untergange zu entziehen/ &#x017F;eine Sebel in<lb/>
&#x017F;einer eigenen Gemahlinnen Blute wa&#x017F;chen<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Ja das Oppi&#x017F;che und andere Ge&#x017F;etze<lb/>
hat den Landvo&#x0364;gten ihre Ehe-Weiber in die zu<lb/>
Verwaltung anvertrauten La&#x0364;nder mitzuneh-<lb/>
men verboten. Sintemal die&#x017F;es Ge&#x017F;chlechte<lb/>
beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre-<lb/>
cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den<lb/>
Ma&#x0364;nnern Mißbrauch der Schatzungen/ bey<lb/>
den Unterthanen Schwu&#x0364;rigkeit verur&#x017F;acht/ und/<lb/>
wie viel Schwachheiten &#x017F;elbtem gleich ankleben/<lb/>
doch bey gutem Glu&#x0364;cke &#x017F;ich aus Ehrgeitz des Ge-<lb/>
bietens anma&#x017F;&#x017F;et. Nach dem &#x017F;ich denn die dem<lb/>
Vaterlande und denen Seinigen &#x017F;chuldige Lie-<lb/>
be &#x017F;o &#x017F;chwer eintheilen la&#x0364;&#x017F;t/ zweifele ich nicht/ es<lb/>
werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ &#x017F;on-<lb/>
dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr<lb/>
meine zu ru&#x0364;hmlichen Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ungen dienende<lb/>
Freyheit gefallen la&#x017F;&#x017F;en/ als &#x017F;elbten durch fru&#x0364;h-<lb/>
zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen.<lb/>
Livia begegnete dem Dru&#x017F;us: Er thue dem hei-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d 3</fw><fw place="bottom" type="catch">ligen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[397/0451] Arminius und Thußnelda. Platze der Weltumb; ich zweifele/ daß weder die Liebe noch die Ehre dir eine vollkommenere Ge- mahlin ausleſen koͤnne/ als die der Kaͤyſer und ich dir beſtimmet/ nehmlich die unvergleichliche Antonia. Dieſe haſt du nunmehro ohne fer- nere Zeitverlierung zu erkieſen/ da du den Kaͤy- ſer vergnuͤgen/ mich erfreuen/ und dein eigenes Gluͤcke befeſtigen wilſt. Druſus fiel nach beſchloſſener Rede Livien zu Fuſſe/ und fing ge- gen ihr an: Jch wuͤrde/ allerliebſte Mutter/ fuͤr ihr erſtummen muͤſſen/ wenn gleich Kinder an- dern Muͤttern ihre Wolthaten verdancken koͤn- ten. Denn ich erkenne die Ubermaaß ihrer Verdienſte/ und das Unvermoͤgen meiner Ab- ſchuldung. Sie hat mich geleitet zur Tugend/ und das Thor aufgeſchloſſen der Ehren. Jch erkenne ihre wohl-gemeynte Abzielung/ und ich werde uͤber ihren Urtheln keinen hoͤhern Richter ſuchen. Aber nachdem hohe Wuͤrden zwar durch Verbindnuͤſſe befeſtiget/ durch die Tugend aber erworben werden muͤſſen/ duͤncket mich/ ich wuͤrde durch Ubereilung mich ſelbſt ſtuͤrtzen/ da ich nicht den Anſprung von der Tugend nehme. Meine Kriegs - Ubungen ſind allererſt Erſtlinge der Tapferkeit/ keine Thaten/ die einen Kaͤyſerlichen Stuhl be- haupten koͤnten/ welcher auf Klugheit und Hertzhaftigkeit gegruͤndet werden muß; welches letztere zwar angebohren/ das erſtere aber durch Erfahrung erlanget werden muß. Die hierzu noͤthigen Ausuͤbungen aber wuͤrde Zweifels-frey hindern/ wo nicht gar ſtoͤ- ren eine uͤbereilte Heyrath/ als der wahrhafte Stein des Anſtoſſens derer/ die auf der Renne- Bahn der Ehren gleich ruͤhmlich einlegen/ ja auch einen guten Vorſprung haben. Denn ein ſich verheyrathender giebet dem Gluͤcke/ wel- ches ſonſt uͤber die Tugend nichts zu gebieten hat/ ſchon den Zuͤgel in die Hand. Da er vor nichts als Ehre zu gewinnen trachtete/ fuͤrchtet er hernach nichts als ſein Weib und Kinder ein- zubuͤſſen/ welche ihm bey allen kuͤhnen Unter- fangungen fuͤr dem Geſichte herumb irren/ und nicht anders als traurige Geſpenſte alles Un- gluͤck wahrſagen. Er iſt luͤſtern nach dem Rau- che von Jthaca/ und verſpielet daruͤber etliche Laͤnder; er ſeufzet nach ſeiner Penelope/ und vergiſſet des unſterblichen Nachruhms; er wa- get keine Schlacht unter dem Vorwand des er- mangelnden Befehls von Hofe; er hebet Belaͤ- gerungen der ſchon ſich zur Ergebung verſtehen- den Feſtungen auf/ wormit er nur das Bette ſeines ihn in geheim beruffenden Ehweibes be- ſteigen koͤnne. Er ſchaͤtzt es fuͤr Grauſamkeit ſeinem Hauſe Abbruch thun/ wenn er ſchon ſein Vaterland daruͤber in Stich ſetzt. Sein Kum- mer beſtehet in dem/ was er ſeinen Kindern ver- laſſen/ und wie er ſeinen Soͤhnen die Anwart- ſchafft der Aempter zuwege bringen moͤge; ſie moͤgen gleich darzu geſchickt ſeyn oder nicht. Antonius iſt durch Cleopatren von der hoͤchſten Staffel in Abgrund verfallen; und der groſſe Mithridates hat/ umb ſich ſelbſt den Feſſeln und Untergange zu entziehen/ ſeine Sebel in ſeiner eigenen Gemahlinnen Blute waſchen muͤſſen. Ja das Oppiſche und andere Geſetze hat den Landvoͤgten ihre Ehe-Weiber in die zu Verwaltung anvertrauten Laͤnder mitzuneh- men verboten. Sintemal dieſes Geſchlechte beym Frieden Uppigkeit/ beym Kriege Schre- cken/ beym Aufbruche Unordnung/ bey den Maͤnnern Mißbrauch der Schatzungen/ bey den Unterthanen Schwuͤrigkeit verurſacht/ und/ wie viel Schwachheiten ſelbtem gleich ankleben/ doch bey gutem Gluͤcke ſich aus Ehrgeitz des Ge- bietens anmaſſet. Nach dem ſich denn die dem Vaterlande und denen Seinigen ſchuldige Lie- be ſo ſchwer eintheilen laͤſt/ zweifele ich nicht/ es werde die/ von der ich nicht nur das Leben/ ſon- dern auch den Reitz zur Tugend erlangt/ ihr mehr meine zu ruͤhmlichen Entſchluͤſſungen dienende Freyheit gefallen laſſen/ als ſelbten durch fruͤh- zeitige Verheyrathung einen Kapzaum anlegen. Livia begegnete dem Druſus: Er thue dem hei- ligen D d d 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/451
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/451>, abgerufen am 22.11.2024.