Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelde. [Spaltenumbruch]
Jch wuste meinem Leide kein Ende/ weil Jota-pe mir leichte die Verwarlosung ihres Kindes zurechnen konte. Noch mehr aber war es mir um Jotapen zu thun/ welche zweiffelsfrey für Leide sterben würde/ wenn sie mit diesem Kinde den gantzen Medischen Stamm abgestorben se- hen solte. Ein ander gemeines Kind Jotapen für ihren Sohn unterzustecken/ und vielleicht mit der Zeit selbtes zu einem Könige der Meden und meinem selbst eigenen Herrn auffzuthür- men/ schien mir ein allzu leichtsinniger Be- trug/ und ein Fallbret der allgemeinen Wohl- farth zu seyn; Weil doch im Geblüte des Pö- fels kein Helden-Feuer steckt. Diesem nach setz- te ich auffs beweglichste an die Pythodoris/ daß sie mir des Polemons ohne diß verworffenes Kind/ als von welchem sie mir die Heimligkeit kurtz vorher eröffnet hatte/ zustellen/ ich aber Jo- tapen überbringen könte. Pythodoris kam schwer daran/ gleichwohl aber gewan ich sie durch aller- hand dienliche Ursachen; insonderheit/ daß die- ser Verwürffling seiner Eltern zu seinem Glü- cke in einen andern ansehnlichen Stammbaum eingepflantzet/ Polemon durch diese Entfer- nung in mehr Sicherheit gesetzet würde. Al- so zohe ich mit diesem Knaben nach Antiochia/ welches Jotape mit tausend Küßen für das ihrige annahm/ und dem damahls sich daselbst befindenden Tiberius ihn als den letzten Zweig von des Astyages Geblüte bestens empfahl. Tiberius/ ob er zwar sonst dem Geschlechte des Antonius nicht gut war/ ließ dennoch überaus grosse Gewogenheit gegen Jotapen und ihren Sohn spüren/ brachte ihr auch beym Kayser einen jährlichen ihrem Herkommen anständi- gen Auffenthalt/ eben so/ wie ihn der verjagte König der Parthen Tiridates gegeben hatte/ zu wege. Dieser Tiridates halff auch selbst nicht wenig zu tugendhaffter Erziehung des vermeinten Ariobarzanes. Wie nun König Artaxias von seinem Bruder Artavasdes meu- chelmörderisch hingerichtet/ also die Medische [Spaltenumbruch] Krone erledigt ward/ schickte Tiberius etliche Legionen mit Jotapen und ihrem Sohne in Meden/ ließ den Reichs-Ständen die Tapffer- keit dieses aus ihrem Königlichen Geblüte ent- sprossenen Fürsten fürhalten; Tiridates thät auch das seinige darbey/ und also kam er anfäng- lich auff den Medischen/ hernach durch Hülffe des in Armenien vom Käyser geschickten Cajus auff den Armenischen Thron. Jedes Wort dieser Erzehlung rieß die Zuhörer/ insonderheit den Polemon und Ariobarzanes in tieffe Ver- wunderung/ fuhr Salonine fort; alle sahen ein- ander stillschweigend an/ wusten auch fast nicht sich zu besinnen/ ob ihnen träumte/ oder Pha- rasmanes Mehre erzehlte. Dieser aber wen- dete sich zum Polemon mit diesen Worten: Jch weiß nicht/ ob ich dieses Stillschweigen für ein Zeichen des Zweiffels oder Beyfalls annehmen soll? Jch will aber meine Erzehlung durch den Augenschein wahr machen. Jst es nicht wahr/ Polemon/ daß die Nachkommen des grossen Mithridates das Zeichen der Caßiopea mit auf die Welt bringen? Polemon verjahete es nicht allein/ sondern wieß solches auch auff sei- nem lincken Arme. Wohlan denn/ es weise A- riobarzanes nur sein linckes Schulterblat/ so wird sich eben dieses klar zeigen. Ariobarzanes schüttelte das Haupt/ und meinte/ daß er von diesem Geheimnisse/ welches er doch an seinem eignen Leibe tragen solte/ nichts wüste. Pha- rasmanes blieb darauff feste beruhen/ und drang darauff/ daß er sich an solchem Orte entblössen solte. Als dieses erfolgte/ wieß er zu aller An- wesenden höchster Verwunderung auff Ario- barzanens Schulter eben so rothe und in glei- cher Ordnung stehende Stern-Mahle/ wie sie die Caßiopea am Himmel/ und Polemon auff dem Arme hatte. Dieses unwidersprechliche Kennzeichen erweichte die Hertzen beyder Kö- nige/ daß sie mit tausend Thränen einander umhalseten/ insonderheit aber Ariobarzanes fußfällig seine Beleidigung dem Vater und den Göt- O o 3
Arminius und Thußnelde. [Spaltenumbruch]
Jch wuſte meinem Leide kein Ende/ weil Jota-pe mir leichte die Verwarloſung ihres Kindes zurechnen konte. Noch mehr aber war es mir um Jotapen zu thun/ welche zweiffelsfrey fuͤr Leide ſterben wuͤrde/ wenn ſie mit dieſem Kinde den gantzen Mediſchen Stamm abgeſtorben ſe- hen ſolte. Ein ander gemeines Kind Jotapen fuͤr ihren Sohn unterzuſtecken/ und vielleicht mit der Zeit ſelbtes zu einem Koͤnige der Meden und meinem ſelbſt eigenen Herrn auffzuthuͤr- men/ ſchien mir ein allzu leichtſinniger Be- trug/ und ein Fallbret der allgemeinen Wohl- farth zu ſeyn; Weil doch im Gebluͤte des Poͤ- fels kein Helden-Feuer ſteckt. Dieſem nach ſetz- te ich auffs beweglichſte an die Pythodoris/ daß ſie mir des Polemons ohne diß verworffenes Kind/ als von welchem ſie mir die Heimligkeit kurtz vorher eroͤffnet hatte/ zuſtellen/ ich aber Jo- tapen uͤberbringẽ koͤnte. Pythodoris kam ſchwer daran/ gleichwohl aber gewan ich ſie durch aller- hand dienliche Urſachen; inſonderheit/ daß die- ſer Verwuͤrffling ſeiner Eltern zu ſeinem Gluͤ- cke in einen andern anſehnlichen Stammbaum eingepflantzet/ Polemon durch dieſe Entfer- nung in mehr Sicherheit geſetzet wuͤrde. Al- ſo zohe ich mit dieſem Knaben nach Antiochia/ welches Jotape mit tauſend Kuͤßen fuͤr das ihrige annahm/ und dem damahls ſich daſelbſt befindenden Tiberius ihn als den letzten Zweig von des Aſtyages Gebluͤte beſtens empfahl. Tiberius/ ob er zwar ſonſt dem Geſchlechte des Antonius nicht gut war/ ließ dennoch uͤberaus groſſe Gewogenheit gegen Jotapen und ihren Sohn ſpuͤren/ brachte ihr auch beym Kayſer einen jaͤhrlichen ihrem Herkommen anſtaͤndi- gen Auffenthalt/ eben ſo/ wie ihn der verjagte Koͤnig der Parthen Tiridates gegeben hatte/ zu wege. Dieſer Tiridates halff auch ſelbſt nicht wenig zu tugendhaffter Erziehung des vermeinten Ariobarzanes. Wie nun Koͤnig Artaxias von ſeinem Bruder Artavasdes meu- chelmoͤrderiſch hingerichtet/ alſo die Mediſche [Spaltenumbruch] Krone erledigt ward/ ſchickte Tiberius etliche Legionen mit Jotapen und ihrem Sohne in Meden/ ließ den Reichs-Staͤnden die Tapffer- keit dieſes aus ihrem Koͤniglichen Gebluͤte ent- ſproſſenen Fuͤrſten fuͤrhalten; Tiridates thaͤt auch das ſeinige darbey/ und alſo kam er anfaͤng- lich auff den Mediſchen/ hernach durch Huͤlffe des in Armenien vom Kaͤyſer geſchickten Cajus auff den Armeniſchen Thron. Jedes Wort dieſer Erzehlung rieß die Zuhoͤrer/ inſonderheit den Polemon und Ariobarzanes in tieffe Ver- wunderung/ fuhr Salonine fort; alle ſahen ein- ander ſtillſchweigend an/ wuſten auch faſt nicht ſich zu beſinnen/ ob ihnen traͤumte/ oder Pha- raſmanes Mehre erzehlte. Dieſer aber wen- dete ſich zum Polemon mit dieſen Worten: Jch weiß nicht/ ob ich dieſes Stillſchweigen fuͤr ein Zeichen des Zweiffels oder Beyfalls annehmen ſoll? Jch will aber meine Erzehlung durch den Augenſchein wahr machen. Jſt es nicht wahr/ Polemon/ daß die Nachkommen des groſſen Mithridates das Zeichen der Caßiopea mit auf die Welt bringen? Polemon verjahete es nicht allein/ ſondern wieß ſolches auch auff ſei- nem lincken Arme. Wohlan denn/ es weiſe A- riobarzanes nur ſein linckes Schulterblat/ ſo wird ſich eben dieſes klar zeigen. Ariobarzanes ſchuͤttelte das Haupt/ und meinte/ daß er von dieſem Geheimniſſe/ welches er doch an ſeinem eignen Leibe tragen ſolte/ nichts wuͤſte. Pha- raſmanes blieb darauff feſte beruhen/ und drang darauff/ daß er ſich an ſolchem Orte entbloͤſſen ſolte. Als dieſes erfolgte/ wieß er zu aller An- weſenden hoͤchſter Verwunderung auff Ario- barzanens Schulter eben ſo rothe und in glei- cher Ordnung ſtehende Stern-Mahle/ wie ſie die Caßiopea am Himmel/ und Polemon auff dem Arme hatte. Dieſes unwiderſprechliche Kennzeichen erweichte die Hertzen beyder Koͤ- nige/ daß ſie mit tauſend Thraͤnen einander umhalſeten/ inſonderheit aber Ariobarzanes fußfaͤllig ſeine Beleidigung dem Vater und den Goͤt- O o 3
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Arminius und Thußnelde.
Jch wuſte meinem Leide kein Ende/ weil Jota-
pe mir leichte die Verwarloſung ihres Kindes
zurechnen konte. Noch mehr aber war es mir
um Jotapen zu thun/ welche zweiffelsfrey fuͤr
Leide ſterben wuͤrde/ wenn ſie mit dieſem Kinde
den gantzen Mediſchen Stamm abgeſtorben ſe-
hen ſolte. Ein ander gemeines Kind Jotapen
fuͤr ihren Sohn unterzuſtecken/ und vielleicht
mit der Zeit ſelbtes zu einem Koͤnige der Meden
und meinem ſelbſt eigenen Herrn auffzuthuͤr-
men/ ſchien mir ein allzu leichtſinniger Be-
trug/ und ein Fallbret der allgemeinen Wohl-
farth zu ſeyn; Weil doch im Gebluͤte des Poͤ-
fels kein Helden-Feuer ſteckt. Dieſem nach ſetz-
te ich auffs beweglichſte an die Pythodoris/ daß
ſie mir des Polemons ohne diß verworffenes
Kind/ als von welchem ſie mir die Heimligkeit
kurtz vorher eroͤffnet hatte/ zuſtellen/ ich aber Jo-
tapen uͤberbringẽ koͤnte. Pythodoris kam ſchwer
daran/ gleichwohl aber gewan ich ſie durch aller-
hand dienliche Urſachen; inſonderheit/ daß die-
ſer Verwuͤrffling ſeiner Eltern zu ſeinem Gluͤ-
cke in einen andern anſehnlichen Stammbaum
eingepflantzet/ Polemon durch dieſe Entfer-
nung in mehr Sicherheit geſetzet wuͤrde. Al-
ſo zohe ich mit dieſem Knaben nach Antiochia/
welches Jotape mit tauſend Kuͤßen fuͤr das
ihrige annahm/ und dem damahls ſich daſelbſt
befindenden Tiberius ihn als den letzten Zweig
von des Aſtyages Gebluͤte beſtens empfahl.
Tiberius/ ob er zwar ſonſt dem Geſchlechte des
Antonius nicht gut war/ ließ dennoch uͤberaus
groſſe Gewogenheit gegen Jotapen und ihren
Sohn ſpuͤren/ brachte ihr auch beym Kayſer
einen jaͤhrlichen ihrem Herkommen anſtaͤndi-
gen Auffenthalt/ eben ſo/ wie ihn der verjagte
Koͤnig der Parthen Tiridates gegeben hatte/
zu wege. Dieſer Tiridates halff auch ſelbſt
nicht wenig zu tugendhaffter Erziehung des
vermeinten Ariobarzanes. Wie nun Koͤnig
Artaxias von ſeinem Bruder Artavasdes meu-
chelmoͤrderiſch hingerichtet/ alſo die Mediſche
Krone erledigt ward/ ſchickte Tiberius etliche
Legionen mit Jotapen und ihrem Sohne in
Meden/ ließ den Reichs-Staͤnden die Tapffer-
keit dieſes aus ihrem Koͤniglichen Gebluͤte ent-
ſproſſenen Fuͤrſten fuͤrhalten; Tiridates thaͤt
auch das ſeinige darbey/ und alſo kam er anfaͤng-
lich auff den Mediſchen/ hernach durch Huͤlffe
des in Armenien vom Kaͤyſer geſchickten Cajus
auff den Armeniſchen Thron. Jedes Wort
dieſer Erzehlung rieß die Zuhoͤrer/ inſonderheit
den Polemon und Ariobarzanes in tieffe Ver-
wunderung/ fuhr Salonine fort; alle ſahen ein-
ander ſtillſchweigend an/ wuſten auch faſt nicht
ſich zu beſinnen/ ob ihnen traͤumte/ oder Pha-
raſmanes Mehre erzehlte. Dieſer aber wen-
dete ſich zum Polemon mit dieſen Worten: Jch
weiß nicht/ ob ich dieſes Stillſchweigen fuͤr ein
Zeichen des Zweiffels oder Beyfalls annehmen
ſoll? Jch will aber meine Erzehlung durch den
Augenſchein wahr machen. Jſt es nicht wahr/
Polemon/ daß die Nachkommen des groſſen
Mithridates das Zeichen der Caßiopea mit
auf die Welt bringen? Polemon verjahete es
nicht allein/ ſondern wieß ſolches auch auff ſei-
nem lincken Arme. Wohlan denn/ es weiſe A-
riobarzanes nur ſein linckes Schulterblat/ ſo
wird ſich eben dieſes klar zeigen. Ariobarzanes
ſchuͤttelte das Haupt/ und meinte/ daß er von
dieſem Geheimniſſe/ welches er doch an ſeinem
eignen Leibe tragen ſolte/ nichts wuͤſte. Pha-
raſmanes blieb darauff feſte beruhen/ und drang
darauff/ daß er ſich an ſolchem Orte entbloͤſſen
ſolte. Als dieſes erfolgte/ wieß er zu aller An-
weſenden hoͤchſter Verwunderung auff Ario-
barzanens Schulter eben ſo rothe und in glei-
cher Ordnung ſtehende Stern-Mahle/ wie ſie
die Caßiopea am Himmel/ und Polemon auff
dem Arme hatte. Dieſes unwiderſprechliche
Kennzeichen erweichte die Hertzen beyder Koͤ-
nige/ daß ſie mit tauſend Thraͤnen einander
umhalſeten/ inſonderheit aber Ariobarzanes
fußfaͤllig ſeine Beleidigung dem Vater und den
Goͤt-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/345>, abgerufen am 16.02.2025. |