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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] drey Pomerantzen-Aepfel hält/ gesetzet. Alle
dahin kommende Frauen sind aufs köstlichste
aufgeputzet/ tragen Kräntze von Myrten/ haben
einen Korb voller Rosen an der lincken Seite
hencken/ welche sie in dem Tempel hin und wie-
der ausstreuen. Wie nun Antonia sich unter
ihnen gleicher gestalt fand; bediente sich Mure-
na der bey diesem Feyer bräuchigen Freyheit/
fügte sich Antonien an die Seite/ und legte dar-
ein einen Zettel/ mit Beysatz dieser Worte:
Göttliche Antonia/ verschmähe nicht dieses
Zeugnütz meiner unausleschlichen Liebe. An-
tonia nahm des Zettels also fort wahr/ steckte
ihn also unvermerckt in den Busem/ und ant-
wortete dem Murena mit einer liebreitzenden
Geberdung: Die Antwort wirst du auf den
Abend für dem Tempel in dem Rachen des Me-
deischen Drachen finden. Murena war hier-
über für Freuden fast verzücket; verfügte sich
also bey anbrechender Nacht zu der aus Ertzt
gegossenen und von zwey Drachen gezogenen
Medea/ die Käyser Julius von der Stadt Cy-
zicnum umb 1200000. Sestercier gekaufft/ und
daselbst bey dem Brunnen des Cupido gestanden
hatte/ welcher denen daraus trinckenden die Lie-
be vertreiben soll. Er fand auch an dem bestimm-
ten Ort einen Zettel/ und kehrte darmit mit
Freuden-Sprüngen in sein Gemach. Als er
ihn aber öffnete/ fand er darinnen folgende Zeilen:

Es ist nicht ohne/ himmlische Julia/ daß der
Käyser und die Staats-Klugheit mir eine ande-
re annöthige/ und daß Antonia der Liebe nicht
unwürdig sey. Aber sie urtheile: Ob die Wahl
nicht mehr meiner Seele und dem Verhängnüs-
se/ welche beyde ihr ihre Stimmen geben/ gebüh-
re? und ob die Vergnügung frembder oder sei-
ner eigenen Augen Beyfalle folge. Die gantze
Welt schätzet uns vergebens glückselig/ weil wir
uns solches nicht selbst überreden können/ und
das grössere Licht verdüstert das kleinere. Da-
hero wird Drusus so lange Antonien nicht er-
wehlen/ so lange ihn Julia nicht verstösset.

[Spaltenumbruch]

Murena war über Lesung dieser Zeilen an-
fangs hertzlich bekümmert/ weil er nicht fand
was er gesuchet; dahero er bald unverwandten
Fusses zu der Medea kehrte/ aber yon Antonien
das wenigste nicht antraff/ und deshalben sich
mit zweifelhaften Gedancken schlug: Ob Anto-
nie ihrem Versprechen nicht nachkommen/ oder
ihre Schrifft in eine frembde Hand verfallen
wäre/ welches erstere er/ wie sehnlich er darnach
geseufzet hatte/ nunmehro nicht geschehen zu seyn
wüntschte. Gleichwohl vergnügte ihn überaus:
daß er hinter die geheime Liebe des Drusus und
Juliens des Käysers Augustus Tochter/ und des
Vipsanius Agrippa Wittib/ kommen war/ und
hierdurch Antonien so viel mehr vom Drusus zu
entfrembden verhoffte. Diesemnach schrieb er
alsofort einen andern Zettel/ in Hoffnung/ daß
sich solchen Antonien zu zubringen Gelegenheit
ereignen würde. Der Jnnhalt war:

Wo nicht ein Zufall der Göttlichen Antonie
Hand in frembde Hände geliefert/ oder meine
Unwürdigkeit die Zurückziehung ihres Ver-
sprechens verursacht hat; muß die zauberische
Medea selbte in die Beylage verwandelt/ oder
der Himmel durch Entdeckung solchen Geheim-
nüsses die Untreu des Drusus entdeckt haben.
Die Götter/ welche den unter der Schein-Liebe
verkleideten Betrug so wunderlich aus Licht
bringen/ wollen die Augen der unver gleichlichen
Antonie eröffnen/ daß sie dem möge ins Hertze
sehen/ der sie biß in Tod lieben/ ja solch sein Ein-
äschern mit Vergnügung erdulden wird.

Es war bey nahe Mitternacht/ als er diesen
Zettel geschrieben hatte/ und sich an das Gestade
des Lucrinischen See-Busens verfügte/ umb
Puteoli überzufahren; weil auf den Morgen
der vom Calpurnius dem Käyser Augustus zu
Ehren gebaute und mit hundert Corinthischen
Säulen gezierte Tempel eingeweihet werden
solte. Die See war bey grossem Zulauffe des
Römischen Volckes/ und Anwesenheit des Käy-
sers mit etlich hundert hin und wieder fahrenden

Schiffen
C c c 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] drey Pomerantzen-Aepfel haͤlt/ geſetzet. Alle
dahin kommende Frauen ſind aufs koͤſtlichſte
aufgeputzet/ tragen Kraͤntze von Myrten/ haben
einen Korb voller Roſen an der lincken Seite
hencken/ welche ſie in dem Tempel hin und wie-
der ausſtreuen. Wie nun Antonia ſich unter
ihnen gleicher geſtalt fand; bediente ſich Mure-
na der bey dieſem Feyer braͤuchigen Freyheit/
fuͤgte ſich Antonien an die Seite/ und legte dar-
ein einen Zettel/ mit Beyſatz dieſer Worte:
Goͤttliche Antonia/ verſchmaͤhe nicht dieſes
Zeugnuͤtz meiner unausleſchlichen Liebe. An-
tonia nahm des Zettels alſo fort wahr/ ſteckte
ihn alſo unvermerckt in den Buſem/ und ant-
wortete dem Murena mit einer liebreitzenden
Geberdung: Die Antwort wirſt du auf den
Abend fuͤr dem Tempel in dem Rachen des Me-
deiſchen Drachen finden. Murena war hier-
uͤber fuͤr Freuden faſt verzuͤcket; verfuͤgte ſich
alſo bey anbrechender Nacht zu der aus Ertzt
gegoſſenen und von zwey Drachen gezogenen
Medea/ die Kaͤyſer Julius von der Stadt Cy-
zicnum umb 1200000. Seſtercier gekaufft/ und
daſelbſt bey dem Brunnen des Cupido geſtanden
hatte/ welcher denen daraus trinckenden die Lie-
be vertreiben ſoll. Er fand auch an dem beſtim̃-
ten Ort einen Zettel/ und kehrte darmit mit
Freuden-Spruͤngen in ſein Gemach. Als er
ihn aber oͤffnete/ fand er dariñen folgende Zeilen:

Es iſt nicht ohne/ him̃liſche Julia/ daß der
Kaͤyſer und die Staats-Klugheit mir eine ande-
re annoͤthige/ und daß Antonia der Liebe nicht
unwuͤrdig ſey. Aber ſie urtheile: Ob die Wahl
nicht mehr meiner Seele und dem Verhaͤngnuͤſ-
ſe/ welche beyde ihr ihre Stimmen geben/ gebuͤh-
re? und ob die Vergnuͤgung frembder oder ſei-
ner eigenen Augen Beyfalle folge. Die gantze
Welt ſchaͤtzet uns vergebens gluͤckſelig/ weil wir
uns ſolches nicht ſelbſt uͤberreden koͤnnen/ und
das groͤſſere Licht verduͤſtert das kleinere. Da-
hero wird Druſus ſo lange Antonien nicht er-
wehlen/ ſo lange ihn Julia nicht verſtoͤſſet.

[Spaltenumbruch]

Murena war uͤber Leſung dieſer Zeilen an-
fangs hertzlich bekuͤmmert/ weil er nicht fand
was er geſuchet; dahero er bald unverwandten
Fuſſes zu der Medea kehrte/ aber yon Antonien
das wenigſte nicht antraff/ und deshalben ſich
mit zweifelhaften Gedancken ſchlug: Ob Anto-
nie ihrem Verſprechen nicht nachkommen/ oder
ihre Schrifft in eine frembde Hand verfallen
waͤre/ welches erſtere er/ wie ſehnlich er darnach
geſeufzet hatte/ nunmehro nicht geſchehen zu ſeyn
wuͤntſchte. Gleichwohl vergnuͤgte ihn uͤberaus:
daß er hinter die geheime Liebe des Druſus und
Juliens des Kaͤyſers Auguſtus Tochter/ und des
Vipſanius Agrippa Wittib/ kommen war/ und
hierdurch Antonien ſo viel mehr vom Druſus zu
entfrembden verhoffte. Dieſemnach ſchrieb er
alſofort einen andern Zettel/ in Hoffnung/ daß
ſich ſolchen Antonien zu zubringen Gelegenheit
ereignen wuͤrde. Der Jnnhalt war:

Wo nicht ein Zufall der Goͤttlichen Antonie
Hand in frembde Haͤnde geliefert/ oder meine
Unwuͤrdigkeit die Zuruͤckziehung ihres Ver-
ſprechens verurſacht hat; muß die zauberiſche
Medea ſelbte in die Beylage verwandelt/ oder
der Himmel durch Entdeckung ſolchen Geheim-
nuͤſſes die Untreu des Druſus entdeckt haben.
Die Goͤtter/ welche den unter der Schein-Liebe
verkleideten Betrug ſo wunderlich aus Licht
bringen/ wollen die Augen der unver gleichlichen
Antonie eroͤffnen/ daß ſie dem moͤge ins Hertze
ſehen/ der ſie biß in Tod lieben/ ja ſolch ſein Ein-
aͤſchern mit Vergnuͤgung erdulden wird.

Es war bey nahe Mitternacht/ als er dieſen
Zettel geſchrieben hatte/ und ſich an das Geſtade
des Lucriniſchen See-Buſens verfuͤgte/ umb
Puteoli uͤberzufahren; weil auf den Morgen
der vom Calpurnius dem Kaͤyſer Auguſtus zu
Ehren gebaute und mit hundert Corinthiſchen
Saͤulen gezierte Tempel eingeweihet werden
ſolte. Die See war bey groſſem Zulauffe des
Roͤmiſchen Volckes/ und Anweſenheit des Kaͤy-
ſers mit etlich hundert hin und wieder fahrenden

Schiffen
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/443>, abgerufen am 22.11.2024.