Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Kampff zweyer Berge so viel tausend Men-schen umkommen/ welche unmöglich einerley/ oder dem Sternen-Stande nach gleiche Ge- burts-Stunden können gehabt haben. Che- rämon erblaßte und erstummete über diesem Einwurffe; nach einem langen Nachdencken aber fing er an: Es hätten die Gestirne zwey- erley Einflüsse/ nehmlich auff gantze Theile des Erdbodems/ und denn auch absondere auff gewisse Menschen. Jener Art wäre: daß das gestirnte Drey-Eck denen Nord-Völckern ei- ne verdrüßliche Kälte und Langsamkeit ein- pflantzte/ und daß Saturn ein sorgfältiger Vorsteher der Städte wäre. Daher vom Ta- rutius Firmanus auch der Stadt Rom ihre Zu- fälle aus den Sternen wären wahr gesaget wor- den. Aus welchem Grunde zweiffelsfrey A- naximander und Pherecydes die bevorstehenden Erdbeben vorher angekündiget hätten. Nach dem nun in der gantzen Natur die eintzelen Ur- sachen denen allgemeinen wichen/ und mit dem Umtriebe des Himmels sich auch die ihre abson- dere Bewegung habende Jrrsterne müsten um- weltzen lassen; wäre kein Wunder/ daß der ein- zelen Menschen absondere Einflüße dem allge- meinen Einflusse weichen/ und also in Pest/ Erdbeben und Kriege auch die mit umkommen müsten/ welchen das Verhängniß gleich nicht absonderlich derogleichen Unglück bestimmet/ und seinen Willen sich in solch Unglück zu stür- tzen geneiget hätte. Sind denn die Sterne und die Welt vernünfftige Thiere/ wie dem Plato geträumet hat? Jst dieses himmlische Heer/ sagte Sophites/ mit einem gewissen Gei- ste beseelet: daß es bey sich einen gewissen Rath halten/ einen Schluß machen/ und unser Ge- müthe derogestalt zwingen oder beherrschen kön- ne? Cherämon fing an: die Sterne haben kei- nen andern Geist/ der sie reget/ als das Ver- hängniß. Sophites setzte ihm ferner entgegen: dieses aber ist ja noch veränderlich/ und lässet [Spaltenumbruch] seinen Schluß durch unsere Demuth erwei- chen. Denn ausser dem würde zwischen un- ser Frömmigkeit und Boßheit kein Unterscheid/ und unsere den Göttern gewidmete Andacht so wenig/ als das Bellen der Hunde gegen den Monden nütze seyn. Nach dem auch die Ge- stirne täglich so veränderliche Stellungen ma- chen; warum solten die nachfolgenden nach- drücklichen Vereinbarungen der Gestirne nicht auch das Glücke der Menschen ändern/ weil selbte ja in der Welt das Gewitter; und die blos- se Art der Speisen eines Menschen angebohrne Beschaffenheit gleichsam gantz umzudrehen mächtig sind. Cheremon versetzte: Wir setzen das Verhängniß in alle wege über den Lauf der Ge- stirne/ wie den Fuhrmann über die den Wagen ziehenden Pferde. Wie nun selbtes in alle wege dem Feuer die Gewalt zu brennen/ der Schwer- de die Eigenschafft unter zu sincken benehmen/ den gemeinen Lauf der Gestirne ändern/ den Zügel der Sonne hemmen/ und der elben Schat- ten verrücken kan; also kan es auch aus wichti- gen Ursachen den ordentlichen Einfluß der Ster- ne ändern. Worbey denn die Seele des Men- schen auch etwas/ wiewohl nicht ohne scheinba- re Ohnmacht beytragen/ und derogestalt Socra- tes zwar die ihm vom Gestirne zuhengende Un- art verbessern/ gleichwohl aber nicht den gewalt- samen Gifft-Todt verhüten kan. Sophites fing lächelndean: Jch sehe wohl/ daß deine Mei- nung die Härte anderer Sternseher/ und die unveränderliche Nothwendigkeit der Sternen- Einflüsse/ denen sie auch die Götter unterworf- fen/ in etwas miltert. Wormit zugleich alle nicht eintreffenden Weissagungen der Stern- seher entschuldiget werden können. Cherämon widersprach alsobald dieses letztere. Sintemal diese Aenderungen des Verhängnüsses sehr sel- tzam/ und für Wunderwercke zu halten wären/ damit die Unwissenden ihre falsche Wahrsagun- gen nicht zu entschuldigen/ und derogestalt aus ihrer L l 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Kampff zweyer Berge ſo viel tauſend Men-ſchen umkommen/ welche unmoͤglich einerley/ oder dem Sternen-Stande nach gleiche Ge- burts-Stunden koͤnnen gehabt haben. Che- raͤmon erblaßte und erſtummete uͤber dieſem Einwurffe; nach einem langen Nachdencken aber fing er an: Es haͤtten die Geſtirne zwey- erley Einfluͤſſe/ nehmlich auff gantze Theile des Erdbodems/ und denn auch abſondere auff gewiſſe Menſchen. Jener Art waͤre: daß das geſtirnte Drey-Eck denen Nord-Voͤlckern ei- ne verdruͤßliche Kaͤlte und Langſamkeit ein- pflantzte/ und daß Saturn ein ſorgfaͤltiger Vorſteher der Staͤdte waͤre. Daher vom Ta- rutius Firmanus auch der Stadt Rom ihre Zu- faͤlle aus den Sternen waͤren wahr geſaget wor- den. Aus welchem Grunde zweiffelsfrey A- naximander und Pherecydes die bevorſtehenden Erdbeben vorher angekuͤndiget haͤtten. Nach dem nun in der gantzen Natur die eintzelen Ur- ſachen denen allgemeinen wichen/ und mit dem Umtriebe des Himmels ſich auch die ihre abſon- dere Bewegung habende Jrrſterne muͤſten um- weltzen laſſen; waͤre kein Wunder/ daß der ein- zelen Menſchen abſondere Einfluͤße dem allge- meinen Einfluſſe weichen/ und alſo in Peſt/ Erdbeben und Kriege auch die mit umkommen muͤſten/ welchen das Verhaͤngniß gleich nicht abſonderlich derogleichen Ungluͤck beſtimmet/ und ſeinen Willen ſich in ſolch Ungluͤck zu ſtuͤr- tzen geneiget haͤtte. Sind denn die Sterne und die Welt vernuͤnfftige Thiere/ wie dem Plato getraͤumet hat? Jſt dieſes himmliſche Heer/ ſagte Sophites/ mit einem gewiſſen Gei- ſte beſeelet: daß es bey ſich einen gewiſſen Rath halten/ einen Schluß machen/ und unſer Ge- muͤthe derogeſtalt zwingen oder beherrſchen koͤn- ne? Cheraͤmon fing an: die Sterne haben kei- nen andern Geiſt/ der ſie reget/ als das Ver- haͤngniß. Sophites ſetzte ihm ferner entgegen: dieſes aber iſt ja noch veraͤnderlich/ und laͤſſet [Spaltenumbruch] ſeinen Schluß durch unſere Demuth erwei- chen. Denn auſſer dem wuͤrde zwiſchen un- ſer Froͤmmigkeit und Boßheit kein Unterſcheid/ und unſere den Goͤttern gewidmete Andacht ſo wenig/ als das Bellen der Hunde gegen den Monden nuͤtze ſeyn. Nach dem auch die Ge- ſtirne taͤglich ſo veraͤnderliche Stellungen ma- chen; warum ſolten die nachfolgenden nach- druͤcklichen Vereinbarungen der Geſtirne nicht auch das Gluͤcke der Menſchen aͤndern/ weil ſelbte ja in der Welt das Gewitter; und die bloſ- ſe Art der Speiſen eines Menſchen angebohrne Beſchaffenheit gleichſam gantz umzudrehen maͤchtig ſind. Cheremon verſetzte: Wir ſetzen das Verhaͤngniß in alle wege uͤber den Lauf der Ge- ſtirne/ wie den Fuhrmann uͤber die den Wagen ziehenden Pferde. Wie nun ſelbtes in alle wege dem Feuer die Gewalt zu brennen/ der Schwer- de die Eigenſchafft unter zu ſincken benehmen/ den gemeinen Lauf der Geſtirne aͤndern/ den Zuͤgel der Sonne hem̃en/ und der elben Schat- ten verruͤcken kan; alſo kan es auch aus wichti- gẽ Urſachen den ordentlichen Einfluß der Ster- ne aͤndern. Worbey denn die Seele des Men- ſchen auch etwas/ wiewohl nicht ohne ſcheinba- re Ohnmacht beytragen/ und derogeſtalt Socra- tes zwar die ihm vom Geſtirne zuhengende Un- art verbeſſern/ gleichwohl aber nicht den gewalt- ſamen Gifft-Todt verhuͤten kan. Sophites fing laͤchelndean: Jch ſehe wohl/ daß deine Mei- nung die Haͤrte anderer Sternſeher/ und die unveraͤnderliche Nothwendigkeit der Sternen- Einfluͤſſe/ denen ſie auch die Goͤtter unterworf- fen/ in etwas miltert. Wormit zugleich alle nicht eintreffenden Weiſſagungen der Stern- ſeher entſchuldiget werden koͤnnen. Cheraͤmon widerſprach alſobald dieſes letztere. Sintemal dieſe Aenderungen des Verhaͤngnuͤſſes ſehr ſel- tzam/ und fuͤr Wunderwercke zu halten waͤren/ damit die Unwiſſenden ihre falſche Wahrſagun- gen nicht zu entſchuldigen/ und derogeſtalt aus ihrer L l 3
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Arminius und Thußnelda.
Kampff zweyer Berge ſo viel tauſend Men-
ſchen umkommen/ welche unmoͤglich einerley/
oder dem Sternen-Stande nach gleiche Ge-
burts-Stunden koͤnnen gehabt haben. Che-
raͤmon erblaßte und erſtummete uͤber dieſem
Einwurffe; nach einem langen Nachdencken
aber fing er an: Es haͤtten die Geſtirne zwey-
erley Einfluͤſſe/ nehmlich auff gantze Theile des
Erdbodems/ und denn auch abſondere auff
gewiſſe Menſchen. Jener Art waͤre: daß das
geſtirnte Drey-Eck denen Nord-Voͤlckern ei-
ne verdruͤßliche Kaͤlte und Langſamkeit ein-
pflantzte/ und daß Saturn ein ſorgfaͤltiger
Vorſteher der Staͤdte waͤre. Daher vom Ta-
rutius Firmanus auch der Stadt Rom ihre Zu-
faͤlle aus den Sternen waͤren wahr geſaget wor-
den. Aus welchem Grunde zweiffelsfrey A-
naximander und Pherecydes die bevorſtehenden
Erdbeben vorher angekuͤndiget haͤtten. Nach
dem nun in der gantzen Natur die eintzelen Ur-
ſachen denen allgemeinen wichen/ und mit dem
Umtriebe des Himmels ſich auch die ihre abſon-
dere Bewegung habende Jrrſterne muͤſten um-
weltzen laſſen; waͤre kein Wunder/ daß der ein-
zelen Menſchen abſondere Einfluͤße dem allge-
meinen Einfluſſe weichen/ und alſo in Peſt/
Erdbeben und Kriege auch die mit umkommen
muͤſten/ welchen das Verhaͤngniß gleich nicht
abſonderlich derogleichen Ungluͤck beſtimmet/
und ſeinen Willen ſich in ſolch Ungluͤck zu ſtuͤr-
tzen geneiget haͤtte. Sind denn die Sterne
und die Welt vernuͤnfftige Thiere/ wie dem
Plato getraͤumet hat? Jſt dieſes himmliſche
Heer/ ſagte Sophites/ mit einem gewiſſen Gei-
ſte beſeelet: daß es bey ſich einen gewiſſen Rath
halten/ einen Schluß machen/ und unſer Ge-
muͤthe derogeſtalt zwingen oder beherrſchen koͤn-
ne? Cheraͤmon fing an: die Sterne haben kei-
nen andern Geiſt/ der ſie reget/ als das Ver-
haͤngniß. Sophites ſetzte ihm ferner entgegen:
dieſes aber iſt ja noch veraͤnderlich/ und laͤſſet
ſeinen Schluß durch unſere Demuth erwei-
chen. Denn auſſer dem wuͤrde zwiſchen un-
ſer Froͤmmigkeit und Boßheit kein Unterſcheid/
und unſere den Goͤttern gewidmete Andacht ſo
wenig/ als das Bellen der Hunde gegen den
Monden nuͤtze ſeyn. Nach dem auch die Ge-
ſtirne taͤglich ſo veraͤnderliche Stellungen ma-
chen; warum ſolten die nachfolgenden nach-
druͤcklichen Vereinbarungen der Geſtirne nicht
auch das Gluͤcke der Menſchen aͤndern/ weil
ſelbte ja in der Welt das Gewitter; und die bloſ-
ſe Art der Speiſen eines Menſchen angebohrne
Beſchaffenheit gleichſam gantz umzudrehen
maͤchtig ſind. Cheremon verſetzte: Wir ſetzen das
Verhaͤngniß in alle wege uͤber den Lauf der Ge-
ſtirne/ wie den Fuhrmann uͤber die den Wagen
ziehenden Pferde. Wie nun ſelbtes in alle wege
dem Feuer die Gewalt zu brennen/ der Schwer-
de die Eigenſchafft unter zu ſincken benehmen/
den gemeinen Lauf der Geſtirne aͤndern/ den
Zuͤgel der Sonne hem̃en/ und der elben Schat-
ten verruͤcken kan; alſo kan es auch aus wichti-
gẽ Urſachen den ordentlichen Einfluß der Ster-
ne aͤndern. Worbey denn die Seele des Men-
ſchen auch etwas/ wiewohl nicht ohne ſcheinba-
re Ohnmacht beytragen/ und derogeſtalt Socra-
tes zwar die ihm vom Geſtirne zuhengende Un-
art verbeſſern/ gleichwohl aber nicht den gewalt-
ſamen Gifft-Todt verhuͤten kan. Sophites
fing laͤchelndean: Jch ſehe wohl/ daß deine Mei-
nung die Haͤrte anderer Sternſeher/ und die
unveraͤnderliche Nothwendigkeit der Sternen-
Einfluͤſſe/ denen ſie auch die Goͤtter unterworf-
fen/ in etwas miltert. Wormit zugleich alle
nicht eintreffenden Weiſſagungen der Stern-
ſeher entſchuldiget werden koͤnnen. Cheraͤmon
widerſprach alſobald dieſes letztere. Sintemal
dieſe Aenderungen des Verhaͤngnuͤſſes ſehr ſel-
tzam/ und fuͤr Wunderwercke zu halten waͤren/
damit die Unwiſſenden ihre falſche Wahrſagun-
gen nicht zu entſchuldigen/ und derogeſtalt aus
ihrer
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