Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Unterthanen die Armenier sie verstossen/ hätte sieder Pontus willigst aufgenommen/ und mit der Liebe des vollkommensten Fürsten beseliget. Wie? fing Arsinoe an/ sind die Armenier ihre Unter- thanen? Jn allewege/ antwortete Erato. Und es hat Sinorix nicht geschielet. Denn ich bin der junge Artaxias/ den die Liebe seiner Mutter für einen Fürsten/ wie ihre den Zeno für ein Fräulein auferzogen hat. Arsinoe vergaß über dieser erfreulichen Zeitung alles ihres Leides/ und umbarmete die Erato mit einer unermäß- lichen Empfindligkeit. Erato aber warnigte sie/ ihre Liebes-Bezeugungen anietzo zu verschie- ben/ und für ihre Wolfarth bekümmert zu seyn. Einmal wüste sie kein ander Mittel/ als eine heimliche Flucht zu ersinnen; und da die Köni- gin hierzu stimmete/ oder sie selbst nichts sicherers wüste/ wolte sie darzu in allewege gerathen ha- ben. Das Werck ward hierauf mit der Köni- gin überlegt/ welche/ in Mangel anderer Hülffe/ ihr die Flucht gefallen ließ. Der Anschlag und die Anstalt der Reise ward niemanden/ als mir vertraut/ weswegen ich mich ungesäumt an das Gestade des Meeres verfügte/ uns dreyen ein Schiff zu bestellen. Zu meinem grossen Ge- lücke lendete gleich ein Schiff am Hafen an/ dessen Entladung ich aus blosser Begierde der Neuigkeit sehen wolte. Denn unter so viel hundert daselbst anckernden Schiffen hatte ich nur die Wahl auszulesen. Alleine meine Freude war unermäßlich/ als ich den ersten/ der aus solchem Schiffe ans Ufer sprang/ für mei- nen Artafernes erkennte. Wormit ich nun seiner mercklichen Freude und Empfangung zuvor käme/ nahm ich die Gelegenheit in acht unvermerckt hinter ihn zu treten/ und/ ehe sich seine Augen vergehen konten/ ihm hinterrücks ins Ohr zu sagen: Laß dich nicht mercken/ daß du Saloninen kennest/ sondern folge mir auf dem Fusse nach. Artafernes verbarg seine Ge- müths-Regungen derogestalt/ daß er sich nicht einst umbsahe/ gleichwohl aber meinen Fuß- [Spaltenumbruch] stapfen behutsam nachging. Jch wieß ihm den Weg in den nahe am Hafen liegenden Königli- chen Garten/ biß wir in einem verdeckten Spa- tzir-Gange einander mit erfreuter Umbhalsung zu bewillkommen Gelegenheit fanden. Jedoch befand ich es für rathsam/ so wohl dieser Ergetz- ligkeit abzubrechen/ als den Vorsatz beyderseitige Zufälle zu erfahren/ auf bequemere Zeit zu spa- ren. Jch meldete ihm dannenher mit wenigen Worten: Daß die unumbgängliche Nothdurft erforderte die nechstfolgende Nacht die Armeni- sche und Pontische Fräulein nebst mir aus Sino- pe zu führen; also solte er mir ohne Umbschweiff entdecken: Ob er Herr des angeländeten Schiffes wäre/ und darmit zu diesem wichtigen Fürnehmen helffen könte. Er erbot sich also- fort meinen Willen zu vollziehen. Wohl dem/ sagte ich/ so machet alles zur Abreise fertig/ ich wil mit der Fürstin Erato in männlicher Tracht mich schon gegen Abend in euer Schiff spielen/ umb Mitternacht aber werdet ihr in diesem Gange die Fürstin Arsinoe abzuholen wissen. Mit diesem Verlaß schieden wir von sammen; ich aber brachte alsofort meine glückliche Anstalt beyden Fürstinnen zu/ und redete mit ihnen alles ab/ was hierbey zu thun nöthig schien. Gegen Abend ging Erato und ich unser Gewohnheit nach in den Garten/ in welchen wir oben aus unserm Zimmer 2. Manns-Kleider/ und etliche andere Nothdurfft geworffen hatten. Wir kleideten uns in einer nahe dabey gemachten Spring-Höle umb/ und versteckten unsere Weibs-Kleider unter die daselbst verdeckten Wasser-Röhre/ kamen auch unvermerckt auf das Schiff/ allwo uns Artafernes eine bequeme Lagerstatt anwieß/ welcher wir uns aber nicht bedienen wolten/ biß wir Arsinoens Uberkunfft vergewissert wären/ wiewohl etlicher Nächte ge- störte Ruh uns sehr schläfrig gemacht hatte. Ge- gen Mitternacht fügte sich Artafernes an den bestimmten Ort/ und wenige Zeit hernach kam er zu uns mit der frölichen Zeitung/ daß er Arsi- noen N n 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Unteꝛthanen die Armenier ſie verſtoſſen/ haͤtte ſieder Pontus willigſt aufgenommen/ und mit der Liebe des vollkom̃enſten Fuͤrſten beſeliget. Wie? fing Arſinoe an/ ſind die Armenier ihre Unter- thanen? Jn allewege/ antwortete Erato. Und es hat Sinorix nicht geſchielet. Denn ich bin der junge Artaxias/ den die Liebe ſeiner Mutter fuͤr einen Fuͤrſten/ wie ihre den Zeno fuͤr ein Fraͤulein auferzogen hat. Arſinoe vergaß uͤber dieſer erfreulichen Zeitung alles ihres Leides/ und umbarmete die Erato mit einer unermaͤß- lichen Empfindligkeit. Erato aber warnigte ſie/ ihre Liebes-Bezeugungen anietzo zu verſchie- ben/ und fuͤr ihre Wolfarth bekuͤmmert zu ſeyn. Einmal wuͤſte ſie kein ander Mittel/ als eine heimliche Flucht zu erſinnen; und da die Koͤni- gin hierzu ſtimmete/ oder ſie ſelbſt nichts ſicherers wuͤſte/ wolte ſie darzu in allewege gerathen ha- ben. Das Werck ward hierauf mit der Koͤni- gin uͤberlegt/ welche/ in Mangel anderer Huͤlffe/ ihr die Flucht gefallen ließ. Der Anſchlag und die Anſtalt der Reiſe ward niemanden/ als mir vertraut/ weswegen ich mich ungeſaͤumt an das Geſtade des Meeres verfuͤgte/ uns dreyen ein Schiff zu beſtellen. Zu meinem groſſen Ge- luͤcke lendete gleich ein Schiff am Hafen an/ deſſen Entladung ich aus bloſſer Begierde der Neuigkeit ſehen wolte. Denn unter ſo viel hundert daſelbſt anckernden Schiffen hatte ich nur die Wahl auszuleſen. Alleine meine Freude war unermaͤßlich/ als ich den erſten/ der aus ſolchem Schiffe ans Ufer ſprang/ fuͤr mei- nen Artafernes erkennte. Wormit ich nun ſeiner mercklichen Freude und Empfangung zuvor kaͤme/ nahm ich die Gelegenheit in acht unvermerckt hinter ihn zu treten/ und/ ehe ſich ſeine Augen vergehen konten/ ihm hinterruͤcks ins Ohr zu ſagen: Laß dich nicht mercken/ daß du Saloninen kenneſt/ ſondern folge mir auf dem Fuſſe nach. Artafernes verbarg ſeine Ge- muͤths-Regungen derogeſtalt/ daß er ſich nicht einſt umbſahe/ gleichwohl aber meinen Fuß- [Spaltenumbruch] ſtapfen behutſam nachging. Jch wieß ihm den Weg in den nahe am Hafen liegenden Koͤnigli- chen Garten/ biß wir in einem verdeckten Spa- tzir-Gange einander mit erfreuter Umbhalſung zu bewillkommen Gelegenheit fanden. Jedoch befand ich es fuͤr rathſam/ ſo wohl dieſer Ergetz- ligkeit abzubrechen/ als den Vorſatz beyderſeitige Zufaͤlle zu erfahren/ auf bequemere Zeit zu ſpa- ren. Jch meldete ihm dannenher mit wenigen Worten: Daß die unumbgaͤngliche Nothdurft erforderte die nechſtfolgende Nacht die Armeni- ſche und Pontiſche Fraͤulein nebſt mir aus Sino- pe zu fuͤhren; alſo ſolte er mir ohne Umbſchweiff entdecken: Ob er Herr des angelaͤndeten Schiffes waͤre/ und darmit zu dieſem wichtigen Fuͤrnehmen helffen koͤnte. Er erbot ſich alſo- fort meinen Willen zu vollziehen. Wohl dem/ ſagte ich/ ſo machet alles zur Abreiſe fertig/ ich wil mit der Fuͤrſtin Erato in maͤnnlicher Tracht mich ſchon gegen Abend in euer Schiff ſpielen/ umb Mitternacht aber werdet ihr in dieſem Gange die Fuͤrſtin Arſinoe abzuholen wiſſen. Mit dieſem Verlaß ſchieden wir von ſammen; ich aber brachte alſofort meine gluͤckliche Anſtalt beyden Fuͤrſtinnen zu/ und redete mit ihnen alles ab/ was hierbey zu thun noͤthig ſchien. Gegen Abend ging Erato und ich unſer Gewohnheit nach in den Garten/ in welchen wir oben aus unſerm Zimmer 2. Manns-Kleider/ und etliche andere Nothdurfft geworffen hatten. Wir kleideten uns in einer nahe dabey gemachten Spring-Hoͤle umb/ und verſteckten unſere Weibs-Kleider unter die daſelbſt verdeckten Waſſer-Roͤhre/ kamen auch unvermerckt auf das Schiff/ allwo uns Artafernes eine bequeme Lagerſtatt anwieß/ welcher wir uns aber nicht bedienen wolten/ biß wir Arſinoens Uberkunfft vergewiſſert waͤren/ wiewohl etlicher Naͤchte ge- ſtoͤrte Ruh uns ſehr ſchlaͤfrig gemacht hatte. Ge- gen Mitternacht fuͤgte ſich Artafernes an den beſtim̃ten Ort/ und wenige Zeit hernach kam er zu uns mit der froͤlichen Zeitung/ daß er Arſi- noen N n 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0337" n="285"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> Unteꝛthanen die Armenier ſie verſtoſſen/ haͤtte ſie<lb/> der Pontus willigſt aufgenommen/ und mit der<lb/> Liebe des vollkom̃enſten Fuͤrſten beſeliget. Wie?<lb/> fing Arſinoe an/ ſind die Armenier ihre Unter-<lb/> thanen? Jn allewege/ antwortete Erato. Und<lb/> es hat Sinorix nicht geſchielet. Denn ich bin<lb/> der junge Artaxias/ den die Liebe ſeiner Mutter<lb/> fuͤr einen Fuͤrſten/ wie ihre den Zeno fuͤr ein<lb/> Fraͤulein auferzogen hat. Arſinoe vergaß uͤber<lb/> dieſer erfreulichen Zeitung alles ihres Leides/<lb/> und umbarmete die Erato mit einer unermaͤß-<lb/> lichen Empfindligkeit. Erato aber warnigte<lb/> ſie/ ihre Liebes-Bezeugungen anietzo zu verſchie-<lb/> ben/ und fuͤr ihre Wolfarth bekuͤmmert zu ſeyn.<lb/> Einmal wuͤſte ſie kein ander Mittel/ als eine<lb/> heimliche Flucht zu erſinnen; und da die Koͤni-<lb/> gin hierzu ſtimmete/ oder ſie ſelbſt nichts ſicherers<lb/> wuͤſte/ wolte ſie darzu in allewege gerathen ha-<lb/> ben. Das Werck ward hierauf mit der Koͤni-<lb/> gin uͤberlegt/ welche/ in Mangel anderer Huͤlffe/<lb/> ihr die Flucht gefallen ließ. Der Anſchlag und<lb/> die Anſtalt der Reiſe ward niemanden/ als mir<lb/> vertraut/ weswegen ich mich ungeſaͤumt an das<lb/> Geſtade des Meeres verfuͤgte/ uns dreyen ein<lb/> Schiff zu beſtellen. Zu meinem groſſen Ge-<lb/> luͤcke lendete gleich ein Schiff am Hafen an/<lb/> deſſen Entladung ich aus bloſſer Begierde der<lb/> Neuigkeit ſehen wolte. Denn unter ſo viel<lb/> hundert daſelbſt anckernden Schiffen hatte ich<lb/> nur die Wahl auszuleſen. Alleine meine<lb/> Freude war unermaͤßlich/ als ich den erſten/ der<lb/> aus ſolchem Schiffe ans Ufer ſprang/ fuͤr mei-<lb/> nen Artafernes erkennte. Wormit ich nun<lb/> ſeiner mercklichen Freude und Empfangung<lb/> zuvor kaͤme/ nahm ich die Gelegenheit in acht<lb/> unvermerckt hinter ihn zu treten/ und/ ehe ſich<lb/> ſeine Augen vergehen konten/ ihm hinterruͤcks<lb/> ins Ohr zu ſagen: Laß dich nicht mercken/ daß<lb/> du Saloninen kenneſt/ ſondern folge mir auf<lb/> dem Fuſſe nach. Artafernes verbarg ſeine Ge-<lb/> muͤths-Regungen derogeſtalt/ daß er ſich nicht<lb/> einſt umbſahe/ gleichwohl aber meinen Fuß-<lb/><cb/> ſtapfen behutſam nachging. Jch wieß ihm den<lb/> Weg in den nahe am Hafen liegenden Koͤnigli-<lb/> chen Garten/ biß wir in einem verdeckten Spa-<lb/> tzir-Gange einander mit erfreuter Umbhalſung<lb/> zu bewillkommen Gelegenheit fanden. Jedoch<lb/> befand ich es fuͤr rathſam/ ſo wohl dieſer Ergetz-<lb/> ligkeit abzubrechen/ als den Vorſatz beyderſeitige<lb/> Zufaͤlle zu erfahren/ auf bequemere Zeit zu ſpa-<lb/> ren. Jch meldete ihm dannenher mit wenigen<lb/> Worten: Daß die unumbgaͤngliche Nothdurft<lb/> erforderte die nechſtfolgende Nacht die Armeni-<lb/> ſche und Pontiſche Fraͤulein nebſt mir aus Sino-<lb/> pe zu fuͤhren; alſo ſolte er mir ohne Umbſchweiff<lb/> entdecken: Ob er Herr des angelaͤndeten<lb/> Schiffes waͤre/ und darmit zu dieſem wichtigen<lb/> Fuͤrnehmen helffen koͤnte. Er erbot ſich alſo-<lb/> fort meinen Willen zu vollziehen. Wohl dem/<lb/> ſagte ich/ ſo machet alles zur Abreiſe fertig/ ich<lb/> wil mit der Fuͤrſtin Erato in maͤnnlicher Tracht<lb/> mich ſchon gegen Abend in euer Schiff ſpielen/<lb/> umb Mitternacht aber werdet ihr in dieſem<lb/> Gange die Fuͤrſtin Arſinoe abzuholen wiſſen.<lb/> Mit dieſem Verlaß ſchieden wir von ſammen;<lb/> ich aber brachte alſofort meine gluͤckliche Anſtalt<lb/> beyden Fuͤrſtinnen zu/ und redete mit ihnen alles<lb/> ab/ was hierbey zu thun noͤthig ſchien. Gegen<lb/> Abend ging Erato und ich unſer Gewohnheit<lb/> nach in den Garten/ in welchen wir oben aus<lb/> unſerm Zimmer 2. Manns-Kleider/ und etliche<lb/> andere Nothdurfft geworffen hatten. Wir<lb/> kleideten uns in einer nahe dabey gemachten<lb/> Spring-Hoͤle umb/ und verſteckten unſere<lb/> Weibs-Kleider unter die daſelbſt verdeckten<lb/> Waſſer-Roͤhre/ kamen auch unvermerckt auf<lb/> das Schiff/ allwo uns Artafernes eine bequeme<lb/> Lagerſtatt anwieß/ welcher wir uns aber nicht<lb/> bedienen wolten/ biß wir Arſinoens Uberkunfft<lb/> vergewiſſert waͤren/ wiewohl etlicher Naͤchte ge-<lb/> ſtoͤrte Ruh uns ſehr ſchlaͤfrig gemacht hatte. Ge-<lb/> gen Mitternacht fuͤgte ſich Artafernes an den<lb/> beſtim̃ten Ort/ und wenige Zeit hernach kam er<lb/> zu uns mit der froͤlichen Zeitung/ daß er Arſi-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N n 3</fw><fw place="bottom" type="catch">noen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [285/0337]
Arminius und Thußnelda.
Unteꝛthanen die Armenier ſie verſtoſſen/ haͤtte ſie
der Pontus willigſt aufgenommen/ und mit der
Liebe des vollkom̃enſten Fuͤrſten beſeliget. Wie?
fing Arſinoe an/ ſind die Armenier ihre Unter-
thanen? Jn allewege/ antwortete Erato. Und
es hat Sinorix nicht geſchielet. Denn ich bin
der junge Artaxias/ den die Liebe ſeiner Mutter
fuͤr einen Fuͤrſten/ wie ihre den Zeno fuͤr ein
Fraͤulein auferzogen hat. Arſinoe vergaß uͤber
dieſer erfreulichen Zeitung alles ihres Leides/
und umbarmete die Erato mit einer unermaͤß-
lichen Empfindligkeit. Erato aber warnigte
ſie/ ihre Liebes-Bezeugungen anietzo zu verſchie-
ben/ und fuͤr ihre Wolfarth bekuͤmmert zu ſeyn.
Einmal wuͤſte ſie kein ander Mittel/ als eine
heimliche Flucht zu erſinnen; und da die Koͤni-
gin hierzu ſtimmete/ oder ſie ſelbſt nichts ſicherers
wuͤſte/ wolte ſie darzu in allewege gerathen ha-
ben. Das Werck ward hierauf mit der Koͤni-
gin uͤberlegt/ welche/ in Mangel anderer Huͤlffe/
ihr die Flucht gefallen ließ. Der Anſchlag und
die Anſtalt der Reiſe ward niemanden/ als mir
vertraut/ weswegen ich mich ungeſaͤumt an das
Geſtade des Meeres verfuͤgte/ uns dreyen ein
Schiff zu beſtellen. Zu meinem groſſen Ge-
luͤcke lendete gleich ein Schiff am Hafen an/
deſſen Entladung ich aus bloſſer Begierde der
Neuigkeit ſehen wolte. Denn unter ſo viel
hundert daſelbſt anckernden Schiffen hatte ich
nur die Wahl auszuleſen. Alleine meine
Freude war unermaͤßlich/ als ich den erſten/ der
aus ſolchem Schiffe ans Ufer ſprang/ fuͤr mei-
nen Artafernes erkennte. Wormit ich nun
ſeiner mercklichen Freude und Empfangung
zuvor kaͤme/ nahm ich die Gelegenheit in acht
unvermerckt hinter ihn zu treten/ und/ ehe ſich
ſeine Augen vergehen konten/ ihm hinterruͤcks
ins Ohr zu ſagen: Laß dich nicht mercken/ daß
du Saloninen kenneſt/ ſondern folge mir auf
dem Fuſſe nach. Artafernes verbarg ſeine Ge-
muͤths-Regungen derogeſtalt/ daß er ſich nicht
einſt umbſahe/ gleichwohl aber meinen Fuß-
ſtapfen behutſam nachging. Jch wieß ihm den
Weg in den nahe am Hafen liegenden Koͤnigli-
chen Garten/ biß wir in einem verdeckten Spa-
tzir-Gange einander mit erfreuter Umbhalſung
zu bewillkommen Gelegenheit fanden. Jedoch
befand ich es fuͤr rathſam/ ſo wohl dieſer Ergetz-
ligkeit abzubrechen/ als den Vorſatz beyderſeitige
Zufaͤlle zu erfahren/ auf bequemere Zeit zu ſpa-
ren. Jch meldete ihm dannenher mit wenigen
Worten: Daß die unumbgaͤngliche Nothdurft
erforderte die nechſtfolgende Nacht die Armeni-
ſche und Pontiſche Fraͤulein nebſt mir aus Sino-
pe zu fuͤhren; alſo ſolte er mir ohne Umbſchweiff
entdecken: Ob er Herr des angelaͤndeten
Schiffes waͤre/ und darmit zu dieſem wichtigen
Fuͤrnehmen helffen koͤnte. Er erbot ſich alſo-
fort meinen Willen zu vollziehen. Wohl dem/
ſagte ich/ ſo machet alles zur Abreiſe fertig/ ich
wil mit der Fuͤrſtin Erato in maͤnnlicher Tracht
mich ſchon gegen Abend in euer Schiff ſpielen/
umb Mitternacht aber werdet ihr in dieſem
Gange die Fuͤrſtin Arſinoe abzuholen wiſſen.
Mit dieſem Verlaß ſchieden wir von ſammen;
ich aber brachte alſofort meine gluͤckliche Anſtalt
beyden Fuͤrſtinnen zu/ und redete mit ihnen alles
ab/ was hierbey zu thun noͤthig ſchien. Gegen
Abend ging Erato und ich unſer Gewohnheit
nach in den Garten/ in welchen wir oben aus
unſerm Zimmer 2. Manns-Kleider/ und etliche
andere Nothdurfft geworffen hatten. Wir
kleideten uns in einer nahe dabey gemachten
Spring-Hoͤle umb/ und verſteckten unſere
Weibs-Kleider unter die daſelbſt verdeckten
Waſſer-Roͤhre/ kamen auch unvermerckt auf
das Schiff/ allwo uns Artafernes eine bequeme
Lagerſtatt anwieß/ welcher wir uns aber nicht
bedienen wolten/ biß wir Arſinoens Uberkunfft
vergewiſſert waͤren/ wiewohl etlicher Naͤchte ge-
ſtoͤrte Ruh uns ſehr ſchlaͤfrig gemacht hatte. Ge-
gen Mitternacht fuͤgte ſich Artafernes an den
beſtim̃ten Ort/ und wenige Zeit hernach kam er
zu uns mit der froͤlichen Zeitung/ daß er Arſi-
noen
N n 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |