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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Sporne/ und ritt aus dem Läger fort/ welchem
das Kriegsvolck gantz verstummet/ und als
wenn es vom Wetter gerühret wäre/ bestürtzt
nachsahe. Gleichwohl aber folgten ihm über
tausend Pferde von dem fürnehmsten Adel/ wel-
che zu Verstossung Phraatens am meisten ge-
holffen hatten/ und daher lieber ihre Güter/ als
Köpffe im Stiche lassen wolten. Mit anbre-
chendem Tage traffen sie auf ein Geschwader
Scythen/ welche sie alsofort umringten/ und
von ihren Gefangenen vernahmen/ daß hinter
ihnen zwey tausend Phraatische Völcker mit
vielen beladenen Camelen im Anzuge wären/
welche Phraatens jüngsten Sohn Tiridates
wegen zugestossener Unpäßligkeit in eine sich
unferne von dar ergebene Festung bringen sol-
ten. König Tiridates wolte diese Gelegen-
heit sich noch zu guter letzte zu rächen nicht aus
den Händen lassen; Gab daher seinem gewese-
nen Feldherrn Artaban das dritte Theil seiner
Gefehrten darmit den Scythen zu begegnen/
mit dem Befehl/ er solte alsofort Fuß für Fuß
zurücke weichen/ er selbst aber setzte sich mit ei-
nem Drittel hinter einen Sandhügel/ und Ar-
tafernes war befehlicht dem Feinde durch einen
Umschweif in den Rücken zu kommen/ und/ wo
möglich/ den jungen Tiridates nicht entwi-
schen zu lassen. Der Anschlag lief nach Wuntsch
ab; die Scythen gingen auf des Artabans ge-
ringen Hauffen/ so bald sie dessen ansichtig wa-
ren/ halb blind loß/ wurden auch des Königs
Tiridates bey ihrer unvorsichtigen Verfolgung
nicht ehe gewahr/ als biß Artaban festen Fuß
setzte/ und Artafernes hinter dem Sandhügel
herfür ihnen in die Seite fiel. Hiermit wur-
den sie in einer viertel Stunde zertrennet/ und/
weil es ihnen meist um den bey den Kamelen
sich befindenden Sohn des Phraates zu thun
war/ kehrten sie den Parthen den Rücken/ setz-
ten den jungen Tiridates geschwind auff ein
Pferd/ in Meinung mit ihm alleine durchzu-
gehen/ und ihrem Feinde die übrige Beute im
[Spaltenumbruch] Stiche/ und zu seiner Verweilung zu hinter-
lassen. Aber Artafernes kam ihnen schnur-
stracks entgegen/ und derogestalt rennten sie
meist einander selbst zu Boden/ also/ daß die
Parthen nicht so wol zu fechten/ als nur zu wür-
gen hatten. Den jungen Tiridates konte Ar-
tafernes mit genauer Noth erretten/ daß er
nicht von seiner eigenen Reuterey ertreten
ward. Nach dieser letzten Rache und fetten
Beute nahmen sie ihren Weg gerade nach Ar-
menien zu; auf der Gräntze aber wurden sie von
dieser betrübten Zeitung erschrecket/ daß Astya-
ges mit seinem Heere von den Römern erlegt/
Artaxata durch Verrätherey erobert/ die ver-
wittibte Königin Qlympia gefangen/ Artaba-
zes gekrönet/ Mithridates hingegen ein Sohn
des meineydigen Alexanders/ welchem der zu
Rom enthauptete König Antiochus hatte den
Kopf abschlagen lassen/ in Comagena eingesetzt;
Erato/ oder der so genante junge König Arta-
xias durch mich und etliche getreue Armenier
geflüchtet/ und gantz Armenien unter Artaba-
zens Botmäßigkeit gebracht worden wäre.
Diesemnach wuste König Tiridates aus dem
Stegereiffen/ und da ihm Armenien/ Parthen
und Scythen verschlossen war/ keinen andern
Schluß zu fassen/ als gegen Edessa und Antio-
chien in Syrien abzulencken/ bey dem Käyser/
welcher wegen der gegen die Römer verübten
Grausamkeit und abgenommener Adler dem
Phraates nicht gut seyn konte/ Zuflucht und
Schutz zu suchen/ auch ihm den jungen Tirida-
tes einzuantworten. Tiridates ward vom
Käyser freundlich bewillkommet/ und ob wohl
Phraatesbeym Augustus um Ausfolgung sei-
nes so genennten Knechtes des Tiridates und
seines Sohnes/ Tiridates hingegen um Hülffe
wider Phraaten anhielt; so schickte er zwar je-
nem den Sohn/ das übrige aber schlug er so wol
Tiridaten als Phraaten ab/ iedoch ließ er den
König Tiridates in Syrien Königlich unter-
halten. Nachdem auch Augustus hierauf selbst in

Sy-
G g 3

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] Sporne/ und ritt aus dem Laͤger fort/ welchem
das Kriegsvolck gantz verſtummet/ und als
wenn es vom Wetter geruͤhret waͤre/ beſtuͤrtzt
nachſahe. Gleichwohl aber folgten ihm uͤber
tauſend Pferde von dem fuͤrnehmſten Adel/ wel-
che zu Verſtoſſung Phraatens am meiſten ge-
holffen hatten/ und daher lieber ihre Guͤter/ als
Koͤpffe im Stiche laſſen wolten. Mit anbre-
chendem Tage traffen ſie auf ein Geſchwader
Scythen/ welche ſie alſofort umringten/ und
von ihren Gefangenen vernahmen/ daß hinter
ihnen zwey tauſend Phraatiſche Voͤlcker mit
vielen beladenen Camelen im Anzuge waͤren/
welche Phraatens juͤngſten Sohn Tiridates
wegen zugeſtoſſener Unpaͤßligkeit in eine ſich
unferne von dar ergebene Feſtung bringen ſol-
ten. Koͤnig Tiridates wolte dieſe Gelegen-
heit ſich noch zu guter letzte zu raͤchen nicht aus
den Haͤnden laſſen; Gab daher ſeinem geweſe-
nen Feldherrn Artaban das dritte Theil ſeiner
Gefehrten darmit den Scythen zu begegnen/
mit dem Befehl/ er ſolte alſofort Fuß fuͤr Fuß
zuruͤcke weichen/ er ſelbſt aber ſetzte ſich mit ei-
nem Drittel hinter einen Sandhuͤgel/ und Ar-
tafernes war befehlicht dem Feinde durch einen
Umſchweif in den Ruͤcken zu kommen/ und/ wo
moͤglich/ den jungen Tiridates nicht entwi-
ſchen zu laſſen. Der Anſchlag lief nach Wuntſch
ab; die Scythen gingen auf des Artabans ge-
ringen Hauffen/ ſo bald ſie deſſen anſichtig wa-
ren/ halb blind loß/ wurden auch des Koͤnigs
Tiridates bey ihrer unvorſichtigen Verfolgung
nicht ehe gewahr/ als biß Artaban feſten Fuß
ſetzte/ und Artafernes hinter dem Sandhuͤgel
herfuͤr ihnen in die Seite fiel. Hiermit wur-
den ſie in einer viertel Stunde zertrennet/ und/
weil es ihnen meiſt um den bey den Kamelen
ſich befindenden Sohn des Phraates zu thun
war/ kehrten ſie den Parthen den Ruͤcken/ ſetz-
ten den jungen Tiridates geſchwind auff ein
Pferd/ in Meinung mit ihm alleine durchzu-
gehen/ und ihrem Feinde die uͤbrige Beute im
[Spaltenumbruch] Stiche/ und zu ſeiner Verweilung zu hinter-
laſſen. Aber Artafernes kam ihnen ſchnur-
ſtracks entgegen/ und derogeſtalt rennten ſie
meiſt einander ſelbſt zu Boden/ alſo/ daß die
Parthen nicht ſo wol zu fechten/ als nur zu wuͤr-
gen hatten. Den jungen Tiridates konte Ar-
tafernes mit genauer Noth erretten/ daß er
nicht von ſeiner eigenen Reuterey ertreten
ward. Nach dieſer letzten Rache und fetten
Beute nahmen ſie ihren Weg gerade nach Ar-
menien zu; auf der Graͤntze aber wurden ſie von
dieſer betruͤbten Zeitung erſchrecket/ daß Aſtya-
ges mit ſeinem Heere von den Roͤmern erlegt/
Artaxata durch Verraͤtherey erobert/ die ver-
wittibte Koͤnigin Qlympia gefangen/ Artaba-
zes gekroͤnet/ Mithridates hingegen ein Sohn
des meineydigen Alexanders/ welchem der zu
Rom enthauptete Koͤnig Antiochus hatte den
Kopf abſchlagen laſſen/ in Comagena eingeſetzt;
Erato/ oder der ſo genante junge Koͤnig Arta-
xias durch mich und etliche getreue Armenier
gefluͤchtet/ und gantz Armenien unter Artaba-
zens Botmaͤßigkeit gebracht worden waͤre.
Dieſemnach wuſte Koͤnig Tiridates aus dem
Stegereiffen/ und da ihm Armenien/ Parthen
und Scythen verſchloſſen war/ keinen andern
Schluß zu faſſen/ als gegen Edeſſa und Antio-
chien in Syrien abzulencken/ bey dem Kaͤyſer/
welcher wegen der gegen die Roͤmer veruͤbten
Grauſamkeit und abgenommener Adler dem
Phraates nicht gut ſeyn konte/ Zuflucht und
Schutz zu ſuchen/ auch ihm den jungen Tirida-
tes einzuantworten. Tiridates ward vom
Kaͤyſer freundlich bewillkommet/ und ob wohl
Phraatesbeym Auguſtus um Ausfolgung ſei-
nes ſo genennten Knechtes des Tiridates und
ſeines Sohnes/ Tiridates hingegen um Huͤlffe
wider Phraaten anhielt; ſo ſchickte er zwar je-
nem den Sohn/ das uͤbrige aber ſchlug er ſo wol
Tiridaten als Phraaten ab/ iedoch ließ er den
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halten. Nachdem auch Auguſtus hierauf ſelbſt in

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/289>, abgerufen am 22.11.2024.