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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Vierdtes Buch
leidigten Antonia mit gleicher Müntze bezahlet und der Liebe des Murena entzogen/
gleichwohl aber durch die Staassüchtige Livia mit tausenderley Erfindungen an ihren
andern Sohn den Tiberius mit Verstossung der frommen und schwangern Vipsania
vermählet; diese mit unabläßlichen Geilheiten schwanger gehende Julia zündete nicht
weniger Eifersucht bey ihrem Gemahl/ als neue Liebes-Flammen in dem Gemüthe des
Drusus an; bauet am Rheine die nach ihrem Gemahl benahmte Stadt Tiberich/ ihr
selbst zu Ehren und des am Rhein stehenden Drusus mit besserm Fug zu geniessen/ an
der Ruhr die Stadt Jülich. Dieser fällt auffs neue die Catten wieder an/ wird auch
von ihrem am Ufer hertzhafft fechtenden Hertzoge Arpus selbst verwnndet; Dennoch a-
ber von diesem wegen der den Romern zu Hülffe kommenden Ubiern sich in die Wälder
zwischen die Fulde und Weser zu setzen vor rathsam gehalten/ allwo ihn Drusus ungeir-
ret lassen/ sich gegen dem Mäyn wider die Hermundurer zurücke ziehen/ vor der grossen
Macht des Marobods seine kriegerische Waffen in Friedens-Zeichen verwandeln/ ja die-
sesund des Schwäbischen Königs Vannius erlangte Feindschafft mit allerhand kostba-
ren Geschencken verehren muß. Nach diesem Erfolg sucht er seine Rache an denen
von fremder Hülffe entblößten Cheruskern auszuüben/ setzet über die Weser biß an
Hartz-Wald/ nach gefundenem Widerstande wendet er sich gegen die Elbe/ diesen noch
von keinem Römer iemahls betretenen Fluß zu über setzen; Allein die Gespenster müßen
sich seinem Ehr geitze in Weg legen/ und die durch Opffer vergeblich versohnten Schutz-
Götter des Flusses ihm seinen Brückenbau hindern. Die dißfalls sor gfältigen Rhe-
metalces und Adgandester sich unter einander besprechende Fürsten: Ob diese vom Dru-
sus und vielen andern erzehlte gleichstimmige Begebniß wahrhafftig geschehen und
was davon zu glauben sey? vergesellschafftet der ihnen zuhörende Priester Libys/
ertheilet ihnen seine Gedancken über die denen Menschen/ Landschafften/ Bergen/
Städten/ Tempeln und Flüssen zugeeignete Schutz-Götter/ wie von diesen in Roth-
fällen augenscheinliche Hülffe erfolget/ also um so viel weniger zu beleidigen/ noch
durch was widriges zu verjagen wären/ ja es zeigte der schlechte Ausgang des Dru-
sus: daß diese durch keine vermeinte Künste/ wohl aber durch unsere eigene Laster ent-
rissen werden konten/ dafür wohl gar einige Menschen in ihren Geburtstägen von ihrem
sichtbaren Schutz-Geiste oder durch Träume gewarnet worden. Der hier auff unverrich-
teter Sache sich wieder zurück ziehende Drusus findet seine über die Weser geschlage-
ne Brücke nicht allein zernichtet/ sondern auch von seiner dabey gelassenen Besatzung
nichts mehr als ihre Todten-Knochen. Die wieder ergäntzte Brücke steckt der im
Hartz-Walde stehende Segimer durch sonderbare List wieder in Brand/ erleget das hier-
durch getheilte feindliche Heer biß auffs Haupt/ den Drusus bey nahe selbst durch Stür-
tzung seines verwundeten Pferdes. Dessen gefährlicher Beinbruch wird durch den
zuschlagenden Brand unheilbar/ die Gefahr dem Tiberius durch schnelle Botschafft
beybracht/ welcher ihn kümmerlich zu Mäyntz noch lebend antreffen und ihm den letz-
ten Abschieds-Kuß geben kan. Die anwesende Julia drückt ihm die Augen zu/ mit ih-
ren Thränen wäscht und salbt sie zugleich seinen Leib ein/ biß er vollends nach Rom
gebracht/ alldar öffentlich gewiesen/ vom Käyser selbst seiner Thaten halber gerüh-

met/

Vierdtes Buch
leidigten Antonia mit gleicher Muͤntze bezahlet und der Liebe des Murena entzogen/
gleichwohl aber durch die Staasſuͤchtige Livia mit tauſenderley Erfindungen an ihren
andern Sohn den Tiberius mit Verſtoſſung der frommen und ſchwangern Vipſania
vermaͤhlet; dieſe mit unablaͤßlichen Geilheiten ſchwanger gehende Julia zuͤndete nicht
weniger Eiferſucht bey ihrem Gemahl/ als neue Liebes-Flammen in dem Gemuͤthe des
Druſus an; bauet am Rheine die nach ihrem Gemahl benahmte Stadt Tiberich/ ihr
ſelbſt zu Ehren und des am Rhein ſtehenden Druſus mit beſſerm Fug zu genieſſen/ an
der Ruhr die Stadt Juͤlich. Dieſer faͤllt auffs neue die Catten wieder an/ wird auch
von ihrem am Ufer hertzhafft fechtenden Hertzoge Arpus ſelbſt verwnndet; Dennoch a-
ber von dieſem wegen der den Romern zu Huͤlffe kommenden Ubiern ſich in die Waͤlder
zwiſchen die Fulde und Weſer zu ſetzen vor rathſam gehalten/ allwo ihn Druſus ungeir-
ret laſſen/ ſich gegen dem Maͤyn wider die Hermundurer zuruͤcke ziehen/ vor der groſſen
Macht des Marobods ſeine kriegeriſche Waffen in Friedens-Zeichen verwandeln/ ja die-
ſesund des Schwaͤbiſchen Koͤnigs Vannius erlangte Feindſchafft mit allerhand koſtba-
ren Geſchencken verehren muß. Nach dieſem Erfolg ſucht er ſeine Rache an denen
von fremder Huͤlffe entbloͤßten Cheruſkern auszuuͤben/ ſetzet uͤber die Weſer biß an
Hartz-Wald/ nach gefundenem Widerſtande wendet er ſich gegen die Elbe/ dieſen noch
von keinem Roͤmer iemahls betretenen Fluß zu uͤber ſetzen; Allein die Geſpenſter muͤßen
ſich ſeinem Ehr geitze in Weg legen/ und die durch Opffer vergeblich verſohnten Schutz-
Goͤtter des Fluſſes ihm ſeinen Bruͤckenbau hindern. Die dißfalls ſor gfaͤltigen Rhe-
metalces und Adgandeſter ſich unter einander beſprechende Fuͤrſten: Ob dieſe vom Dru-
ſus und vielen andern erzehlte gleichſtimmige Begebniß wahrhafftig geſchehen und
was davon zu glauben ſey? vergeſellſchafftet der ihnen zuhoͤrende Prieſter Libys/
ertheilet ihnen ſeine Gedancken uͤber die denen Menſchen/ Landſchafften/ Bergen/
Staͤdten/ Tempeln und Fluͤſſen zugeeignete Schutz-Goͤtter/ wie von dieſen in Roth-
faͤllen augenſcheinliche Huͤlffe erfolget/ alſo um ſo viel weniger zu beleidigen/ noch
durch was widriges zu verjagen waͤren/ ja es zeigte der ſchlechte Ausgang des Dru-
ſus: daß dieſe durch keine vermeinte Kuͤnſte/ wohl aber durch unſere eigene Laſter ent-
riſſen werden konten/ dafuͤr wohl gar einige Menſchen in ihren Geburtstaͤgen von ihrem
ſichtbaren Schutz-Geiſte oder durch Traͤume gewarnet worden. Der hier auff unverrich-
teter Sache ſich wieder zuruͤck ziehende Druſus findet ſeine uͤber die Weſer geſchlage-
ne Bruͤcke nicht allein zernichtet/ ſondern auch von ſeiner dabey gelaſſenen Beſatzung
nichts mehr als ihre Todten-Knochen. Die wieder ergaͤntzte Bruͤcke ſteckt der im
Hartz-Walde ſtehende Segimer durch ſonderbare Liſt wieder in Brand/ erleget das hier-
durch getheilte feindliche Heer biß auffs Haupt/ den Druſus bey nahe ſelbſt durch Stuͤr-
tzung ſeines verwundeten Pferdes. Deſſen gefaͤhrlicher Beinbruch wird durch den
zuſchlagenden Brand unheilbar/ die Gefahr dem Tiberius durch ſchnelle Botſchafft
beybracht/ welcher ihn kuͤmmerlich zu Maͤyntz noch lebend antreffen und ihm den letz-
ten Abſchieds-Kuß geben kan. Die anweſende Julia druͤckt ihm die Augen zu/ mit ih-
ren Thraͤnen waͤſcht und ſalbt ſie zugleich ſeinen Leib ein/ biß er vollends nach Rom
gebracht/ alldar oͤffentlich gewieſen/ vom Kaͤyſer ſelbſt ſeiner Thaten halber geruͤh-

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[330/0384] Vierdtes Buch leidigten Antonia mit gleicher Muͤntze bezahlet und der Liebe des Murena entzogen/ gleichwohl aber durch die Staasſuͤchtige Livia mit tauſenderley Erfindungen an ihren andern Sohn den Tiberius mit Verſtoſſung der frommen und ſchwangern Vipſania vermaͤhlet; dieſe mit unablaͤßlichen Geilheiten ſchwanger gehende Julia zuͤndete nicht weniger Eiferſucht bey ihrem Gemahl/ als neue Liebes-Flammen in dem Gemuͤthe des Druſus an; bauet am Rheine die nach ihrem Gemahl benahmte Stadt Tiberich/ ihr ſelbſt zu Ehren und des am Rhein ſtehenden Druſus mit beſſerm Fug zu genieſſen/ an der Ruhr die Stadt Juͤlich. Dieſer faͤllt auffs neue die Catten wieder an/ wird auch von ihrem am Ufer hertzhafft fechtenden Hertzoge Arpus ſelbſt verwnndet; Dennoch a- ber von dieſem wegen der den Romern zu Huͤlffe kommenden Ubiern ſich in die Waͤlder zwiſchen die Fulde und Weſer zu ſetzen vor rathſam gehalten/ allwo ihn Druſus ungeir- ret laſſen/ ſich gegen dem Maͤyn wider die Hermundurer zuruͤcke ziehen/ vor der groſſen Macht des Marobods ſeine kriegeriſche Waffen in Friedens-Zeichen verwandeln/ ja die- ſesund des Schwaͤbiſchen Koͤnigs Vannius erlangte Feindſchafft mit allerhand koſtba- ren Geſchencken verehren muß. Nach dieſem Erfolg ſucht er ſeine Rache an denen von fremder Huͤlffe entbloͤßten Cheruſkern auszuuͤben/ ſetzet uͤber die Weſer biß an Hartz-Wald/ nach gefundenem Widerſtande wendet er ſich gegen die Elbe/ dieſen noch von keinem Roͤmer iemahls betretenen Fluß zu uͤber ſetzen; Allein die Geſpenſter muͤßen ſich ſeinem Ehr geitze in Weg legen/ und die durch Opffer vergeblich verſohnten Schutz- Goͤtter des Fluſſes ihm ſeinen Bruͤckenbau hindern. Die dißfalls ſor gfaͤltigen Rhe- metalces und Adgandeſter ſich unter einander beſprechende Fuͤrſten: Ob dieſe vom Dru- ſus und vielen andern erzehlte gleichſtimmige Begebniß wahrhafftig geſchehen und was davon zu glauben ſey? vergeſellſchafftet der ihnen zuhoͤrende Prieſter Libys/ ertheilet ihnen ſeine Gedancken uͤber die denen Menſchen/ Landſchafften/ Bergen/ Staͤdten/ Tempeln und Fluͤſſen zugeeignete Schutz-Goͤtter/ wie von dieſen in Roth- faͤllen augenſcheinliche Huͤlffe erfolget/ alſo um ſo viel weniger zu beleidigen/ noch durch was widriges zu verjagen waͤren/ ja es zeigte der ſchlechte Ausgang des Dru- ſus: daß dieſe durch keine vermeinte Kuͤnſte/ wohl aber durch unſere eigene Laſter ent- riſſen werden konten/ dafuͤr wohl gar einige Menſchen in ihren Geburtstaͤgen von ihrem ſichtbaren Schutz-Geiſte oder durch Traͤume gewarnet worden. Der hier auff unverrich- teter Sache ſich wieder zuruͤck ziehende Druſus findet ſeine uͤber die Weſer geſchlage- ne Bruͤcke nicht allein zernichtet/ ſondern auch von ſeiner dabey gelaſſenen Beſatzung nichts mehr als ihre Todten-Knochen. Die wieder ergaͤntzte Bruͤcke ſteckt der im Hartz-Walde ſtehende Segimer durch ſonderbare Liſt wieder in Brand/ erleget das hier- durch getheilte feindliche Heer biß auffs Haupt/ den Druſus bey nahe ſelbſt durch Stuͤr- tzung ſeines verwundeten Pferdes. Deſſen gefaͤhrlicher Beinbruch wird durch den zuſchlagenden Brand unheilbar/ die Gefahr dem Tiberius durch ſchnelle Botſchafft beybracht/ welcher ihn kuͤmmerlich zu Maͤyntz noch lebend antreffen und ihm den letz- ten Abſchieds-Kuß geben kan. Die anweſende Julia druͤckt ihm die Augen zu/ mit ih- ren Thraͤnen waͤſcht und ſalbt ſie zugleich ſeinen Leib ein/ biß er vollends nach Rom gebracht/ alldar oͤffentlich gewieſen/ vom Kaͤyſer ſelbſt ſeiner Thaten halber geruͤh- met/

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/384>, abgerufen am 22.11.2024.