Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Heere vermischten Amazonen/ und drang hier-auf dem Tigranes und seiner Hauptstadt Arta- xata auf den Hals. Tigranes aber/ der in sei- nem eigenen Reiche und Hause so viel Feinde hatte/ hielt es nicht für rathsam/ die innerlichen Wunden mit euserlichen zu häuffen/ und mit dem Pompejus sich in einen gefährlichen Krieg zu vertieffen. Denn sein ältester Sohn Bar- zanes hatte sich wider ihn empöret/ und sein Le- ben in einer Schlacht eingebüsset. Den an- dern aber/ Pharnaces genennt/ hatte Tigranes auf der Jagt mit eigener Faust durchstochen/ weil selbter ihm/ als mit dem Pferde bey Ver- folgung eines Hirsches stürtzenden Vater nicht aufgeholffen/ sondern vielmehr die vom Haupte gefallene Krone seinem aufgesetzt. Sein drit- ter Sohn Tigranes hatte ihn zwar unter dem stürtzenden Pferde hervor gerissen/ und war deßwegen von dem Vater mit einer güldenen Krone beschenckt worden/ alleine kurtz hierauf ward er ebenfalls meyneidig/ und/ nach verlohr- ner Schlacht/ flüchtete er sich anfangs zu dem Parthischen Könige Phraates/ der seinem Va- ter Sintricus erst im Reiche gefolget war; her- nach aber auf des Parthers Eingeben zum Pom- pejus/ ungeachtet er des feindlichen Mithrida- tes Tochter Sohn war/ führete auch selbst wi- der seinen eigenen Vater ein Kriegs-Heer in Armenien. König Tigranes setzte bey so be- kümmertem Zustande sein Vertrauen auf des Römischen Feldherrn beruffene Treue und Glauben/ lieferte nicht allein Mithridatens Gesandten/ sondern auch sich/ sein Reich/ und die Hauptstadt Artaxata ohne Erlangung einigen sicheren Geleites in des grossen Pompejus Willkühr/ legte seinen Purpur-Mantel ab/ und die Krone knieende zu Pompejus Füssen/ nur daß er seinen abtrünnigen Sohn bey ihm anklagen konte/ welcher für seinem Vater nicht aufstand/ weniger gegen ihm einige Ehrerbie- tung bezeugte/ ja auch bey dem Abendmahle/ dazu Pompejus seinen Vater und ihn einlud/ [Spaltenumbruch] nicht erscheinen wolte. Also ist die Rachgier mächtiger/ als die Staats-Klugheit/ und das Bündniß des Geblütes. Tigranes hingegen beschenckte den Pompejus mit 6000. Talen- ten/ und das gantze Römische Heer nach Stan- des Gebühr/ entschuldigte seinen vorigen Krieg mit Mithridatens naher Anverwandniß. Pompejus nam den Tigranes mit dem Bedin- ge/ daß er die in Syrien und Cilicien noch be- satzte Plätze abtrete/ für einen Freund der Rö- mer an/ machte zwischen ihm und seinem Soh- ne einen Vergleich/ kraft dessen jener das gros- se/ dieser das kleinere Armenien beherrschen sol- te. Alleine der junge Tigranes ließ sich etliche meineydige Armenier verleiten/ daß er seiner Stief-Mutter der Königin Asterie mit Gifft vergab/ und auf seinen Vater wegelagern ließ um ihn zu ermorden. Alleine die Schutzgöt- ter Armeniens/ welche unter keinem scheinba- ren Vorwand solche Meuchelmörde billigen/ liessen diesen unmenschlichen Sohn in sein eige- nes Garn fallen. Denn die zu Beschirmung des Königs mitgegebene Römer nahmen ihn gefangen/ und nöthigten hierdurch seine Ge- walthaber in etlichen Schlössern der Sopheni- schen Landschaft/ daß sie selbte/ und die darein ge- flüchtete königlichen Schätze den Römern ein- liefern musten. Ja weil er auch in solcher Be- strickung die Parther aufzuwickeln bemüht war/ schickte er mit dem Mitellus Celer ihn in Band und Eisen nach Rom/ allwo er ihn nach gehaltenem Siegs-Gepränge nebst dem Köni- ge Aristobulus im Kercker erwürgen ließ. Eine gerechte Rache! rief Thußnelde/ wenn die Boß- heit in das Mordbeil fällt/ daß sie andern aufge- stellt. Gerechtester Jrrthum! wenn der Druy- den oberster Priester Sigabor selbst durch Ver- wechselung der Flasche den vergifften Wein zu trincken bekommt/ den er andern eingeschenckt. Wenn die geile Apellis an ihren Gifft-Torten den Tod essen muß/ die sie für andere gebacken; Wenn die Megarenser/ welche das Athenische Frauen- D d 3
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
Heere vermiſchten Amazonen/ und drang hier-auf dem Tigranes und ſeiner Hauptſtadt Arta- xata auf den Hals. Tigranes aber/ der in ſei- nem eigenen Reiche und Hauſe ſo viel Feinde hatte/ hielt es nicht fuͤr rathſam/ die innerlichen Wunden mit euſerlichen zu haͤuffen/ und mit dem Pompejus ſich in einen gefaͤhrlichen Krieg zu vertieffen. Denn ſein aͤlteſter Sohn Bar- zanes hatte ſich wider ihn empoͤret/ und ſein Le- ben in einer Schlacht eingebuͤſſet. Den an- dern aber/ Pharnaces genennt/ hatte Tigranes auf der Jagt mit eigener Fauſt durchſtochen/ weil ſelbter ihm/ als mit dem Pferde bey Ver- folgung eines Hirſches ſtuͤrtzenden Vater nicht aufgeholffen/ ſondern vielmehr die vom Haupte gefallene Krone ſeinem aufgeſetzt. Sein drit- ter Sohn Tigranes hatte ihn zwar unter dem ſtuͤrtzenden Pferde hervor geriſſen/ und war deßwegen von dem Vater mit einer guͤldenen Krone beſchenckt worden/ alleine kurtz hierauf ward er ebenfalls meyneidig/ und/ nach verlohr- ner Schlacht/ fluͤchtete er ſich anfangs zu dem Parthiſchen Koͤnige Phraates/ der ſeinem Va- ter Sintricus erſt im Reiche gefolget war; her- nach abeꝛ auf des Partheꝛs Eingeben zum Pom- pejus/ ungeachtet er des feindlichen Mithrida- tes Tochter Sohn war/ fuͤhrete auch ſelbſt wi- der ſeinen eigenen Vater ein Kriegs-Heer in Armenien. Koͤnig Tigranes ſetzte bey ſo be- kuͤmmertem Zuſtande ſein Vertrauen auf des Roͤmiſchen Feldherrn beruffene Treue und Glauben/ lieferte nicht allein Mithridatens Geſandten/ ſondern auch ſich/ ſein Reich/ und die Hauptſtadt Artaxata ohne Erlangung einigen ſicheren Geleites in des groſſen Pompejus Willkuͤhr/ legte ſeinen Purpur-Mantel ab/ und die Krone knieende zu Pompejus Fuͤſſen/ nur daß er ſeinen abtruͤnnigen Sohn bey ihm anklagen konte/ welcher fuͤr ſeinem Vater nicht aufſtand/ weniger gegen ihm einige Ehrerbie- tung bezeugte/ ja auch bey dem Abendmahle/ dazu Pompejus ſeinen Vater und ihn einlud/ [Spaltenumbruch] nicht erſcheinen wolte. Alſo iſt die Rachgier maͤchtiger/ als die Staats-Klugheit/ und das Buͤndniß des Gebluͤtes. Tigranes hingegen beſchenckte den Pompejus mit 6000. Talen- ten/ und das gantze Roͤmiſche Heer nach Stan- des Gebuͤhr/ entſchuldigte ſeinen vorigen Krieg mit Mithridatens naher Anverwandniß. Pompejus nam den Tigranes mit dem Bedin- ge/ daß er die in Syrien und Cilicien noch be- ſatzte Plaͤtze abtrete/ fuͤr einen Freund der Roͤ- mer an/ machte zwiſchen ihm und ſeinem Soh- ne einen Vergleich/ kraft deſſen jener das groſ- ſe/ dieſer das kleinere Armenien beherrſchen ſol- te. Alleine der junge Tigranes ließ ſich etliche meineydige Armenier verleiten/ daß er ſeiner Stief-Mutter der Koͤnigin Aſterie mit Gifft vergab/ und auf ſeinen Vater wegelagern ließ um ihn zu ermorden. Alleine die Schutzgoͤt- ter Armeniens/ welche unter keinem ſcheinba- ren Vorwand ſolche Meuchelmoͤrde billigen/ lieſſen dieſen unmenſchlichen Sohn in ſein eige- nes Garn fallen. Denn die zu Beſchirmung des Koͤnigs mitgegebene Roͤmer nahmen ihn gefangen/ und noͤthigten hierdurch ſeine Ge- walthaber in etlichen Schloͤſſern der Sopheni- ſchen Landſchaft/ daß ſie ſelbte/ und die darein ge- fluͤchtete koͤniglichen Schaͤtze den Roͤmern ein- liefern muſten. Ja weil er auch in ſolcher Be- ſtrickung die Parther aufzuwickeln bemuͤht war/ ſchickte er mit dem Mitellus Celer ihn in Band und Eiſen nach Rom/ allwo er ihn nach gehaltenem Siegs-Gepraͤnge nebſt dem Koͤni- ge Ariſtobulus im Kercker erwuͤrgen ließ. Eine gerechte Rache! rief Thußnelde/ wenn die Boß- heit in das Mordbeil faͤllt/ daß ſie andern aufge- ſtellt. Gerechteſter Jrrthum! wenn der Druy- den oberſter Prieſter Sigabor ſelbſt durch Ver- wechſelung der Flaſche den vergifften Wein zu trincken bekommt/ den er andern eingeſchenckt. Wenn die geile Apellis an ihren Gifft-Torten den Tod eſſen muß/ die ſie fuͤr andere gebacken; Wenn die Megarenſer/ welche das Atheniſche Frauen- D d 3
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Arminius und Thußnelda.
Heere vermiſchten Amazonen/ und drang hier-
auf dem Tigranes und ſeiner Hauptſtadt Arta-
xata auf den Hals. Tigranes aber/ der in ſei-
nem eigenen Reiche und Hauſe ſo viel Feinde
hatte/ hielt es nicht fuͤr rathſam/ die innerlichen
Wunden mit euſerlichen zu haͤuffen/ und mit
dem Pompejus ſich in einen gefaͤhrlichen Krieg
zu vertieffen. Denn ſein aͤlteſter Sohn Bar-
zanes hatte ſich wider ihn empoͤret/ und ſein Le-
ben in einer Schlacht eingebuͤſſet. Den an-
dern aber/ Pharnaces genennt/ hatte Tigranes
auf der Jagt mit eigener Fauſt durchſtochen/
weil ſelbter ihm/ als mit dem Pferde bey Ver-
folgung eines Hirſches ſtuͤrtzenden Vater nicht
aufgeholffen/ ſondern vielmehr die vom Haupte
gefallene Krone ſeinem aufgeſetzt. Sein drit-
ter Sohn Tigranes hatte ihn zwar unter dem
ſtuͤrtzenden Pferde hervor geriſſen/ und war
deßwegen von dem Vater mit einer guͤldenen
Krone beſchenckt worden/ alleine kurtz hierauf
ward er ebenfalls meyneidig/ und/ nach verlohr-
ner Schlacht/ fluͤchtete er ſich anfangs zu dem
Parthiſchen Koͤnige Phraates/ der ſeinem Va-
ter Sintricus erſt im Reiche gefolget war; her-
nach abeꝛ auf des Partheꝛs Eingeben zum Pom-
pejus/ ungeachtet er des feindlichen Mithrida-
tes Tochter Sohn war/ fuͤhrete auch ſelbſt wi-
der ſeinen eigenen Vater ein Kriegs-Heer in
Armenien. Koͤnig Tigranes ſetzte bey ſo be-
kuͤmmertem Zuſtande ſein Vertrauen auf des
Roͤmiſchen Feldherrn beruffene Treue und
Glauben/ lieferte nicht allein Mithridatens
Geſandten/ ſondern auch ſich/ ſein Reich/ und die
Hauptſtadt Artaxata ohne Erlangung einigen
ſicheren Geleites in des groſſen Pompejus
Willkuͤhr/ legte ſeinen Purpur-Mantel ab/
und die Krone knieende zu Pompejus Fuͤſſen/
nur daß er ſeinen abtruͤnnigen Sohn bey ihm
anklagen konte/ welcher fuͤr ſeinem Vater nicht
aufſtand/ weniger gegen ihm einige Ehrerbie-
tung bezeugte/ ja auch bey dem Abendmahle/
dazu Pompejus ſeinen Vater und ihn einlud/
nicht erſcheinen wolte. Alſo iſt die Rachgier
maͤchtiger/ als die Staats-Klugheit/ und das
Buͤndniß des Gebluͤtes. Tigranes hingegen
beſchenckte den Pompejus mit 6000. Talen-
ten/ und das gantze Roͤmiſche Heer nach Stan-
des Gebuͤhr/ entſchuldigte ſeinen vorigen Krieg
mit Mithridatens naher Anverwandniß.
Pompejus nam den Tigranes mit dem Bedin-
ge/ daß er die in Syrien und Cilicien noch be-
ſatzte Plaͤtze abtrete/ fuͤr einen Freund der Roͤ-
mer an/ machte zwiſchen ihm und ſeinem Soh-
ne einen Vergleich/ kraft deſſen jener das groſ-
ſe/ dieſer das kleinere Armenien beherrſchen ſol-
te. Alleine der junge Tigranes ließ ſich etliche
meineydige Armenier verleiten/ daß er ſeiner
Stief-Mutter der Koͤnigin Aſterie mit Gifft
vergab/ und auf ſeinen Vater wegelagern ließ
um ihn zu ermorden. Alleine die Schutzgoͤt-
ter Armeniens/ welche unter keinem ſcheinba-
ren Vorwand ſolche Meuchelmoͤrde billigen/
lieſſen dieſen unmenſchlichen Sohn in ſein eige-
nes Garn fallen. Denn die zu Beſchirmung
des Koͤnigs mitgegebene Roͤmer nahmen ihn
gefangen/ und noͤthigten hierdurch ſeine Ge-
walthaber in etlichen Schloͤſſern der Sopheni-
ſchen Landſchaft/ daß ſie ſelbte/ und die darein ge-
fluͤchtete koͤniglichen Schaͤtze den Roͤmern ein-
liefern muſten. Ja weil er auch in ſolcher Be-
ſtrickung die Parther aufzuwickeln bemuͤht
war/ ſchickte er mit dem Mitellus Celer ihn in
Band und Eiſen nach Rom/ allwo er ihn nach
gehaltenem Siegs-Gepraͤnge nebſt dem Koͤni-
ge Ariſtobulus im Kercker erwuͤrgen ließ. Eine
gerechte Rache! rief Thußnelde/ wenn die Boß-
heit in das Mordbeil faͤllt/ daß ſie andern aufge-
ſtellt. Gerechteſter Jrrthum! wenn der Druy-
den oberſter Prieſter Sigabor ſelbſt durch Ver-
wechſelung der Flaſche den vergifften Wein zu
trincken bekommt/ den er andern eingeſchenckt.
Wenn die geile Apellis an ihren Gifft-Torten
den Tod eſſen muß/ die ſie fuͤr andere gebacken;
Wenn die Megarenſer/ welche das Atheniſche
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/265>, abgerufen am 19.07.2024. |