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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Drittes Buch
[Spaltenumbruch] naemphtes zu loben/ und den Massabazanes
um seinen Zustand zu fragen. Dieser gab sich/
wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/
nachmahls für einen Albanischen Edelmann
aus/ den an diesen berühmten Hoff mehr der
Vorwitz was denckwürdiges zu sehen/ als eini-
ge Nothwendigkeit gebracht hätte. Arsinoe
antwortete ihm: Es wäre solch Vornehmen
nicht für einen Fürwitz/ sondern eine Regung
eines tapffern Gemüthes zu halten/ und bedün-
cke sie/ es habe die Tugend die Art etlicher
Pflantzen an sich/ welche in ihrem eigenen Erd-
reiche nicht wachsen können/ sondern ihre Voll-
kommenheit nach geschehener Versetzung auff
einem frembden Bäte erlangen müsten. Und
hätte sie deßhalben ein sonderbares Belieben
an denselben Edlen/ welche ausser Landes/ wo
weder die Liebe der ihrigen sie verzärtelte/ noch
die Heucheley ihre Laster streichelte/ ihr Glück
suchten/ und ihren Ruhm vergrösserten. Weß-
wegen Massabazanes sich von ihrem Herrn
Vater aller Königlichen Gnade versichern
solte. Unter derogleichen annehmlichen Ge-
sprächen vollendeten die Ritter ihre Rennen;
und es war keiner/ dem nicht zum minsten ein
Streich gefehlet hatte. Die Fürstin Arsinoe
machte sich daher geschickt das ihrige zu thun.
Das erste Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach
demselben warf sie den Wurf-Spieß so glück-
lich/ daß selbter recht in das lincke Auge traff;
Das andere war ein einäugichter Cyclopen-
Kopff/ diesen hieb sie mit ihrer Sebel in einem
Streich ab/ fing selbten auch mit der Spitze
ihres Sebels/ daß er daran stecken blieb. Das
dritte war ein Ring/ den sie mit der Lantze/
nach dem sie sie vorher durch einen Wurf in
der Lufft dreymahl umgedrehet/ fast in dem in-
nersten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein
auf einer 60. Ellenbogen-hoher Säule aufge-
stellter Drache/ denselben traf sie mit dem Bo-
gen so wohl/ daß der Pfeil im Rachen stecken
[Spaltenumbruch] blieb. Das fünffte war eine von Thon berei-
tete/ und in unterschiedene Kreisse eingetheilte
Scheibe/ in diese traf sie aus der Schleuder mit
einem Steine in den andern Kreiß/ also/ daß
ihr kein einiges Treffen mißlang/ und sie bey
dem umstehenden Volck ein grosses Freuden-
Geschrey erweckte. Massabazanes war al-
lein noch übrig/ der rennen solte/ und es ließ
ihm niemand träumen/ daß dieser unbekandte
Frembdling der Fürstin den höchsten Preiß
strittig machen solte. Sie vergebe mir aber/
großmüthige Thußnelda/ daß ich meine Kö-
nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War-
heit ablegen soll. Massabazanes erschien als
ein Blitz-geschwinder Falcke auff der Renne-
bahn/ er warf seinen Wurf-Spieß dem Scy-
then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des
Polyphemus ab/ und stach ihm im fallen seine
Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der
Lantze den Ring im Mittel weg/ er schoß den
Drachen ins lincke Auge/ und traf das weisse in
der Scheibe mit seinem abgeschleuderten Stei-
ne. Die Zuschauer wurden gezwungen ihn
eben so wohl mit einem Freuden-Geschrey zu
beehren/ wormit das vorhergehende nicht so
wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre
Fürstin/ als einen Zuruff der Tugend überkä-
me. Die zwey Römischen Rathsherren/ de-
nen König Polemon das Urthel des Sieges/
und die Austheilung der Preisse anvertraut
hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es
hätte Arsinoe und Massabazanes einander die
Wage derogestalt gehalten/ daß sie durch ein
neues Rennen gleichen müsten. Arsinoe gab
sich hingegen selbst: daß Massabazanes den
Preiß exworben; Sie muste aber gleichwohl
sich dem Erkäntnüsse unterwerffen/ und ihr
wiederholetes Rennen/ in dem sie abermahls
gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungsames Zeug-
nüß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefährlichen
Zufalle/ sondern ihrer Geschickligkeit zuzu

schrei-

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] naemphtes zu loben/ und den Maſſabazanes
um ſeinen Zuſtand zu fragen. Dieſer gab ſich/
wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/
nachmahls fuͤr einen Albaniſchen Edelmann
aus/ den an dieſen beruͤhmten Hoff mehr der
Vorwitz was denckwuͤrdiges zu ſehen/ als eini-
ge Nothwendigkeit gebracht haͤtte. Arſinoe
antwortete ihm: Es waͤre ſolch Vornehmen
nicht fuͤr einen Fuͤrwitz/ ſondern eine Regung
eines tapffern Gemuͤthes zu halten/ und beduͤn-
cke ſie/ es habe die Tugend die Art etlicher
Pflantzen an ſich/ welche in ihrem eigenen Erd-
reiche nicht wachſen koͤnnen/ ſondern ihre Voll-
kommenheit nach geſchehener Verſetzung auff
einem frembden Baͤte erlangen muͤſten. Und
haͤtte ſie deßhalben ein ſonderbares Belieben
an denſelben Edlen/ welche auſſer Landes/ wo
weder die Liebe der ihrigen ſie verzaͤrtelte/ noch
die Heucheley ihre Laſter ſtreichelte/ ihr Gluͤck
ſuchten/ und ihren Ruhm vergroͤſſerten. Weß-
wegen Maſſabazanes ſich von ihrem Herrn
Vater aller Koͤniglichen Gnade verſichern
ſolte. Unter derogleichen annehmlichen Ge-
ſpraͤchen vollendeten die Ritter ihre Rennen;
und es war keiner/ dem nicht zum minſten ein
Streich gefehlet hatte. Die Fuͤrſtin Arſinoe
machte ſich daher geſchickt das ihrige zu thun.
Das erſte Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach
demſelben warf ſie den Wurf-Spieß ſo gluͤck-
lich/ daß ſelbter recht in das lincke Auge traff;
Das andere war ein einaͤugichter Cyclopen-
Kopff/ dieſen hieb ſie mit ihrer Sebel in einem
Streich ab/ fing ſelbten auch mit der Spitze
ihres Sebels/ daß er daran ſtecken blieb. Das
dritte war ein Ring/ den ſie mit der Lantze/
nach dem ſie ſie vorher durch einen Wurf in
der Lufft dreymahl umgedrehet/ faſt in dem in-
nerſten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein
auf einer 60. Ellenbogen-hoher Saͤule aufge-
ſtellter Drache/ denſelben traf ſie mit dem Bo-
gen ſo wohl/ daß der Pfeil im Rachen ſtecken
[Spaltenumbruch] blieb. Das fuͤnffte war eine von Thon berei-
tete/ und in unterſchiedene Kreiſſe eingetheilte
Scheibe/ in dieſe traf ſie aus der Schleuder mit
einem Steine in den andern Kreiß/ alſo/ daß
ihr kein einiges Treffen mißlang/ und ſie bey
dem umſtehenden Volck ein groſſes Freuden-
Geſchrey erweckte. Maſſabazanes war al-
lein noch uͤbrig/ der rennen ſolte/ und es ließ
ihm niemand traͤumen/ daß dieſer unbekandte
Frembdling der Fuͤrſtin den hoͤchſten Preiß
ſtrittig machen ſolte. Sie vergebe mir aber/
großmuͤthige Thußnelda/ daß ich meine Koͤ-
nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War-
heit ablegen ſoll. Maſſabazanes erſchien als
ein Blitz-geſchwinder Falcke auff der Renne-
bahn/ er warf ſeinen Wurf-Spieß dem Scy-
then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des
Polyphemus ab/ und ſtach ihm im fallen ſeine
Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der
Lantze den Ring im Mittel weg/ er ſchoß den
Drachen ins lincke Auge/ und traf das weiſſe in
der Scheibe mit ſeinem abgeſchleuderten Stei-
ne. Die Zuſchauer wurden gezwungen ihn
eben ſo wohl mit einem Freuden-Geſchrey zu
beehren/ wormit das vorhergehende nicht ſo
wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre
Fuͤrſtin/ als einen Zuruff der Tugend uͤberkaͤ-
me. Die zwey Roͤmiſchen Rathsherren/ de-
nen Koͤnig Polemon das Urthel des Sieges/
und die Austheilung der Preiſſe anvertraut
hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es
haͤtte Arſinoe und Maſſabazanes einander die
Wage derogeſtalt gehalten/ daß ſie durch ein
neues Rennen gleichen muͤſten. Arſinoe gab
ſich hingegen ſelbſt: daß Maſſabazanes den
Preiß exworben; Sie muſte aber gleichwohl
ſich dem Erkaͤntnuͤſſe unterwerffen/ und ihr
wiederholetes Rennen/ in dem ſie abermahls
gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungſames Zeug-
nuͤß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefaͤhrlichen
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[254/0306] Drittes Buch naemphtes zu loben/ und den Maſſabazanes um ſeinen Zuſtand zu fragen. Dieſer gab ſich/ wie ich vorhin gegen dem Meherdates gethan/ nachmahls fuͤr einen Albaniſchen Edelmann aus/ den an dieſen beruͤhmten Hoff mehr der Vorwitz was denckwuͤrdiges zu ſehen/ als eini- ge Nothwendigkeit gebracht haͤtte. Arſinoe antwortete ihm: Es waͤre ſolch Vornehmen nicht fuͤr einen Fuͤrwitz/ ſondern eine Regung eines tapffern Gemuͤthes zu halten/ und beduͤn- cke ſie/ es habe die Tugend die Art etlicher Pflantzen an ſich/ welche in ihrem eigenen Erd- reiche nicht wachſen koͤnnen/ ſondern ihre Voll- kommenheit nach geſchehener Verſetzung auff einem frembden Baͤte erlangen muͤſten. Und haͤtte ſie deßhalben ein ſonderbares Belieben an denſelben Edlen/ welche auſſer Landes/ wo weder die Liebe der ihrigen ſie verzaͤrtelte/ noch die Heucheley ihre Laſter ſtreichelte/ ihr Gluͤck ſuchten/ und ihren Ruhm vergroͤſſerten. Weß- wegen Maſſabazanes ſich von ihrem Herrn Vater aller Koͤniglichen Gnade verſichern ſolte. Unter derogleichen annehmlichen Ge- ſpraͤchen vollendeten die Ritter ihre Rennen; und es war keiner/ dem nicht zum minſten ein Streich gefehlet hatte. Die Fuͤrſtin Arſinoe machte ſich daher geſchickt das ihrige zu thun. Das erſte Ziel war ein Scythen-Kopff/ nach demſelben warf ſie den Wurf-Spieß ſo gluͤck- lich/ daß ſelbter recht in das lincke Auge traff; Das andere war ein einaͤugichter Cyclopen- Kopff/ dieſen hieb ſie mit ihrer Sebel in einem Streich ab/ fing ſelbten auch mit der Spitze ihres Sebels/ daß er daran ſtecken blieb. Das dritte war ein Ring/ den ſie mit der Lantze/ nach dem ſie ſie vorher durch einen Wurf in der Lufft dreymahl umgedrehet/ faſt in dem in- nerſten Zirckel abnahm. Das vierdte war ein auf einer 60. Ellenbogen-hoher Saͤule aufge- ſtellter Drache/ denſelben traf ſie mit dem Bo- gen ſo wohl/ daß der Pfeil im Rachen ſtecken blieb. Das fuͤnffte war eine von Thon berei- tete/ und in unterſchiedene Kreiſſe eingetheilte Scheibe/ in dieſe traf ſie aus der Schleuder mit einem Steine in den andern Kreiß/ alſo/ daß ihr kein einiges Treffen mißlang/ und ſie bey dem umſtehenden Volck ein groſſes Freuden- Geſchrey erweckte. Maſſabazanes war al- lein noch uͤbrig/ der rennen ſolte/ und es ließ ihm niemand traͤumen/ daß dieſer unbekandte Frembdling der Fuͤrſtin den hoͤchſten Preiß ſtrittig machen ſolte. Sie vergebe mir aber/ großmuͤthige Thußnelda/ daß ich meine Koͤ- nigin Erato ehe ins Antlitzloben/ als der War- heit ablegen ſoll. Maſſabazanes erſchien als ein Blitz-geſchwinder Falcke auff der Renne- bahn/ er warf ſeinen Wurf-Spieß dem Scy- then-Kopffe ins rechte Auge/ hieb den Kopf des Polyphemus ab/ und ſtach ihm im fallen ſeine Sebel in das eintzele Auge/ er nahm mit der Lantze den Ring im Mittel weg/ er ſchoß den Drachen ins lincke Auge/ und traf das weiſſe in der Scheibe mit ſeinem abgeſchleuderten Stei- ne. Die Zuſchauer wurden gezwungen ihn eben ſo wohl mit einem Freuden-Geſchrey zu beehren/ wormit das vorhergehende nicht ſo wohl den Schein einer Heucheley gegen ihre Fuͤrſtin/ als einen Zuruff der Tugend uͤberkaͤ- me. Die zwey Roͤmiſchen Rathsherren/ de- nen Koͤnig Polemon das Urthel des Sieges/ und die Austheilung der Preiſſe anvertraut hatte/ konten anders nicht befinden/ als: Es haͤtte Arſinoe und Maſſabazanes einander die Wage derogeſtalt gehalten/ daß ſie durch ein neues Rennen gleichen muͤſten. Arſinoe gab ſich hingegen ſelbſt: daß Maſſabazanes den Preiß exworben; Sie muſte aber gleichwohl ſich dem Erkaͤntnuͤſſe unterwerffen/ und ihr wiederholetes Rennen/ in dem ſie abermahls gar nicht fehlte/ gab ihr ein gnungſames Zeug- nuͤß/ daß ihr Sieg nicht einem ungefaͤhrlichen Zufalle/ ſondern ihrer Geſchickligkeit zuzu ſchrei-

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/306>, abgerufen am 25.11.2024.