Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
wandnüß und seiner Tapferkeit den Jngram/das andere Theil aber/ theils wegen ihrer Blut- freundschafft/ theils aus Furcht für der Dacier und Scythen grosser Macht/ theils weil ihnen das vom Decebal gegen den Jngram erregte Mißtrauen noch im Hertzen steckte/ den Dece- bal/ welcher inzwischen ein Sarmatisches Fräu- lein Lasabile geheyrathet hatte. Hiermit gerie- then diese zwey Fürsten gegeneinander in Krieg/ das Glücke aber stand auf Hertzog Jngrams Seiten; denn er bemächtigte sich der Haupt- Stadt/ und ließ sich krönen/ verfolgte hierauf mit seinen siegreichen Waffen den Decebal/ und schlug ihn beym Flusse Pathißus aufs Haupt/ also daß er zum Salomin zu flüchten ge- nöthigt ward. Dieser führte ein Heer von 300000. Scythen wider den König Jngram auf/ drang damit biß ins Hertze Pannoniens/ und belägerte die Stadt Vindobon. Es be- schützte aber selbte mit unglaublicher Gegen- wehr Friedebald der Alemannier und Vangio- nen Hertzog so lange/ biß König Jngram ein ansehnlich Heer zusammen zog. Welchem aber Salomin nicht Fuß halten wolte/ sondern nach Verlust unzehlbarer Stürme und mehr als 60000. Mann ab- und in Scythien zurück zie- hen muste. Jnsonderheit machte die Beläger- ten behertzt eine stählerne in einem alten Tempel aufgehenckte Krone/ die der alte König Frison dahin gebracht/ und mit seiner Jndianischen Gemahlin Palibothra zum Braut-Schatze be- kommen haben soll/ als ihn Sandrocot aus dem Emodischen Gebürge vertrieben/ und er an- fangs in Egypten/ hernach in Thracien/ endlich in Deutschland sich niedergelassen. Denn sie glaubten/ daß/ so lange diese in ihren Ring-Mau- ren wäre/ die Stadt nicht zu erobern sey. So gibt diese Stadt/ fing Zeno an/ Rom nichts nach/ welches auf sein Bild der Pallas/ das Eneas aus dem Trojanischen Brande/ Metellus aus dem in voller Glut stehenden Tempel der Vesta errettet/ oder auf den kurtzen Schild/ der unter [Spaltenumbruch] dem Numa vom Himmel gefallen seyn soll/ so viel bauet. Es sind dergleichen Schutz-Bilder hin und wieder gar gemein/ siel Rhemetalces ein/ und habe ich in der Africanischen Stadt Bockan Hemer auf einem sehr hohen Thurme vier gül- dene Kugeln angetroffen/ die 700. Pfund wie- gen/ welche eines Mohrischen Königs Tochter aus ihren Geschmeiden unter einem besondern Zeichen des Gestirnes hat giessen/ und statt ihres versprochenen Braut - Schatzes auf die 4. Thurm-Ecken setzen lassen/ ja gewisse Geister zauberisch beschworen/ daß sie verpflichtet wären/ solche Aepfel und zugleich solches Reich ewig zu bewahren. Allein der Ausgang lehret nicht allein/ daß hierunter viel Aberglauben und Ei- telkeit stecke; wie denn diß Reich ietzt mit seinen Aepfeln unter frembdem Joche schmachtet/ und Troja ist unbeschadet ihres Pallas-Bildes von den Griechen/ Rom unbeschadet seines Ancils von Deutschen erobert worden; sondern der Ursprung und die Wahrheit dieser Schutz-Bil- der ist auch meist zweifel- oder gar lügenhafft. Einige Römer wollen selbst nicht glauben/ daß das Römische Palladium das rechte sey/ weil Heraclea/ Lavinium und Luceria das unver- fälschte zu haben sich rühmen/ und unter den zwölf Ancilen weiß niemand/ welches das rechte sey. Viel mienen auch/ daß Eneas das Palladium vom Diomedes nicht kriegt/ weniger in Jtalien gebracht/ sondern Fimbria es im Mithridati- schen Krieg bekommen habe. Jch glaube selbst/ versetzte Malovend/ daß Friedebalds Tapferkeit das beste Schutzbild der Stadt Vindobon/ und der Unglücks-Stein der Scythen gewesen sey. Durch derselben Verlust und Flucht ward De- cebal gezwungen den König Jngram umb Frie- den anzuflehen/ und sich des Pannonischen Rei- ches zu entäusern; gleichwol aber blieb dem De- cebal das vorhin zu Pannonien gehörige Dacien mit dem Königlichen Titul und beyderseitiger Bedingung: daß/ wer unter ihnen den andern überlebte/ das Königreich Pannonien völlig haben
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
wandnuͤß und ſeiner Tapferkeit den Jngram/das andere Theil aber/ theils wegen ihrer Blut- freundſchafft/ theils aus Furcht fuͤr der Dacier und Scythen groſſer Macht/ theils weil ihnen das vom Decebal gegen den Jngram erregte Mißtrauen noch im Hertzen ſteckte/ den Dece- bal/ welcher inzwiſchen ein Sarmatiſches Fraͤu- lein Laſabile geheyrathet hatte. Hiermit gerie- then dieſe zwey Fuͤrſten gegeneinander in Krieg/ das Gluͤcke aber ſtand auf Hertzog Jngrams Seiten; denn er bemaͤchtigte ſich der Haupt- Stadt/ und ließ ſich kroͤnen/ verfolgte hierauf mit ſeinen ſiegreichen Waffen den Decebal/ und ſchlug ihn beym Fluſſe Pathißus aufs Haupt/ alſo daß er zum Salomin zu fluͤchten ge- noͤthigt ward. Dieſer fuͤhrte ein Heer von 300000. Scythen wider den Koͤnig Jngram auf/ drang damit biß ins Hertze Pannoniens/ und belaͤgerte die Stadt Vindobon. Es be- ſchuͤtzte aber ſelbte mit unglaublicher Gegen- wehr Friedebald der Alemannier und Vangio- nen Hertzog ſo lange/ biß Koͤnig Jngram ein anſehnlich Heer zuſammen zog. Welchem aber Salomin nicht Fuß halten wolte/ ſondern nach Verluſt unzehlbarer Stuͤrme und mehr als 60000. Mann ab- und in Scythien zuruͤck zie- hen muſte. Jnſonderheit machte die Belaͤger- ten behertzt eine ſtaͤhlerne in einem alten Tempel aufgehenckte Krone/ die der alte Koͤnig Friſon dahin gebracht/ und mit ſeiner Jndianiſchen Gemahlin Palibothra zum Braut-Schatze be- kommen haben ſoll/ als ihn Sandrocot aus dem Emodiſchen Gebuͤrge vertrieben/ und er an- fangs in Egypten/ hernach in Thracien/ endlich in Deutſchland ſich niedergelaſſen. Denn ſie glaubten/ daß/ ſo lange dieſe in ihren Ring-Mau- ren waͤre/ die Stadt nicht zu erobern ſey. So gibt dieſe Stadt/ fing Zeno an/ Rom nichts nach/ welches auf ſein Bild der Pallas/ das Eneas aus dem Trojaniſchen Brande/ Metellus aus dem in voller Glut ſtehenden Tempel der Veſta errettet/ oder auf den kurtzen Schild/ der unter [Spaltenumbruch] dem Numa vom Himmel gefallen ſeyn ſoll/ ſo viel bauet. Es ſind dergleichen Schutz-Bilder hin und wieder gar gemein/ ſiel Rhemetalces ein/ und habe ich in der Africaniſchen Stadt Bockan Hemer auf einem ſehr hohen Thurme vier guͤl- dene Kugeln angetroffen/ die 700. Pfund wie- gen/ welche eines Mohriſchen Koͤnigs Tochter aus ihren Geſchmeiden unter einem beſondern Zeichen des Geſtirnes hat gieſſen/ und ſtatt ihres verſprochenen Braut - Schatzes auf die 4. Thurm-Ecken ſetzen laſſen/ ja gewiſſe Geiſter zauberiſch beſchworen/ daß ſie verpflichtet waͤren/ ſolche Aepfel und zugleich ſolches Reich ewig zu bewahren. Allein der Ausgang lehret nicht allein/ daß hierunter viel Aberglauben und Ei- telkeit ſtecke; wie denn diß Reich ietzt mit ſeinen Aepfeln unter frembdem Joche ſchmachtet/ und Troja iſt unbeſchadet ihres Pallas-Bildes von den Griechen/ Rom unbeſchadet ſeines Ancils von Deutſchen erobert worden; ſondern der Urſprung und die Wahrheit dieſer Schutz-Bil- der iſt auch meiſt zweifel- oder gar luͤgenhafft. Einige Roͤmer wollen ſelbſt nicht glauben/ daß das Roͤmiſche Palladium das rechte ſey/ weil Heraclea/ Lavinium und Luceria das unver- faͤlſchte zu haben ſich ruͤhmen/ und unter den zwoͤlf Ancilen weiß niemand/ welches das rechte ſey. Viel mienẽ auch/ daß Eneas das Palladium vom Diomedes nicht kriegt/ weniger in Jtalien gebracht/ ſondern Fimbria es im Mithridati- ſchen Krieg bekommen habe. Jch glaube ſelbſt/ verſetzte Malovend/ daß Friedebalds Tapferkeit das beſte Schutzbild der Stadt Vindobon/ und der Ungluͤcks-Stein der Scythen geweſen ſey. Durch derſelben Verluſt und Flucht ward De- cebal gezwungen den Koͤnig Jngram umb Frie- den anzuflehen/ und ſich des Pannoniſchen Rei- ches zu entaͤuſern; gleichwol aber blieb dem De- cebal das vorhin zu Pannonien gehoͤrige Dacien mit dem Koͤniglichen Titul und beyderſeitiger Bedingung: daß/ wer unter ihnen den andern uͤberlebte/ das Koͤnigreich Pannonien voͤllig haben
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Arminius und Thußnelda.
wandnuͤß und ſeiner Tapferkeit den Jngram/
das andere Theil aber/ theils wegen ihrer Blut-
freundſchafft/ theils aus Furcht fuͤr der Dacier
und Scythen groſſer Macht/ theils weil ihnen
das vom Decebal gegen den Jngram erregte
Mißtrauen noch im Hertzen ſteckte/ den Dece-
bal/ welcher inzwiſchen ein Sarmatiſches Fraͤu-
lein Laſabile geheyrathet hatte. Hiermit gerie-
then dieſe zwey Fuͤrſten gegeneinander in Krieg/
das Gluͤcke aber ſtand auf Hertzog Jngrams
Seiten; denn er bemaͤchtigte ſich der Haupt-
Stadt/ und ließ ſich kroͤnen/ verfolgte hierauf
mit ſeinen ſiegreichen Waffen den Decebal/ und
ſchlug ihn beym Fluſſe Pathißus aufs
Haupt/ alſo daß er zum Salomin zu fluͤchten ge-
noͤthigt ward. Dieſer fuͤhrte ein Heer von
300000. Scythen wider den Koͤnig Jngram
auf/ drang damit biß ins Hertze Pannoniens/
und belaͤgerte die Stadt Vindobon. Es be-
ſchuͤtzte aber ſelbte mit unglaublicher Gegen-
wehr Friedebald der Alemannier und Vangio-
nen Hertzog ſo lange/ biß Koͤnig Jngram ein
anſehnlich Heer zuſammen zog. Welchem aber
Salomin nicht Fuß halten wolte/ ſondern nach
Verluſt unzehlbarer Stuͤrme und mehr als
60000. Mann ab- und in Scythien zuruͤck zie-
hen muſte. Jnſonderheit machte die Belaͤger-
ten behertzt eine ſtaͤhlerne in einem alten Tempel
aufgehenckte Krone/ die der alte Koͤnig Friſon
dahin gebracht/ und mit ſeiner Jndianiſchen
Gemahlin Palibothra zum Braut-Schatze be-
kommen haben ſoll/ als ihn Sandrocot aus dem
Emodiſchen Gebuͤrge vertrieben/ und er an-
fangs in Egypten/ hernach in Thracien/ endlich
in Deutſchland ſich niedergelaſſen. Denn ſie
glaubten/ daß/ ſo lange dieſe in ihren Ring-Mau-
ren waͤre/ die Stadt nicht zu erobern ſey. So
gibt dieſe Stadt/ fing Zeno an/ Rom nichts nach/
welches auf ſein Bild der Pallas/ das Eneas
aus dem Trojaniſchen Brande/ Metellus aus
dem in voller Glut ſtehenden Tempel der Veſta
errettet/ oder auf den kurtzen Schild/ der unter
dem Numa vom Himmel gefallen ſeyn ſoll/ ſo
viel bauet. Es ſind dergleichen Schutz-Bilder
hin und wieder gar gemein/ ſiel Rhemetalces ein/
und habe ich in der Africaniſchen Stadt Bockan
Hemer auf einem ſehr hohen Thurme vier guͤl-
dene Kugeln angetroffen/ die 700. Pfund wie-
gen/ welche eines Mohriſchen Koͤnigs Tochter
aus ihren Geſchmeiden unter einem beſondern
Zeichen des Geſtirnes hat gieſſen/ und ſtatt ihres
verſprochenen Braut - Schatzes auf die 4.
Thurm-Ecken ſetzen laſſen/ ja gewiſſe Geiſter
zauberiſch beſchworen/ daß ſie verpflichtet waͤren/
ſolche Aepfel und zugleich ſolches Reich ewig zu
bewahren. Allein der Ausgang lehret nicht
allein/ daß hierunter viel Aberglauben und Ei-
telkeit ſtecke; wie denn diß Reich ietzt mit ſeinen
Aepfeln unter frembdem Joche ſchmachtet/ und
Troja iſt unbeſchadet ihres Pallas-Bildes von
den Griechen/ Rom unbeſchadet ſeines Ancils
von Deutſchen erobert worden; ſondern der
Urſprung und die Wahrheit dieſer Schutz-Bil-
der iſt auch meiſt zweifel- oder gar luͤgenhafft.
Einige Roͤmer wollen ſelbſt nicht glauben/ daß
das Roͤmiſche Palladium das rechte ſey/ weil
Heraclea/ Lavinium und Luceria das unver-
faͤlſchte zu haben ſich ruͤhmen/ und unter den
zwoͤlf Ancilen weiß niemand/ welches das rechte
ſey. Viel mienẽ auch/ daß Eneas das Palladium
vom Diomedes nicht kriegt/ weniger in Jtalien
gebracht/ ſondern Fimbria es im Mithridati-
ſchen Krieg bekommen habe. Jch glaube ſelbſt/
verſetzte Malovend/ daß Friedebalds Tapferkeit
das beſte Schutzbild der Stadt Vindobon/ und
der Ungluͤcks-Stein der Scythen geweſen ſey.
Durch derſelben Verluſt und Flucht ward De-
cebal gezwungen den Koͤnig Jngram umb Frie-
den anzuflehen/ und ſich des Pannoniſchen Rei-
ches zu entaͤuſern; gleichwol aber blieb dem De-
cebal das vorhin zu Pannonien gehoͤrige Dacien
mit dem Koͤniglichen Titul und beyderſeitiger
Bedingung: daß/ wer unter ihnen den andern
uͤberlebte/ das Koͤnigreich Pannonien voͤllig
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/201>, abgerufen am 16.07.2024. |