Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Drittes Buch [Spaltenumbruch]
durch eitel bergichte Landstriche einbrechen sol-ten. Allein Crassus blieb auf seinem Kopffe durch Mesopotamien zu ziehen/ weil ihn das be- trügliche Glücke anfangs anlachte/ und er Ni- cephorium einnam/ Zenodotia einäscherte/ den Mesopotamischen Unter-König Talymenus Jlaces aus dem Felde schlug/ also/ daß Artaba- zes mit Unwillen nach Hause zog/ besonders da Crassus auch nicht in Mesopotamien überwin- terte/ sondern in das lustige Syrien zurücke zog. Wiewol Cajus Caßius auch nur auf diesen Fall sich der den Parthen stets gehäßigen Städte Babylon und Seleucia zu bemächtigen/ und an den Fluß Tygris/ welcher eine Schußweh- re und reiche Zufuhre abgeben/ und so denn zu der Parthischen Hauptstadt Ctesiphon den Weg unschwer öfnen könte/ sich zu halten ein- rieth/ folgte doch Crassus dem Arabischen Für- sten Agbarus/ welcher sich zu dem Crassus/ um nur die Römer ins Garn zu führen/ geschlagen hatte. Dieser machte von seiner Treue gegen die Römer/ und der mit dem Pompejus aufge- richteten Freundschafft viel Worte/ fluchte auf seinen Nachbar den abtrünnigen Araber Al- hauden/ vernichtete hingegen den König Oro- des/ welcher bereit sich in Scythien und Hirca- nien geflüchtet/ ja die besten Sachen im Stiche gelassen hätte. Der verzweifelte Wagehals Sillaces und der weibische Surena wären nur noch in Parthen/ nicht/ daß sie das Hertz hätten für den Römern zu stehen/ sondern allein den Rücken der Flüchtigen zu bedecken. Dahero/ wolte Crassus noch einen Feind finden/ den er überwinden könte/ müste er keinen Augenblick versäumen/ und keinen Umweg suchen. Diese Verrätherey konte Crassus mit den Händen greiffen. Denn Agbarus führte das Römi- sche Heer in ein rechtes Sand-Meer Aßyriens/ wo weder Laub/ noch Graß/ noch Wasser zu se- hen war/ weßwegen ihm auch die verschmach- tenden Römer nicht nur als einem Betrüger/ sondern auch/ der den Crassus durch Zauberey [Spaltenumbruch] aller Vernunfft beraubet hätte/ alle böse Flü- che auf den Hals wüntschten. Artabazes mach- te auch dem Crassus zu wissen/ daß Orodes selbst in Armenien mit einer grossen Macht/ der er nicht gewachsen sey/ eingefallen wäre/ daher könte er keine Hülffe schicken/ sondern erwarte- te selbter von Römern/ zumahl der fürtreffliche Held Surena/ dessen fürnehmes Geschlechte alleine die Parthischen Könige zu krönen be- rechtigt wäre/ der den Orodes aus dem Elen- de auf den Königlichen Stuhl erhoben/ und Seleucien mit seiner Tapfferkeit erobert hat- te/ mit zehn tausend der schnellesten Reuter in der Sandfläche auf die Römer lauerte. Cras- sus aber blieb hartnäckicht auf seinem verderb- lichen Fürsatze/ würdigte den Artabazes kei- ner Antwort/ ja dräuete ihm noch/ daß er ihn im Rückwege zu verdienter Straffe ziehen wolte. Agbarus/ als er nun die Römer im Garne zu seyn meinte/ entritt bey ersehender Gelegenheit zu den Parthen/ worauf die Rö- mer ein mehr als natürliches Schrecken über- fiel/ da sie doch noch den ersten Feind erblicken solten. Ja Crassus ward so kleinmüthig/ daß er dem Caßius mit Genehmhabung des Heeres die Feldhauptmannschafft abzutreten antrug/ so er aber anzunehmen weigerte. Die Königin brach hierbey Saloninen ein: Diß ist sicher ein gewisses Kennzeichen/ daß des Crassus Fehler nicht so wohl von seiner Unvernunfft/ als von einem göttlichen Trie- be hergerühret haben. Denn in Warheit/ es halset sich offt der menschlichen Klugheit ein verborgener Jrrthum mit Gewalt auf/ dre- het unsere festgesetzten Rathschläge wie Würf- fel herum/ lachet unserer Weißheit/ rühret die Zufälle wie die Zettel in einem Glücks- Topfe durcheinander/ und zeucht endlich ei- nen solchen Ausschlag ans Licht/ darauf un- ser Wille nie ein Absehen gehabt/ noch un- ser Witz ihm hätte träumen lassen. Ja/ wenn das Verhängniß die Königin und Schie-
Drittes Buch [Spaltenumbruch]
durch eitel bergichte Landſtriche einbrechen ſol-ten. Allein Craſſus blieb auf ſeinem Kopffe durch Meſopotamien zu ziehen/ weil ihn das be- truͤgliche Gluͤcke anfangs anlachte/ und er Ni- cephorium einnam/ Zenodotia einaͤſcherte/ den Meſopotamiſchen Unter-Koͤnig Talymenus Jlaces aus dem Felde ſchlug/ alſo/ daß Artaba- zes mit Unwillen nach Hauſe zog/ beſonders da Craſſus auch nicht in Meſopotamien uͤberwin- terte/ ſondern in das luſtige Syrien zuruͤcke zog. Wiewol Cajus Caßius auch nur auf dieſen Fall ſich der den Parthen ſtets gehaͤßigen Staͤdte Babylon und Seleucia zu bemaͤchtigen/ und an den Fluß Tygris/ welcher eine Schußweh- re und reiche Zufuhre abgeben/ und ſo denn zu der Parthiſchen Hauptſtadt Cteſiphon den Weg unſchwer oͤfnen koͤnte/ ſich zu halten ein- rieth/ folgte doch Craſſus dem Arabiſchen Fuͤr- ſten Agbarus/ welcher ſich zu dem Craſſus/ um nur die Roͤmer ins Garn zu fuͤhren/ geſchlagen hatte. Dieſer machte von ſeiner Treue gegen die Roͤmer/ und der mit dem Pompejus aufge- richteten Freundſchafft viel Worte/ fluchte auf ſeinen Nachbar den abtruͤnnigen Araber Al- hauden/ vernichtete hingegen den Koͤnig Oro- des/ welcher bereit ſich in Scythien und Hirca- nien gefluͤchtet/ ja die beſten Sachen im Stiche gelaſſen haͤtte. Der verzweifelte Wagehals Sillaces und der weibiſche Surena waͤren nur noch in Parthen/ nicht/ daß ſie das Hertz haͤtten fuͤr den Roͤmern zu ſtehen/ ſondern allein den Ruͤcken der Fluͤchtigen zu bedecken. Dahero/ wolte Craſſus noch einen Feind finden/ den er uͤberwinden koͤnte/ muͤſte er keinen Augenblick verſaͤumen/ und keinen Umweg ſuchen. Dieſe Verraͤtherey konte Craſſus mit den Haͤnden greiffen. Denn Agbarus fuͤhrte das Roͤmi- ſche Heer in ein rechtes Sand-Meer Aßyriens/ wo weder Laub/ noch Graß/ noch Waſſer zu ſe- hen war/ weßwegen ihm auch die verſchmach- tenden Roͤmer nicht nur als einem Betruͤger/ ſondern auch/ der den Craſſus durch Zauberey [Spaltenumbruch] aller Vernunfft beraubet haͤtte/ alle boͤſe Fluͤ- che auf den Hals wuͤntſchten. Artabazes mach- te auch dem Craſſus zu wiſſen/ daß Orodes ſelbſt in Armenien mit einer groſſen Macht/ der er nicht gewachſen ſey/ eingefallen waͤre/ daher koͤnte er keine Huͤlffe ſchicken/ ſondern erwarte- te ſelbter von Roͤmern/ zumahl der fuͤrtreffliche Held Surena/ deſſen fuͤrnehmes Geſchlechte alleine die Parthiſchen Koͤnige zu kroͤnen be- rechtigt waͤre/ der den Orodes aus dem Elen- de auf den Koͤniglichen Stuhl erhoben/ und Seleucien mit ſeiner Tapfferkeit erobert hat- te/ mit zehn tauſend der ſchnelleſten Reuter in der Sandflaͤche auf die Roͤmer lauerte. Craſ- ſus aber blieb hartnaͤckicht auf ſeinem verderb- lichen Fuͤrſatze/ wuͤrdigte den Artabazes kei- ner Antwort/ ja draͤuete ihm noch/ daß er ihn im Ruͤckwege zu verdienter Straffe ziehen wolte. Agbarus/ als er nun die Roͤmer im Garne zu ſeyn meinte/ entritt bey erſehender Gelegenheit zu den Parthen/ worauf die Roͤ- mer ein mehr als natuͤrliches Schrecken uͤber- fiel/ da ſie doch noch den erſten Feind erblicken ſolten. Ja Craſſus ward ſo kleinmuͤthig/ daß er dem Caßius mit Genehmhabung des Heeres die Feldhauptmannſchafft abzutreten antrug/ ſo er aber anzunehmen weigerte. Die Koͤnigin brach hierbey Saloninen ein: Diß iſt ſicher ein gewiſſes Kennzeichen/ daß des Craſſus Fehler nicht ſo wohl von ſeiner Unvernunfft/ als von einem goͤttlichen Trie- be hergeruͤhret haben. Denn in Warheit/ es halſet ſich offt der menſchlichen Klugheit ein verborgener Jrrthum mit Gewalt auf/ dre- het unſere feſtgeſetzten Rathſchlaͤge wie Wuͤrf- fel herum/ lachet unſerer Weißheit/ ruͤhret die Zufaͤlle wie die Zettel in einem Gluͤcks- Topfe durcheinander/ und zeucht endlich ei- nen ſolchen Ausſchlag ans Licht/ darauf un- ſer Wille nie ein Abſehen gehabt/ noch un- ſer Witz ihm haͤtte traͤumen laſſen. Ja/ wenn das Verhaͤngniß die Koͤnigin und Schie-
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Drittes Buch
durch eitel bergichte Landſtriche einbrechen ſol-
ten. Allein Craſſus blieb auf ſeinem Kopffe
durch Meſopotamien zu ziehen/ weil ihn das be-
truͤgliche Gluͤcke anfangs anlachte/ und er Ni-
cephorium einnam/ Zenodotia einaͤſcherte/ den
Meſopotamiſchen Unter-Koͤnig Talymenus
Jlaces aus dem Felde ſchlug/ alſo/ daß Artaba-
zes mit Unwillen nach Hauſe zog/ beſonders da
Craſſus auch nicht in Meſopotamien uͤberwin-
terte/ ſondern in das luſtige Syrien zuruͤcke zog.
Wiewol Cajus Caßius auch nur auf dieſen Fall
ſich der den Parthen ſtets gehaͤßigen Staͤdte
Babylon und Seleucia zu bemaͤchtigen/ und
an den Fluß Tygris/ welcher eine Schußweh-
re und reiche Zufuhre abgeben/ und ſo denn zu
der Parthiſchen Hauptſtadt Cteſiphon den
Weg unſchwer oͤfnen koͤnte/ ſich zu halten ein-
rieth/ folgte doch Craſſus dem Arabiſchen Fuͤr-
ſten Agbarus/ welcher ſich zu dem Craſſus/ um
nur die Roͤmer ins Garn zu fuͤhren/ geſchlagen
hatte. Dieſer machte von ſeiner Treue gegen
die Roͤmer/ und der mit dem Pompejus aufge-
richteten Freundſchafft viel Worte/ fluchte auf
ſeinen Nachbar den abtruͤnnigen Araber Al-
hauden/ vernichtete hingegen den Koͤnig Oro-
des/ welcher bereit ſich in Scythien und Hirca-
nien gefluͤchtet/ ja die beſten Sachen im Stiche
gelaſſen haͤtte. Der verzweifelte Wagehals
Sillaces und der weibiſche Surena waͤren nur
noch in Parthen/ nicht/ daß ſie das Hertz haͤtten
fuͤr den Roͤmern zu ſtehen/ ſondern allein den
Ruͤcken der Fluͤchtigen zu bedecken. Dahero/
wolte Craſſus noch einen Feind finden/ den er
uͤberwinden koͤnte/ muͤſte er keinen Augenblick
verſaͤumen/ und keinen Umweg ſuchen. Dieſe
Verraͤtherey konte Craſſus mit den Haͤnden
greiffen. Denn Agbarus fuͤhrte das Roͤmi-
ſche Heer in ein rechtes Sand-Meer Aßyriens/
wo weder Laub/ noch Graß/ noch Waſſer zu ſe-
hen war/ weßwegen ihm auch die verſchmach-
tenden Roͤmer nicht nur als einem Betruͤger/
ſondern auch/ der den Craſſus durch Zauberey
aller Vernunfft beraubet haͤtte/ alle boͤſe Fluͤ-
che auf den Hals wuͤntſchten. Artabazes mach-
te auch dem Craſſus zu wiſſen/ daß Orodes ſelbſt
in Armenien mit einer groſſen Macht/ der er
nicht gewachſen ſey/ eingefallen waͤre/ daher
koͤnte er keine Huͤlffe ſchicken/ ſondern erwarte-
te ſelbter von Roͤmern/ zumahl der fuͤrtreffliche
Held Surena/ deſſen fuͤrnehmes Geſchlechte
alleine die Parthiſchen Koͤnige zu kroͤnen be-
rechtigt waͤre/ der den Orodes aus dem Elen-
de auf den Koͤniglichen Stuhl erhoben/ und
Seleucien mit ſeiner Tapfferkeit erobert hat-
te/ mit zehn tauſend der ſchnelleſten Reuter in
der Sandflaͤche auf die Roͤmer lauerte. Craſ-
ſus aber blieb hartnaͤckicht auf ſeinem verderb-
lichen Fuͤrſatze/ wuͤrdigte den Artabazes kei-
ner Antwort/ ja draͤuete ihm noch/ daß er ihn
im Ruͤckwege zu verdienter Straffe ziehen
wolte. Agbarus/ als er nun die Roͤmer im
Garne zu ſeyn meinte/ entritt bey erſehender
Gelegenheit zu den Parthen/ worauf die Roͤ-
mer ein mehr als natuͤrliches Schrecken uͤber-
fiel/ da ſie doch noch den erſten Feind erblicken
ſolten. Ja Craſſus ward ſo kleinmuͤthig/
daß er dem Caßius mit Genehmhabung des
Heeres die Feldhauptmannſchafft abzutreten
antrug/ ſo er aber anzunehmen weigerte.
Die Koͤnigin brach hierbey Saloninen ein:
Diß iſt ſicher ein gewiſſes Kennzeichen/ daß
des Craſſus Fehler nicht ſo wohl von ſeiner
Unvernunfft/ als von einem goͤttlichen Trie-
be hergeruͤhret haben. Denn in Warheit/ es
halſet ſich offt der menſchlichen Klugheit ein
verborgener Jrrthum mit Gewalt auf/ dre-
het unſere feſtgeſetzten Rathſchlaͤge wie Wuͤrf-
fel herum/ lachet unſerer Weißheit/ ruͤhret
die Zufaͤlle wie die Zettel in einem Gluͤcks-
Topfe durcheinander/ und zeucht endlich ei-
nen ſolchen Ausſchlag ans Licht/ darauf un-
ſer Wille nie ein Abſehen gehabt/ noch un-
ſer Witz ihm haͤtte traͤumen laſſen. Ja/
wenn das Verhaͤngniß die Koͤnigin und
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/268>, abgerufen am 19.07.2024. |