Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
me/ und den Sternen bey der Nacht zu gesche-hen pflegt/ nur mehr sichtbar. Jeder Augen- blick verursachte in seinem Gemüthe eine Ver- wunderung/ in seinem Hertzen eine Wunde/ also daß ihn bedäuchtete/ daß der sonst so groß- sprechende Ruff/ welcher kein Mittel weiß/ sondern aus allem entweder Wunderwercke o- der Mißgeburten macht/ nur dißmal durch sein Schau-Glaß rückwärts gesehen/ und so wohl die Schönheit als die Verdienste Arsinoens verkleinert hätte. Dahero kam sein Vorsatz numehr leicht zum Schlusse/ daß er um Arsi- noen werben wolte/ als welche über ihre eigene Vollkommenheiten ihm mit der Zeit noch drey Kronen/ nemlich die Pontische/ die Bosphor- sche/ und des kleinen Armeniens/ als einen Brautschatz zuzubringen hatte. Die grosse Eh- renbezeugung/ wormit ihm Polemon und Dy- namis entgegen ging/ und Arsinoens gegen ihm bezeugte Holdseligkeit/ ja seine eigene Grösse und Fürtreffligkeiten überredeten ihn leichtlich/ daß er zu Sinope keine Fehlbitte thun könte. Wie nun die Königlichen Räthe das neue Bündnüß miteinander abgeredet/ die Kö- nige auch selbst alle Bedingungen genehm ge- habt hatten/ und sie nun in dem Tempel es bey- derseits beschweren solten; zohe Ariobarzanes den König Polemon an ein Fenster/ welches ein anmuthiges Aussehen aufs Meer hatte/ umar- mete ihn hierauf mit grosser Ehrerbietung/ und trug ihm für: Er wäre dem Polemon aufs höchste verbunden/ daß er die alte Freundschafft zwischen den Pontischen und Armenischen Kö- nigen zu beyder Häuser Sicherheit und ihrer Völcker Wolfarth auf festen Fuß gesetzt hätte. Er betheuerte bey den Göttern/ welche die Rä- cher verletzter Bündnüsse wären/ es solte nicht mehr seines/ als des Pontischen Reiches Wohl- stand seine Sorge und Absehn seyn. Nach- dem nun aber solche Verbindungen am kräff- tigsten durch das Band des Geblütes besiegelt/ und mit dem heiligen Rechte der Heyrathen [Spaltenumbruch] verknüpft würden; in diesem Absehn auch sein Ahnherr der grosse Mithridates dem Armeni- schen Könige Tigranes seine Tochter vermäh- let hätte/ bäte und hoffte er/ es würde Polemon ihn seiner Tochter Arsinoe fähig machen/ und ihn für seinen Sohn anzunehmen würdig schä- tzen. Der Pontische König nahm diesen Für- trag mit unveränderter/ iedoch freundlicher Gebehrdung an/ hätte auch diese allerdings thuliche Heyrath alsofort geschlossen/ wenn er nicht hiervon mit der Königin Ehrenthalben zu sprechen/ seiner Hoheit/ und der Würde sei- ner Tochter/ wormit selbte nicht für allzu feile Wahre geschätzet würde/ anständiger zu seyn gemeinet. Deßhalben nahm er über dieser wichtigen Entschlüssung Bedenck-Zeit/ gab ihm aber dabey eine Erklärung: Er wüntsch- te beyde königliche Häuser aufs festeste zu ver- binden. Polemon kam vom Ariobarzanes ge- raden Fusses zu der Königin/ und eröffnete ihr sein Anbringen/ worüber sie derogestalt er- schrack/ daß sie selbtes nicht für den Augen des Königs verblümen konte. Dieser fragte also- fort: Warum sie über einer Sache sich entsetzte/ darüber sie sich zu erfreuen Ursach hätte? Ario- barzanes hohes Geblüte/ sein zweyfaches Reich/ seine Leibes- und Gemüths-Gaben wä- ren solche Dinge/ darum die vollkommenste Fürstin selbst zu buhlen Ursach hätte/ und die Staats-Klugheit könte dem Pontischen Reiche keine vortheilhafftigere Heyrath aussinnen. Dynamis antwortete: Sie müste gestehen/ es hätte diese Vermählung einen grossen Schein/ iedoch wüste sie die Ursache nicht zu sagen/ war- umb sie ihr Sinn so wenig zum Ariobarzanes trüge. Ob es vielleicht daher rührte/ daß alle Armenische Heyrathen dem Pontischen Stam- me unglücklich gewest wären. Dahero bäte sie/ der König wolle sich nicht darmit übereilen/ sondern ihr wenige Zeit nachzusinnen/ und Ar- sinoen darüber zu vernehmen erlauben; Jn- zwischen aber auch die Götter darüber/ alter Ge- M m 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
me/ und den Sternen bey der Nacht zu geſche-hen pflegt/ nur mehr ſichtbar. Jeder Augen- blick verurſachte in ſeinem Gemuͤthe eine Ver- wunderung/ in ſeinem Hertzen eine Wunde/ alſo daß ihn bedaͤuchtete/ daß der ſonſt ſo groß- ſprechende Ruff/ welcher kein Mittel weiß/ ſondern aus allem entweder Wunderwercke o- der Mißgeburten macht/ nur dißmal durch ſein Schau-Glaß ruͤckwaͤrts geſehen/ und ſo wohl die Schoͤnheit als die Verdienſte Arſinoens verkleinert haͤtte. Dahero kam ſein Vorſatz numehr leicht zum Schluſſe/ daß er um Arſi- noen werben wolte/ als welche uͤber ihre eigene Vollkommenheiten ihm mit der Zeit noch drey Kronen/ nemlich die Pontiſche/ die Boſphor- ſche/ und des kleinen Armeniens/ als einen Brautſchatz zuzubringen hatte. Die groſſe Eh- renbezeugung/ wormit ihm Polemon und Dy- namis entgegen ging/ und Arſinoens gegen ihm bezeugte Holdſeligkeit/ ja ſeine eigene Groͤſſe und Fuͤrtreffligkeiten uͤberredeten ihn leichtlich/ daß er zu Sinope keine Fehlbitte thun koͤnte. Wie nun die Koͤniglichen Raͤthe das neue Buͤndnuͤß miteinander abgeredet/ die Koͤ- nige auch ſelbſt alle Bedingungen genehm ge- habt hatten/ und ſie nun in dem Tempel es bey- derſeits beſchweren ſolten; zohe Ariobarzanes den Koͤnig Polemon an ein Fenſter/ welches ein anmuthiges Ausſehen aufs Meer hatte/ umar- mete ihn hierauf mit groſſer Ehrerbietung/ und trug ihm fuͤr: Er waͤre dem Polemon aufs hoͤchſte verbunden/ daß er die alte Freundſchafft zwiſchen den Pontiſchen und Armeniſchen Koͤ- nigen zu beyder Haͤuſer Sicherheit und ihrer Voͤlcker Wolfarth auf feſten Fuß geſetzt haͤtte. Er betheuerte bey den Goͤttern/ welche die Raͤ- cher verletzter Buͤndnuͤſſe waͤren/ es ſolte nicht mehr ſeines/ als des Pontiſchen Reiches Wohl- ſtand ſeine Sorge und Abſehn ſeyn. Nach- dem nun aber ſolche Verbindungen am kraͤff- tigſten durch das Band des Gebluͤtes beſiegelt/ und mit dem heiligen Rechte der Heyrathen [Spaltenumbruch] verknuͤpft wuͤrden; in dieſem Abſehn auch ſein Ahnherr der groſſe Mithridates dem Armeni- ſchen Koͤnige Tigranes ſeine Tochter vermaͤh- let haͤtte/ baͤte und hoffte er/ es wuͤrde Polemon ihn ſeiner Tochter Arſinoe faͤhig machen/ und ihn fuͤr ſeinen Sohn anzunehmen wuͤrdig ſchaͤ- tzen. Der Pontiſche Koͤnig nahm dieſen Fuͤr- trag mit unveraͤnderter/ iedoch freundlicher Gebehrdung an/ haͤtte auch dieſe allerdings thuliche Heyrath alſofort geſchloſſen/ wenn er nicht hiervon mit der Koͤnigin Ehrenthalben zu ſprechen/ ſeiner Hoheit/ und der Wuͤrde ſei- ner Tochter/ wormit ſelbte nicht fuͤr allzu feile Wahre geſchaͤtzet wuͤrde/ anſtaͤndiger zu ſeyn gemeinet. Deßhalben nahm er uͤber dieſer wichtigen Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit/ gab ihm aber dabey eine Erklaͤrung: Er wuͤntſch- te beyde koͤnigliche Haͤuſer aufs feſteſte zu ver- binden. Polemon kam vom Ariobarzanes ge- raden Fuſſes zu der Koͤnigin/ und eroͤffnete ihr ſein Anbringen/ woruͤber ſie derogeſtalt er- ſchrack/ daß ſie ſelbtes nicht fuͤr den Augen des Koͤnigs verbluͤmen konte. Dieſer fragte alſo- fort: Warum ſie uͤber einer Sache ſich entſetzte/ daruͤber ſie ſich zu erfreuen Urſach haͤtte? Ario- barzanes hohes Gebluͤte/ ſein zweyfaches Reich/ ſeine Leibes- und Gemuͤths-Gaben waͤ- ren ſolche Dinge/ darum die vollkommenſte Fuͤrſtin ſelbſt zu buhlen Urſach haͤtte/ und die Staats-Klugheit koͤnte dem Pontiſchen Reiche keine vortheilhafftigere Heyrath ausſinnen. Dynamis antwortete: Sie muͤſte geſtehen/ es haͤtte dieſe Vermaͤhlung einen groſſen Schein/ iedoch wuͤſte ſie die Urſache nicht zu ſagen/ war- umb ſie ihr Sinn ſo wenig zum Ariobarzanes truͤge. Ob es vielleicht daher ruͤhrte/ daß alle Armeniſche Heyrathen dem Pontiſchen Stam- me ungluͤcklich geweſt waͤren. Dahero baͤte ſie/ der Koͤnig wolle ſich nicht darmit uͤbereilen/ ſondern ihr wenige Zeit nachzuſinnen/ und Ar- ſinoen daruͤber zu vernehmen erlauben; Jn- zwiſchen aber auch die Goͤtter daruͤber/ alter Ge- M m 3
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Arminius und Thußnelda.
me/ und den Sternen bey der Nacht zu geſche-
hen pflegt/ nur mehr ſichtbar. Jeder Augen-
blick verurſachte in ſeinem Gemuͤthe eine Ver-
wunderung/ in ſeinem Hertzen eine Wunde/
alſo daß ihn bedaͤuchtete/ daß der ſonſt ſo groß-
ſprechende Ruff/ welcher kein Mittel weiß/
ſondern aus allem entweder Wunderwercke o-
der Mißgeburten macht/ nur dißmal durch ſein
Schau-Glaß ruͤckwaͤrts geſehen/ und ſo wohl
die Schoͤnheit als die Verdienſte Arſinoens
verkleinert haͤtte. Dahero kam ſein Vorſatz
numehr leicht zum Schluſſe/ daß er um Arſi-
noen werben wolte/ als welche uͤber ihre eigene
Vollkommenheiten ihm mit der Zeit noch drey
Kronen/ nemlich die Pontiſche/ die Boſphor-
ſche/ und des kleinen Armeniens/ als einen
Brautſchatz zuzubringen hatte. Die groſſe Eh-
renbezeugung/ wormit ihm Polemon und Dy-
namis entgegen ging/ und Arſinoens gegen
ihm bezeugte Holdſeligkeit/ ja ſeine eigene
Groͤſſe und Fuͤrtreffligkeiten uͤberredeten ihn
leichtlich/ daß er zu Sinope keine Fehlbitte thun
koͤnte. Wie nun die Koͤniglichen Raͤthe das
neue Buͤndnuͤß miteinander abgeredet/ die Koͤ-
nige auch ſelbſt alle Bedingungen genehm ge-
habt hatten/ und ſie nun in dem Tempel es bey-
derſeits beſchweren ſolten; zohe Ariobarzanes
den Koͤnig Polemon an ein Fenſter/ welches ein
anmuthiges Ausſehen aufs Meer hatte/ umar-
mete ihn hierauf mit groſſer Ehrerbietung/
und trug ihm fuͤr: Er waͤre dem Polemon aufs
hoͤchſte verbunden/ daß er die alte Freundſchafft
zwiſchen den Pontiſchen und Armeniſchen Koͤ-
nigen zu beyder Haͤuſer Sicherheit und ihrer
Voͤlcker Wolfarth auf feſten Fuß geſetzt haͤtte.
Er betheuerte bey den Goͤttern/ welche die Raͤ-
cher verletzter Buͤndnuͤſſe waͤren/ es ſolte nicht
mehr ſeines/ als des Pontiſchen Reiches Wohl-
ſtand ſeine Sorge und Abſehn ſeyn. Nach-
dem nun aber ſolche Verbindungen am kraͤff-
tigſten durch das Band des Gebluͤtes beſiegelt/
und mit dem heiligen Rechte der Heyrathen
verknuͤpft wuͤrden; in dieſem Abſehn auch ſein
Ahnherr der groſſe Mithridates dem Armeni-
ſchen Koͤnige Tigranes ſeine Tochter vermaͤh-
let haͤtte/ baͤte und hoffte er/ es wuͤrde Polemon
ihn ſeiner Tochter Arſinoe faͤhig machen/ und
ihn fuͤr ſeinen Sohn anzunehmen wuͤrdig ſchaͤ-
tzen. Der Pontiſche Koͤnig nahm dieſen Fuͤr-
trag mit unveraͤnderter/ iedoch freundlicher
Gebehrdung an/ haͤtte auch dieſe allerdings
thuliche Heyrath alſofort geſchloſſen/ wenn er
nicht hiervon mit der Koͤnigin Ehrenthalben
zu ſprechen/ ſeiner Hoheit/ und der Wuͤrde ſei-
ner Tochter/ wormit ſelbte nicht fuͤr allzu feile
Wahre geſchaͤtzet wuͤrde/ anſtaͤndiger zu ſeyn
gemeinet. Deßhalben nahm er uͤber dieſer
wichtigen Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit/ gab
ihm aber dabey eine Erklaͤrung: Er wuͤntſch-
te beyde koͤnigliche Haͤuſer aufs feſteſte zu ver-
binden. Polemon kam vom Ariobarzanes ge-
raden Fuſſes zu der Koͤnigin/ und eroͤffnete ihr
ſein Anbringen/ woruͤber ſie derogeſtalt er-
ſchrack/ daß ſie ſelbtes nicht fuͤr den Augen des
Koͤnigs verbluͤmen konte. Dieſer fragte alſo-
fort: Warum ſie uͤber einer Sache ſich entſetzte/
daruͤber ſie ſich zu erfreuen Urſach haͤtte? Ario-
barzanes hohes Gebluͤte/ ſein zweyfaches
Reich/ ſeine Leibes- und Gemuͤths-Gaben waͤ-
ren ſolche Dinge/ darum die vollkommenſte
Fuͤrſtin ſelbſt zu buhlen Urſach haͤtte/ und die
Staats-Klugheit koͤnte dem Pontiſchen Reiche
keine vortheilhafftigere Heyrath ausſinnen.
Dynamis antwortete: Sie muͤſte geſtehen/ es
haͤtte dieſe Vermaͤhlung einen groſſen Schein/
iedoch wuͤſte ſie die Urſache nicht zu ſagen/ war-
umb ſie ihr Sinn ſo wenig zum Ariobarzanes
truͤge. Ob es vielleicht daher ruͤhrte/ daß alle
Armeniſche Heyrathen dem Pontiſchen Stam-
me ungluͤcklich geweſt waͤren. Dahero baͤte
ſie/ der Koͤnig wolle ſich nicht darmit uͤbereilen/
ſondern ihr wenige Zeit nachzuſinnen/ und Ar-
ſinoen daruͤber zu vernehmen erlauben; Jn-
zwiſchen aber auch die Goͤtter daruͤber/ alter
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/329>, abgerufen am 16.02.2025. |