Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Arminius und Thußnelden.
[Spaltenumbruch] Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-
ner hefftigen Bestürtzung uns nicht geringen
Trost/ und ob wir wohl noch tausenderley Ge-
fahr für Augen sahen/ verliessen wir uns doch
so sehr auff Arsinoen/ als ein Schiffer beym
Sturm auff seinen Ancker. Folgende Tage
ward uns in Vertrauen zuwissen gemacht; wie
die Armenische Botschafft beym Könige die rech-
te Verhör gehabt/ und im Nahmen des Tigra-
nes angeführt habe: Es wäre den Rechten der
Völcker/ und denen zwischen den Armen- und
Pontischen Königen auffgerichteten alten Ver-
trägen gemäß/ daß keiner des andern Feinde
hausen/ sondern selbte ausgefolget werden sol-
ten. Es wäre Weltkündig/ wie übel dem Ari-
stodicus von Cuma seine unzeitige Barmhertzig-
keit bekommen/ als er den dem Könige Cyrus
mit einem grossen Schatze entlauffenen Pacty-
as seinem Sardischen Land-Vogte Tabalus
nicht aushändigen wollen/ da doch der Didyme-
ische Apollo und Branchus/ als die Cumäer sie
hierüber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs-
Recht gebilliget hatte. Dahero versehe sich Kö-
nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den
jungen Artaxias als seinen Feind und Unter-
than nicht vorenthalten würde. Polemon aber
habe fürgeschützt: Es hätte Apollo gleichwohl/
als Aristodicus die an dem Tempel nistenden
Sperlinge aus den Nestern verjagt/ und dem ihm
fluchenden Abgotte seinen vorigen Spruch ent-
gegen gesetzt/ seinen Befehl nur auf gehausete U-
belthäter/ derogleichen Artaxias nicht wäre/ ge-
deutet; ja die Cumäer hätten den Pactyas
gleichwohl nicht unmittelbar den Persen einge-
antwortet/ sondern ihn auff die Jnsel Chius ver-
wiesen/ da ihn den allererst die Einwohner sei-
nen Feinden geliefert. Nach dem der Gesand-
te darauff bestanden/ habe König Polemon zu
seiner Entschlüssung Bedenck-Zeit genommen/
und den Gesandten versichert/ daß inzwischen
die begehrte und für einen Feind angegebene
Person in sicherer Hafft bestrickt wäre. Nach
[Spaltenumbruch] der Zeit hatte der König alle Kunststücke des Ti-
granes Anmuthen abzulehnen herfür gesucht/
nehmlich die Gesandten mit Jagten/ Schau-
spielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/
auch dort und darhin zu reisen Gelegenheit ge-
sucht/ um nur fernere Verhör abzulehnen; und/
nach dem die Botschafft sich darmit nicht länger
wollen äffen lassen/ für geschützt: Er müste es als
eine Sache von grosser Nachfolge mit den be-
nachbarten Königen berathen/ inzwischen kön-
ten die Gesandten zurück kehren/ seine ihnen
vielleicht auf dem Fuße folgende Botschaft wür-
de seine vernünfftige und vielleicht nicht unan-
genehme Entschlüssung nachbringen. Hinge-
gen versehe er sich/ daß auff solchen Fall Tigra-
nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in
dem Bosphorschen Kriege wider ihn die Waf-
fen geführet/ und hernach sich in Armenien ge-
flüchtet hatten/ unter denen Lycosthenes ein
Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen
lassen würden. Alleine es hätten die Gesand-
ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih-
res Königs Befehl/ daß sie ohne den nicht zurü-
cke kehren dörfften/ fürgeschützt/ und die Aus-
wechselung des Lycosthenes und andere ge-
gen dem Artaxius ausdrücklich anerboten. Des-
sen ungeachtet hätte die Fürstin Arsinoe dem
Könige fort für fort in Ohren gelegen: Es wäre
wider der Pontischen Könige Hoheit einen Für-
sten/ der zu Sinope in seiner Verfolgung eine
Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/
ausser dem verhofften Schirm nicht allein zu
lassen/ sondern auch einen Unschuldigen in die
Klauen eines Wüterichs zu lieffern. Es lief-
fe wider das Recht und die Gewonheit der Völ-
cker/ und diene das Beyspiel des Käysers/ welcher
dem Phraates den flüchtigen Tiridates keines-
weges hätte ausantworten wollen/ ihm zu einem
Wegweiser. Ob nun wohl die zwey Römischen
Rathsherren Taurus und Silanus auf die Seite
des Tigranes hingen/ soüberwog doch die Groß-
müthigkeit Polemons/ und die Anmassung Ar-

sinöens
Erster Theil. K k

Arminius und Thußnelden.
[Spaltenumbruch] Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-
ner hefftigen Beſtuͤrtzung uns nicht geringen
Troſt/ und ob wir wohl noch tauſenderley Ge-
fahr fuͤr Augen ſahen/ verlieſſen wir uns doch
ſo ſehr auff Arſinoen/ als ein Schiffer beym
Sturm auff ſeinen Ancker. Folgende Tage
ward uns in Vertrauen zuwiſſen gemacht; wie
die Armeniſche Botſchafft beym Koͤnige die rech-
te Verhoͤr gehabt/ und im Nahmen des Tigra-
nes angefuͤhrt habe: Es waͤre den Rechten der
Voͤlcker/ und denen zwiſchen den Armen- und
Pontiſchen Koͤnigen auffgerichteten alten Ver-
traͤgen gemaͤß/ daß keiner des andern Feinde
hauſen/ ſondern ſelbte ausgefolget werden ſol-
ten. Es waͤre Weltkuͤndig/ wie uͤbel dem Ari-
ſtodicus von Cuma ſeine unzeitige Barmhertzig-
keit bekommen/ als er den dem Koͤnige Cyrus
mit einem groſſen Schatze entlauffenen Pacty-
as ſeinem Sardiſchen Land-Vogte Tabalus
nicht aushaͤndigen wollen/ da doch der Didyme-
iſche Apollo und Branchus/ als die Cumaͤer ſie
hieruͤber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs-
Recht gebilliget hatte. Dahero verſehe ſich Koͤ-
nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den
jungen Artaxias als ſeinen Feind und Unter-
than nicht vorenthalten wuͤrde. Polemon aber
habe fuͤrgeſchuͤtzt: Es haͤtte Apollo gleichwohl/
als Ariſtodicus die an dem Tempel niſtenden
Sperlinge aus dẽ Neſtern verjagt/ und dem ihm
fluchenden Abgotte ſeinen vorigen Spruch ent-
gegen geſetzt/ ſeinen Befehl nur auf gehauſete U-
belthaͤter/ derogleichen Artaxias nicht waͤre/ ge-
deutet; ja die Cumaͤer haͤtten den Pactyas
gleichwohl nicht unmittelbar den Perſen einge-
antwortet/ ſondern ihn auff die Jnſel Chius ver-
wieſen/ da ihn den allererſt die Einwohner ſei-
nen Feinden geliefert. Nach dem der Geſand-
te darauff beſtanden/ habe Koͤnig Polemon zu
ſeiner Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit genommen/
und den Geſandten verſichert/ daß inzwiſchen
die begehrte und fuͤr einen Feind angegebene
Perſon in ſicherer Hafft beſtrickt waͤre. Nach
[Spaltenumbruch] der Zeit hatte der Koͤnig alle Kunſtſtuͤcke des Ti-
granes Anmuthen abzulehnen herfuͤr geſucht/
nehmlich die Geſandten mit Jagten/ Schau-
ſpielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/
auch dort und darhin zu reiſen Gelegenheit ge-
ſucht/ um nur fernere Verhoͤr abzulehnen; und/
nach dem die Botſchafft ſich darmit nicht laͤnger
wollen aͤffen laſſen/ fuͤr geſchuͤtzt: Er muͤſte es als
eine Sache von groſſer Nachfolge mit den be-
nachbarten Koͤnigen berathen/ inzwiſchen koͤn-
ten die Geſandten zuruͤck kehren/ ſeine ihnen
vielleicht auf dem Fuße folgende Botſchaft wuͤr-
de ſeine vernuͤnfftige und vielleicht nicht unan-
genehme Entſchluͤſſung nachbringen. Hinge-
gen verſehe er ſich/ daß auff ſolchen Fall Tigra-
nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in
dem Boſphorſchen Kriege wider ihn die Waf-
fen gefuͤhret/ und hernach ſich in Armenien ge-
fluͤchtet hatten/ unter denen Lycoſthenes ein
Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen
laſſen wuͤrden. Alleine es haͤtten die Geſand-
ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih-
res Koͤnigs Befehl/ daß ſie ohne den nicht zuruͤ-
cke kehren doͤrfften/ fuͤrgeſchuͤtzt/ und die Aus-
wechſelung des Lycoſthenes und andere ge-
gen dem Artaxius ausdruͤcklich anerboten. Deſ-
ſen ungeachtet haͤtte die Fuͤrſtin Arſinoe dem
Koͤnige fort fuͤr fort in Ohren gelegen: Es waͤre
wider der Pontiſchen Koͤnige Hoheit einen Fuͤr-
ſten/ der zu Sinope in ſeiner Verfolgung eine
Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/
auſſer dem verhofften Schirm nicht allein zu
laſſen/ ſondern auch einen Unſchuldigen in die
Klauen eines Wuͤterichs zu lieffern. Es lief-
fe wider das Recht und die Gewonheit der Voͤl-
cker/ und diene das Beyſpiel des Kaͤyſers/ welcher
dem Phraates den fluͤchtigen Tiridates keines-
weges haͤtte ausantworten wollẽ/ ihm zu einem
Wegweiſer. Ob nun wohl die zwey Roͤmiſchen
Rathsherren Taurus uñ Silanus auf die Seite
des Tigranes hingen/ ſouͤberwog doch die Groß-
muͤthigkeit Polemons/ und die Anmaſſung Ar-

ſinoͤens
Erſter Theil. K k
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0309" n="257"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelden.</hi></fw><lb/><cb/>
Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei-<lb/>
ner hefftigen Be&#x017F;tu&#x0364;rtzung uns nicht geringen<lb/>
Tro&#x017F;t/ und ob wir wohl noch tau&#x017F;enderley Ge-<lb/>
fahr fu&#x0364;r Augen &#x017F;ahen/ verlie&#x017F;&#x017F;en wir uns doch<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehr auff Ar&#x017F;inoen/ als ein Schiffer beym<lb/>
Sturm auff &#x017F;einen Ancker. Folgende Tage<lb/>
ward uns in Vertrauen zuwi&#x017F;&#x017F;en gemacht; wie<lb/>
die Armeni&#x017F;che Bot&#x017F;chafft beym Ko&#x0364;nige die rech-<lb/>
te Verho&#x0364;r gehabt/ und im Nahmen des Tigra-<lb/>
nes angefu&#x0364;hrt habe: Es wa&#x0364;re den Rechten der<lb/>
Vo&#x0364;lcker/ und denen zwi&#x017F;chen den Armen- und<lb/>
Ponti&#x017F;chen Ko&#x0364;nigen auffgerichteten alten Ver-<lb/>
tra&#x0364;gen gema&#x0364;ß/ daß keiner des andern Feinde<lb/>
hau&#x017F;en/ &#x017F;ondern &#x017F;elbte ausgefolget werden &#x017F;ol-<lb/>
ten. Es wa&#x0364;re Weltku&#x0364;ndig/ wie u&#x0364;bel dem Ari-<lb/>
&#x017F;todicus von Cuma &#x017F;eine unzeitige Barmhertzig-<lb/>
keit bekommen/ als er den dem Ko&#x0364;nige Cyrus<lb/>
mit einem gro&#x017F;&#x017F;en Schatze entlauffenen Pacty-<lb/>
as &#x017F;einem Sardi&#x017F;chen Land-Vogte Tabalus<lb/>
nicht ausha&#x0364;ndigen wollen/ da doch der Didyme-<lb/>
i&#x017F;che Apollo und Branchus/ als die Cuma&#x0364;er &#x017F;ie<lb/>
hieru&#x0364;ber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs-<lb/>
Recht gebilliget hatte. Dahero ver&#x017F;ehe &#x017F;ich Ko&#x0364;-<lb/>
nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den<lb/>
jungen Artaxias als &#x017F;einen Feind und Unter-<lb/>
than nicht vorenthalten wu&#x0364;rde. Polemon aber<lb/>
habe fu&#x0364;rge&#x017F;chu&#x0364;tzt: Es ha&#x0364;tte Apollo gleichwohl/<lb/>
als Ari&#x017F;todicus die an dem Tempel ni&#x017F;tenden<lb/>
Sperlinge aus de&#x0303; Ne&#x017F;tern verjagt/ und dem ihm<lb/>
fluchenden Abgotte &#x017F;einen vorigen Spruch ent-<lb/>
gegen ge&#x017F;etzt/ &#x017F;einen Befehl nur auf gehau&#x017F;ete U-<lb/>
beltha&#x0364;ter/ derogleichen Artaxias nicht wa&#x0364;re/ ge-<lb/>
deutet; ja die Cuma&#x0364;er ha&#x0364;tten den Pactyas<lb/>
gleichwohl nicht unmittelbar den Per&#x017F;en einge-<lb/>
antwortet/ &#x017F;ondern ihn auff die Jn&#x017F;el Chius ver-<lb/>
wie&#x017F;en/ da ihn den allerer&#x017F;t die Einwohner &#x017F;ei-<lb/>
nen Feinden geliefert. Nach dem der Ge&#x017F;and-<lb/>
te darauff be&#x017F;tanden/ habe Ko&#x0364;nig Polemon zu<lb/>
&#x017F;einer Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung Bedenck-Zeit genommen/<lb/>
und den Ge&#x017F;andten ver&#x017F;ichert/ daß inzwi&#x017F;chen<lb/>
die begehrte und fu&#x0364;r einen Feind angegebene<lb/>
Per&#x017F;on in &#x017F;icherer Hafft be&#x017F;trickt wa&#x0364;re. Nach<lb/><cb/>
der Zeit hatte der Ko&#x0364;nig alle Kun&#x017F;t&#x017F;tu&#x0364;cke des Ti-<lb/>
granes Anmuthen abzulehnen herfu&#x0364;r ge&#x017F;ucht/<lb/>
nehmlich die Ge&#x017F;andten mit Jagten/ Schau-<lb/>
&#x017F;pielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/<lb/>
auch dort und darhin zu rei&#x017F;en Gelegenheit ge-<lb/>
&#x017F;ucht/ um nur fernere Verho&#x0364;r abzulehnen; und/<lb/>
nach dem die Bot&#x017F;chafft &#x017F;ich darmit nicht la&#x0364;nger<lb/>
wollen a&#x0364;ffen la&#x017F;&#x017F;en/ fu&#x0364;r ge&#x017F;chu&#x0364;tzt: Er mu&#x0364;&#x017F;te es als<lb/>
eine Sache von gro&#x017F;&#x017F;er Nachfolge mit den be-<lb/>
nachbarten Ko&#x0364;nigen berathen/ inzwi&#x017F;chen ko&#x0364;n-<lb/>
ten die Ge&#x017F;andten zuru&#x0364;ck kehren/ &#x017F;eine ihnen<lb/>
vielleicht auf dem Fuße folgende Bot&#x017F;chaft wu&#x0364;r-<lb/>
de &#x017F;eine vernu&#x0364;nfftige und vielleicht nicht unan-<lb/>
genehme Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung nachbringen. Hinge-<lb/>
gen ver&#x017F;ehe er &#x017F;ich/ daß auff &#x017F;olchen Fall Tigra-<lb/>
nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in<lb/>
dem Bo&#x017F;phor&#x017F;chen Kriege wider ihn die Waf-<lb/>
fen gefu&#x0364;hret/ und hernach &#x017F;ich in Armenien ge-<lb/>
flu&#x0364;chtet hatten/ unter denen Lyco&#x017F;thenes ein<lb/>
Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rden. Alleine es ha&#x0364;tten die Ge&#x017F;and-<lb/>
ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih-<lb/>
res Ko&#x0364;nigs Befehl/ daß &#x017F;ie ohne den nicht zuru&#x0364;-<lb/>
cke kehren do&#x0364;rfften/ fu&#x0364;rge&#x017F;chu&#x0364;tzt/ und die Aus-<lb/>
wech&#x017F;elung des Lyco&#x017F;thenes und andere ge-<lb/>
gen dem Artaxius ausdru&#x0364;cklich anerboten. De&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en ungeachtet ha&#x0364;tte die Fu&#x0364;r&#x017F;tin Ar&#x017F;inoe dem<lb/>
Ko&#x0364;nige fort fu&#x0364;r fort in Ohren gelegen: Es wa&#x0364;re<lb/>
wider der Ponti&#x017F;chen Ko&#x0364;nige Hoheit einen Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten/ der zu Sinope in &#x017F;einer Verfolgung eine<lb/>
Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/<lb/>
au&#x017F;&#x017F;er dem verhofften Schirm nicht allein zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern auch einen Un&#x017F;chuldigen in die<lb/>
Klauen eines Wu&#x0364;terichs zu lieffern. Es lief-<lb/>
fe wider das Recht und die Gewonheit der Vo&#x0364;l-<lb/>
cker/ und diene das Bey&#x017F;piel des Ka&#x0364;y&#x017F;ers/ welcher<lb/>
dem Phraates den flu&#x0364;chtigen Tiridates keines-<lb/>
weges ha&#x0364;tte ausantworten wolle&#x0303;/ ihm zu einem<lb/>
Wegwei&#x017F;er. Ob nun wohl die zwey Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Rathsherren Taurus un&#x0303; Silanus auf die Seite<lb/>
des Tigranes hingen/ &#x017F;ou&#x0364;berwog doch die Groß-<lb/>
mu&#x0364;thigkeit Polemons/ und die Anma&#x017F;&#x017F;ung Ar-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Er&#x017F;ter Theil. K k</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ino&#x0364;ens</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0309] Arminius und Thußnelden. Welt verdienet. Diß Schreiben gab nach ei- ner hefftigen Beſtuͤrtzung uns nicht geringen Troſt/ und ob wir wohl noch tauſenderley Ge- fahr fuͤr Augen ſahen/ verlieſſen wir uns doch ſo ſehr auff Arſinoen/ als ein Schiffer beym Sturm auff ſeinen Ancker. Folgende Tage ward uns in Vertrauen zuwiſſen gemacht; wie die Armeniſche Botſchafft beym Koͤnige die rech- te Verhoͤr gehabt/ und im Nahmen des Tigra- nes angefuͤhrt habe: Es waͤre den Rechten der Voͤlcker/ und denen zwiſchen den Armen- und Pontiſchen Koͤnigen auffgerichteten alten Ver- traͤgen gemaͤß/ daß keiner des andern Feinde hauſen/ ſondern ſelbte ausgefolget werden ſol- ten. Es waͤre Weltkuͤndig/ wie uͤbel dem Ari- ſtodicus von Cuma ſeine unzeitige Barmhertzig- keit bekommen/ als er den dem Koͤnige Cyrus mit einem groſſen Schatze entlauffenen Pacty- as ſeinem Sardiſchen Land-Vogte Tabalus nicht aushaͤndigen wollen/ da doch der Didyme- iſche Apollo und Branchus/ als die Cumaͤer ſie hieruͤber zu Rathe gezogen/ diß Ausfolgungs- Recht gebilliget hatte. Dahero verſehe ſich Koͤ- nig Tigranes unfehlbar: daß Polemon ihm den jungen Artaxias als ſeinen Feind und Unter- than nicht vorenthalten wuͤrde. Polemon aber habe fuͤrgeſchuͤtzt: Es haͤtte Apollo gleichwohl/ als Ariſtodicus die an dem Tempel niſtenden Sperlinge aus dẽ Neſtern verjagt/ und dem ihm fluchenden Abgotte ſeinen vorigen Spruch ent- gegen geſetzt/ ſeinen Befehl nur auf gehauſete U- belthaͤter/ derogleichen Artaxias nicht waͤre/ ge- deutet; ja die Cumaͤer haͤtten den Pactyas gleichwohl nicht unmittelbar den Perſen einge- antwortet/ ſondern ihn auff die Jnſel Chius ver- wieſen/ da ihn den allererſt die Einwohner ſei- nen Feinden geliefert. Nach dem der Geſand- te darauff beſtanden/ habe Koͤnig Polemon zu ſeiner Entſchluͤſſung Bedenck-Zeit genommen/ und den Geſandten verſichert/ daß inzwiſchen die begehrte und fuͤr einen Feind angegebene Perſon in ſicherer Hafft beſtrickt waͤre. Nach der Zeit hatte der Koͤnig alle Kunſtſtuͤcke des Ti- granes Anmuthen abzulehnen herfuͤr geſucht/ nehmlich die Geſandten mit Jagten/ Schau- ſpielen und andern Kurtzweilen auffgehalten/ auch dort und darhin zu reiſen Gelegenheit ge- ſucht/ um nur fernere Verhoͤr abzulehnen; und/ nach dem die Botſchafft ſich darmit nicht laͤnger wollen aͤffen laſſen/ fuͤr geſchuͤtzt: Er muͤſte es als eine Sache von groſſer Nachfolge mit den be- nachbarten Koͤnigen berathen/ inzwiſchen koͤn- ten die Geſandten zuruͤck kehren/ ſeine ihnen vielleicht auf dem Fuße folgende Botſchaft wuͤr- de ſeine vernuͤnfftige und vielleicht nicht unan- genehme Entſchluͤſſung nachbringen. Hinge- gen verſehe er ſich/ daß auff ſolchen Fall Tigra- nes auch des Meleagenes Anhang/ welche in dem Boſphorſchen Kriege wider ihn die Waf- fen gefuͤhret/ und hernach ſich in Armenien ge- fluͤchtet hatten/ unter denen Lycoſthenes ein Schoos-Kind des Tigranes war/ ausfolgen laſſen wuͤrden. Alleine es haͤtten die Geſand- ten auff einen endlichen Schluß gedrungen/ ih- res Koͤnigs Befehl/ daß ſie ohne den nicht zuruͤ- cke kehren doͤrfften/ fuͤrgeſchuͤtzt/ und die Aus- wechſelung des Lycoſthenes und andere ge- gen dem Artaxius ausdruͤcklich anerboten. Deſ- ſen ungeachtet haͤtte die Fuͤrſtin Arſinoe dem Koͤnige fort fuͤr fort in Ohren gelegen: Es waͤre wider der Pontiſchen Koͤnige Hoheit einen Fuͤr- ſten/ der zu Sinope in ſeiner Verfolgung eine Frey- und Schutz-Stadt zu finden vermeinet/ auſſer dem verhofften Schirm nicht allein zu laſſen/ ſondern auch einen Unſchuldigen in die Klauen eines Wuͤterichs zu lieffern. Es lief- fe wider das Recht und die Gewonheit der Voͤl- cker/ und diene das Beyſpiel des Kaͤyſers/ welcher dem Phraates den fluͤchtigen Tiridates keines- weges haͤtte ausantworten wollẽ/ ihm zu einem Wegweiſer. Ob nun wohl die zwey Roͤmiſchen Rathsherren Taurus uñ Silanus auf die Seite des Tigranes hingen/ ſouͤberwog doch die Groß- muͤthigkeit Polemons/ und die Anmaſſung Ar- ſinoͤens Erſter Theil. K k

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/309
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/309>, abgerufen am 22.11.2024.