Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
sammen fallen/ es Wellen gibt; also wenn einneuer Fürst zum Steuer-Ruder tritt/ und die neue Regierungs-Art sich mit der alten ver- menget/ es nicht sonder Gefahr ist/ und dahero ein absinckender Fürst alle Kriege und Belei- digungen vermeiden/ neue Bindnüsse stifften/ die alten verneuern solle/ wie die in den Ha- fen einfahrende Schiffleute die Ruder empor heben. Bey so gestalten Sachen lasse ich mir nicht ausreden/ daß Roderich eine besondere Klugheit begangen habe/ da er mit den Par- then nicht in den verlangten Bund und Krieg schlechterdings eintrat; gleichwohl aber den Botschaffter aufs herrlichste und mit allen ersinnlichen Freuden-Spielen unterhielt/ dem Mithridates hingegen kostbare Geschencke schickte/ worunter die in den Sudetischen Ge- bürgen gefundene Granaten/ die denen Mor- genländischen fürzuziehen/ etliche in den Pan- nonischen Bergwercken aus dichtem Golde gewachsene Corallen - Zincken/ und in den Wein-Gärten an dem Flusse Pathissus aus den Stöcken hervorgesproßte güldene Reben/ in dem Jser gesischte Perlen/ und zwey vom Roderich aus Kupfer in Gold verwandelte Platten waren. Wie er denn auch sein Bindnüß nicht gäntzlich ausschlug/ sondern ihn auf Veränderung der Zeit/ und Wegräu- mung einiger dem verlangten Kriege im We- ge stehender Hindernüsse vertröstete. Jch hö- re wol/ fing Zeno an/ du bist auch in dem -Glauben/ daß man die Metalle verwandeln -und das Quecksilber in Silber/ oder gar zu ei- -nem Saamen oder Werckzeuge des Goldes -machen könne. Malovend begegnete ihm: Jch bin sonst nicht so leichtgläubig/ auch in die- sem Stücke so zweifelhaft/ als vielleicht nie- mand vor mir gewest; endlich aber haben mei- nen Unglauben meine Augen überwunden/ nach dem ich selbst gesehen/ wie durch einen kaum sichtbaren Staub ein gantzer Tiegel voll Bley zu Golde worden. Zeno lächelte hier- [Spaltenumbruch] zu/ und sagte: Es wären in dieser berühmten Betrügerey freylich wol auch Leute/ die in der Scheide-Kunst des Ertztes zlemlich ersahren gewest/ hinters Licht geführet/ und wol ehe Für- sten zerstäubtes Gold für Bley umb ein schnö- des Geld geliefert worden/ wormit selbte her- nach ihre Leichtgläubigkeit solchen Verfälschern so viel theurer bezahlen müssen. Malovend versetzte etlicher massen mit einem Eifer: Er könte leicht gläuben/ daß viel Einfältige durch Arglist hierinnen bethöret worden/ auch daß viel Aufschneider sich dieser Kunst rühmeten/ die das allergeringste darvon nicht verstünden; alleine er habe bey dem von ihm erwehnten Goldmachen das Bley selbst zur Stelle ge- schafft/ und mehr als Luchs-Augen wider allen Unterschleiff dabey gebraucht. Zu dem wäre Hertzog Herrmans Vatern dem Fürsten Se- gimer eben diß begegnet/ daß ihm ein unbekand- ter Mensch ein gar weniges von diesem Gold- Staube eingeschoben/ wormit er hernach selbst acht Untzen Quecksilber zu dem besten Golde gemacht. Als für viertzig Jahren der Svio- nen König Gotart den so berühmten Krieg an- gefangen/ solte ein dieses Geheimnüß wissen- der Kauffmann in der Stadt Treva an dem Flusse Chalusus ihm hundert Pfund des dero- gestalt gemachten Goldes geschenckt haben/ worvon man noch Müntze findete/ darauf das Zeichen des Schwefels und Quecksilbers gepregt wäre. Zeno brach ein: Das letztere wäre ein denckwürdiges Beyspiel/ nachdem sonst meisten- theils die Goldmacher Gold-arme Bettler ge- west/ viel Fürsten das Marck ihrer Länder hier- über verschmeltzet/ und nach dem ihre betrügeri- sche Lehrmeister das in holen Werckzeugen ver- borgene Gold unvermerckt in den Tiegel ge- schüttet/ und darinnen es dem Brutus/ der dem Apollo zu Delphis sein güldenes Opfer in einem Stabe überbrachte/ wiewohl gar betrüglich nachgethan/ und also einfältige Fürsten zu hoch- schädlichem Nachschmeltzen verleitet hätten. Wegen
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ſammen fallen/ es Wellen gibt; alſo wenn einneuer Fuͤrſt zum Steuer-Ruder tritt/ und die neue Regierungs-Art ſich mit der alten ver- menget/ es nicht ſonder Gefahr iſt/ und dahero ein abſinckender Fuͤrſt alle Kriege und Belei- digungen vermeiden/ neue Bindnuͤſſe ſtifften/ die alten verneuern ſolle/ wie die in den Ha- fen einfahrende Schiffleute die Ruder empor heben. Bey ſo geſtalten Sachen laſſe ich mir nicht ausreden/ daß Roderich eine beſondere Klugheit begangen habe/ da er mit den Par- then nicht in den verlangten Bund und Krieg ſchlechterdings eintrat; gleichwohl aber den Botſchaffter aufs herrlichſte und mit allen erſinnlichen Freuden-Spielen unterhielt/ dem Mithridates hingegen koſtbare Geſchencke ſchickte/ worunter die in den Sudetiſchen Ge- buͤrgen gefundene Granaten/ die denen Mor- genlaͤndiſchen fuͤrzuziehen/ etliche in den Pan- noniſchen Bergwercken aus dichtem Golde gewachſene Corallen - Zincken/ und in den Wein-Gaͤrten an dem Fluſſe Pathiſſus aus den Stoͤcken hervorgeſproßte guͤldene Reben/ in dem Jſer geſiſchte Perlen/ und zwey vom Roderich aus Kupfer in Gold verwandelte Platten waren. Wie er denn auch ſein Bindnuͤß nicht gaͤntzlich ausſchlug/ ſondern ihn auf Veraͤnderung der Zeit/ und Wegraͤu- mung einiger dem verlangten Kriege im We- ge ſtehender Hindernuͤſſe vertroͤſtete. Jch hoͤ- re wol/ fing Zeno an/ du biſt auch in dem -Glauben/ daß man die Metalle verwandeln -und das Queckſilber in Silber/ oder gar zu ei- -nem Saamen oder Werckzeuge des Goldes -machen koͤnne. Malovend begegnete ihm: Jch bin ſonſt nicht ſo leichtglaͤubig/ auch in die- ſem Stuͤcke ſo zweifelhaft/ als vielleicht nie- mand vor mir geweſt; endlich aber haben mei- nen Unglauben meine Augen uͤberwunden/ nach dem ich ſelbſt geſehen/ wie durch einen kaum ſichtbaren Staub ein gantzer Tiegel voll Bley zu Golde worden. Zeno laͤchelte hier- [Spaltenumbruch] zu/ und ſagte: Es waͤren in dieſer beruͤhmten Betruͤgerey freylich wol auch Leute/ die in der Scheide-Kunſt des Ertztes zlemlich erſahren geweſt/ hinters Licht gefuͤhret/ und wol ehe Fuͤr- ſten zerſtaͤubtes Gold fuͤr Bley umb ein ſchnoͤ- des Geld geliefert worden/ wormit ſelbte her- nach ihre Leichtglaͤubigkeit ſolchen Verfaͤlſchern ſo viel theurer bezahlen muͤſſen. Malovend verſetzte etlicher maſſen mit einem Eifer: Er koͤnte leicht glaͤuben/ daß viel Einfaͤltige durch Argliſt hierinnen bethoͤret worden/ auch daß viel Aufſchneider ſich dieſer Kunſt ruͤhmeten/ die das allergeringſte darvon nicht verſtuͤnden; alleine er habe bey dem von ihm erwehnten Goldmachen das Bley ſelbſt zur Stelle ge- ſchafft/ und mehr als Luchs-Augen wider allen Unterſchleiff dabey gebraucht. Zu dem waͤre Hertzog Herrmans Vatern dem Fuͤrſten Se- gimer eben diß begegnet/ daß ihm ein unbekand- ter Menſch ein gar weniges von dieſem Gold- Staube eingeſchoben/ wormit er hernach ſelbſt acht Untzen Queckſilber zu dem beſten Golde gemacht. Als fuͤr viertzig Jahren der Svio- nen Koͤnig Gotart den ſo beruͤhmten Krieg an- gefangen/ ſolte ein dieſes Geheimnuͤß wiſſen- der Kauffmann in der Stadt Treva an dem Fluſſe Chaluſus ihm hundert Pfund des dero- geſtalt gemachten Goldes geſchenckt haben/ worvon man noch Muͤntze findete/ darauf das Zeichen des Schwefels und Queckſilbers gepregt waͤre. Zeno brach ein: Das letztere waͤre ein denckwuͤrdiges Beyſpiel/ nachdem ſonſt meiſten- theils die Goldmacher Gold-arme Bettler ge- weſt/ viel Fuͤrſten das Marck ihrer Laͤnder hier- uͤber verſchmeltzet/ und nach dem ihre betruͤgeri- ſche Lehrmeiſter das in holen Werckzeugen ver- borgene Gold unvermerckt in den Tiegel ge- ſchuͤttet/ und darinnen es dem Brutus/ der dem Apollo zu Delphis ſein guͤldenes Opfer in einem Stabe uͤberbrachte/ wiewohl gar betruͤglich nachgethan/ und alſo einfaͤltige Fuͤrſten zu hoch- ſchaͤdlichem Nachſchmeltzen verleitet haͤtten. Wegen
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Arminius und Thußnelda.
ſammen fallen/ es Wellen gibt; alſo wenn ein
neuer Fuͤrſt zum Steuer-Ruder tritt/ und die
neue Regierungs-Art ſich mit der alten ver-
menget/ es nicht ſonder Gefahr iſt/ und dahero
ein abſinckender Fuͤrſt alle Kriege und Belei-
digungen vermeiden/ neue Bindnuͤſſe ſtifften/
die alten verneuern ſolle/ wie die in den Ha-
fen einfahrende Schiffleute die Ruder empor
heben. Bey ſo geſtalten Sachen laſſe ich mir
nicht ausreden/ daß Roderich eine beſondere
Klugheit begangen habe/ da er mit den Par-
then nicht in den verlangten Bund und Krieg
ſchlechterdings eintrat; gleichwohl aber den
Botſchaffter aufs herrlichſte und mit allen
erſinnlichen Freuden-Spielen unterhielt/ dem
Mithridates hingegen koſtbare Geſchencke
ſchickte/ worunter die in den Sudetiſchen Ge-
buͤrgen gefundene Granaten/ die denen Mor-
genlaͤndiſchen fuͤrzuziehen/ etliche in den Pan-
noniſchen Bergwercken aus dichtem Golde
gewachſene Corallen - Zincken/ und in den
Wein-Gaͤrten an dem Fluſſe Pathiſſus aus
den Stoͤcken hervorgeſproßte guͤldene Reben/
in dem Jſer geſiſchte Perlen/ und zwey vom
Roderich aus Kupfer in Gold verwandelte
Platten waren. Wie er denn auch ſein
Bindnuͤß nicht gaͤntzlich ausſchlug/ ſondern
ihn auf Veraͤnderung der Zeit/ und Wegraͤu-
mung einiger dem verlangten Kriege im We-
ge ſtehender Hindernuͤſſe vertroͤſtete. Jch hoͤ-
re wol/ fing Zeno an/ du biſt auch in dem
-Glauben/ daß man die Metalle verwandeln
-und das Queckſilber in Silber/ oder gar zu ei-
-nem Saamen oder Werckzeuge des Goldes
-machen koͤnne. Malovend begegnete ihm:
Jch bin ſonſt nicht ſo leichtglaͤubig/ auch in die-
ſem Stuͤcke ſo zweifelhaft/ als vielleicht nie-
mand vor mir geweſt; endlich aber haben mei-
nen Unglauben meine Augen uͤberwunden/
nach dem ich ſelbſt geſehen/ wie durch einen
kaum ſichtbaren Staub ein gantzer Tiegel voll
Bley zu Golde worden. Zeno laͤchelte hier-
zu/ und ſagte: Es waͤren in dieſer beruͤhmten
Betruͤgerey freylich wol auch Leute/ die in der
Scheide-Kunſt des Ertztes zlemlich erſahren
geweſt/ hinters Licht gefuͤhret/ und wol ehe Fuͤr-
ſten zerſtaͤubtes Gold fuͤr Bley umb ein ſchnoͤ-
des Geld geliefert worden/ wormit ſelbte her-
nach ihre Leichtglaͤubigkeit ſolchen Verfaͤlſchern
ſo viel theurer bezahlen muͤſſen. Malovend
verſetzte etlicher maſſen mit einem Eifer: Er
koͤnte leicht glaͤuben/ daß viel Einfaͤltige durch
Argliſt hierinnen bethoͤret worden/ auch daß
viel Aufſchneider ſich dieſer Kunſt ruͤhmeten/
die das allergeringſte darvon nicht verſtuͤnden;
alleine er habe bey dem von ihm erwehnten
Goldmachen das Bley ſelbſt zur Stelle ge-
ſchafft/ und mehr als Luchs-Augen wider allen
Unterſchleiff dabey gebraucht. Zu dem waͤre
Hertzog Herrmans Vatern dem Fuͤrſten Se-
gimer eben diß begegnet/ daß ihm ein unbekand-
ter Menſch ein gar weniges von dieſem Gold-
Staube eingeſchoben/ wormit er hernach ſelbſt
acht Untzen Queckſilber zu dem beſten Golde
gemacht. Als fuͤr viertzig Jahren der Svio-
nen Koͤnig Gotart den ſo beruͤhmten Krieg an-
gefangen/ ſolte ein dieſes Geheimnuͤß wiſſen-
der Kauffmann in der Stadt Treva an dem
Fluſſe Chaluſus ihm hundert Pfund des dero-
geſtalt gemachten Goldes geſchenckt haben/
worvon man noch Muͤntze findete/ darauf das
Zeichen des Schwefels und Queckſilbers gepregt
waͤre. Zeno brach ein: Das letztere waͤre ein
denckwuͤrdiges Beyſpiel/ nachdem ſonſt meiſten-
theils die Goldmacher Gold-arme Bettler ge-
weſt/ viel Fuͤrſten das Marck ihrer Laͤnder hier-
uͤber verſchmeltzet/ und nach dem ihre betruͤgeri-
ſche Lehrmeiſter das in holen Werckzeugen ver-
borgene Gold unvermerckt in den Tiegel ge-
ſchuͤttet/ und darinnen es dem Brutus/ der dem
Apollo zu Delphis ſein guͤldenes Opfer in einem
Stabe uͤberbrachte/ wiewohl gar betruͤglich
nachgethan/ und alſo einfaͤltige Fuͤrſten zu hoch-
ſchaͤdlichem Nachſchmeltzen verleitet haͤtten.
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/225>, abgerufen am 16.07.2024. |