Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Anderes Buch [Spaltenumbruch]
aber/ welche mehr als hundert Luchs-Augen hat/der Riama biß ins Hertze sah/ und aus ihren Blicken/ aus ihren öftern Färbungen des Ant- litzes in Abwesenheit des Vangionischen Her- tzogs/ und etlichen andern Umbständen urtheil- te/ daß Riama ihre verliebte Neben-Buhlerin sey. Wie behutsam nun Olorene ihre Em- pfindligkeiten versteckte/ so hatte doch auch ihre Liebe verbundene Augen/ welche sich aus den strauchelnden Fehl-Tritten unschwer abmercken ließ/ und daher ward Riama eben so geschwinde gewahr/ daß Olorene in den Friedebald verliebt wäre. Also waren sie zwey gegeneinander die allergenauesten Aufseher/ das Fräulein Riama aber darinnen unglücklich/ daß Olorene ihr zu- vor kommen war/ und nicht allein ihm ihre Ge- wogenheit durch nachdrückliche Merckmale entdeckt/ sondern auch sein Hertze völlig gewonnen hätte. Wie nun aber/ daß es allbereit mit dem Friedebald und Olorenen so weit kommen wäre/ Riamanicht wuste; also war sie bekümmert/ wie sie Friedebalden die Wunde ihrer Seele ohne ihre Verkleinerung und Olorenens Wahrnehmung entdecken möchte. Denn sie wuste wol/ daß sie hier zum ersten würde müssen die Larve vom Ge- sichte ziehen/ weil Friedebald sonst gegen einer so grossen Fürstin seine heftigste Liebe mercken zu lassen sich nimmermehr unterwinden würde. Ja ihre Gedancken liebkoseten selbst ihrem Ge- müths-Triebe/ und legten die gegen ihr täglich bezeugte Ehrerbietungen nebst denen öftern Veränderungen des Fürsten Friedebalds/ wel- che aber von Olorenens Regung herkamen/ für Verräther seiner vermummeten Liebe aus. Undendlich bildete sie ihr ein/ es wäre kein Fürst in der Welt/ der gegen sie nicht solte entzündet werden/ gegen welchen des grossen Marcomirs schöne Tochter einen Stral ihrer Gewogen- heit würde schiessen lassen. Diesemnach ent- schloß sie sich/ ihre bißherige zweydeutigen Gunstbezeugungen dem Friedebald durch ein [Spaltenumbruch] deutlicher Merckmal klärer auszulegen. Hier- zu ereignete sich Gelegenheit in dem Königlichen Lust-Garten/ allwo Riama/ Olorene/ Klodomir und Friedebald einst ihre Zeit mit allerhand Er- getzligkeiten vertrieben. Als fichs nun traff/ daß Olorene und Klodomir miteinander im Schach spielten/ bediente sich die Princessin Riama sol- chen Vortheils/ und veranlaste den Hertzog Frie- debald mit ihr die Länge aus durch den auf bey- den Seiten mit Palm-Bäumen besetzten Spa- tzier-Saal zu gehen/ und/ welches unter denen Gemählden ihm am besten gefiele/ zu urtheilen. Als nun/ nach derselben Betrachtung/ Friede- bald gepreßt ward seine Meynung zu sagen/ lobte er für allen andern das Bild/ da Nannus der Segobrigier König am Rhodan seiner Toch- ter Gyptes Hochzeit machte/ und nach dem ihr vermöge der Landes-Art aus den eingeladenen Gästen einen Bräutigam zu erkiefen verstattet war/ sie dem Protis/ der nebst dem Simos aus Griechenland daselbsthin angelendet/ zum Zei- chen seiner Erwehlung Wasser reichte. Wel- cher denn hierauf aus einem Gaste des Königs Eydam ward/ und die berühmte Stadt Massi- lien mit seinen Phocensern erbauete. Der Ri- ama schoß bey dieser Erzehlung die Scham- Röthe mit vollem Strome ins Antlitz/ ihr festi- glich einbildend/ daß Friedebald nicht allein das Geheimnüß ihrer zu ihm tragender Liebe er- gründet habe/ sondern er auch als ein Gast von ihr nichts anders/ als was Gyptes dem Protis gewehret/ aus Gegen-Liebe ersäufze. Nach weniger Erholung war ihre Antwort: Sie könne sein Urthel nicht schelten/ und es wäre eine ungemeine Glückf ligkeit/ wo Liebe und Wahl auf der Wag-Schale zweyer Augen lägen. Wie aber die verdeckte Liebe eröffnet/ die offenbare verdeckt zu seyn wüntschet; also wolte auch Riama sich nicht gantz und gar bloß geben/ fing daher an: Jhrem Gut- bedüncken schätzte sie noch höher/ die darne- ben
Anderes Buch [Spaltenumbruch]
aber/ welche mehr als hundert Luchs-Augen hat/der Riama biß ins Hertze ſah/ und aus ihren Blicken/ aus ihren oͤftern Faͤrbungen des Ant- litzes in Abweſenheit des Vangioniſchen Her- tzogs/ und etlichen andern Umbſtaͤnden urtheil- te/ daß Riama ihre verliebte Neben-Buhlerin ſey. Wie behutſam nun Olorene ihre Em- pfindligkeiten verſteckte/ ſo hatte doch auch ihre Liebe verbundene Augen/ welche ſich aus den ſtrauchelnden Fehl-Tritten unſchwer abmercken ließ/ und daher ward Riama eben ſo geſchwinde gewahr/ daß Olorene in den Friedebald verliebt waͤre. Alſo waren ſie zwey gegeneinander die allergenaueſten Aufſeher/ das Fraͤulein Riama aber darinnen ungluͤcklich/ daß Olorene ihr zu- vor kommen war/ und nicht allein ihm ihre Ge- wogenheit durch nachdruͤckliche Merckmale entdeckt/ ſondern auch ſein Hertze voͤllig gewoñen haͤtte. Wie nun aber/ daß es allbereit mit dem Friedebald und Olorenen ſo weit kommen waͤre/ Riamanicht wuſte; alſo war ſie bekuͤm̃ert/ wie ſie Friedebalden die Wunde ihrer Seele ohne ihre Verkleinerung und Olorenens Wahrnehmung entdecken moͤchte. Denn ſie wuſte wol/ daß ſie hier zum erſten wuͤrde muͤſſen die Larve vom Ge- ſichte ziehen/ weil Friedebald ſonſt gegen einer ſo groſſen Fuͤrſtin ſeine heftigſte Liebe mercken zu laſſen ſich nimmermehr unterwinden wuͤrde. Ja ihre Gedancken liebkoſeten ſelbſt ihrem Ge- muͤths-Triebe/ und legten die gegen ihr taͤglich bezeugte Ehrerbietungen nebſt denen oͤftern Veraͤnderungen des Fuͤrſten Friedebalds/ wel- che aber von Olorenens Regung herkamen/ fuͤr Verraͤther ſeiner vermummeten Liebe aus. Undendlich bildete ſie ihr ein/ es waͤre kein Fuͤrſt in der Welt/ der gegen ſie nicht ſolte entzuͤndet werden/ gegen welchen des groſſen Marcomirs ſchoͤne Tochter einen Stral ihrer Gewogen- heit wuͤrde ſchieſſen laſſen. Dieſemnach ent- ſchloß ſie ſich/ ihre bißherige zweydeutigen Gunſtbezeugungen dem Friedebald durch ein [Spaltenumbruch] deutlicher Merckmal klaͤrer auszulegen. Hier- zu ereignete ſich Gelegenheit in dem Koͤniglichen Luſt-Garten/ allwo Riama/ Olorene/ Klodomir und Friedebald einſt ihre Zeit mit allerhand Er- getzligkeiten vertrieben. Als fichs nun traff/ daß Olorene und Klodomir miteinander im Schach ſpielten/ bediente ſich die Princeſſin Riama ſol- chen Vortheils/ und veranlaſte den Hertzog Frie- debald mit ihr die Laͤnge aus durch den auf bey- den Seiten mit Palm-Baͤumen beſetzten Spa- tzier-Saal zu gehen/ und/ welches unter denen Gemaͤhlden ihm am beſten gefiele/ zu urtheilen. Als nun/ nach derſelben Betrachtung/ Friede- bald gepreßt ward ſeine Meynung zu ſagen/ lobte er fuͤr allen andern das Bild/ da Nannus der Segobrigier Koͤnig am Rhodan ſeiner Toch- ter Gyptes Hochzeit machte/ und nach dem ihr vermoͤge der Landes-Art aus den eingeladenen Gaͤſten einen Braͤutigam zu erkiefen verſtattet war/ ſie dem Protis/ der nebſt dem Simos aus Griechenland daſelbſthin angelendet/ zum Zei- chen ſeiner Erwehlung Waſſer reichte. Wel- cher denn hierauf aus einem Gaſte des Koͤnigs Eydam ward/ und die beruͤhmte Stadt Maſſi- lien mit ſeinen Phocenſern erbauete. Der Ri- ama ſchoß bey dieſer Erzehlung die Scham- Roͤthe mit vollem Strome ins Antlitz/ ihr feſti- glich einbildend/ daß Friedebald nicht allein das Geheimnuͤß ihrer zu ihm tragender Liebe er- gruͤndet habe/ ſondern er auch als ein Gaſt von ihr nichts anders/ als was Gyptes dem Protis gewehret/ aus Gegen-Liebe erſaͤufze. Nach weniger Erholung war ihre Antwort: Sie koͤnne ſein Urthel nicht ſchelten/ und es waͤre eine ungemeine Gluͤckf ligkeit/ wo Liebe und Wahl auf der Wag-Schale zweyer Augen laͤgen. Wie aber die verdeckte Liebe eroͤffnet/ die offenbare verdeckt zu ſeyn wuͤntſchet; alſo wolte auch Riama ſich nicht gantz und gar bloß geben/ fing daher an: Jhrem Gut- beduͤncken ſchaͤtzte ſie noch hoͤher/ die darne- ben
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Anderes Buch
aber/ welche mehr als hundert Luchs-Augen hat/
der Riama biß ins Hertze ſah/ und aus ihren
Blicken/ aus ihren oͤftern Faͤrbungen des Ant-
litzes in Abweſenheit des Vangioniſchen Her-
tzogs/ und etlichen andern Umbſtaͤnden urtheil-
te/ daß Riama ihre verliebte Neben-Buhlerin
ſey. Wie behutſam nun Olorene ihre Em-
pfindligkeiten verſteckte/ ſo hatte doch auch ihre
Liebe verbundene Augen/ welche ſich aus den
ſtrauchelnden Fehl-Tritten unſchwer abmercken
ließ/ und daher ward Riama eben ſo geſchwinde
gewahr/ daß Olorene in den Friedebald verliebt
waͤre. Alſo waren ſie zwey gegeneinander die
allergenaueſten Aufſeher/ das Fraͤulein Riama
aber darinnen ungluͤcklich/ daß Olorene ihr zu-
vor kommen war/ und nicht allein ihm ihre Ge-
wogenheit durch nachdruͤckliche Merckmale
entdeckt/ ſondern auch ſein Hertze voͤllig gewoñen
haͤtte. Wie nun aber/ daß es allbereit mit dem
Friedebald und Olorenen ſo weit kommen waͤre/
Riamanicht wuſte; alſo war ſie bekuͤm̃ert/ wie ſie
Friedebalden die Wunde ihrer Seele ohne ihre
Verkleinerung und Olorenens Wahrnehmung
entdecken moͤchte. Denn ſie wuſte wol/ daß ſie
hier zum erſten wuͤrde muͤſſen die Larve vom Ge-
ſichte ziehen/ weil Friedebald ſonſt gegen einer ſo
groſſen Fuͤrſtin ſeine heftigſte Liebe mercken zu
laſſen ſich nimmermehr unterwinden wuͤrde.
Ja ihre Gedancken liebkoſeten ſelbſt ihrem Ge-
muͤths-Triebe/ und legten die gegen ihr taͤglich
bezeugte Ehrerbietungen nebſt denen oͤftern
Veraͤnderungen des Fuͤrſten Friedebalds/ wel-
che aber von Olorenens Regung herkamen/ fuͤr
Verraͤther ſeiner vermummeten Liebe aus.
Undendlich bildete ſie ihr ein/ es waͤre kein Fuͤrſt
in der Welt/ der gegen ſie nicht ſolte entzuͤndet
werden/ gegen welchen des groſſen Marcomirs
ſchoͤne Tochter einen Stral ihrer Gewogen-
heit wuͤrde ſchieſſen laſſen. Dieſemnach ent-
ſchloß ſie ſich/ ihre bißherige zweydeutigen
Gunſtbezeugungen dem Friedebald durch ein
deutlicher Merckmal klaͤrer auszulegen. Hier-
zu ereignete ſich Gelegenheit in dem Koͤniglichen
Luſt-Garten/ allwo Riama/ Olorene/ Klodomir
und Friedebald einſt ihre Zeit mit allerhand Er-
getzligkeiten vertrieben. Als fichs nun traff/ daß
Olorene und Klodomir miteinander im Schach
ſpielten/ bediente ſich die Princeſſin Riama ſol-
chen Vortheils/ und veranlaſte den Hertzog Frie-
debald mit ihr die Laͤnge aus durch den auf bey-
den Seiten mit Palm-Baͤumen beſetzten Spa-
tzier-Saal zu gehen/ und/ welches unter denen
Gemaͤhlden ihm am beſten gefiele/ zu urtheilen.
Als nun/ nach derſelben Betrachtung/ Friede-
bald gepreßt ward ſeine Meynung zu ſagen/
lobte er fuͤr allen andern das Bild/ da Nannus
der Segobrigier Koͤnig am Rhodan ſeiner Toch-
ter Gyptes Hochzeit machte/ und nach dem ihr
vermoͤge der Landes-Art aus den eingeladenen
Gaͤſten einen Braͤutigam zu erkiefen verſtattet
war/ ſie dem Protis/ der nebſt dem Simos aus
Griechenland daſelbſthin angelendet/ zum Zei-
chen ſeiner Erwehlung Waſſer reichte. Wel-
cher denn hierauf aus einem Gaſte des Koͤnigs
Eydam ward/ und die beruͤhmte Stadt Maſſi-
lien mit ſeinen Phocenſern erbauete. Der Ri-
ama ſchoß bey dieſer Erzehlung die Scham-
Roͤthe mit vollem Strome ins Antlitz/ ihr feſti-
glich einbildend/ daß Friedebald nicht allein das
Geheimnuͤß ihrer zu ihm tragender Liebe er-
gruͤndet habe/ ſondern er auch als ein Gaſt von
ihr nichts anders/ als was Gyptes dem Protis
gewehret/ aus Gegen-Liebe erſaͤufze. Nach
weniger Erholung war ihre Antwort: Sie
koͤnne ſein Urthel nicht ſchelten/ und es waͤre
eine ungemeine Gluͤckf ligkeit/ wo Liebe und
Wahl auf der Wag-Schale zweyer Augen
laͤgen. Wie aber die verdeckte Liebe eroͤffnet/
die offenbare verdeckt zu ſeyn wuͤntſchet;
alſo wolte auch Riama ſich nicht gantz und
gar bloß geben/ fing daher an: Jhrem Gut-
beduͤncken ſchaͤtzte ſie noch hoͤher/ die darne-
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/204>, abgerufen am 16.07.2024. |