Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ter aus seiner Wunden saugte/ beym Leben er-halten werden; Dieser gewissenhaffte Fürst a- ber lieber sterben/ als durch eines unschuldigen Untergang leben wolte/ meinte seine ruhm- würdigste Lelebisa/ das Todes-Urthel der Aertz- te gienge sie an/ und sie könne sich durch nichts mehr/ als durch einen so tugendhafften Todt unsterblich machen. Dahero band sie ihrem eingeschläfften Eh-Herrn die Wunde sanffte auf/ und sog nichts minder mit einem brünsti- gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift und den Tod glücklich aus der Wunden. Die Götter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer- theilte das Gifft derogestalt/ daß Edward ge- heilet/ Lelebisa aber davon nicht verletzt ward. Wie viel mehr aber muß ich nicht erstarren ü- ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel- che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders der König unsere Geheimnüsse ergründen sol- te/ ihn vom Tode errettet; welche zu seiner Ge- nesung nicht alleine ihre Zunge/ sondern das Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei- nen Sterbenden anfängt zu lieben/ wormit sie ihn und seine Mutter beym Leben erhalte. E- rato begegnete der Königin mit nicht geringern Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen sie/ und ihrer ungefärbten Liebe gegen dem Fürsten Ze- no/ welchen sie hernach mit einander mehr- mahls besuchten. Es würde uns/ fuhr Salo- nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/ alle die zwischen diesen zweyen gewechselte Lie- bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich dünckt aber/ es sey bey dieser Geschichte für itzt genung zu wissen/ daß beyde mit einer so reinen und hertzlichen Liebe gegen einander verknüpft wur- den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen iemahls fähig werden kan. Thusnelde fiel Saloninen ein: Es ist die Vollkommenheit ih- rer Liebe unschwer zu ermessen/ nach dem das Verhängnüß selbst mit die Hand im Spiele ge- [Spaltenumbruch] habt/ und diese zwey Seelen schon gegen einan- der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen die Gesetze der Natur im Wege gestanden/ und die eingebildete Gleichheit des Geschlechtes ih- rer Zuneigung einen Rügel vorgeschoben. Es ist wahr/ fuhr Salonine fort/ diese zwey Liebha- ber übermeisterten derogestalt die Unmöglig- keit. Denn es stehet die göttliche Versehung gleichsam der Tugend zu Gebote. Alleine der Himmel hatte nun zwar die Hindernüsse der Natur auff die Seite geräumt; aber diese An- dromede lag noch mit schweren Ketten ange- fässelt; von denen sie zu entbinden auch ein The- seus zu schwach schien. Denn wer solte so viel göttliche Weissagungen unkräfftig machen? Wer solte den König Polemon bereden den in seiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm sein Untergang bestimmet war? Die Königin Dynamis/ und selbst Zeno wurden/ weun sie dieser Schwerigkeit nachdachten/ und diesen Stein des Anstossens für Augen sahen/ auch wie leicht ihre Liebe sich/ und das Geschlechte der vermummeten Arsinoe verrathen liesse/ mehrmahls selbst kleinmüthig; also daß Erato ihnen zuweilen ein Hertz zusprechen muste/ meldende: Sie solten sich die trübe Lufft nicht erschrecken lassen; nach dem ihnen der Him- mel so ein heiter Antlitz gezeigt hätte. Es hät- te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wütete/ nach dem sie ja die Sternen anlachten. Man müste dem Glücke der grossen Tochter des e- wigen Verhängnüsses etwas heimstellen/ und diese Mutter durch Mißtrauen ihm nicht selbst zur Stiefmutter machen. Ja/ sagte die sorg- fältige Dynamis: Jch halte es freylich für eine so grosse Thorheit/ seine Rathschläge auf lau- ter Unglück gründen/ als seine Vergnügung in der Traurigkeit suchen. Aber wir erfah- ren doch/ daß das Glücke meist den unwür- digen buhle/ und die Fehler ihres Gemü- thes mit gewüntschten Zufällen/ wie eine ver- M m 2
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ter aus ſeiner Wunden ſaugte/ beym Leben er-halten werden; Dieſer gewiſſenhaffte Fuͤrſt a- ber lieber ſterben/ als durch eines unſchuldigen Untergang leben wolte/ meinte ſeine ruhm- wuͤrdigſte Lelebiſa/ das Todes-Urthel der Aertz- te gienge ſie an/ und ſie koͤnne ſich durch nichts mehr/ als durch einen ſo tugendhafften Todt unſterblich machen. Dahero band ſie ihrem eingeſchlaͤfften Eh-Herrn die Wunde ſanffte auf/ und ſog nichts minder mit einem bruͤnſti- gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift und den Tod gluͤcklich aus der Wunden. Die Goͤtter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer- theilte das Gifft derogeſtalt/ daß Edward ge- heilet/ Lelebiſa aber davon nicht verletzt ward. Wie viel mehr aber muß ich nicht erſtarren uͤ- ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel- che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders der Koͤnig unſere Geheimnuͤſſe ergruͤnden ſol- te/ ihn vom Tode errettet; welche zu ſeiner Ge- neſung nicht alleine ihre Zunge/ ſondern das Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei- nen Sterbenden anfaͤngt zu lieben/ wormit ſie ihn und ſeine Mutter beym Leben erhalte. E- rato begegnete der Koͤnigin mit nicht geringern Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen ſie/ und ihrer ungefaͤrbten Liebe gegen dem Fuͤrſten Ze- no/ welchen ſie hernach mit einander mehr- mahls beſuchten. Es wuͤrde uns/ fuhr Salo- nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/ alle die zwiſchen dieſen zweyen gewechſelte Lie- bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich duͤnckt aber/ es ſey bey dieſer Geſchichte fuͤr itzt genung zu wiſſen/ daß beyde mit einer ſo reinen und hertzlichen Liebe gegen einander verknuͤpft wur- den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen iemahls faͤhig werden kan. Thuſnelde fiel Saloninen ein: Es iſt die Vollkommenheit ih- rer Liebe unſchwer zu ermeſſen/ nach dem das Verhaͤngnuͤß ſelbſt mit die Hand im Spiele ge- [Spaltenumbruch] habt/ und dieſe zwey Seelen ſchon gegen einan- der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen die Geſetze der Natur im Wege geſtanden/ und die eingebildete Gleichheit des Geſchlechtes ih- rer Zuneigung einen Ruͤgel vorgeſchoben. Es iſt wahr/ fuhr Salonine fort/ dieſe zwey Liebha- ber uͤbermeiſterten derogeſtalt die Unmoͤglig- keit. Denn es ſtehet die goͤttliche Verſehung gleichſam der Tugend zu Gebote. Alleine der Himmel hatte nun zwar die Hindernuͤſſe der Natur auff die Seite geraͤumt; aber dieſe An- dromede lag noch mit ſchweren Ketten ange- faͤſſelt; von denen ſie zu entbinden auch ein The- ſeus zu ſchwach ſchien. Denn wer ſolte ſo viel goͤttliche Weiſſagungen unkraͤfftig machen? Wer ſolte den Koͤnig Polemon bereden den in ſeiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm ſein Untergang beſtimmet war? Die Koͤnigin Dynamis/ und ſelbſt Zeno wurden/ weun ſie dieſer Schwerigkeit nachdachten/ und dieſen Stein des Anſtoſſens fuͤr Augen ſahen/ auch wie leicht ihre Liebe ſich/ und das Geſchlechte der vermummeten Arſinoe verrathen lieſſe/ mehrmahls ſelbſt kleinmuͤthig; alſo daß Erato ihnen zuweilen ein Hertz zuſprechen muſte/ meldende: Sie ſolten ſich die truͤbe Lufft nicht erſchrecken laſſen; nach dem ihnen der Him- mel ſo ein heiter Antlitz gezeigt haͤtte. Es haͤt- te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wuͤtete/ nach dem ſie ja die Sternen anlachten. Man muͤſte dem Gluͤcke der groſſen Tochter des e- wigen Verhaͤngnuͤſſes etwas heimſtellen/ und dieſe Mutter durch Mißtrauen ihm nicht ſelbſt zur Stiefmutter machen. Ja/ ſagte die ſorg- faͤltige Dynamis: Jch halte es freylich fuͤr eine ſo groſſe Thorheit/ ſeine Rathſchlaͤge auf lau- ter Ungluͤck gruͤnden/ als ſeine Vergnuͤgung in der Traurigkeit ſuchen. Aber wir erfah- ren doch/ daß das Gluͤcke meiſt den unwuͤr- digen buhle/ und die Fehler ihres Gemuͤ- thes mit gewuͤntſchten Zufaͤllen/ wie eine ver- M m 2
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Arminius und Thußnelda.
ter aus ſeiner Wunden ſaugte/ beym Leben er-
halten werden; Dieſer gewiſſenhaffte Fuͤrſt a-
ber lieber ſterben/ als durch eines unſchuldigen
Untergang leben wolte/ meinte ſeine ruhm-
wuͤrdigſte Lelebiſa/ das Todes-Urthel der Aertz-
te gienge ſie an/ und ſie koͤnne ſich durch nichts
mehr/ als durch einen ſo tugendhafften Todt
unſterblich machen. Dahero band ſie ihrem
eingeſchlaͤfften Eh-Herrn die Wunde ſanffte
auf/ und ſog nichts minder mit einem bruͤnſti-
gen Hertzen/ als einer geitzigen Zunge das Gift
und den Tod gluͤcklich aus der Wunden. Die
Goͤtter aber/ oder das Feuer ihrer Liebe zer-
theilte das Gifft derogeſtalt/ daß Edward ge-
heilet/ Lelebiſa aber davon nicht verletzt ward.
Wie viel mehr aber muß ich nicht erſtarren uͤ-
ber dem mitleidenden Hertzen der Erato? Wel-
che gegen meinen Sohn einige Verbindligkeit
nicht gehabt/ und mit ihrer Gefahr/ da anders
der Koͤnig unſere Geheimnuͤſſe ergruͤnden ſol-
te/ ihn vom Tode errettet; welche zu ſeiner Ge-
neſung nicht alleine ihre Zunge/ ſondern das
Feuer ihrer zarten Seele verleihet; welche ei-
nen Sterbenden anfaͤngt zu lieben/ wormit ſie
ihn und ſeine Mutter beym Leben erhalte. E-
rato begegnete der Koͤnigin mit nicht geringern
Kennzeichen ihrer Gewogenheit gegen ſie/ und
ihrer ungefaͤrbten Liebe gegen dem Fuͤrſten Ze-
no/ welchen ſie hernach mit einander mehr-
mahls beſuchten. Es wuͤrde uns/ fuhr Salo-
nine fort/ der Tag/ mir aber Worte gebrechen/
alle die zwiſchen dieſen zweyen gewechſelte Lie-
bes-Bezeugungen zu erzehlen. Mich duͤnckt
aber/ es ſey bey dieſer Geſchichte fuͤr itzt genung
zu wiſſen/ daß beyde mit einer ſo reinen und
hertzlichen Liebe gegen einander verknuͤpft wur-
den/ als eine tugendhaffte Seele anzunehmen
iemahls faͤhig werden kan. Thuſnelde fiel
Saloninen ein: Es iſt die Vollkommenheit ih-
rer Liebe unſchwer zu ermeſſen/ nach dem das
Verhaͤngnuͤß ſelbſt mit die Hand im Spiele ge-
habt/ und dieſe zwey Seelen ſchon gegen einan-
der der Zunder der Liebe gefangen; als ihnen
die Geſetze der Natur im Wege geſtanden/ und
die eingebildete Gleichheit des Geſchlechtes ih-
rer Zuneigung einen Ruͤgel vorgeſchoben. Es
iſt wahr/ fuhr Salonine fort/ dieſe zwey Liebha-
ber uͤbermeiſterten derogeſtalt die Unmoͤglig-
keit. Denn es ſtehet die goͤttliche Verſehung
gleichſam der Tugend zu Gebote. Alleine der
Himmel hatte nun zwar die Hindernuͤſſe der
Natur auff die Seite geraͤumt; aber dieſe An-
dromede lag noch mit ſchweren Ketten ange-
faͤſſelt; von denen ſie zu entbinden auch ein The-
ſeus zu ſchwach ſchien. Denn wer ſolte ſo viel
goͤttliche Weiſſagungen unkraͤfftig machen?
Wer ſolte den Koͤnig Polemon bereden den in
ſeiner Schoß zu behalten/ von welchem ihm
ſein Untergang beſtimmet war? Die Koͤnigin
Dynamis/ und ſelbſt Zeno wurden/ weun ſie
dieſer Schwerigkeit nachdachten/ und dieſen
Stein des Anſtoſſens fuͤr Augen ſahen/ auch
wie leicht ihre Liebe ſich/ und das Geſchlechte
der vermummeten Arſinoe verrathen lieſſe/
mehrmahls ſelbſt kleinmuͤthig; alſo daß Erato
ihnen zuweilen ein Hertz zuſprechen muſte/
meldende: Sie ſolten ſich die truͤbe Lufft nicht
erſchrecken laſſen; nach dem ihnen der Him-
mel ſo ein heiter Antlitz gezeigt haͤtte. Es haͤt-
te nichts zu bedeuten/ daß das Meer wuͤtete/
nach dem ſie ja die Sternen anlachten. Man
muͤſte dem Gluͤcke der groſſen Tochter des e-
wigen Verhaͤngnuͤſſes etwas heimſtellen/ und
dieſe Mutter durch Mißtrauen ihm nicht ſelbſt
zur Stiefmutter machen. Ja/ ſagte die ſorg-
faͤltige Dynamis: Jch halte es freylich fuͤr eine
ſo groſſe Thorheit/ ſeine Rathſchlaͤge auf lau-
ter Ungluͤck gruͤnden/ als ſeine Vergnuͤgung
in der Traurigkeit ſuchen. Aber wir erfah-
ren doch/ daß das Gluͤcke meiſt den unwuͤr-
digen buhle/ und die Fehler ihres Gemuͤ-
thes mit gewuͤntſchten Zufaͤllen/ wie eine
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/327>, abgerufen am 16.02.2025. |