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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und an statt eines schimmernden Firnßes mit
Hartzt überzogen worden. Das für ein Wun-
derwerck der Welt gepriesene Bild des Olym-
pischen Jupiters wäre zwar zum Theil aus
Gold und Helffenbein/ aber grossen Theils
aus Kreide gewest. Ja wormit Agathocles
erhärten möchte: daß der geringe Ursprung
ein herrliches Ding nicht verächtlich machen
könte; hätte er aus seinen Nacht-Geschirren
die Bilder seiner Götter güssen/ und in die
Tempel setzen lassen. Der allzu grosse Werth
der Ehren-Maale diente mehrmahls zu ihrer
desto geschwindern Verterbung. Das erste
Bild aus Golde wäre der Göttin Anaitis auf-
gesetzet worden; aber als ihre andere Seulen
unversehret blieben/ hätten jenes des Antonius
Kriegs-Knechte zerdrümmert; derer einer zu
Bononi[e]n noch gegen den Käyser August ein
Gespötte damit getrieben; und daß er von der
Anaitis Schienbeine ihm eine Mahlzeit aus-
richtete/ sich zu schertzen erkühnt hätte. Der
Barde versätzte: Er stellte der marmelnen
Herrmanns-Seule nicht den zu geringen Zeug
zum Mängel aus; weil weder Gold noch
Edelgesteine Götter und Helden abzubilden
würdig wären; und dieser Bescheidenheit
nicht nur mit was schlechterm vorlieb nehme/
sondern sie auch allzu grosse Kostbarkeiten ver-
schmäheten; und wie August die ihm gewied-
mete Silber - Bilder wieder umbgießen lies-
sen. Denn Ehren-Maale solten ein Merck-
maal lobwürdiger Thaten/ nicht ihre Ausglei-
chung seyn. Ja er beschiede sich: daß keiner
Stadt/ keines Reiches Schätze zu Belohnung
ihrer Helden zulangen würden/ wenn ihre
Seulen alle aus Golde/ und ihre Sieges-
Kräntze aus eitel Perlen seyn solten. Das
Armuth wäre hierinnen der Römischen Klug-
heit Lehrmeisterin gewest/ und habe sie unter-
wiesen mit dem Hammer der Ehre in der Lufft
Müntze zu pregen; welche gültiger als Silber
[Spaltenumbruch] gewest/ und darzu ihr beym höchsten Unvermö-
ger niemals Schrott und Korn gefehlet hätte.
Sintemal sie mit ein paar Eichen- oder Lor-
ber-Zweigen; mit Ertheilung eines Zunah-
men/ mit Bezeichnung-eines Geschlechts-
Schildes/ mit einer geringen Seule ihre Er-
halter zu ihrem grossen Vergnügen bezahlet;
derer Wolthaten mit allem Vermögen des
Volckes nicht auszugleichen gewest wäre.
Wordurch sie gleichsam Gold und Silber in
die Schachte niedriger und zu allem feilste-
hende Seelen verdammt; hingegen das ge-
meine Wesen mit einem minder erschöpfften
Vorrathe versehen hätten; als die Gold-
Gruben der Araber und Dalmatier wären.
Alleine der Wind behielte seinen Werth und
die Lufft ihre Schätzbarkeit nur so lange; als
man sie nicht zu gemein machte. Wohin aber
wäre es in der Welt nicht mit den Ehren-
Seulen kommen? Zu Rhodis sollen ihr nur
drey und siebenzig-tausend/ zu Athen und Co-
rinth aber vielmehr gewest/ und das schlechte
Städtlein Volsinium wegen ihres Reichthums
von zwey-tausend Seulen eingenommen wor-
den seyn. Rom wäre nicht nur ein Auffent-
halt unzehlbarer Menschen; sondern auch stei-
nerner Völcker. Wer in einem Olympischen
Spiele gesiegt hätte/ wäre darmit verehrt/ und
er über die eingebrochene Mauer seines Va-
terlandes mit so prächtigem Siegs-Gepränge
eingeholet worden; als wenn er Griechenland
von einem neuen Xerxes befreyet hätte. Der
kaum halbweise Gorgias/ und die Hure Phry-
ne hätten ihnen selbst zwey Bilder aus dichtem
Golde im Delphischen Tempel/ und der kleine
Tichter Actius im Hause der Musen ihm eine
Riesen-Seule aufgesätzt. Es vergienge sich
hierinnen nicht nur eigner Dünckel/ und der
Vorwitz der Künstler/ welche bey Ausarbei-
tung derogleichen Bilder mehr ihre Geschick-
ligkeit sehen lassen/ als würdig angewehren

wol-
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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] und an ſtatt eines ſchimmernden Firnßes mit
Hartzt uͤberzogen worden. Das fuͤr ein Wun-
derwerck der Welt geprieſene Bild des Olym-
piſchen Jupiters waͤre zwar zum Theil aus
Gold und Helffenbein/ aber groſſen Theils
aus Kreide geweſt. Ja wormit Agathocles
erhaͤrten moͤchte: daß der geringe Urſprung
ein herrliches Ding nicht veraͤchtlich machen
koͤnte; haͤtte er aus ſeinen Nacht-Geſchirren
die Bilder ſeiner Goͤtter guͤſſen/ und in die
Tempel ſetzen laſſen. Der allzu groſſe Werth
der Ehren-Maale diente mehrmahls zu ihrer
deſto geſchwindern Verterbung. Das erſte
Bild aus Golde waͤre der Goͤttin Anaitis auf-
geſetzet worden; aber als ihre andere Seulen
unverſehret blieben/ haͤtten jenes des Antonius
Kriegs-Knechte zerdruͤmmert; derer einer zu
Bononi[e]n noch gegen den Kaͤyſer Auguſt ein
Geſpoͤtte damit getrieben; und daß er von der
Anaitis Schienbeine ihm eine Mahlzeit aus-
richtete/ ſich zu ſchertzen erkuͤhnt haͤtte. Der
Barde verſaͤtzte: Er ſtellte der marmelnen
Herrmanns-Seule nicht den zu geringen Zeug
zum Maͤngel aus; weil weder Gold noch
Edelgeſteine Goͤtter und Helden abzubilden
wuͤrdig waͤren; und dieſer Beſcheidenheit
nicht nur mit was ſchlechterm vorlieb nehme/
ſondern ſie auch allzu groſſe Koſtbarkeiten ver-
ſchmaͤheten; und wie Auguſt die ihm gewied-
mete Silber - Bilder wieder umbgießen lieſ-
ſen. Denn Ehren-Maale ſolten ein Merck-
maal lobwuͤrdiger Thaten/ nicht ihre Ausglei-
chung ſeyn. Ja er beſchiede ſich: daß keiner
Stadt/ keines Reiches Schaͤtze zu Belohnung
ihrer Helden zulangen wuͤrden/ wenn ihre
Seulen alle aus Golde/ und ihre Sieges-
Kraͤntze aus eitel Perlen ſeyn ſolten. Das
Armuth waͤre hierinnen der Roͤmiſchen Klug-
heit Lehrmeiſterin geweſt/ und habe ſie unter-
wieſen mit dem Hammer der Ehre in der Lufft
Muͤntze zu pregen; welche guͤltiger als Silber
[Spaltenumbruch] geweſt/ und darzu ihr beym hoͤchſten Unvermoͤ-
ger niemals Schrott und Korn gefehlet haͤtte.
Sintemal ſie mit ein paar Eichen- oder Lor-
ber-Zweigen; mit Ertheilung eines Zunah-
men/ mit Bezeichnung-eines Geſchlechts-
Schildes/ mit einer geringen Seule ihre Er-
halter zu ihrem groſſen Vergnuͤgen bezahlet;
derer Wolthaten mit allem Vermoͤgen des
Volckes nicht auszugleichen geweſt waͤre.
Wordurch ſie gleichſam Gold und Silber in
die Schachte niedriger und zu allem feilſte-
hende Seelen verdammt; hingegen das ge-
meine Weſen mit einem minder erſchoͤpfften
Vorrathe verſehen haͤtten; als die Gold-
Gruben der Araber und Dalmatier waͤren.
Alleine der Wind behielte ſeinen Werth und
die Lufft ihre Schaͤtzbarkeit nur ſo lange; als
man ſie nicht zu gemein machte. Wohin aber
waͤre es in der Welt nicht mit den Ehren-
Seulen kommen? Zu Rhodis ſollen ihr nur
drey und ſiebenzig-tauſend/ zu Athen und Co-
rinth aber vielmehr geweſt/ und das ſchlechte
Staͤdtlein Volſinium wegen ihres Reichthums
von zwey-tauſend Seulen eingenommen wor-
den ſeyn. Rom waͤre nicht nur ein Auffent-
halt unzehlbarer Menſchen; ſondern auch ſtei-
nerner Voͤlcker. Wer in einem Olympiſchen
Spiele geſiegt haͤtte/ waͤre darmit verehrt/ und
er uͤber die eingebrochene Mauer ſeines Va-
terlandes mit ſo praͤchtigem Siegs-Gepraͤnge
eingeholet worden; als wenn er Griechenland
von einem neuen Xerxes befreyet haͤtte. Der
kaum halbweiſe Gorgias/ und die Hure Phry-
ne haͤtten ihnen ſelbſt zwey Bilder aus dichtem
Golde im Delphiſchen Tempel/ und der kleine
Tichter Actius im Hauſe der Muſen ihm eine
Rieſen-Seule aufgeſaͤtzt. Es vergienge ſich
hierinnen nicht nur eigner Duͤnckel/ und der
Vorwitz der Kuͤnſtler/ welche bey Ausarbei-
tung derogleichen Bilder mehr ihre Geſchick-
ligkeit ſehen laſſen/ als wuͤrdig angewehren

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[1419[1421]/1487] Arminius und Thußnelda. und an ſtatt eines ſchimmernden Firnßes mit Hartzt uͤberzogen worden. Das fuͤr ein Wun- derwerck der Welt geprieſene Bild des Olym- piſchen Jupiters waͤre zwar zum Theil aus Gold und Helffenbein/ aber groſſen Theils aus Kreide geweſt. Ja wormit Agathocles erhaͤrten moͤchte: daß der geringe Urſprung ein herrliches Ding nicht veraͤchtlich machen koͤnte; haͤtte er aus ſeinen Nacht-Geſchirren die Bilder ſeiner Goͤtter guͤſſen/ und in die Tempel ſetzen laſſen. Der allzu groſſe Werth der Ehren-Maale diente mehrmahls zu ihrer deſto geſchwindern Verterbung. Das erſte Bild aus Golde waͤre der Goͤttin Anaitis auf- geſetzet worden; aber als ihre andere Seulen unverſehret blieben/ haͤtten jenes des Antonius Kriegs-Knechte zerdruͤmmert; derer einer zu Bononien noch gegen den Kaͤyſer Auguſt ein Geſpoͤtte damit getrieben; und daß er von der Anaitis Schienbeine ihm eine Mahlzeit aus- richtete/ ſich zu ſchertzen erkuͤhnt haͤtte. Der Barde verſaͤtzte: Er ſtellte der marmelnen Herrmanns-Seule nicht den zu geringen Zeug zum Maͤngel aus; weil weder Gold noch Edelgeſteine Goͤtter und Helden abzubilden wuͤrdig waͤren; und dieſer Beſcheidenheit nicht nur mit was ſchlechterm vorlieb nehme/ ſondern ſie auch allzu groſſe Koſtbarkeiten ver- ſchmaͤheten; und wie Auguſt die ihm gewied- mete Silber - Bilder wieder umbgießen lieſ- ſen. Denn Ehren-Maale ſolten ein Merck- maal lobwuͤrdiger Thaten/ nicht ihre Ausglei- chung ſeyn. Ja er beſchiede ſich: daß keiner Stadt/ keines Reiches Schaͤtze zu Belohnung ihrer Helden zulangen wuͤrden/ wenn ihre Seulen alle aus Golde/ und ihre Sieges- Kraͤntze aus eitel Perlen ſeyn ſolten. Das Armuth waͤre hierinnen der Roͤmiſchen Klug- heit Lehrmeiſterin geweſt/ und habe ſie unter- wieſen mit dem Hammer der Ehre in der Lufft Muͤntze zu pregen; welche guͤltiger als Silber geweſt/ und darzu ihr beym hoͤchſten Unvermoͤ- ger niemals Schrott und Korn gefehlet haͤtte. Sintemal ſie mit ein paar Eichen- oder Lor- ber-Zweigen; mit Ertheilung eines Zunah- men/ mit Bezeichnung-eines Geſchlechts- Schildes/ mit einer geringen Seule ihre Er- halter zu ihrem groſſen Vergnuͤgen bezahlet; derer Wolthaten mit allem Vermoͤgen des Volckes nicht auszugleichen geweſt waͤre. Wordurch ſie gleichſam Gold und Silber in die Schachte niedriger und zu allem feilſte- hende Seelen verdammt; hingegen das ge- meine Weſen mit einem minder erſchoͤpfften Vorrathe verſehen haͤtten; als die Gold- Gruben der Araber und Dalmatier waͤren. Alleine der Wind behielte ſeinen Werth und die Lufft ihre Schaͤtzbarkeit nur ſo lange; als man ſie nicht zu gemein machte. Wohin aber waͤre es in der Welt nicht mit den Ehren- Seulen kommen? Zu Rhodis ſollen ihr nur drey und ſiebenzig-tauſend/ zu Athen und Co- rinth aber vielmehr geweſt/ und das ſchlechte Staͤdtlein Volſinium wegen ihres Reichthums von zwey-tauſend Seulen eingenommen wor- den ſeyn. Rom waͤre nicht nur ein Auffent- halt unzehlbarer Menſchen; ſondern auch ſtei- nerner Voͤlcker. Wer in einem Olympiſchen Spiele geſiegt haͤtte/ waͤre darmit verehrt/ und er uͤber die eingebrochene Mauer ſeines Va- terlandes mit ſo praͤchtigem Siegs-Gepraͤnge eingeholet worden; als wenn er Griechenland von einem neuen Xerxes befreyet haͤtte. Der kaum halbweiſe Gorgias/ und die Hure Phry- ne haͤtten ihnen ſelbſt zwey Bilder aus dichtem Golde im Delphiſchen Tempel/ und der kleine Tichter Actius im Hauſe der Muſen ihm eine Rieſen-Seule aufgeſaͤtzt. Es vergienge ſich hierinnen nicht nur eigner Duͤnckel/ und der Vorwitz der Kuͤnſtler/ welche bey Ausarbei- tung derogleichen Bilder mehr ihre Geſchick- ligkeit ſehen laſſen/ als wuͤrdig angewehren wol- R r r r r r r r 2

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1419[1421]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1487>, abgerufen am 23.11.2024.