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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Menge Eulen fliegen lassen/ seinem Heere da-
mit ein groß Hertze gemacht; die Carthaginenser
aber keine geringe Niederlage erlidten. Die
unabmäßliche Grösse der Gestirne/ der unbe-
greiffliche Umbkreiß des Himmels hätte sich noch
durch kein Ferne-Glaß einem richtigen Meß-
Stabe untergeben; weniger die Berge/ Thä-
ler/ Seen/ und der Talg der Sternen/ und ob in
selbten eben so wohl Menschen oder andere Thie-
re wohnten/ ergründet werden können/ also daß fast
keines einigen Sternsehers Rechnung mit der an-
dern übereinstimmte; wie solten sie denn die ver-
borgene Eigenschaft/ und die Würckung den
Sternen so leichte absehen/ welche ihnen so wenig
in die Stirne/ als den Kräutern auf die Blätter
geschrieben wäre? Die Araber stellten den Egy-
ptiern/ diese denen Chaldeern in ihren Grund-
festen unzehlbare Fehler aus. Die Gestirne
selbst veränderten nicht allein ihren Stand/ mas-
sen der äuserste Stern in dem Schwantze des
kleinen Bäres numehr kaum 4. Staffeln von
der nordlichen Angel-Spitze entfernt wäre/ wel-
chen die Alten dreymahl so weit darvon setzten;
der gestirnte Stier stünde/ wo für Zeiten der
Widder gestanden haben solte; die Sonne solte
vier und zwantzig mal ihrer Breite weit von
der Erde erhöhet gewest seyn/ die ietzund nur
achtzehn mal von selbter entfernt wäre/ wie auch
der Bewegungs-Kreiß des Kriegs-Sterns von
der alten Anmerckung hauptsächlich verändert
seyn. Wie wäre es nun möglich/ daß die so
veränderten Gestirne ihre alte Würckung be-
halten solten/ da die von dem Gebürge in die
nechste Fläche/ zu geschweigen die aus Europa
in Asien versetzte Kräuter ihre gantze Eigenschaft
veränderten? Zumal die Sternseher selbst
glaubten/ daß die Güte und Boßheit eines Ge-
stirnes mehr aus dem Orte/ wo er stünde/ als aus
seiner Eigenschaft zu urtheilen/ insonderheit aber
der Mercur bey den glücklichen Sternen glück-
lich/ bey den argen böse; hingegen der Saturn/
[Spaltenumbruch] dessen Grausamkeit die alten so gar mit Men-
schen-Opfern versöhnet hätten/ in dem Hause
des Löwen glücklich wäre. Wie viel tausend
Sternen stünden nur in der Milch-Strasse/
welche unserm Gesichte nur als ein Nebel fürkä-
men? Welche Vermessenheit aber wolte sich
rühmen/ daß sie ihnen ihre Würckung absehen
könte/ welche sie so gewiß/ als die sichtbaren Ster-
ne haben müsten/ wo es anders wahr wäre/ daß
Gott und die Natur nichts umbsonst schaffe.
Wie offt würden die grossen Himmels-Lichter von
finstern Flecken verdüstert/ wie viel Sterne hätte
man im Himmel sich zeigen/ und wieder verschwin-
den sehen/ welche höher gestanden und grösser ge-
west/ als der Monde? Solten diese daselbst keine
Veränderung machen/ welche den Erd-Boden
in so grosse Verwunderung setzten? Sintemal
ja die kleinsten Kräuter nicht ohne Würckung
wären/ und offt für die grösten Kranckheiten
dieneten. Wie viel unausleschliche Sternen
hätte man auf den Schiffarthen in dem Sud-
Lande des Himmels kennen gelernet/ und durch
die Ferne-Gläser umb den Jupiter und Saturn
neue Jrr-Sternen erkieset/ von denen die Alten
nichts gewüst; aus derer Büchern ihr doch alle
eure Geheimnüsse schöpfet. Jn wie viel
Dingen betreuget uns nicht das Gesichte/ die
Unvollkommenheit der Ferne-Gläser/ die un-
sichtbaren Dünste in der Luft/ welche dem
Stande und der Gestalt der Gestirne eine
gantz andere Farbe anstreichen/ und den Stern-
sehern zu mehrern Jrrthümern Ursach geben/
als es Jrr-Sterne im Himmel hat. Die-
semnach es ihm keine geringere Vermessenheit
zu seyn schiene/ bey solcher Unwissenheit aus dem
Gestirne der Menschen Verhängnüß urtheilen
wollen/ als der vom Apion angezogene Wahr-
sager beging/ der aus des Apelles Gemählden
auch der von ihm sonst nie gesehenen abgemahl-
ten vergangenes und künftiges Urthel andeute-
te; oder auch die/ welche mit gewissen Edelgestei-

nen

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Menge Eulen fliegen laſſen/ ſeinem Heere da-
mit ein groß Hertze gemacht; die Carthaginenſer
aber keine geringe Niederlage erlidten. Die
unabmaͤßliche Groͤſſe der Geſtirne/ der unbe-
greiffliche Umbkreiß des Himmels haͤtte ſich noch
durch kein Ferne-Glaß einem richtigen Meß-
Stabe untergeben; weniger die Berge/ Thaͤ-
ler/ Seen/ und der Talg der Sternen/ und ob in
ſelbten eben ſo wohl Menſchen oder andere Thie-
re wohntẽ/ ergruͤndet werden koͤñen/ alſo daß faſt
keines einigẽ Sternſehers Rechnung mit der an-
dern uͤbereinſtimmte; wie ſolten ſie denn die ver-
borgene Eigenſchaft/ und die Wuͤrckung den
Steꝛnen ſo leichte abſehen/ welche ihnen ſo wenig
in die Stirne/ als den Kraͤutern auf die Blaͤtter
geſchrieben waͤre? Die Araber ſtellten den Egy-
ptiern/ dieſe denen Chaldeern in ihren Grund-
feſten unzehlbare Fehler aus. Die Geſtirne
ſelbſt veraͤnderten nicht allein ihren Stand/ maſ-
ſen der aͤuſerſte Stern in dem Schwantze des
kleinen Baͤres numehr kaum 4. Staffeln von
der nordlichen Angel-Spitze entfernt waͤre/ wel-
chen die Alten dreymahl ſo weit darvon ſetzten;
der geſtirnte Stier ſtuͤnde/ wo fuͤr Zeiten der
Widder geſtanden haben ſolte; die Sonne ſolte
vier und zwantzig mal ihrer Breite weit von
der Erde erhoͤhet geweſt ſeyn/ die ietzund nur
achtzehn mal von ſelbter entfernt waͤre/ wie auch
der Bewegungs-Kreiß des Kriegs-Sterns von
der alten Anmerckung hauptſaͤchlich veraͤndert
ſeyn. Wie waͤre es nun moͤglich/ daß die ſo
veraͤnderten Geſtirne ihre alte Wuͤrckung be-
halten ſolten/ da die von dem Gebuͤrge in die
nechſte Flaͤche/ zu geſchweigen die aus Europa
in Aſien verſetzte Kraͤuter ihre gantze Eigenſchaft
veraͤnderten? Zumal die Sternſeher ſelbſt
glaubten/ daß die Guͤte und Boßheit eines Ge-
ſtirnes mehr aus dem Orte/ wo er ſtuͤnde/ als aus
ſeiner Eigenſchaft zu urtheilen/ inſonderheit aber
der Mercur bey den gluͤcklichen Sternen gluͤck-
lich/ bey den argen boͤſe; hingegen der Saturn/
[Spaltenumbruch] deſſen Grauſamkeit die alten ſo gar mit Men-
ſchen-Opfern verſoͤhnet haͤtten/ in dem Hauſe
des Loͤwen gluͤcklich waͤre. Wie viel tauſend
Sternen ſtuͤnden nur in der Milch-Straſſe/
welche unſerm Geſichte nur als ein Nebel fuͤrkaͤ-
men? Welche Vermeſſenheit aber wolte ſich
ruͤhmen/ daß ſie ihnen ihre Wuͤrckung abſehen
koͤnte/ welche ſie ſo gewiß/ als die ſichtbaren Ster-
ne haben muͤſten/ wo es anders wahr waͤre/ daß
Gott und die Natur nichts umbſonſt ſchaffe.
Wie offt wuͤrden die groſſen Him̃els-Lichter von
finſtern Flecken verduͤſtert/ wie viel Sterne haͤtte
man im Him̃el ſich zeigẽ/ und wieder verſchwin-
den ſehen/ welche hoͤher geſtanden und groͤſſer ge-
weſt/ als der Monde? Solten dieſe daſelbſt keine
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in ſo groſſe Verwunderung ſetzten? Sintemal
ja die kleinſten Kraͤuter nicht ohne Wuͤrckung
waͤren/ und offt fuͤr die groͤſten Kranckheiten
dieneten. Wie viel unausleſchliche Sternen
haͤtte man auf den Schiffarthen in dem Sud-
Lande des Himmels kennen gelernet/ und durch
die Ferne-Glaͤſer umb den Jupiter und Saturn
neue Jrr-Sternen erkieſet/ von denen die Alten
nichts gewuͤſt; aus derer Buͤchern ihr doch alle
eure Geheimnuͤſſe ſchoͤpfet. Jn wie viel
Dingen betreuget uns nicht das Geſichte/ die
Unvollkommenheit der Ferne-Glaͤſer/ die un-
ſichtbaren Duͤnſte in der Luft/ welche dem
Stande und der Geſtalt der Geſtirne eine
gantz andere Farbe anſtreichen/ und den Stern-
ſehern zu mehrern Jrrthuͤmern Urſach geben/
als es Jrr-Sterne im Himmel hat. Die-
ſemnach es ihm keine geringere Vermeſſenheit
zu ſeyn ſchiene/ bey ſolcher Unwiſſenheit aus dem
Geſtirne der Menſchen Verhaͤngnuͤß urtheilen
wollen/ als der vom Apion angezogene Wahr-
ſager beging/ der aus des Apelles Gemaͤhlden
auch der von ihm ſonſt nie geſehenen abgemahl-
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te; oder auch die/ welche mit gewiſſen Edelgeſtei-

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[266/0318] Drittes Buch Menge Eulen fliegen laſſen/ ſeinem Heere da- mit ein groß Hertze gemacht; die Carthaginenſer aber keine geringe Niederlage erlidten. Die unabmaͤßliche Groͤſſe der Geſtirne/ der unbe- greiffliche Umbkreiß des Himmels haͤtte ſich noch durch kein Ferne-Glaß einem richtigen Meß- Stabe untergeben; weniger die Berge/ Thaͤ- ler/ Seen/ und der Talg der Sternen/ und ob in ſelbten eben ſo wohl Menſchen oder andere Thie- re wohntẽ/ ergruͤndet werden koͤñen/ alſo daß faſt keines einigẽ Sternſehers Rechnung mit der an- dern uͤbereinſtimmte; wie ſolten ſie denn die ver- borgene Eigenſchaft/ und die Wuͤrckung den Steꝛnen ſo leichte abſehen/ welche ihnen ſo wenig in die Stirne/ als den Kraͤutern auf die Blaͤtter geſchrieben waͤre? Die Araber ſtellten den Egy- ptiern/ dieſe denen Chaldeern in ihren Grund- feſten unzehlbare Fehler aus. Die Geſtirne ſelbſt veraͤnderten nicht allein ihren Stand/ maſ- ſen der aͤuſerſte Stern in dem Schwantze des kleinen Baͤres numehr kaum 4. Staffeln von der nordlichen Angel-Spitze entfernt waͤre/ wel- chen die Alten dreymahl ſo weit darvon ſetzten; der geſtirnte Stier ſtuͤnde/ wo fuͤr Zeiten der Widder geſtanden haben ſolte; die Sonne ſolte vier und zwantzig mal ihrer Breite weit von der Erde erhoͤhet geweſt ſeyn/ die ietzund nur achtzehn mal von ſelbter entfernt waͤre/ wie auch der Bewegungs-Kreiß des Kriegs-Sterns von der alten Anmerckung hauptſaͤchlich veraͤndert ſeyn. Wie waͤre es nun moͤglich/ daß die ſo veraͤnderten Geſtirne ihre alte Wuͤrckung be- halten ſolten/ da die von dem Gebuͤrge in die nechſte Flaͤche/ zu geſchweigen die aus Europa in Aſien verſetzte Kraͤuter ihre gantze Eigenſchaft veraͤnderten? Zumal die Sternſeher ſelbſt glaubten/ daß die Guͤte und Boßheit eines Ge- ſtirnes mehr aus dem Orte/ wo er ſtuͤnde/ als aus ſeiner Eigenſchaft zu urtheilen/ inſonderheit aber der Mercur bey den gluͤcklichen Sternen gluͤck- lich/ bey den argen boͤſe; hingegen der Saturn/ deſſen Grauſamkeit die alten ſo gar mit Men- ſchen-Opfern verſoͤhnet haͤtten/ in dem Hauſe des Loͤwen gluͤcklich waͤre. Wie viel tauſend Sternen ſtuͤnden nur in der Milch-Straſſe/ welche unſerm Geſichte nur als ein Nebel fuͤrkaͤ- men? Welche Vermeſſenheit aber wolte ſich ruͤhmen/ daß ſie ihnen ihre Wuͤrckung abſehen koͤnte/ welche ſie ſo gewiß/ als die ſichtbaren Ster- ne haben muͤſten/ wo es anders wahr waͤre/ daß Gott und die Natur nichts umbſonſt ſchaffe. Wie offt wuͤrden die groſſen Him̃els-Lichter von finſtern Flecken verduͤſtert/ wie viel Sterne haͤtte man im Him̃el ſich zeigẽ/ und wieder verſchwin- den ſehen/ welche hoͤher geſtanden und groͤſſer ge- weſt/ als der Monde? Solten dieſe daſelbſt keine Veraͤnderung machen/ welche den Erd-Boden in ſo groſſe Verwunderung ſetzten? Sintemal ja die kleinſten Kraͤuter nicht ohne Wuͤrckung waͤren/ und offt fuͤr die groͤſten Kranckheiten dieneten. Wie viel unausleſchliche Sternen haͤtte man auf den Schiffarthen in dem Sud- Lande des Himmels kennen gelernet/ und durch die Ferne-Glaͤſer umb den Jupiter und Saturn neue Jrr-Sternen erkieſet/ von denen die Alten nichts gewuͤſt; aus derer Buͤchern ihr doch alle eure Geheimnuͤſſe ſchoͤpfet. Jn wie viel Dingen betreuget uns nicht das Geſichte/ die Unvollkommenheit der Ferne-Glaͤſer/ die un- ſichtbaren Duͤnſte in der Luft/ welche dem Stande und der Geſtalt der Geſtirne eine gantz andere Farbe anſtreichen/ und den Stern- ſehern zu mehrern Jrrthuͤmern Urſach geben/ als es Jrr-Sterne im Himmel hat. Die- ſemnach es ihm keine geringere Vermeſſenheit zu ſeyn ſchiene/ bey ſolcher Unwiſſenheit aus dem Geſtirne der Menſchen Verhaͤngnuͤß urtheilen wollen/ als der vom Apion angezogene Wahr- ſager beging/ der aus des Apelles Gemaͤhlden auch der von ihm ſonſt nie geſehenen abgemahl- ten vergangenes und kuͤnftiges Urthel andeute- te; oder auch die/ welche mit gewiſſen Edelgeſtei- nen

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/318>, abgerufen am 22.11.2024.