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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] geführet. Sintemal sie warhafftig eine Weiß-
heit der Abergläubigen wäre/ und der Schatten
des Unglücks dieselben für andern verfolget hät-
te/ die von dem Lichte der Gestirne am meisten
erleuchtet zu seyn sich eingebildet haben. Wie
denn Zoroaster/ welchen die Sternseher für ihre
Sonne hielten/ vom Ninus; Pompejus/ der
auf diese Kunst wie auf einen Ancker sich verlas-
sen/ vom Kayser Julius/ als dem kühnesten
Verächter dieser und anderer Wahrsagungen/
überwunden; Ein Celtiberischer König/ wel-
cher die tiefsten Geheimnüsse des Himmels er-
forschet und beschrieben/ von seinem auf der
Erde mehr aufachtsamen Sohne des Reichs
entsetzet/ und der so genau-eintreffende Thra-
syllus auf des Tiberius Befehl getödtet worden.
Malovend begegnete dem Rhemetalces: Her-
tzog Ulsing hätte von nichts weniger gehalten/
als von der eingebildeten Wissenschafft aus den
Sternen der Menschen künfftige Glücksfälle
zu erkiesen; sondern er hätte allein des Gestir-
nes Stand/ ihre Bewegungen und Eigenschaf-
ten erlernet; Welche Wissenschafft einem Für-
sten/ der einen über den Staub des Erdbodens
sich empor klimmenden Geist besitzen soll/ nicht
nur wohl anstehet/ sondern auch mehrmahls
grossen Nutzen bracht hat. Wie dann Pala-
medes die Griechen bey Troja/ Alexander für
der Schlacht bey Arbelle sein Kriegsvolck/
welches bey einer Mondenfinsternüß in grosses
Schrecken verfiel/ mit Auslegung der natür-
lichen Ursachen mercklich aufrichtete/ andere
sich dieser Begebenheit zu Stillung des Auff-
ruhrs meisterlich bedienten. Auch ist niemand
so unwissend/ daß unterschiedene Gefangene/
durch Ankündigung bevorstehender Finsternüs-
se/ bey denen barbarischen Völckern ihnen
gleichsam ein göttliches Ansehen gemacht/ und
dadurch sich aus ihren blutdürstigen Händen er-
rettet haben. Fürsten begreiffen hiermit auch
die Gelegenheit ihrer und anderer Länder; Die
bevorstehende Witterung/ und aus der Bewe-
[Spaltenumbruch] gung der Sonne viel vernünfftige Richtschnu-
ren ihrer Herrschafft. Hingegen hat Nicias
und Sertorius aus Unwissen heit der Gestirne
und des Windes grosse Niederlagen erlitten.
Archelaus ist für einer Sonnenfinsternüß so er-
schrocken/ daß er seinem Sohne die Haare ab-
scheren lassen/ und sich für der gantzen Welt ver-
ächtlich/ Kayser Julius aber durch Auslegung
der himmlischen Richtschnuren und Einrich-
tung der Jahres-Zeiten sich berühmter ge-
macht/ als durch seine dem Erdboden fürge-
schriebene Gesetze.

Unser Ulsing aber starb mit nicht minderm
Ruhme/ im hohen Alter/ zu grossem Leidwesen
gantz Deutschlands/ sonderlich weil er ihm noch
vorher muste einen Schenckel ablösen lassen.
Zeno fügte hier abermahls bey: Dieser Fürst
dienet uns zum Merckmahle/ daß die Glückse-
ligkeit sich niemanden ohne vorbehaltene Eh-
scheidung vermähle; und das Verhängniß ei-
nem gar an Leib komme/ wenn jene der Vor-
sichtigkeit ein Bein unterzuschlagen nicht ver-
mocht hat. Jch weiß nicht/ sagte Rhemetalces/
ob man hierinnen dem Verhängnisse/ oder
nicht vielmehr den Aertzten die Schuld beymes-
sen solle/ derer Unwissenheit durch unsere Hin-
richtung sich erfahren/ ihre Verwegenhe[it] aber
sich zur Halsfrau über unser Leben macht. Die-
semnach ich diesem klugen Fürsten wohl das
Glücke wünschen wolte: Daß er von eines ed-
len Feindes Waffen in einem hertzhafften Ge-
fechte fürs Vaterland einen schönern Todt er-
langet/ und nicht einem unvermutheten Strei-
che seines Feindes dem Schermesser der grau-
samen Aertzte seine furchtsame Glieder hätte
hinrecken dörffen. Alleine das mißgünstige
Glücke gönnet insgemein den tapffersten Hel-
den nicht/ daß sie auf dem Kriegsfelde/ als dem
herrlichsten Ehren-Bette ihren Geist in dem
Gesichte so vieler Tausenden ausblasen; son-
dern der Tod hält es vielmehr für einen nicht
geringen Sieg/ wenn er die grösten Lichter der

Welt

Anderes Buch
[Spaltenumbruch] gefuͤhret. Sintemal ſie warhafftig eine Weiß-
heit der Aberglaͤubigen waͤre/ und der Schatten
des Ungluͤcks dieſelben fuͤr andern verfolget haͤt-
te/ die von dem Lichte der Geſtirne am meiſten
erleuchtet zu ſeyn ſich eingebildet haben. Wie
denn Zoroaſter/ welchen die Sternſeher fuͤr ihre
Sonne hielten/ vom Ninus; Pompejus/ der
auf dieſe Kunſt wie auf einen Ancker ſich verlaſ-
ſen/ vom Kayſer Julius/ als dem kuͤhneſten
Veraͤchter dieſer und anderer Wahrſagungen/
uͤberwunden; Ein Celtiberiſcher Koͤnig/ wel-
cher die tiefſten Geheimnuͤſſe des Himmels er-
forſchet und beſchrieben/ von ſeinem auf der
Erde mehr aufachtſamen Sohne des Reichs
entſetzet/ und der ſo genau-eintreffende Thra-
ſyllus auf des Tiberius Befehl getoͤdtet worden.
Malovend begegnete dem Rhemetalces: Her-
tzog Ulſing haͤtte von nichts weniger gehalten/
als von der eingebildeten Wiſſenſchafft aus den
Sternen der Menſchen kuͤnfftige Gluͤcksfaͤlle
zu erkieſen; ſondern er haͤtte allein des Geſtir-
nes Stand/ ihre Bewegungen und Eigenſchaf-
ten erlernet; Welche Wiſſenſchafft einem Fuͤr-
ſten/ der einen uͤber den Staub des Erdbodens
ſich empor klimmenden Geiſt beſitzen ſoll/ nicht
nur wohl anſtehet/ ſondern auch mehrmahls
groſſen Nutzen bracht hat. Wie dann Pala-
medes die Griechen bey Troja/ Alexander fuͤr
der Schlacht bey Arbelle ſein Kriegsvolck/
welches bey einer Mondenfinſternuͤß in groſſes
Schrecken verfiel/ mit Auslegung der natuͤr-
lichen Urſachen mercklich aufrichtete/ andere
ſich dieſer Begebenheit zu Stillung des Auff-
ruhrs meiſterlich bedienten. Auch iſt niemand
ſo unwiſſend/ daß unterſchiedene Gefangene/
durch Ankuͤndigung bevorſtehender Finſternuͤſ-
ſe/ bey denen barbariſchen Voͤlckern ihnen
gleichſam ein goͤttliches Anſehen gemacht/ und
dadurch ſich aus ihren blutduͤrſtigen Haͤnden er-
rettet haben. Fuͤrſten begreiffen hiermit auch
die Gelegenheit ihrer und anderer Laͤnder; Die
bevorſtehende Witterung/ und aus der Bewe-
[Spaltenumbruch] gung der Sonne viel vernuͤnfftige Richtſchnu-
ren ihrer Herrſchafft. Hingegen hat Nicias
und Sertorius aus Unwiſſen heit der Geſtirne
und des Windes groſſe Niederlagen erlitten.
Archelaus iſt fuͤr einer Sonnenfinſternuͤß ſo er-
ſchrocken/ daß er ſeinem Sohne die Haare ab-
ſcheren laſſen/ und ſich fuͤr der gantzen Welt ver-
aͤchtlich/ Kayſer Julius aber durch Auslegung
der himmliſchen Richtſchnuren und Einrich-
tung der Jahres-Zeiten ſich beruͤhmter ge-
macht/ als durch ſeine dem Erdboden fuͤrge-
ſchriebene Geſetze.

Unſer Ulſing aber ſtarb mit nicht minderm
Ruhme/ im hohen Alter/ zu groſſem Leidweſen
gantz Deutſchlands/ ſonderlich weil er ihm noch
vorher muſte einen Schenckel abloͤſen laſſen.
Zeno fuͤgte hier abermahls bey: Dieſer Fuͤrſt
dienet uns zum Merckmahle/ daß die Gluͤckſe-
ligkeit ſich niemanden ohne vorbehaltene Eh-
ſcheidung vermaͤhle; und das Verhaͤngniß ei-
nem gar an Leib komme/ wenn jene der Vor-
ſichtigkeit ein Bein unterzuſchlagen nicht ver-
mocht hat. Jch weiß nicht/ ſagte Rhemetalces/
ob man hierinnen dem Verhaͤngniſſe/ oder
nicht vielmehr den Aertzten die Schuld beymeſ-
ſen ſolle/ derer Unwiſſenheit durch unſere Hin-
richtung ſich erfahren/ ihre Verwegenhe[it] aber
ſich zur Halsfrau uͤber unſer Leben macht. Die-
ſemnach ich dieſem klugen Fuͤrſten wohl das
Gluͤcke wuͤnſchen wolte: Daß er von eines ed-
len Feindes Waffen in einem hertzhafften Ge-
fechte fuͤrs Vaterland einen ſchoͤnern Todt er-
langet/ und nicht einem unvermutheten Strei-
che ſeines Feindes dem Schermeſſer der grau-
ſamen Aertzte ſeine furchtſame Glieder haͤtte
hinrecken doͤrffen. Alleine das mißguͤnſtige
Gluͤcke goͤnnet insgemein den tapfferſten Hel-
den nicht/ daß ſie auf dem Kriegsfelde/ als dem
herrlichſten Ehren-Bette ihren Geiſt in dem
Geſichte ſo vieler Tauſenden ausblaſen; ſon-
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/168>, abgerufen am 24.11.2024.