Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] er seinem Sohne ein Ehren-Amt versagt/ der
Pöfel aber/ daß die Liebe der Freyheit und des
alten numehr unter gedrückten Gottesdiensts
ihn zum Kriege bewogen hätte. Die Arme-
nische Königin setzte bey: Dieses wären noch
gar wichtige Ursachen eines mittelmäßigen
Krieges. Den weltberühmten Zug des gros-
sen Xerxes in Griechenland/ da er drey mahl
hundert tausend Menschen ausgerüstet/ Ber-
ge abgetragen/ Flüsse ausgetrocknet/ Meere
ausgefüllet/ hätte ein Griechischer Artzt der
Persischen Königin durch ihr Einblasen erre-
get/ weil er gerne noch einst den Pyreischen
Hafen gesehen/ und zu Athen gewachsene Fei-
gen gegessen hätte/ da doch dieser Qvecksalber
seine Reise mit geringern Kosten verrichten
können; Hingegen Xerxes zu Ursachen seines
Krieges anführte: Er käme die Griechen aus
einer so magern Dienstbarkeit/ die sie von so viel
kleinen Wüterichen erduldeten/ in eine reiche
Freyheit zu versetzen/ ja die unsterblichen Göt-
ter hätten ihn zu seiner Entschlüssung gebracht/
und die Sonne wäre der erste Urheber seines
Krieges. Freylich wol/ fing Thufnelda an/
auch unser Deutschland hat mit seinem Scha-
den erfahren/ daß aus einem kleinen Qvelle
grosse Flüsse/ aus einem Funcken unausleschli-
che Brände/ aus einem übel-aufgenommenem
Worte lange Kriege entstanden/ daß eine
Tracht einer gewissen Farbe den Adel eines
gantzen Volckes zergliedert/ eine auffgerichte-
te Säule/ ein Sinnenbild/ das andere auf sich
gezogen/ viel Aufrühre gestifftet/ und daß die
heimliche Verschneidung eines Cammerdie-
ners manchen grossen Reichs-Colossen von fei-
nem Ehrenstande gestürtzt. Also haben so wol
die grossen Schauplätze der Königreiche/ als
die Gaucklerbühnen mehrmahls euserlich ein
prächtiges Ansehen/ wenn man aber hinter ih-
re Schirme gucket/ ist ihr gantzes Gebäue la-
chens werth. Die Königin pflichtete ihr bey/
und fing an: Nachdem selten ie mand aus blos-
[Spaltenumbruch] ser Liebe der Gefahr/ wie von Deutschen ins-
gemein geglaubet wird/ oder aus blossem Dur-
ste nach Menschen-Blute/ wie die wilden Thie-
re/ seinen Nachbar überzeucht/ sondern Geitz
und Ehrsucht die älteste und gemeinste Ursache
des Krieges ist/ so hat man sich nicht zu ver-
wundern/ daß fast alle mahl von den Herrsch-
süchtigen die wahre Ursache und das Absehen
ihrer blutbegierigen Entschlüssungen versteckt/
und fast iederzeit die scheinbaren Nahmen des
Gottesdienstes/ der Gerechten Rache/ und der
Freyheit zum Vorwandt gebraucht werden.
Es ist unnöthig in das Alterthum zurück zu se-
hen. August verdeckte seine Herrschenssucht
in dem Bürgerlichen Kriege meisterlich mit
der Frömmigkeit/ welche ihn nöthigte den
Todt seines Vatern Julius wider den Bru-
tus zurächen. Antonius gebrauchte sich auch
dieser Farbe wider den Decimus/ welcher ihm
Gallien anzuvertrauen verhindert hatte;
Gleichwohl aber bin ich in denen Gedancken/
daß es nicht allemahl rathsam sey auch in ge-
rechten Kriegen/ weder die wahre Ursache/
noch das eigentliche Absehen kund zu machen.
Sintemahl der Kern aller kluger Entschlüs-
sungen in derselben Heimligkeit bestehet. Auch
der/ welcher die beste Karte hat/ muß insge-
mein verspielen/ der ihm darein sehen läst. So
begreifft auch Volck und Pöfel nicht allezeit
die Gerechtigkeit eines Fürnehmens/ sondern
man muß selbten an dem Fademe seines Ei-
gennutzes an sich ziehen/ und/ wenn selbter
durch widrige Verleitung wilde gemacht wor-
den/ ihm selbsten zum besten/ selbten wie die kol-
lernden Pferde bländen. Salonine brach ein/
um in ihre Erzehlung wieder einzufallen: Ar-
tanes wuste seinen Krieg so klüglich nicht
auszuführen/ sondern seine Eyversucht blickte
bald für/ seiner Unterthanen Abneigung brach
mit seinem Unglücke bald aus. Denn der
großmüthige Tigranes erlegte ihn in der ersten
Schlacht biß aufs Haupt/ und er leschte mit sei-

ner

Drittes Buch
[Spaltenumbruch] er ſeinem Sohne ein Ehren-Amt verſagt/ der
Poͤfel aber/ daß die Liebe der Freyheit und des
alten numehr unter gedruͤckten Gottesdienſts
ihn zum Kriege bewogen haͤtte. Die Arme-
niſche Koͤnigin ſetzte bey: Dieſes waͤren noch
gar wichtige Urſachen eines mittelmaͤßigen
Krieges. Den weltberuͤhmten Zug des groſ-
ſen Xerxes in Griechenland/ da er drey mahl
hundert tauſend Menſchen ausgeruͤſtet/ Ber-
ge abgetragen/ Fluͤſſe ausgetrocknet/ Meere
ausgefuͤllet/ haͤtte ein Griechiſcher Artzt der
Perſiſchen Koͤnigin durch ihr Einblaſen erre-
get/ weil er gerne noch einſt den Pyreiſchen
Hafen geſehen/ und zu Athen gewachſene Fei-
gen gegeſſen haͤtte/ da doch dieſer Qveckſalber
ſeine Reiſe mit geringern Koſten verrichten
koͤnnen; Hingegen Xerxes zu Urſachen ſeines
Krieges anfuͤhrte: Er kaͤme die Griechen aus
einer ſo magern Dienſtbarkeit/ die ſie von ſo viel
kleinen Wuͤterichen erduldeten/ in eine reiche
Freyheit zu verſetzen/ ja die unſterblichen Goͤt-
ter haͤtten ihn zu ſeiner Entſchluͤſſung gebracht/
und die Sonne waͤre der erſte Urheber ſeines
Krieges. Freylich wol/ fing Thufnelda an/
auch unſer Deutſchland hat mit ſeinem Scha-
den erfahren/ daß aus einem kleinen Qvelle
groſſe Fluͤſſe/ aus einem Funcken unausleſchli-
che Braͤnde/ aus einem uͤbel-aufgenommenem
Worte lange Kriege entſtanden/ daß eine
Tracht einer gewiſſen Farbe den Adel eines
gantzen Volckes zergliedert/ eine auffgerichte-
te Saͤule/ ein Sinnenbild/ das andere auf ſich
gezogen/ viel Aufruͤhre geſtifftet/ und daß die
heimliche Verſchneidung eines Cammerdie-
ners manchen groſſen Reichs-Coloſſen von fei-
nem Ehrenſtande geſtuͤrtzt. Alſo haben ſo wol
die groſſen Schauplaͤtze der Koͤnigreiche/ als
die Gaucklerbuͤhnen mehrmahls euſerlich ein
praͤchtiges Anſehen/ wenn man aber hinter ih-
re Schirme gucket/ iſt ihr gantzes Gebaͤue la-
chens werth. Die Koͤnigin pflichtete ihr bey/
und fing an: Nachdem ſelten ie mand aus bloſ-
[Spaltenumbruch] ſer Liebe der Gefahr/ wie von Deutſchen ins-
gemein geglaubet wird/ oder aus bloſſem Dur-
ſte nach Menſchen-Blute/ wie die wilden Thie-
re/ ſeinen Nachbar uͤberzeucht/ ſondern Geitz
und Ehrſucht die aͤlteſte und gemeinſte Urſache
des Krieges iſt/ ſo hat man ſich nicht zu ver-
wundern/ daß faſt alle mahl von den Herrſch-
ſuͤchtigen die wahre Urſache und das Abſehen
ihrer blutbegierigen Entſchluͤſſungen verſteckt/
und faſt iederzeit die ſcheinbaren Nahmen des
Gottesdienſtes/ der Gerechten Rache/ und der
Freyheit zum Vorwandt gebraucht werden.
Es iſt unnoͤthig in das Alterthum zuruͤck zu ſe-
hen. Auguſt verdeckte ſeine Herrſchensſucht
in dem Buͤrgerlichen Kriege meiſterlich mit
der Froͤmmigkeit/ welche ihn noͤthigte den
Todt ſeines Vatern Julius wider den Bru-
tus zuraͤchen. Antonius gebrauchte ſich auch
dieſer Farbe wider den Decimus/ welcher ihm
Gallien anzuvertrauen verhindert hatte;
Gleichwohl aber bin ich in denen Gedancken/
daß es nicht allemahl rathſam ſey auch in ge-
rechten Kriegen/ weder die wahre Urſache/
noch das eigentliche Abſehen kund zu machen.
Sintemahl der Kern aller kluger Entſchluͤſ-
ſungen in derſelben Heimligkeit beſtehet. Auch
der/ welcher die beſte Karte hat/ muß insge-
mein verſpielen/ der ihm darein ſehen laͤſt. So
begreifft auch Volck und Poͤfel nicht allezeit
die Gerechtigkeit eines Fuͤrnehmens/ ſondern
man muß ſelbten an dem Fademe ſeines Ei-
gennutzes an ſich ziehen/ und/ wenn ſelbter
durch widrige Verleitung wilde gemacht wor-
den/ ihm ſelbſten zum beſten/ ſelbten wie die kol-
leꝛnden Pferde blaͤnden. Salonine brach ein/
um in ihre Erzehlung wieder einzufallen: Ar-
tanes wuſte ſeinen Krieg ſo kluͤglich nicht
auszufuͤhren/ ſondern ſeine Eyverſucht blickte
bald fuͤr/ ſeiner Unterthanen Abneigung brach
mit ſeinem Ungluͤcke bald aus. Denn der
großmuͤthige Tigranes erlegte ihn in der erſten
Schlacht biß aufs Haupt/ und er leſchte mit ſei-

ner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0262" n="210"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
er &#x017F;einem Sohne ein Ehren-Amt ver&#x017F;agt/ der<lb/>
Po&#x0364;fel aber/ daß die Liebe der Freyheit und des<lb/>
alten numehr unter gedru&#x0364;ckten Gottesdien&#x017F;ts<lb/>
ihn zum Kriege bewogen ha&#x0364;tte. Die Arme-<lb/>
ni&#x017F;che Ko&#x0364;nigin &#x017F;etzte bey: Die&#x017F;es wa&#x0364;ren noch<lb/>
gar wichtige Ur&#x017F;achen eines mittelma&#x0364;ßigen<lb/>
Krieges. Den weltberu&#x0364;hmten Zug des gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Xerxes in Griechenland/ da er drey mahl<lb/>
hundert tau&#x017F;end Men&#x017F;chen ausgeru&#x0364;&#x017F;tet/ Ber-<lb/>
ge abgetragen/ Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e ausgetrocknet/ Meere<lb/>
ausgefu&#x0364;llet/ ha&#x0364;tte ein Griechi&#x017F;cher Artzt der<lb/>
Per&#x017F;i&#x017F;chen Ko&#x0364;nigin durch ihr Einbla&#x017F;en erre-<lb/>
get/ weil er gerne noch ein&#x017F;t den Pyrei&#x017F;chen<lb/>
Hafen ge&#x017F;ehen/ und zu Athen gewach&#x017F;ene Fei-<lb/>
gen gege&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte/ da doch die&#x017F;er Qveck&#x017F;alber<lb/>
&#x017F;eine Rei&#x017F;e mit geringern Ko&#x017F;ten verrichten<lb/>
ko&#x0364;nnen; Hingegen Xerxes zu Ur&#x017F;achen &#x017F;eines<lb/>
Krieges anfu&#x0364;hrte: Er ka&#x0364;me die Griechen aus<lb/>
einer &#x017F;o magern Dien&#x017F;tbarkeit/ die &#x017F;ie von &#x017F;o viel<lb/>
kleinen Wu&#x0364;terichen erduldeten/ in eine reiche<lb/>
Freyheit zu ver&#x017F;etzen/ ja die un&#x017F;terblichen Go&#x0364;t-<lb/>
ter ha&#x0364;tten ihn zu &#x017F;einer Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ung gebracht/<lb/>
und die Sonne wa&#x0364;re der er&#x017F;te Urheber &#x017F;eines<lb/>
Krieges. Freylich wol/ fing Thufnelda an/<lb/>
auch un&#x017F;er Deut&#x017F;chland hat mit &#x017F;einem Scha-<lb/>
den erfahren/ daß aus einem kleinen Qvelle<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ aus einem Funcken unausle&#x017F;chli-<lb/>
che Bra&#x0364;nde/ aus einem u&#x0364;bel-aufgenommenem<lb/>
Worte lange Kriege ent&#x017F;tanden/ daß eine<lb/>
Tracht einer gewi&#x017F;&#x017F;en Farbe den Adel eines<lb/>
gantzen Volckes zergliedert/ eine auffgerichte-<lb/>
te Sa&#x0364;ule/ ein Sinnenbild/ das andere auf &#x017F;ich<lb/>
gezogen/ viel Aufru&#x0364;hre ge&#x017F;tifftet/ und daß die<lb/>
heimliche Ver&#x017F;chneidung eines Cammerdie-<lb/>
ners manchen gro&#x017F;&#x017F;en Reichs-Colo&#x017F;&#x017F;en von fei-<lb/>
nem Ehren&#x017F;tande ge&#x017F;tu&#x0364;rtzt. Al&#x017F;o haben &#x017F;o wol<lb/>
die gro&#x017F;&#x017F;en Schaupla&#x0364;tze der Ko&#x0364;nigreiche/ als<lb/>
die Gaucklerbu&#x0364;hnen mehrmahls eu&#x017F;erlich ein<lb/>
pra&#x0364;chtiges An&#x017F;ehen/ wenn man aber hinter ih-<lb/>
re Schirme gucket/ i&#x017F;t ihr gantzes Geba&#x0364;ue la-<lb/>
chens werth. Die Ko&#x0364;nigin pflichtete ihr bey/<lb/>
und fing an: Nachdem &#x017F;elten ie mand aus blo&#x017F;-<lb/><cb/>
&#x017F;er Liebe der Gefahr/ wie von Deut&#x017F;chen ins-<lb/>
gemein geglaubet wird/ oder aus blo&#x017F;&#x017F;em Dur-<lb/>
&#x017F;te nach Men&#x017F;chen-Blute/ wie die wilden Thie-<lb/>
re/ &#x017F;einen Nachbar u&#x0364;berzeucht/ &#x017F;ondern Geitz<lb/>
und Ehr&#x017F;ucht die a&#x0364;lte&#x017F;te und gemein&#x017F;te Ur&#x017F;ache<lb/>
des Krieges i&#x017F;t/ &#x017F;o hat man &#x017F;ich nicht zu ver-<lb/>
wundern/ daß fa&#x017F;t alle mahl von den Herr&#x017F;ch-<lb/>
&#x017F;u&#x0364;chtigen die wahre Ur&#x017F;ache und das Ab&#x017F;ehen<lb/>
ihrer blutbegierigen Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ungen ver&#x017F;teckt/<lb/>
und fa&#x017F;t iederzeit die &#x017F;cheinbaren Nahmen des<lb/>
Gottesdien&#x017F;tes/ der Gerechten Rache/ und der<lb/>
Freyheit zum Vorwandt gebraucht werden.<lb/>
Es i&#x017F;t unno&#x0364;thig in das Alterthum zuru&#x0364;ck zu &#x017F;e-<lb/>
hen. Augu&#x017F;t verdeckte &#x017F;eine Herr&#x017F;chens&#x017F;ucht<lb/>
in dem Bu&#x0364;rgerlichen Kriege mei&#x017F;terlich mit<lb/>
der Fro&#x0364;mmigkeit/ welche ihn no&#x0364;thigte den<lb/>
Todt &#x017F;eines Vatern Julius wider den Bru-<lb/>
tus zura&#x0364;chen. Antonius gebrauchte &#x017F;ich auch<lb/>
die&#x017F;er Farbe wider den Decimus/ welcher ihm<lb/>
Gallien anzuvertrauen verhindert hatte;<lb/>
Gleichwohl aber bin ich in denen Gedancken/<lb/>
daß es nicht allemahl rath&#x017F;am &#x017F;ey auch in ge-<lb/>
rechten Kriegen/ weder die wahre Ur&#x017F;ache/<lb/>
noch das eigentliche Ab&#x017F;ehen kund zu machen.<lb/>
Sintemahl der Kern aller kluger Ent&#x017F;chlu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ungen in der&#x017F;elben Heimligkeit be&#x017F;tehet. Auch<lb/>
der/ welcher die be&#x017F;te Karte hat/ muß insge-<lb/>
mein ver&#x017F;pielen/ der ihm darein &#x017F;ehen la&#x0364;&#x017F;t. So<lb/>
begreifft auch Volck und Po&#x0364;fel nicht allezeit<lb/>
die Gerechtigkeit eines Fu&#x0364;rnehmens/ &#x017F;ondern<lb/>
man muß &#x017F;elbten an dem Fademe &#x017F;eines Ei-<lb/>
gennutzes an &#x017F;ich ziehen/ und/ wenn &#x017F;elbter<lb/>
durch widrige Verleitung wilde gemacht wor-<lb/>
den/ ihm &#x017F;elb&#x017F;ten zum be&#x017F;ten/ &#x017F;elbten wie die kol-<lb/>
le&#xA75B;nden Pferde bla&#x0364;nden. Salonine brach ein/<lb/>
um in ihre Erzehlung wieder einzufallen: Ar-<lb/>
tanes wu&#x017F;te &#x017F;einen Krieg &#x017F;o klu&#x0364;glich nicht<lb/>
auszufu&#x0364;hren/ &#x017F;ondern &#x017F;eine Eyver&#x017F;ucht blickte<lb/>
bald fu&#x0364;r/ &#x017F;einer Unterthanen Abneigung brach<lb/>
mit &#x017F;einem Unglu&#x0364;cke bald aus. Denn der<lb/>
großmu&#x0364;thige Tigranes erlegte ihn in der er&#x017F;ten<lb/>
Schlacht biß aufs Haupt/ und er le&#x017F;chte mit &#x017F;ei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0262] Drittes Buch er ſeinem Sohne ein Ehren-Amt verſagt/ der Poͤfel aber/ daß die Liebe der Freyheit und des alten numehr unter gedruͤckten Gottesdienſts ihn zum Kriege bewogen haͤtte. Die Arme- niſche Koͤnigin ſetzte bey: Dieſes waͤren noch gar wichtige Urſachen eines mittelmaͤßigen Krieges. Den weltberuͤhmten Zug des groſ- ſen Xerxes in Griechenland/ da er drey mahl hundert tauſend Menſchen ausgeruͤſtet/ Ber- ge abgetragen/ Fluͤſſe ausgetrocknet/ Meere ausgefuͤllet/ haͤtte ein Griechiſcher Artzt der Perſiſchen Koͤnigin durch ihr Einblaſen erre- get/ weil er gerne noch einſt den Pyreiſchen Hafen geſehen/ und zu Athen gewachſene Fei- gen gegeſſen haͤtte/ da doch dieſer Qveckſalber ſeine Reiſe mit geringern Koſten verrichten koͤnnen; Hingegen Xerxes zu Urſachen ſeines Krieges anfuͤhrte: Er kaͤme die Griechen aus einer ſo magern Dienſtbarkeit/ die ſie von ſo viel kleinen Wuͤterichen erduldeten/ in eine reiche Freyheit zu verſetzen/ ja die unſterblichen Goͤt- ter haͤtten ihn zu ſeiner Entſchluͤſſung gebracht/ und die Sonne waͤre der erſte Urheber ſeines Krieges. Freylich wol/ fing Thufnelda an/ auch unſer Deutſchland hat mit ſeinem Scha- den erfahren/ daß aus einem kleinen Qvelle groſſe Fluͤſſe/ aus einem Funcken unausleſchli- che Braͤnde/ aus einem uͤbel-aufgenommenem Worte lange Kriege entſtanden/ daß eine Tracht einer gewiſſen Farbe den Adel eines gantzen Volckes zergliedert/ eine auffgerichte- te Saͤule/ ein Sinnenbild/ das andere auf ſich gezogen/ viel Aufruͤhre geſtifftet/ und daß die heimliche Verſchneidung eines Cammerdie- ners manchen groſſen Reichs-Coloſſen von fei- nem Ehrenſtande geſtuͤrtzt. Alſo haben ſo wol die groſſen Schauplaͤtze der Koͤnigreiche/ als die Gaucklerbuͤhnen mehrmahls euſerlich ein praͤchtiges Anſehen/ wenn man aber hinter ih- re Schirme gucket/ iſt ihr gantzes Gebaͤue la- chens werth. Die Koͤnigin pflichtete ihr bey/ und fing an: Nachdem ſelten ie mand aus bloſ- ſer Liebe der Gefahr/ wie von Deutſchen ins- gemein geglaubet wird/ oder aus bloſſem Dur- ſte nach Menſchen-Blute/ wie die wilden Thie- re/ ſeinen Nachbar uͤberzeucht/ ſondern Geitz und Ehrſucht die aͤlteſte und gemeinſte Urſache des Krieges iſt/ ſo hat man ſich nicht zu ver- wundern/ daß faſt alle mahl von den Herrſch- ſuͤchtigen die wahre Urſache und das Abſehen ihrer blutbegierigen Entſchluͤſſungen verſteckt/ und faſt iederzeit die ſcheinbaren Nahmen des Gottesdienſtes/ der Gerechten Rache/ und der Freyheit zum Vorwandt gebraucht werden. Es iſt unnoͤthig in das Alterthum zuruͤck zu ſe- hen. Auguſt verdeckte ſeine Herrſchensſucht in dem Buͤrgerlichen Kriege meiſterlich mit der Froͤmmigkeit/ welche ihn noͤthigte den Todt ſeines Vatern Julius wider den Bru- tus zuraͤchen. Antonius gebrauchte ſich auch dieſer Farbe wider den Decimus/ welcher ihm Gallien anzuvertrauen verhindert hatte; Gleichwohl aber bin ich in denen Gedancken/ daß es nicht allemahl rathſam ſey auch in ge- rechten Kriegen/ weder die wahre Urſache/ noch das eigentliche Abſehen kund zu machen. Sintemahl der Kern aller kluger Entſchluͤſ- ſungen in derſelben Heimligkeit beſtehet. Auch der/ welcher die beſte Karte hat/ muß insge- mein verſpielen/ der ihm darein ſehen laͤſt. So begreifft auch Volck und Poͤfel nicht allezeit die Gerechtigkeit eines Fuͤrnehmens/ ſondern man muß ſelbten an dem Fademe ſeines Ei- gennutzes an ſich ziehen/ und/ wenn ſelbter durch widrige Verleitung wilde gemacht wor- den/ ihm ſelbſten zum beſten/ ſelbten wie die kol- leꝛnden Pferde blaͤnden. Salonine brach ein/ um in ihre Erzehlung wieder einzufallen: Ar- tanes wuſte ſeinen Krieg ſo kluͤglich nicht auszufuͤhren/ ſondern ſeine Eyverſucht blickte bald fuͤr/ ſeiner Unterthanen Abneigung brach mit ſeinem Ungluͤcke bald aus. Denn der großmuͤthige Tigranes erlegte ihn in der erſten Schlacht biß aufs Haupt/ und er leſchte mit ſei- ner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/262
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/262>, abgerufen am 25.11.2024.