Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
war auch die schöne Datapherne VologesensEhweib/ welcher zum ersten dem Tigranes den Armenischen Reichsstab zugedacht hatte. Die- sem gab er zu Lohne/ daß er sein Ehweib anfangs zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/ weil die anfangs verstohlnen und furchtsamen Laster nach und nach immer kühner werden/ verschickte er Vologesen in Gesandschafft zum Ariobarzanes in Meden; und in seiner Abwe- senheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe. Vologeses erfuhr in Meden die Untreu seines Weibes/ gleichwohl aber wartete er seiner Ge- schäffte aus/ und kam mit vergnügter Verrich- tung zu Artaxata an; verstellte auch alle Em- pfindligkeit wegen des ihm angefügten Un- rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er sich bey seiner Gemalin anmelden. Diese verwegene Eh- brecherin aber lies Vologesen schimpfflich ant- worten: Der König hätte den Schlüssel zu ihrem Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier- über brach Vologesen die Gedult aus/ so daß er Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er- suchen ließ: Er möchte ihm seine Gemahlin fol- gen lassen; kriegte aber vom Könige zur Ant- wort: Er solte sich noch bey Sonnenscheine auff seine Landgüter begeben/ oder man würde ihn ins Tollhaus einsperren. Gleich als wenn es um die Ehre seines Eh-Weibes zu eyfern eine grös- sere Unsinnigkeit wäre/ als sich mit einer frem- den Unehre besudeln. Vogoleses zohe aus Ar- taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera- den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre- cherischen Weibes Laster einem Manne keine Schmach zuwachse/ oder dieser Fleck mit desselb- ten Verhüllung verwischt werde; und damit es nicht schiene/ als wenn er mit des Phraates Waffen und Gefahr nur seine Beleidigung rächen wolte/ trug er ihm alleine umständlich für: wie schwürig Armenien wider den mit Rö- mischen Künsten und Lastern angefüllten Ti- [Spaltenumbruch] granes; wie schimpfflich es allen Morgenlän- dern wäre/ daß des Käysers Leibeigene/ welche so viel Jahr in der Dienstbarkeit gelebt/ bey ih- nen zu Königen eingesetzt würden; und noch in solcher Würde schlechten Römischen Landvög- ten zu Gebote stehen/ ja für ihnen die Knie beu- gen müsten; Wie das von den Römern nun an- gefesselte Armenien der Schlüssel in das sonst durch die Sandflächen genugsam sichere Par- then wäre/ welchem der Käyser eben so wohl ein Seil an die Hörner zu legen anzielte. Daher wäre es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmasten/ ein Verschnittener wäre/ da der gantze Adel zum Aufstande fertig stünde/ die Römischen Legionen anderwerts zu thun hätten/ hohe Zeit durch ei- nen schleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/ Parthens Sicherheit zu beobachten/ sein Haupt mit einer neuen Krone/ seinen Nahmen mit un- sterblichem Nachruhme zu bereichern. König Phraates hörte Vologesens Vortrag begierig an/ und ob ihm wohl im Wege stand/ daß er durch Bekriegung Armeniens den Käyser belei- digen würde/ der in seinen Händen seine zwey ältisten Söhne hatte/ so überwog doch seine Re- giersucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al- len Fall noch seinen liebsten Sohn Tiridates zum Stichblate und Kron-Erben übrig. Da- her schickte er Vologesen mit sechs tausend leich- ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte mit einem mächtigen Heere auff dem Fuße nach/ und schrieb an den Käyser: daß er von sei- nen bedrängten Freunden in Armenien um Hülffe wider den grausamen Tigranes ange- flohen worden wäre; also ziehe er alleine dahin selbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten Gottesdienst wieder zu geben; ausser dem be- gehrte er sich mit Armenien nicht zu vergrössern. Ehe aber dieses Schreiben nach Rom kam/ siel die Parthische Macht in Armenien/ allwo die meisten Städte Vologesen die Schlüssel entge- gen H h 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
war auch die ſchoͤne Datapherne VologeſensEhweib/ welcher zum erſten dem Tigranes den Armeniſchen Reichsſtab zugedacht hatte. Die- ſem gab er zu Lohne/ daß er ſein Ehweib anfangs zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/ weil die anfangs verſtohlnen und furchtſamen Laſter nach und nach immer kuͤhner werden/ verſchickte er Vologeſen in Geſandſchafft zum Ariobarzanes in Meden; und in ſeiner Abwe- ſenheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe. Vologeſes erfuhr in Meden die Untreu ſeines Weibes/ gleichwohl aber wartete er ſeiner Ge- ſchaͤffte aus/ und kam mit vergnuͤgter Verrich- tung zu Artaxata an; verſtellte auch alle Em- pfindligkeit wegen des ihm angefuͤgten Un- rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er ſich bey ſeiner Gemalin anmelden. Dieſe veꝛwegene Eh- brecherin aber lies Vologeſen ſchimpfflich ant- worten: Der Koͤnig haͤtte den Schluͤſſel zu ihrem Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier- uͤber brach Vologeſen die Gedult aus/ ſo daß er Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er- ſuchen ließ: Er moͤchte ihm ſeine Gemahlin fol- gen laſſen; kriegte aber vom Koͤnige zur Ant- wort: Er ſolte ſich noch bey Sonnenſcheine auff ſeine Landguͤter begeben/ oder man wuͤrde ihn ins Tollhaus einſperren. Gleich als weñ es um die Ehre ſeines Eh-Weibes zu eyfern eine groͤſ- ſere Unſinnigkeit waͤre/ als ſich mit einer frem- den Unehre beſudeln. Vogoleſes zohe aus Ar- taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera- den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre- cheriſchen Weibes Laſter einem Manne keine Schmach zuwachſe/ oder dieſer Fleck mit deſſelb- ten Verhuͤllung verwiſcht werde; und damit es nicht ſchiene/ als wenn er mit des Phraates Waffen und Gefahr nur ſeine Beleidigung raͤchen wolte/ trug er ihm alleine umſtaͤndlich fuͤr: wie ſchwuͤrig Armenien wider den mit Roͤ- miſchen Kuͤnſten und Laſtern angefuͤllten Ti- [Spaltenumbruch] granes; wie ſchimpfflich es allen Morgenlaͤn- dern waͤre/ daß des Kaͤyſers Leibeigene/ welche ſo viel Jahr in der Dienſtbarkeit gelebt/ bey ih- nen zu Koͤnigen eingeſetzt wuͤrden; und noch in ſolcher Wuͤrde ſchlechten Roͤmiſchen Landvoͤg- ten zu Gebote ſtehen/ ja fuͤr ihnen die Knie beu- gen muͤſten; Wie das von den Roͤmern nun an- gefeſſelte Armenien der Schluͤſſel in das ſonſt durch die Sandflaͤchen genugſam ſichere Par- then waͤre/ welchem der Kaͤyſer eben ſo wohl ein Seil an die Hoͤrner zu legẽ anzielte. Daheꝛ waͤꝛe es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmaſten/ ein Verſchnittener waͤre/ da der gantze Adel zum Aufſtande fertig ſtuͤnde/ die Roͤmiſchen Legionen anderwerts zu thun haͤtten/ hohe Zeit durch ei- nen ſchleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/ Parthens Sicherheit zu beobachten/ ſein Haupt mit einer neuen Krone/ ſeinen Nahmen mit un- ſterblichem Nachruhme zu bereichern. Koͤnig Phraates hoͤrte Vologeſens Vortrag begierig an/ und ob ihm wohl im Wege ſtand/ daß er durch Bekriegung Armeniens den Kaͤyſer belei- digen wuͤrde/ der in ſeinen Haͤnden ſeine zwey aͤltiſten Soͤhne hatte/ ſo uͤberwog doch ſeine Re- gierſucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al- len Fall noch ſeinen liebſten Sohn Tiridates zum Stichblate und Kron-Erben uͤbrig. Da- her ſchickte er Vologeſen mit ſechs tauſend leich- ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte mit einem maͤchtigen Heere auff dem Fuße nach/ und ſchrieb an den Kaͤyſer: daß er von ſei- nen bedraͤngten Freunden in Armenien um Huͤlffe wider den grauſamen Tigranes ange- flohen worden waͤre; alſo ziehe er alleine dahin ſelbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten Gottesdienſt wieder zu geben; auſſer dem be- gehrte er ſich mit Armenien nicht zu vergroͤſſern. Ehe aber dieſes Schreiben nach Rom kam/ ſiel die Parthiſche Macht in Armenien/ allwo die meiſten Staͤdte Vologeſen die Schluͤſſel entge- gen H h 3
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Arminius und Thußnelda.
war auch die ſchoͤne Datapherne Vologeſens
Ehweib/ welcher zum erſten dem Tigranes den
Armeniſchen Reichsſtab zugedacht hatte. Die-
ſem gab er zu Lohne/ daß er ſein Ehweib anfangs
zu heimlicher Buhlerey verleitete/ hernach aber/
weil die anfangs verſtohlnen und furchtſamen
Laſter nach und nach immer kuͤhner werden/
verſchickte er Vologeſen in Geſandſchafft zum
Ariobarzanes in Meden; und in ſeiner Abwe-
ſenheit nahm er Dataphernen gar nach Hofe.
Vologeſes erfuhr in Meden die Untreu ſeines
Weibes/ gleichwohl aber wartete er ſeiner Ge-
ſchaͤffte aus/ und kam mit vergnuͤgter Verrich-
tung zu Artaxata an; verſtellte auch alle Em-
pfindligkeit wegen des ihm angefuͤgten Un-
rechts. Nach abgelegten Bericht ließ er ſich bey
ſeiner Gemalin anmelden. Dieſe veꝛwegene Eh-
brecherin aber lies Vologeſen ſchimpfflich ant-
worten: Der Koͤnig haͤtte den Schluͤſſel zu ihrem
Zimmer/ und das Siegel zu ihrem Leibe. Hier-
uͤber brach Vologeſen die Gedult aus/ ſo daß er
Dataphernen verfluchte/ und den Tigranes er-
ſuchen ließ: Er moͤchte ihm ſeine Gemahlin fol-
gen laſſen; kriegte aber vom Koͤnige zur Ant-
wort: Er ſolte ſich noch bey Sonnenſcheine auff
ſeine Landguͤter begeben/ oder man wuͤrde ihn
ins Tollhaus einſperren. Gleich als weñ es um
die Ehre ſeines Eh-Weibes zu eyfern eine groͤſ-
ſere Unſinnigkeit waͤre/ als ſich mit einer frem-
den Unehre beſudeln. Vogoleſes zohe aus Ar-
taxata voll Gifft und Galle/ und nahm den gera-
den Weg in Parthen zum Phraates. Weil er
aber vielleicht behertzigte/ daß aus eines Ehbre-
cheriſchen Weibes Laſter einem Manne keine
Schmach zuwachſe/ oder dieſer Fleck mit deſſelb-
ten Verhuͤllung verwiſcht werde; und damit es
nicht ſchiene/ als wenn er mit des Phraates
Waffen und Gefahr nur ſeine Beleidigung
raͤchen wolte/ trug er ihm alleine umſtaͤndlich
fuͤr: wie ſchwuͤrig Armenien wider den mit Roͤ-
miſchen Kuͤnſten und Laſtern angefuͤllten Ti-
granes; wie ſchimpfflich es allen Morgenlaͤn-
dern waͤre/ daß des Kaͤyſers Leibeigene/ welche
ſo viel Jahr in der Dienſtbarkeit gelebt/ bey ih-
nen zu Koͤnigen eingeſetzt wuͤrden; und noch in
ſolcher Wuͤrde ſchlechten Roͤmiſchen Landvoͤg-
ten zu Gebote ſtehen/ ja fuͤr ihnen die Knie beu-
gen muͤſten; Wie das von den Roͤmern nun an-
gefeſſelte Armenien der Schluͤſſel in das ſonſt
durch die Sandflaͤchen genugſam ſichere Par-
then waͤre/ welchem der Kaͤyſer eben ſo wohl ein
Seil an die Hoͤrner zu legẽ anzielte. Daheꝛ waͤꝛe
es nun/ da Tigranes ein Weib/ Artovasdes ein
Weichling/ oder gar/ wie etliche muthmaſten/
ein Verſchnittener waͤre/ da der gantze Adel zum
Aufſtande fertig ſtuͤnde/ die Roͤmiſchen Legionen
anderwerts zu thun haͤtten/ hohe Zeit durch ei-
nen ſchleunigen Krieg Armeniens Wohlfarth/
Parthens Sicherheit zu beobachten/ ſein Haupt
mit einer neuen Krone/ ſeinen Nahmen mit un-
ſterblichem Nachruhme zu bereichern. Koͤnig
Phraates hoͤrte Vologeſens Vortrag begierig
an/ und ob ihm wohl im Wege ſtand/ daß er
durch Bekriegung Armeniens den Kaͤyſer belei-
digen wuͤrde/ der in ſeinen Haͤnden ſeine zwey
aͤltiſten Soͤhne hatte/ ſo uͤberwog doch ſeine Re-
gierſucht die Vater-Liebe/ und hatte er auff al-
len Fall noch ſeinen liebſten Sohn Tiridates
zum Stichblate und Kron-Erben uͤbrig. Da-
her ſchickte er Vologeſen mit ſechs tauſend leich-
ten Reutern in Armenien voran; er aber folgte
mit einem maͤchtigen Heere auff dem Fuße
nach/ und ſchrieb an den Kaͤyſer: daß er von ſei-
nen bedraͤngten Freunden in Armenien um
Huͤlffe wider den grauſamen Tigranes ange-
flohen worden waͤre; alſo ziehe er alleine dahin
ſelbigem Volcke ihre vorige Freyheit und alten
Gottesdienſt wieder zu geben; auſſer dem be-
gehrte er ſich mit Armenien nicht zu vergroͤſſern.
Ehe aber dieſes Schreiben nach Rom kam/ ſiel
die Parthiſche Macht in Armenien/ allwo die
meiſten Staͤdte Vologeſen die Schluͤſſel entge-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/297>, abgerufen am 16.02.2025. |