Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Artavasdes stiessen hierauf zusammen/ und
schnidten dem Antonius bey Phraata alle Le-
bens-Mittel ab/ endlichen aber liessen sie ihm
solche wieder zu/ und erklärten sich gegen seine
Gesandschafft/ daß sie die Römer aus Gna-
de unbeschädigt wolten zurück ziehen lassen. So
bald aber die Belägerung aufgehoben ward/ la-
gen ihnen die Parthen in Eisen/ wenn auch
Mardus ein den Römern getreuer Parthe zu
ihrem grossen Vortheil ihnen nicht einen ber-
gichten Weg in Armenien abzulencken gewie-
sen/ ja zu Versicherung sich selbst hätte binden
lassen/ und einen sonderbaren Vortheil sich ge-
gen die Parthische Reiterey zu stellen gewiesen/
oder auch die Gallier sich so tapfer gehalten hät-
ten/ wäre ihres Gebeines nicht davon kommen.
Wiewohl ihrer täglich viel für Hunger ver-
schmachteten/ oder zum Feinde überlieffen/ dessen
unvorsichtige Grausamkeit und Unwissenheit/
daß man feindlichen Uberläuffern Pflaumen
streichen/ und seidene Küssen unterlegen solle/
alleine verhinderte/ daß nicht das gan-
tze Heer den Antonius verließ. Jnsonderheit
wurden die Gallier und andere frembde
Hülffs-Völcker sehr erbittert/ daß Titius und
Canidius den fürtrefflichen Gallischen Fürsten
Flavius/ der den Rücken der Römer alle Tage
mit unsterblichem Ruhme beschirmete/ unter de-
nen ihn übermannenden Feinden alleine baden/
und nebst 3000. Galliern durch das Ungewit-
ter der Persischen Pfeile zerfleischen ließ. Jß-
mene konte bey dieser Erzehlung sich abermals
des Lächelns nicht enthalten/ muste auch auf der
Königin bewegliches Ersuchen und Saloninens
Stillschweigen bekennen/ daß diese Gallier eitel
Deutsche/ und der von den Römern wegen seiner
weissen Haare so genante Flavius ihr Bluts-
Freund gewesen sey/ der nach der Belägerung
Alesiens mit dem Antonius in Jtalien/ und fol-
gends in Morgenland gezogen wäre. Nach
diesem Flavius hätte auch Ernst Hertzog Herr-
manns Bruder derogleichen zum Nahmen be-
[Spaltenumbruch] kommen. Salonine fing hierauf an ferner zu
erzehlen: Nach oberwehntem Verlust wuchs
den Parthen wieder der Muth/ die Römer aber
geriethen in äuserste Kleinmuth und Drangsal/
also/ daß das Gersten-Brodt gegen Silber aus-
gewogen ward/ und sie so gar mit wahnsinnig-
machenden Kräutern den Hunger stillen mu-
sten/ wiewohl Antonius mit seiner Beredsamkeit
und Freygebigkeit sie zu unglaublicher Gedult
bewegte/ und mit aufgehobenen Händen in
Trauer-Kleidern anruffte: Daß sie das dem
Römischen Heere bestimmte Unheil auf seinen
Kopf ausgiessen möchten. Endlich hätten sie
sich vollends auf die Schlachtbanck geliefert/
als sie gegen ein erblicktes Gebürge wegen Durst
ihren Zug nahmen/ wenn nicht Manesens
Vetter Mithridates sie gewarnigt/ und daß un-
ter selbigen Bergen die gantze Parthische Macht
auf sie wegelagert/ berichtet hätte. Endlich
entstund wegen ermangelnden Wassers ein Auf-
ruhr im Läger/ also/ daß man so gar selbst des
Feldherrn kostbare Sachen plünderte. Ja An-
tonius gerieth in solche Verzweifelung/ daß er
ihm seinen Freygelassenen Rhamnus schweren
ließ/ er wolte ihm den Kopf abschneiden/ wormit
er weder lebendig in des Feindes Hände geliefert/
noch auch unter den Todten erkennet würde. Aber
Mithridates kam abermals ans Läger/ und ver-
gewisserte sie/ daß eine Tage-Reise von dar ein
süsser Fluß/ und über selbtem das Ziel sey/ wie
weit die Parther sie zu verfolgen entschlossen
wären. Welches denn auch also erfolgte; wie-
wohl die Römer 6. Tage noch mit Furcht und
Zittern forteileten/ biß sie den Fluß Araxes/ der
Meden von Armenien trennet/ erreichten/ da-
selbst aber/ und insonderheit die Verwundeten/
unter dem Taurischen Schnee-Gebürge einen
neuen Feind/ nemlich die Kälte antraffen. Ar-
tabazes hätte ohne Schwerdtschlag mit blosser
Entziehung des Schiff-Gefässes an dem Flusse
Araxes die Römer vertilgen können/ Phraates
und Artavasdes verwarnigten ihn auch/ daß er

dem

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] Artavasdes ſtieſſen hierauf zuſammen/ und
ſchnidten dem Antonius bey Phraata alle Le-
bens-Mittel ab/ endlichen aber lieſſen ſie ihm
ſolche wieder zu/ und erklaͤrten ſich gegen ſeine
Geſandſchafft/ daß ſie die Roͤmer aus Gna-
de unbeſchaͤdigt wolten zuruͤck ziehen laſſen. So
bald aber die Belaͤgerung aufgehoben ward/ la-
gen ihnen die Parthen in Eiſen/ wenn auch
Mardus ein den Roͤmern getreuer Parthe zu
ihrem groſſen Vortheil ihnen nicht einen ber-
gichten Weg in Armenien abzulencken gewie-
ſen/ ja zu Verſicherung ſich ſelbſt haͤtte binden
laſſen/ und einen ſonderbaren Vortheil ſich ge-
gen die Parthiſche Reiterey zu ſtellen gewieſen/
oder auch die Gallier ſich ſo tapfer gehalten haͤt-
ten/ waͤre ihres Gebeines nicht davon kommen.
Wiewohl ihrer taͤglich viel fuͤr Hunger ver-
ſchmachteten/ oder zum Feinde uͤberlieffen/ deſſen
unvorſichtige Grauſamkeit und Unwiſſenheit/
daß man feindlichen Uberlaͤuffern Pflaumen
ſtreichen/ und ſeidene Kuͤſſen unterlegen ſolle/
alleine verhinderte/ daß nicht das gan-
tze Heer den Antonius verließ. Jnſonderheit
wurden die Gallier und andere frembde
Huͤlffs-Voͤlcker ſehr erbittert/ daß Titius und
Canidius den fuͤrtrefflichen Galliſchen Fuͤrſten
Flavius/ der den Ruͤcken der Roͤmer alle Tage
mit unſterblichem Ruhme beſchirmete/ unter de-
nen ihn uͤbermannenden Feinden alleine baden/
und nebſt 3000. Galliern durch das Ungewit-
ter der Perſiſchen Pfeile zerfleiſchen ließ. Jß-
mene konte bey dieſer Erzehlung ſich abermals
des Laͤchelns nicht enthalten/ muſte auch auf der
Koͤnigin bewegliches Erſuchen und Saloninens
Stillſchweigen bekennen/ daß dieſe Gallier eitel
Deutſche/ und der von den Roͤmern wegen ſeiner
weiſſen Haare ſo genante Flavius ihr Bluts-
Freund geweſen ſey/ der nach der Belaͤgerung
Aleſiens mit dem Antonius in Jtalien/ und fol-
gends in Morgenland gezogen waͤre. Nach
dieſem Flavius haͤtte auch Ernſt Hertzog Herr-
manns Bruder derogleichen zum Nahmen be-
[Spaltenumbruch] kommen. Salonine fing hierauf an ferner zu
erzehlen: Nach oberwehntem Verluſt wuchs
den Parthen wieder der Muth/ die Roͤmer aber
geriethen in aͤuſerſte Kleinmuth und Drangſal/
alſo/ daß das Gerſten-Brodt gegen Silber aus-
gewogen ward/ und ſie ſo gar mit wahnſinnig-
machenden Kraͤutern den Hunger ſtillen mu-
ſten/ wiewohl Antonius mit ſeiner Beredſamkeit
und Freygebigkeit ſie zu unglaublicher Gedult
bewegte/ und mit aufgehobenen Haͤnden in
Trauer-Kleidern anruffte: Daß ſie das dem
Roͤmiſchen Heere beſtim̃te Unheil auf ſeinen
Kopf ausgieſſen moͤchten. Endlich haͤtten ſie
ſich vollends auf die Schlachtbanck geliefert/
als ſie gegen ein erblicktes Gebuͤrge wegen Durſt
ihren Zug nahmen/ wenn nicht Maneſens
Vetter Mithridates ſie gewarnigt/ und daß un-
ter ſelbigen Bergen die gantze Parthiſche Macht
auf ſie wegelagert/ berichtet haͤtte. Endlich
entſtund wegen ermangelnden Waſſers ein Auf-
ruhr im Laͤger/ alſo/ daß man ſo gar ſelbſt des
Feldherrn koſtbare Sachen pluͤnderte. Ja An-
tonius gerieth in ſolche Verzweifelung/ daß er
ihm ſeinen Freygelaſſenen Rhamnus ſchweren
ließ/ er wolte ihm den Kopf abſchneiden/ wormit
er weder lebendig in des Feindes Haͤnde geliefert/
noch auch unter den Todten erkeñet wuͤrde. Aber
Mithridates kam abermals ans Laͤger/ und ver-
gewiſſerte ſie/ daß eine Tage-Reiſe von dar ein
ſuͤſſer Fluß/ und uͤber ſelbtem das Ziel ſey/ wie
weit die Parther ſie zu verfolgen entſchloſſen
waͤren. Welches denn auch alſo erfolgte; wie-
wohl die Roͤmer 6. Tage noch mit Furcht und
Zittern forteileten/ biß ſie den Fluß Araxes/ der
Meden von Armenien trennet/ erreichten/ da-
ſelbſt aber/ und inſonderheit die Verwundeten/
unter dem Tauriſchen Schnee-Gebuͤrge einen
neuen Feind/ nemlich die Kaͤlte antraffen. Ar-
tabazes haͤtte ohne Schwerdtſchlag mit bloſſer
Entziehung des Schiff-Gefaͤſſes an dem Fluſſe
Araxes die Roͤmer vertilgen koͤnnen/ Phraates
und Artavasdes verwarnigten ihn auch/ daß er

dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0276" n="224"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
Artavasdes &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;en hierauf zu&#x017F;ammen/ und<lb/>
&#x017F;chnidten dem Antonius bey Phraata alle Le-<lb/>
bens-Mittel ab/ endlichen aber lie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie ihm<lb/>
&#x017F;olche wieder zu/ und erkla&#x0364;rten &#x017F;ich gegen &#x017F;eine<lb/>
Ge&#x017F;and&#x017F;chafft/ daß &#x017F;ie die Ro&#x0364;mer aus Gna-<lb/>
de unbe&#x017F;cha&#x0364;digt wolten zuru&#x0364;ck ziehen la&#x017F;&#x017F;en. So<lb/>
bald aber die Bela&#x0364;gerung aufgehoben ward/ la-<lb/>
gen ihnen die Parthen in Ei&#x017F;en/ wenn auch<lb/>
Mardus ein den Ro&#x0364;mern getreuer Parthe zu<lb/>
ihrem gro&#x017F;&#x017F;en Vortheil ihnen nicht einen ber-<lb/>
gichten Weg in Armenien abzulencken gewie-<lb/>
&#x017F;en/ ja zu Ver&#x017F;icherung &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;tte binden<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en/ und einen &#x017F;onderbaren Vortheil &#x017F;ich ge-<lb/>
gen die Parthi&#x017F;che Reiterey zu &#x017F;tellen gewie&#x017F;en/<lb/>
oder auch die Gallier &#x017F;ich &#x017F;o tapfer gehalten ha&#x0364;t-<lb/>
ten/ wa&#x0364;re ihres Gebeines nicht davon kommen.<lb/>
Wiewohl ihrer ta&#x0364;glich viel fu&#x0364;r Hunger ver-<lb/>
&#x017F;chmachteten/ oder zum Feinde u&#x0364;berlieffen/ de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
unvor&#x017F;ichtige Grau&#x017F;amkeit und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit/<lb/>
daß man feindlichen Uberla&#x0364;uffern Pflaumen<lb/>
&#x017F;treichen/ und &#x017F;eidene Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en unterlegen &#x017F;olle/<lb/>
alleine verhinderte/ daß nicht das gan-<lb/>
tze Heer den Antonius verließ. Jn&#x017F;onderheit<lb/>
wurden die Gallier und andere frembde<lb/>
Hu&#x0364;lffs-Vo&#x0364;lcker &#x017F;ehr erbittert/ daß Titius und<lb/>
Canidius den fu&#x0364;rtrefflichen Galli&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten<lb/>
Flavius/ der den Ru&#x0364;cken der Ro&#x0364;mer alle Tage<lb/>
mit un&#x017F;terblichem Ruhme be&#x017F;chirmete/ unter de-<lb/>
nen ihn u&#x0364;bermannenden Feinden alleine baden/<lb/>
und neb&#x017F;t 3000. Galliern durch das Ungewit-<lb/>
ter der Per&#x017F;i&#x017F;chen Pfeile zerflei&#x017F;chen ließ. Jß-<lb/>
mene konte bey die&#x017F;er Erzehlung &#x017F;ich abermals<lb/>
des La&#x0364;chelns nicht enthalten/ mu&#x017F;te auch auf der<lb/>
Ko&#x0364;nigin bewegliches Er&#x017F;uchen und Saloninens<lb/>
Still&#x017F;chweigen bekennen/ daß die&#x017F;e Gallier eitel<lb/>
Deut&#x017F;che/ und der von den Ro&#x0364;mern wegen &#x017F;einer<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;en Haare &#x017F;o genante Flavius ihr Bluts-<lb/>
Freund gewe&#x017F;en &#x017F;ey/ der nach der Bela&#x0364;gerung<lb/>
Ale&#x017F;iens mit dem Antonius in Jtalien/ und fol-<lb/>
gends in Morgenland gezogen wa&#x0364;re. Nach<lb/>
die&#x017F;em Flavius ha&#x0364;tte auch Ern&#x017F;t Hertzog Herr-<lb/>
manns Bruder derogleichen zum Nahmen be-<lb/><cb/>
kommen. Salonine fing hierauf an ferner zu<lb/>
erzehlen: Nach oberwehntem Verlu&#x017F;t wuchs<lb/>
den Parthen wieder der Muth/ die Ro&#x0364;mer aber<lb/>
geriethen in a&#x0364;u&#x017F;er&#x017F;te Kleinmuth und Drang&#x017F;al/<lb/>
al&#x017F;o/ daß das Ger&#x017F;ten-Brodt gegen Silber aus-<lb/>
gewogen ward/ und &#x017F;ie &#x017F;o gar mit wahn&#x017F;innig-<lb/>
machenden Kra&#x0364;utern den Hunger &#x017F;tillen mu-<lb/>
&#x017F;ten/ wiewohl Antonius mit &#x017F;einer Bered&#x017F;amkeit<lb/>
und Freygebigkeit &#x017F;ie zu unglaublicher Gedult<lb/>
bewegte/ und mit aufgehobenen Ha&#x0364;nden in<lb/>
Trauer-Kleidern anruffte: Daß &#x017F;ie das dem<lb/>
Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Heere be&#x017F;tim&#x0303;te Unheil auf &#x017F;einen<lb/>
Kopf ausgie&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;chten. Endlich ha&#x0364;tten &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich vollends auf die Schlachtbanck geliefert/<lb/>
als &#x017F;ie gegen ein erblicktes Gebu&#x0364;rge wegen Dur&#x017F;t<lb/>
ihren Zug nahmen/ wenn nicht Mane&#x017F;ens<lb/>
Vetter Mithridates &#x017F;ie gewarnigt/ und daß un-<lb/>
ter &#x017F;elbigen Bergen die gantze Parthi&#x017F;che Macht<lb/>
auf &#x017F;ie wegelagert/ berichtet ha&#x0364;tte. Endlich<lb/>
ent&#x017F;tund wegen ermangelnden Wa&#x017F;&#x017F;ers ein Auf-<lb/>
ruhr im La&#x0364;ger/ al&#x017F;o/ daß man &#x017F;o gar &#x017F;elb&#x017F;t des<lb/>
Feldherrn ko&#x017F;tbare Sachen plu&#x0364;nderte. Ja An-<lb/>
tonius gerieth in &#x017F;olche Verzweifelung/ daß er<lb/>
ihm &#x017F;einen Freygela&#x017F;&#x017F;enen Rhamnus &#x017F;chweren<lb/>
ließ/ er wolte ihm den Kopf ab&#x017F;chneiden/ wormit<lb/>
er weder lebendig in des Feindes Ha&#x0364;nde geliefert/<lb/>
noch auch unter den Todten erken&#x0303;et wu&#x0364;rde. Aber<lb/>
Mithridates kam abermals ans La&#x0364;ger/ und ver-<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;erte &#x017F;ie/ daß eine Tage-Rei&#x017F;e von dar ein<lb/>
&#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er Fluß/ und u&#x0364;ber &#x017F;elbtem das Ziel &#x017F;ey/ wie<lb/>
weit die Parther &#x017F;ie zu verfolgen ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wa&#x0364;ren. Welches denn auch al&#x017F;o erfolgte; wie-<lb/>
wohl die Ro&#x0364;mer 6. Tage noch mit Furcht und<lb/>
Zittern forteileten/ biß &#x017F;ie den Fluß Araxes/ der<lb/>
Meden von Armenien trennet/ erreichten/ da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t aber/ und in&#x017F;onderheit die Verwundeten/<lb/>
unter dem Tauri&#x017F;chen Schnee-Gebu&#x0364;rge einen<lb/>
neuen Feind/ nemlich die Ka&#x0364;lte antraffen. Ar-<lb/>
tabazes ha&#x0364;tte ohne Schwerdt&#x017F;chlag mit blo&#x017F;&#x017F;er<lb/>
Entziehung des Schiff-Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;es an dem Flu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Araxes die Ro&#x0364;mer vertilgen ko&#x0364;nnen/ Phraates<lb/>
und Artavasdes verwarnigten ihn auch/ daß er<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0276] Drittes Buch Artavasdes ſtieſſen hierauf zuſammen/ und ſchnidten dem Antonius bey Phraata alle Le- bens-Mittel ab/ endlichen aber lieſſen ſie ihm ſolche wieder zu/ und erklaͤrten ſich gegen ſeine Geſandſchafft/ daß ſie die Roͤmer aus Gna- de unbeſchaͤdigt wolten zuruͤck ziehen laſſen. So bald aber die Belaͤgerung aufgehoben ward/ la- gen ihnen die Parthen in Eiſen/ wenn auch Mardus ein den Roͤmern getreuer Parthe zu ihrem groſſen Vortheil ihnen nicht einen ber- gichten Weg in Armenien abzulencken gewie- ſen/ ja zu Verſicherung ſich ſelbſt haͤtte binden laſſen/ und einen ſonderbaren Vortheil ſich ge- gen die Parthiſche Reiterey zu ſtellen gewieſen/ oder auch die Gallier ſich ſo tapfer gehalten haͤt- ten/ waͤre ihres Gebeines nicht davon kommen. Wiewohl ihrer taͤglich viel fuͤr Hunger ver- ſchmachteten/ oder zum Feinde uͤberlieffen/ deſſen unvorſichtige Grauſamkeit und Unwiſſenheit/ daß man feindlichen Uberlaͤuffern Pflaumen ſtreichen/ und ſeidene Kuͤſſen unterlegen ſolle/ alleine verhinderte/ daß nicht das gan- tze Heer den Antonius verließ. Jnſonderheit wurden die Gallier und andere frembde Huͤlffs-Voͤlcker ſehr erbittert/ daß Titius und Canidius den fuͤrtrefflichen Galliſchen Fuͤrſten Flavius/ der den Ruͤcken der Roͤmer alle Tage mit unſterblichem Ruhme beſchirmete/ unter de- nen ihn uͤbermannenden Feinden alleine baden/ und nebſt 3000. Galliern durch das Ungewit- ter der Perſiſchen Pfeile zerfleiſchen ließ. Jß- mene konte bey dieſer Erzehlung ſich abermals des Laͤchelns nicht enthalten/ muſte auch auf der Koͤnigin bewegliches Erſuchen und Saloninens Stillſchweigen bekennen/ daß dieſe Gallier eitel Deutſche/ und der von den Roͤmern wegen ſeiner weiſſen Haare ſo genante Flavius ihr Bluts- Freund geweſen ſey/ der nach der Belaͤgerung Aleſiens mit dem Antonius in Jtalien/ und fol- gends in Morgenland gezogen waͤre. Nach dieſem Flavius haͤtte auch Ernſt Hertzog Herr- manns Bruder derogleichen zum Nahmen be- kommen. Salonine fing hierauf an ferner zu erzehlen: Nach oberwehntem Verluſt wuchs den Parthen wieder der Muth/ die Roͤmer aber geriethen in aͤuſerſte Kleinmuth und Drangſal/ alſo/ daß das Gerſten-Brodt gegen Silber aus- gewogen ward/ und ſie ſo gar mit wahnſinnig- machenden Kraͤutern den Hunger ſtillen mu- ſten/ wiewohl Antonius mit ſeiner Beredſamkeit und Freygebigkeit ſie zu unglaublicher Gedult bewegte/ und mit aufgehobenen Haͤnden in Trauer-Kleidern anruffte: Daß ſie das dem Roͤmiſchen Heere beſtim̃te Unheil auf ſeinen Kopf ausgieſſen moͤchten. Endlich haͤtten ſie ſich vollends auf die Schlachtbanck geliefert/ als ſie gegen ein erblicktes Gebuͤrge wegen Durſt ihren Zug nahmen/ wenn nicht Maneſens Vetter Mithridates ſie gewarnigt/ und daß un- ter ſelbigen Bergen die gantze Parthiſche Macht auf ſie wegelagert/ berichtet haͤtte. Endlich entſtund wegen ermangelnden Waſſers ein Auf- ruhr im Laͤger/ alſo/ daß man ſo gar ſelbſt des Feldherrn koſtbare Sachen pluͤnderte. Ja An- tonius gerieth in ſolche Verzweifelung/ daß er ihm ſeinen Freygelaſſenen Rhamnus ſchweren ließ/ er wolte ihm den Kopf abſchneiden/ wormit er weder lebendig in des Feindes Haͤnde geliefert/ noch auch unter den Todten erkeñet wuͤrde. Aber Mithridates kam abermals ans Laͤger/ und ver- gewiſſerte ſie/ daß eine Tage-Reiſe von dar ein ſuͤſſer Fluß/ und uͤber ſelbtem das Ziel ſey/ wie weit die Parther ſie zu verfolgen entſchloſſen waͤren. Welches denn auch alſo erfolgte; wie- wohl die Roͤmer 6. Tage noch mit Furcht und Zittern forteileten/ biß ſie den Fluß Araxes/ der Meden von Armenien trennet/ erreichten/ da- ſelbſt aber/ und inſonderheit die Verwundeten/ unter dem Tauriſchen Schnee-Gebuͤrge einen neuen Feind/ nemlich die Kaͤlte antraffen. Ar- tabazes haͤtte ohne Schwerdtſchlag mit bloſſer Entziehung des Schiff-Gefaͤſſes an dem Fluſſe Araxes die Roͤmer vertilgen koͤnnen/ Phraates und Artavasdes verwarnigten ihn auch/ daß er dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/276
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/276>, abgerufen am 25.11.2024.