Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Anderes Buch [Spaltenumbruch]
dete/ daß auch die Deutschen diesen Marcomirfür ihren andern Hercules hielten/ und die Che- rusker wären selbst miteinander zwistig/ ob sie dem grossen Hermion/ dem Uhrheber ihrer Ho- heit/ oder dem Marcomir den Vorzug enträu- men solten. Rhemetalces sagte: Es ist so schwer zu einem grossen Reiche/ als in die Tieffe des Meeres einen Grund legen/ gleichwol aber hat beydes kein solch Ansehen/ als was hernach mit minderer Müh in die Luft gethürmet wird. Hingegen lässet sichs leichter weiter gehen/ wo der von den Vorfahren gezogene Faden einen leitet/ und der Eltern Fußstapfen einem den Weg weisen. Ja/ sagte Zeno/ die Uhrheber eines Reichs behalten insgemein wohl den Ruhm/ und zwar billich; wenn aber der Anfän- ger nur einen Entwurff zum Zwerge gemacht hat/ hingegen der Nachfolger hernach einen Riesen bildet/ oder ein durch seine Veralterung gleichsam verfallenes Reich wieder ans Bret bringet/ ist dieser mehr/ als jener/ für den Uhrheber eines Reichs zu rühmen. Dahero auch die Römer dem Kayser August diese Ehre zueigneten/ und ihn Romulus zu nennen ent- schlossen waren. Marcomir brach ein: Jch halte diesen Ruhm für ein Urthel der heucheln- den Dienstbarkeit/ und den August wol für ei- nen/ der durch seine Künste die Römische Frey- heit zu Boden getreten hat/ nicht aber dem Ro- mulus gleiche/ noch für einen Uhrheber selbigen Reiches. Sintemal er zwar unzehlbare Rö- mer abgeschlachtet/ das Reich aber wenig oder nichts vergrössert; auch alle seine Siege durch den Antonius/ Agrippa/ und andere ihn vertre- tende Krieges-Helden erhalten hat. Da aber die Gewalt des Raths ihm alleine zueignen eine so grosse Sache wäre; warumb wäre nicht viel- mehr Sylla oder Kayser Julius über ihn zu stellen? Malovend fiel ihm bey/ und meynte: daß unter allen Römern keiner an Helden- Thaten dem Julius zu vergleichen wäre; ja er glaubte/ daß er den Nahmen des grossen für Alexandern verdiente. Rhemetalces fing an: Sein Stamm rührte zwar vom Lysimachus des [Spaltenumbruch] grossen Alexanders Feldhauptmanne her; aber die Thracier und Macedonier wären einan- der niemals hold gewest/ und Lysimachus hätte auch den Pyrrhus aus Macedonien gejagt; also seine Meynung hoffentlich niemanden verdäch- tig seyn würde. Diese aber ginge dahin/ daß Julius Alexandern nicht das Wasser reichte. Zeno lächelte/ und fing an: Es liesse sich zwar über zweyen so berühmten Helden schwer den Ausschlag geben/ und wäre diß ein be- rühmter Zwist der Römer und Griechen; gleichwol aber hielte er unvorgreifflich den Ju- lius/ wo nicht höher/ doch Alexandern auffs we- nigste gleich. Rhemetalces antwortete: Die Götter hätten durch den Traum seiner Mutter Olympia/ durch die in seiner Geburts-Nacht geschehene Einäscherung des Ephesischen Tem- pels/ und andere Wunder/ schon Alexanders künftige Grösse angedeutet. Kayser Julius hätte Alexandern selbst die Ober-Stelle enträu- met/ da er bey seinem Bilde zu Gades bittere Zähren vergossen/ weil er in dem Alter/ da Ale- xander schon die Welt bezwungen gehabt/ noch wenig ruhmbares gethan hatte. Zeno versetz- te: Wenn aus Träumen und Wahrsagungen etwas zu entscheiden wäre/ würde auch für den Julius anzuziehen seyn/ daß er seine Mutter beschlaffen zu haben geträumet; welches für die Uberwältigung der allgemeinen Mutter der Erde ausgelegt worden. Sonst wäre zwar Alexander jenem in den Jahren zuvor kommen; hingegen habe dieser seine Langsamkeit/ wie die langsame Aloe-Staude/ welche in einer Nacht einen höhern Blumen-Stengel/ als die Ceder in etlichen Jahren/ treibt/ mit Grösse seiner Wer- cke einbracht. Die sich langsam auffthuenden Gewächse und Gemüther wären besser oder zum minsten tauerhafter/ als frühzeitige Früchte und sich übereilende Geister. Jhr Lauff gleichte den Schwantz-Gestirnen/ die alle Gestirne über- lieffen/ aber gar bald eingeäschert würden/ wie es Alexandern ebenfalls begegnet wäre. Jedoch wäre Julius nicht deswegen/ daß er sich so lang- sam auffgethan hätte/ sondern weil er vorher viel dem
Anderes Buch [Spaltenumbruch]
dete/ daß auch die Deutſchen dieſen Marcomirfuͤr ihren andern Hercules hielten/ und die Che- rusker waͤren ſelbſt miteinander zwiſtig/ ob ſie dem groſſen Hermion/ dem Uhrheber ihrer Ho- heit/ oder dem Marcomir den Vorzug entraͤu- men ſolten. Rhemetalces ſagte: Es iſt ſo ſchwer zu einem groſſen Reiche/ als in die Tieffe des Meeres einen Grund legen/ gleichwol aber hat beydes kein ſolch Anſehen/ als was hernach mit minderer Muͤh in die Luft gethuͤrmet wird. Hingegen laͤſſet ſichs leichter weiter gehen/ wo der von den Vorfahren gezogene Faden einen leitet/ und der Eltern Fußſtapfen einem den Weg weiſen. Ja/ ſagte Zeno/ die Uhrheber eines Reichs behalten insgemein wohl den Ruhm/ und zwar billich; wenn aber der Anfaͤn- ger nur einen Entwurff zum Zwerge gemacht hat/ hingegen der Nachfolger hernach einen Rieſen bildet/ oder ein durch ſeine Veralterung gleichſam verfallenes Reich wieder ans Bret bringet/ iſt dieſer mehr/ als jener/ fuͤr den Uhrheber eines Reichs zu ruͤhmen. Dahero auch die Roͤmer dem Kayſer Auguſt dieſe Ehre zueigneten/ und ihn Romulus zu nennen ent- ſchloſſen waren. Marcomir brach ein: Jch halte dieſen Ruhm fuͤr ein Urthel der heucheln- den Dienſtbarkeit/ und den Auguſt wol fuͤr ei- nen/ der durch ſeine Kuͤnſte die Roͤmiſche Frey- heit zu Boden getreten hat/ nicht aber dem Ro- mulus gleiche/ noch fuͤr einen Uhrheber ſelbigen Reiches. Sintemal er zwar unzehlbare Roͤ- mer abgeſchlachtet/ das Reich aber wenig oder nichts vergroͤſſert; auch alle ſeine Siege durch den Antonius/ Agrippa/ und andere ihn vertre- tende Krieges-Helden erhalten hat. Da aber die Gewalt des Raths ihm alleine zueignen eine ſo groſſe Sache waͤre; warumb waͤre nicht viel- mehr Sylla oder Kayſer Julius uͤber ihn zu ſtellen? Malovend fiel ihm bey/ und meynte: daß unter allen Roͤmern keiner an Helden- Thaten dem Julius zu vergleichen waͤre; ja er glaubte/ daß er den Nahmen des groſſen fuͤr Alexandern verdiente. Rhemetalces fing an: Sein Stam̃ ruͤhrte zwar vom Lyſimachus des [Spaltenumbruch] groſſen Alexanders Feldhauptmanne her; aber die Thracier und Macedonier waͤren einan- der niemals hold geweſt/ und Lyſimachus haͤtte auch den Pyrrhus aus Macedonien gejagt; alſo ſeine Meynung hoffentlich niemanden verdaͤch- tig ſeyn wuͤrde. Dieſe aber ginge dahin/ daß Julius Alexandern nicht das Waſſer reichte. Zeno laͤchelte/ und fing an: Es lieſſe ſich zwar uͤber zweyen ſo beruͤhmten Helden ſchwer den Ausſchlag geben/ und waͤre diß ein be- ruͤhmter Zwiſt der Roͤmer und Griechen; gleichwol aber hielte er unvorgreifflich den Ju- lius/ wo nicht hoͤher/ doch Alexandern auffs we- nigſte gleich. Rhemetalces antwortete: Die Goͤtter haͤtten durch den Traum ſeiner Mutter Olympia/ durch die in ſeiner Geburts-Nacht geſchehene Einaͤſcherung des Epheſiſchen Tem- pels/ und andere Wunder/ ſchon Alexanders kuͤnftige Groͤſſe angedeutet. Kayſer Julius haͤtte Alexandern ſelbſt die Ober-Stelle entraͤu- met/ da er bey ſeinem Bilde zu Gades bittere Zaͤhren vergoſſen/ weil er in dem Alter/ da Ale- xander ſchon die Welt bezwungen gehabt/ noch wenig ruhmbares gethan hatte. Zeno verſetz- te: Wenn aus Traͤumen und Wahrſagungen etwas zu entſcheiden waͤre/ wuͤrde auch fuͤr den Julius anzuziehen ſeyn/ daß er ſeine Mutter beſchlaffen zu haben getraͤumet; welches fuͤr die Uberwaͤltigung der allgemeinen Mutter der Erde ausgelegt worden. Sonſt waͤre zwar Alexander jenem in den Jahren zuvor kommen; hingegen habe dieſer ſeine Langſamkeit/ wie die langſame Aloe-Staude/ welche in einer Nacht einen hoͤhern Blumen-Stengel/ als die Ceder in etlichen Jahren/ treibt/ mit Groͤſſe ſeiner Wer- cke einbracht. Die ſich langſam auffthuenden Gewaͤchſe und Gemuͤther waͤren beſſeꝛ oder zum minſten tauerhafter/ als fruͤhzeitige Fruͤchte und ſich uͤbereilende Geiſter. Jhr Lauff gleichte den Schwantz-Geſtirnen/ die alle Geſtirne uͤber- lieffen/ aber gar bald eingeaͤſchert wuͤrden/ wie es Alexandern ebenfalls begegnet waͤre. Jedoch waͤre Julius nicht deswegen/ daß er ſich ſo lang- ſam auffgethan haͤtte/ ſondern weil er vorher viel dem
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Anderes Buch
dete/ daß auch die Deutſchen dieſen Marcomir
fuͤr ihren andern Hercules hielten/ und die Che-
rusker waͤren ſelbſt miteinander zwiſtig/ ob ſie
dem groſſen Hermion/ dem Uhrheber ihrer Ho-
heit/ oder dem Marcomir den Vorzug entraͤu-
men ſolten. Rhemetalces ſagte: Es iſt ſo ſchwer
zu einem groſſen Reiche/ als in die Tieffe des
Meeres einen Grund legen/ gleichwol aber hat
beydes kein ſolch Anſehen/ als was hernach mit
minderer Muͤh in die Luft gethuͤrmet wird.
Hingegen laͤſſet ſichs leichter weiter gehen/ wo
der von den Vorfahren gezogene Faden einen
leitet/ und der Eltern Fußſtapfen einem den
Weg weiſen. Ja/ ſagte Zeno/ die Uhrheber
eines Reichs behalten insgemein wohl den
Ruhm/ und zwar billich; wenn aber der Anfaͤn-
ger nur einen Entwurff zum Zwerge gemacht
hat/ hingegen der Nachfolger hernach einen
Rieſen bildet/ oder ein durch ſeine Veralterung
gleichſam verfallenes Reich wieder ans Bret
bringet/ iſt dieſer mehr/ als jener/ fuͤr den
Uhrheber eines Reichs zu ruͤhmen. Dahero
auch die Roͤmer dem Kayſer Auguſt dieſe Ehre
zueigneten/ und ihn Romulus zu nennen ent-
ſchloſſen waren. Marcomir brach ein: Jch
halte dieſen Ruhm fuͤr ein Urthel der heucheln-
den Dienſtbarkeit/ und den Auguſt wol fuͤr ei-
nen/ der durch ſeine Kuͤnſte die Roͤmiſche Frey-
heit zu Boden getreten hat/ nicht aber dem Ro-
mulus gleiche/ noch fuͤr einen Uhrheber ſelbigen
Reiches. Sintemal er zwar unzehlbare Roͤ-
mer abgeſchlachtet/ das Reich aber wenig oder
nichts vergroͤſſert; auch alle ſeine Siege durch
den Antonius/ Agrippa/ und andere ihn vertre-
tende Krieges-Helden erhalten hat. Da aber
die Gewalt des Raths ihm alleine zueignen eine
ſo groſſe Sache waͤre; warumb waͤre nicht viel-
mehr Sylla oder Kayſer Julius uͤber ihn zu
ſtellen? Malovend fiel ihm bey/ und meynte:
daß unter allen Roͤmern keiner an Helden-
Thaten dem Julius zu vergleichen waͤre; ja er
glaubte/ daß er den Nahmen des groſſen fuͤr
Alexandern verdiente. Rhemetalces fing an:
Sein Stam̃ ruͤhrte zwar vom Lyſimachus des
groſſen Alexanders Feldhauptmanne her; aber
die Thracier und Macedonier waͤren einan-
der niemals hold geweſt/ und Lyſimachus haͤtte
auch den Pyrrhus aus Macedonien gejagt; alſo
ſeine Meynung hoffentlich niemanden verdaͤch-
tig ſeyn wuͤrde. Dieſe aber ginge dahin/ daß
Julius Alexandern nicht das Waſſer reichte.
Zeno laͤchelte/ und fing an: Es lieſſe ſich zwar
uͤber zweyen ſo beruͤhmten Helden ſchwer
den Ausſchlag geben/ und waͤre diß ein be-
ruͤhmter Zwiſt der Roͤmer und Griechen;
gleichwol aber hielte er unvorgreifflich den Ju-
lius/ wo nicht hoͤher/ doch Alexandern auffs we-
nigſte gleich. Rhemetalces antwortete: Die
Goͤtter haͤtten durch den Traum ſeiner Mutter
Olympia/ durch die in ſeiner Geburts-Nacht
geſchehene Einaͤſcherung des Epheſiſchen Tem-
pels/ und andere Wunder/ ſchon Alexanders
kuͤnftige Groͤſſe angedeutet. Kayſer Julius
haͤtte Alexandern ſelbſt die Ober-Stelle entraͤu-
met/ da er bey ſeinem Bilde zu Gades bittere
Zaͤhren vergoſſen/ weil er in dem Alter/ da Ale-
xander ſchon die Welt bezwungen gehabt/ noch
wenig ruhmbares gethan hatte. Zeno verſetz-
te: Wenn aus Traͤumen und Wahrſagungen
etwas zu entſcheiden waͤre/ wuͤrde auch fuͤr den
Julius anzuziehen ſeyn/ daß er ſeine Mutter
beſchlaffen zu haben getraͤumet; welches fuͤr die
Uberwaͤltigung der allgemeinen Mutter der
Erde ausgelegt worden. Sonſt waͤre zwar
Alexander jenem in den Jahren zuvor kommen;
hingegen habe dieſer ſeine Langſamkeit/ wie die
langſame Aloe-Staude/ welche in einer Nacht
einen hoͤhern Blumen-Stengel/ als die Ceder
in etlichen Jahren/ treibt/ mit Groͤſſe ſeiner Wer-
cke einbracht. Die ſich langſam auffthuenden
Gewaͤchſe und Gemuͤther waͤren beſſeꝛ oder zum
minſten tauerhafter/ als fruͤhzeitige Fruͤchte und
ſich uͤbereilende Geiſter. Jhr Lauff gleichte den
Schwantz-Geſtirnen/ die alle Geſtirne uͤber-
lieffen/ aber gar bald eingeaͤſchert wuͤrden/ wie
es Alexandern ebenfalls begegnet waͤre. Jedoch
waͤre Julius nicht deswegen/ daß er ſich ſo lang-
ſam auffgethan haͤtte/ ſondern weil er vorher viel
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/184>, abgerufen am 16.02.2025. |