Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
schafft so mannliche Gegenwehr/ daß er nachüberwältigtem Dacien über dem Flusse Pathis- sus und Arrabon sich nicht feste setzen konte. Und seine Verdienste waren so groß geschätzt/ daß für seinem Absterben noch sein Sohn Clodomir zu der Deutschen obersten Feldherrn erwehlet ward. Dieser Clodomir/ der achte in den Gemähl- aber/ Erster Theil. V
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
ſchafft ſo mannliche Gegenwehr/ daß er nachuͤberwaͤltigtem Dacien uͤber dem Fluſſe Pathiſ- ſus und Arrabon ſich nicht feſte ſetzen konte. Und ſeine Verdienſte waren ſo groß geſchaͤtzt/ daß fuͤr ſeinem Abſterben noch ſein Sohn Clodomir zu der Deutſchen oberſten Feldherrn erwehlet ward. Dieſer Clodomir/ der achte in den Gemaͤhl- aber/ Erſter Theil. V
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0203" n="153"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Arminius und Thußnelda.</hi></fw><lb/><cb/> ſchafft ſo mannliche Gegenwehr/ daß er nach<lb/> uͤberwaͤltigtem Dacien uͤber dem Fluſſe Pathiſ-<lb/> ſus und Arrabon ſich nicht feſte ſetzen konte. Und<lb/> ſeine Verdienſte waren ſo groß geſchaͤtzt/ daß fuͤr<lb/> ſeinem Abſterben noch ſein Sohn Clodomir zu<lb/> der Deutſchen oberſten Feldherrn erwehlet<lb/> ward.</p><lb/> <p>Dieſer Clodomir/ der achte in den Gemaͤhl-<lb/> den/ ward erzogen in dem Hofe und Laͤger des<lb/> groſſen Marcomirs. Denn ſein Vater wuſte<lb/> wol/ daß einem jungen Fuͤrſten der Staub auf<lb/> der Renne-Bahn und auf dem Kampf-Platze<lb/> zutraͤglicher/ als der Ambra-Geruch in dem<lb/> wolluͤſtigen und fuͤr iedem Schatten ſchichtern-<lb/> den Frauenzimmer ſey; ja daß die Jugend<lb/> nichts minder als ein Gefaͤſſe den Geſchmack<lb/> deſſen/ was zum erſten darein gegoſſen wird/ be-<lb/> halte. Dieſer Marcomir leitete ihn mit ſeinem<lb/> Beyſpiele als der kraͤftigſten Richtſchnure nicht<lb/> anders zu allen Fuͤrſtlichen Tugenden an/ als die<lb/> Adler ihren Jungen an die Straalen der Son-<lb/> nen zu ſchauen mit ihrem Vorfluge Unterricht<lb/> geben. Sintemal in dem eingebiſamten Ge-<lb/> mache eines Sardanapals auch ein tapferes<lb/> Gemuͤthe ſo wenig herrſchen/ als ein Adler von<lb/> der Nacht-Eule die Augen an der Sonne<lb/> ſchaͤrffen/ oder die Gipfel der Cedern uͤberfluͤgen<lb/> lernt. Dieſer muthige Held ließ ſeine Tapferkeit<lb/> in den Kriegen wider den unruhigen Koͤnig Uſe-<lb/> ſuval uñ den Hertzog der Hermundurer blicken.<lb/> Seine Beꝛedſamkeit machte/ daß Maꝛcomiꝛ auf<lb/> den Reichstagen ſich ſeines Mundes und Vor-<lb/> traͤge bediente; ſeine Klugheit/ daß er in ſeiner<lb/> Abweſenheit ihm die Herrſchafft gantz Britan-<lb/> niens anvertrauete. Daſelbſt bezwang ihn die<lb/> unvergleichliche Schoͤnheit der Fuͤrſtin Riama/<lb/> daß er in heftiger Liebe gegen ſie entzuͤndet/ und<lb/> dardurch ſeinen Stand taͤglich mit neuen Hel-<lb/> den-Thaten herrlicher zu machen verurſacht<lb/> ward/ umb dardurch Marcomirs Einwilligung<lb/> und der Fuͤrſtin Gewogenheit zu gewinnen.<lb/> Dieſem ſeinem Abſehen aber wurden zwey<lb/><cb/> heftige Hindernuͤſſe in Weg geweltzet. Denn<lb/> das Hertze dieſer Fuͤrſtin hatte allbereit von<lb/> frembdem Zunder/ nemlich den Tugenden<lb/> Friedebalds/ des Hertzogs der Vangionen/ der<lb/> die Stadt Vindobon wider den Salomin ſo<lb/> herrlich vertheidigt hatte/ heimliches Feuer ge-<lb/> fangen/ und Marcomir bereuete/ daß er die<lb/> Ober-Feldherrſchafft Deutſchlandes in ſeines<lb/> Brudern Jngrams Haͤnde hatte kommen laſ-<lb/> ſen/ und ſelbte nicht vielmehr ſeinem Sohne<lb/> Hippon zugeſchantzt. Deßwegen verſtellte er<lb/> ſeine ſonſt zum Clodomir und ſeiner Vergnuͤ-<lb/> gung tragende Zuneigung/ meynte auch<lb/> durch ſeine Flammen einen groͤſſern Schatz zu<lb/> ſchmeltzen/ nemlich: daß Jngram und Clodomir<lb/> gegen den guͤldnen Apfel der Riama den deut-<lb/> ſchen Reichs-Stab verwechſeln wuͤrden. Bey-<lb/> de dieſe Klippen aber waren Klodomirn verbor-<lb/> gen/ und darum deſto gefaͤhrlicher. Sein hoher<lb/> Stand/ ſeine Anverwandnuͤß/ welche doch bey<lb/> dem Cheruskiſchen Hauſe im Heyrathen moͤg-<lb/> lichſt beobachtet ward/ ſeine fuͤrtrefflichen Leibes-<lb/> und Gemuͤths-Gaben/ die beweglichſten Aus-<lb/> druͤckungen ſeiner brennenden Seelen waren<lb/> zu ohnmaͤchtig der Riama Hertze zu erweichen/<lb/> ja es ſchien/ daß/ ie heiſſer er entzuͤndet war/ ſie<lb/> ſo vielmehr kaltſinnig und unerbittlich wuͤrde.<lb/> Dieſe Fuͤrſtin war in der Aufſicht Olorenens<lb/> Marcomirs Schweſter/ des Qvadiſchen Koͤnig<lb/> Gudwils Wittiben. Deshalben bemuͤhte ſich<lb/> Klodomir dieſer klugen Koͤnigin Gunſt zu ge-<lb/> winnen/ und meynte/ wenn er nur dieſen Stein<lb/> ins Bret bekaͤme/ das Spiel halb gewonnen zu<lb/> haben. Denn er bildete ihm dieſen ſuͤſſen<lb/> Traum ein/ die Abneigung Marcomirs/ als<lb/> von dem er ſonſt in allem uͤbrigen ſo hoch geſchaͤtzt<lb/> ward/ ſey ein bloſſer Schatten/ welcher von der<lb/> Kaltſinnigkeit der Fuͤrſtin auf ihn fiele. Die<lb/> Qvadiſche Koͤnigin war von Klodomirn ihm<lb/> bey der Riama ſein Wort zu reden leicht zu ge-<lb/> winnen/ weil ſie ſelbſt auf den Vangioniſchen<lb/> Hertzog ein Auge geworffen/ ihre Eiferſucht<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Erſter Theil. V</fw><fw place="bottom" type="catch">aber/</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [153/0203]
Arminius und Thußnelda.
ſchafft ſo mannliche Gegenwehr/ daß er nach
uͤberwaͤltigtem Dacien uͤber dem Fluſſe Pathiſ-
ſus und Arrabon ſich nicht feſte ſetzen konte. Und
ſeine Verdienſte waren ſo groß geſchaͤtzt/ daß fuͤr
ſeinem Abſterben noch ſein Sohn Clodomir zu
der Deutſchen oberſten Feldherrn erwehlet
ward.
Dieſer Clodomir/ der achte in den Gemaͤhl-
den/ ward erzogen in dem Hofe und Laͤger des
groſſen Marcomirs. Denn ſein Vater wuſte
wol/ daß einem jungen Fuͤrſten der Staub auf
der Renne-Bahn und auf dem Kampf-Platze
zutraͤglicher/ als der Ambra-Geruch in dem
wolluͤſtigen und fuͤr iedem Schatten ſchichtern-
den Frauenzimmer ſey; ja daß die Jugend
nichts minder als ein Gefaͤſſe den Geſchmack
deſſen/ was zum erſten darein gegoſſen wird/ be-
halte. Dieſer Marcomir leitete ihn mit ſeinem
Beyſpiele als der kraͤftigſten Richtſchnure nicht
anders zu allen Fuͤrſtlichen Tugenden an/ als die
Adler ihren Jungen an die Straalen der Son-
nen zu ſchauen mit ihrem Vorfluge Unterricht
geben. Sintemal in dem eingebiſamten Ge-
mache eines Sardanapals auch ein tapferes
Gemuͤthe ſo wenig herrſchen/ als ein Adler von
der Nacht-Eule die Augen an der Sonne
ſchaͤrffen/ oder die Gipfel der Cedern uͤberfluͤgen
lernt. Dieſer muthige Held ließ ſeine Tapferkeit
in den Kriegen wider den unruhigen Koͤnig Uſe-
ſuval uñ den Hertzog der Hermundurer blicken.
Seine Beꝛedſamkeit machte/ daß Maꝛcomiꝛ auf
den Reichstagen ſich ſeines Mundes und Vor-
traͤge bediente; ſeine Klugheit/ daß er in ſeiner
Abweſenheit ihm die Herrſchafft gantz Britan-
niens anvertrauete. Daſelbſt bezwang ihn die
unvergleichliche Schoͤnheit der Fuͤrſtin Riama/
daß er in heftiger Liebe gegen ſie entzuͤndet/ und
dardurch ſeinen Stand taͤglich mit neuen Hel-
den-Thaten herrlicher zu machen verurſacht
ward/ umb dardurch Marcomirs Einwilligung
und der Fuͤrſtin Gewogenheit zu gewinnen.
Dieſem ſeinem Abſehen aber wurden zwey
heftige Hindernuͤſſe in Weg geweltzet. Denn
das Hertze dieſer Fuͤrſtin hatte allbereit von
frembdem Zunder/ nemlich den Tugenden
Friedebalds/ des Hertzogs der Vangionen/ der
die Stadt Vindobon wider den Salomin ſo
herrlich vertheidigt hatte/ heimliches Feuer ge-
fangen/ und Marcomir bereuete/ daß er die
Ober-Feldherrſchafft Deutſchlandes in ſeines
Brudern Jngrams Haͤnde hatte kommen laſ-
ſen/ und ſelbte nicht vielmehr ſeinem Sohne
Hippon zugeſchantzt. Deßwegen verſtellte er
ſeine ſonſt zum Clodomir und ſeiner Vergnuͤ-
gung tragende Zuneigung/ meynte auch
durch ſeine Flammen einen groͤſſern Schatz zu
ſchmeltzen/ nemlich: daß Jngram und Clodomir
gegen den guͤldnen Apfel der Riama den deut-
ſchen Reichs-Stab verwechſeln wuͤrden. Bey-
de dieſe Klippen aber waren Klodomirn verbor-
gen/ und darum deſto gefaͤhrlicher. Sein hoher
Stand/ ſeine Anverwandnuͤß/ welche doch bey
dem Cheruskiſchen Hauſe im Heyrathen moͤg-
lichſt beobachtet ward/ ſeine fuͤrtrefflichen Leibes-
und Gemuͤths-Gaben/ die beweglichſten Aus-
druͤckungen ſeiner brennenden Seelen waren
zu ohnmaͤchtig der Riama Hertze zu erweichen/
ja es ſchien/ daß/ ie heiſſer er entzuͤndet war/ ſie
ſo vielmehr kaltſinnig und unerbittlich wuͤrde.
Dieſe Fuͤrſtin war in der Aufſicht Olorenens
Marcomirs Schweſter/ des Qvadiſchen Koͤnig
Gudwils Wittiben. Deshalben bemuͤhte ſich
Klodomir dieſer klugen Koͤnigin Gunſt zu ge-
winnen/ und meynte/ wenn er nur dieſen Stein
ins Bret bekaͤme/ das Spiel halb gewonnen zu
haben. Denn er bildete ihm dieſen ſuͤſſen
Traum ein/ die Abneigung Marcomirs/ als
von dem er ſonſt in allem uͤbrigen ſo hoch geſchaͤtzt
ward/ ſey ein bloſſer Schatten/ welcher von der
Kaltſinnigkeit der Fuͤrſtin auf ihn fiele. Die
Qvadiſche Koͤnigin war von Klodomirn ihm
bey der Riama ſein Wort zu reden leicht zu ge-
winnen/ weil ſie ſelbſt auf den Vangioniſchen
Hertzog ein Auge geworffen/ ihre Eiferſucht
aber/
Erſter Theil. V
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |