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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nechsten Jäger ein Eisen langen/ hielt selbtes ge-
gen dem dritten Schweine/ welches gantz ver
blendet darein lieff/ und mit diesem Fange stein-
todt zur Erden fiel. Rhemetalces fing hier-
über an: Jch gläube/ daß die wilden Schweine
in Deutschland keine Augen haben/ daß sie sich
so selbst auffopffern. Ja/ sagte Malovend/
wie in der gantzen Welt die Menschen/ welche
entweder Furcht oder Begierden verblenden.
Hiermit gab er dem vierdten Schweine einen
gleichmäßigen Fang. Zeno fing hierauff an:
Jch sehe wohl/ daß Malovend diß Handwerck
besser als wir gelernet/ sprang hiermit/ nach dem
er noch unterschiedene grosse Stücke folgen sahe/
vom Pferde/ welchem Rhemetalces bald folge-
te. Jener begegnete einem Hauer gleichfalls
mit einem Eisen/ welches zwar wohl antraff/ a-
ber am Holtze in stücken brach/ also er mit sei-
nem Degen sich zu beschirmen gezwungen
ward. Diesem gelang es noch ärger. Denn
das Schwein rennte ihn gar über einen Hauf-
fen/ verletzte ihn auch ein wenig in die Hüffte/
weßwegen die Jäger etliche der grossen Britan-
nischen Tocken auff sie loß lassen musten. Die-
se hielten die Schweine bey den Ohren so feste/
daß man ihnen die Eisen ohne einige Kunst ins
Hertze stossen konte. Nachdem nun wohl zwölff
Stück erlegt/ fing Zeno an: Jch glaube/ daß P.
Servilius Rullus aus diesem Forst entsprossen
sey/ weil er zu Rom mit den wilden Schweinen
so grosse Verschwendung angefangen/ und der
erste gewest/ der iedem Gaste ein gantzes
Schwein fürgesetzt. Ja/ sagte Zeno/ und die-
se würden auch wohl dem Apicius das Gewich-
te halten/ der keines auffsetzen ließ/ welches nicht
tausend Pfund schwer war. Malovend ant-
wortete: zum wenigsten hat er diesen Pracht von
den Deutschen gelernet/ welche bey ihren Her-
tzogs-Wahlen nicht nur gantze Schweine/ son-
dern grosse Ochsen braten. Zeno aber fiel ein:
Er wundere sich vielmehr/ daß die deutschen
Schweine so wohl ihre Landsleute kenneten/ in
[Spaltenumbruch] dem sie nur die Ausländer beleidigten. Malo-
vend versetzte diesen Schertz: vielleicht wären sie
so klug oder gütig/ als die Tyrintischen Schlan-
gen/ die Nattern am Phrat/ und die Scorpi-
onen auff dem Berge Latmus/ von denen man
ihn zu Rom im Ernst bereden wollen/ daß sie
gegen die Eingebohrnen gantz kirre wären/ auch
ihnen kein Leid anthäten. Jch begehrte ihrer
vernünfftigen Unterscheidung/ sagte Rhemetal-
ces/ nicht so viel/ als auff die Stärcke gegenwär-
tiger Hunde zu trauen. Zeno fielihm ein: Er
wünschte/ daß diese Gegend noch streitbarere
Thiere hegete/ um zu versuchen/ ob diese Hun-
de auch Löwen und Elefanten bemeistern kön-
ten/ wie die/ welche der König in Albanien
und Sophites in Jndien dem grossen Alexan-
der verehret hätten. Jch weiß/ sie würden ih-
ren Feind nicht scheuen/ antwortete Marcomir.
Denn die Gallier holten sie aus Britannien/
und brauchten sie wie die Garamanten in
Schlachten an statt der Kriegs-Knechte/ und
die Colophonier stelleten sie Gliederweise in die
Spitze des Treffens. Die Cimbrer richteten
ihre eigene Hunde darauff ab. Rhe-
metalces fuhr fort: Jch habe gemeint/ meine
Nachbarn die Magneten führten nur mit Hun-
den Kriege. Ja sagte Zeno; brauchte sie nicht
König Masinissa zur Leibwache? und noch heu-
te zu Tage ist diß in Africa nicht ungemein.
Die Römer selbst haben solche als M. Pompo-
nius Sardinien eingenommen/ zu Ausspüh-
rung ihrer in öde Oerter geflüchteten Feinde
gebraucht. Rhemetalces antwortete ihm: al-
les diß ist der Hunde Eigenschafft ähnlicher/ als
daß sie zu Rom auff den Schau-Bühnen die
Stelle und Verrichtungen der Gauckler ver-
treten. Sie sollen uns/ rieff Malovend/ hier
zuversichtlich auch ein nicht unangenehmes
Schauspiel fürstellen/ und erinnerte sie rück-
wärts umzuschauen/ allwo die Jäger zwey
grosse Bären gegen sie auffgejagt hatten. Die
sich erschütternden Pferde aber hatten dieser

Thiere
Erster Theil. N

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] nechſten Jaͤger ein Eiſen langen/ hielt ſelbtes ge-
gen dem dritten Schweine/ welches gantz ver
blendet darein lieff/ und mit dieſem Fange ſtein-
todt zur Erden fiel. Rhemetalces fing hier-
uͤber an: Jch glaͤube/ daß die wilden Schweine
in Deutſchland keine Augen haben/ daß ſie ſich
ſo ſelbſt auffopffern. Ja/ ſagte Malovend/
wie in der gantzen Welt die Menſchen/ welche
entweder Furcht oder Begierden verblenden.
Hiermit gab er dem vierdten Schweine einen
gleichmaͤßigen Fang. Zeno fing hierauff an:
Jch ſehe wohl/ daß Malovend diß Handwerck
beſſer als wir gelernet/ ſprang hiermit/ nach dem
er noch unterſchiedene groſſe Stuͤcke folgen ſahe/
vom Pferde/ welchem Rhemetalces bald folge-
te. Jener begegnete einem Hauer gleichfalls
mit einem Eiſen/ welches zwar wohl antraff/ a-
ber am Holtze in ſtuͤcken brach/ alſo er mit ſei-
nem Degen ſich zu beſchirmen gezwungen
ward. Dieſem gelang es noch aͤrger. Denn
das Schwein rennte ihn gar uͤber einen Hauf-
fen/ verletzte ihn auch ein wenig in die Huͤffte/
weßwegen die Jaͤger etliche der groſſen Britan-
niſchen Tocken auff ſie loß laſſen muſten. Die-
ſe hielten die Schweine bey den Ohren ſo feſte/
daß man ihnen die Eiſen ohne einige Kunſt ins
Hertze ſtoſſen konte. Nachdem nun wohl zwoͤlff
Stuͤck erlegt/ fing Zeno an: Jch glaube/ daß P.
Servilius Rullus aus dieſem Forſt entſproſſen
ſey/ weil er zu Rom mit den wilden Schweinen
ſo groſſe Verſchwendung angefangen/ und der
erſte geweſt/ der iedem Gaſte ein gantzes
Schwein fuͤrgeſetzt. Ja/ ſagte Zeno/ und die-
ſe wuͤrden auch wohl dem Apicius das Gewich-
te halten/ der keines auffſetzen ließ/ welches nicht
tauſend Pfund ſchwer war. Malovend ant-
wortete: zum wenigſten hat er dieſen Pracht von
den Deutſchen gelernet/ welche bey ihren Her-
tzogs-Wahlen nicht nur gantze Schweine/ ſon-
dern groſſe Ochſen braten. Zeno aber fiel ein:
Er wundere ſich vielmehr/ daß die deutſchen
Schweine ſo wohl ihre Landsleute kenneten/ in
[Spaltenumbruch] dem ſie nur die Auslaͤnder beleidigten. Malo-
vend verſetzte dieſen Schertz: vielleicht waͤren ſie
ſo klug oder guͤtig/ als die Tyrintiſchen Schlan-
gen/ die Nattern am Phrat/ und die Scorpi-
onen auff dem Berge Latmus/ von denen man
ihn zu Rom im Ernſt bereden wollen/ daß ſie
gegen die Eingebohrnen gantz kirre waͤren/ auch
ihnen kein Leid anthaͤten. Jch begehrte ihrer
vernuͤnfftigen Unterſcheidung/ ſagte Rhemetal-
ces/ nicht ſo viel/ als auff die Staͤrcke gegenwaͤr-
tiger Hunde zu trauen. Zeno fielihm ein: Er
wuͤnſchte/ daß dieſe Gegend noch ſtreitbarere
Thiere hegete/ um zu verſuchen/ ob dieſe Hun-
de auch Loͤwen und Elefanten bemeiſtern koͤn-
ten/ wie die/ welche der Koͤnig in Albanien
und Sophites in Jndien dem groſſen Alexan-
der verehret haͤtten. Jch weiß/ ſie wuͤrden ih-
ren Feind nicht ſcheuen/ antwortete Marcomir.
Denn die Gallier holten ſie aus Britannien/
und brauchten ſie wie die Garamanten in
Schlachten an ſtatt der Kriegs-Knechte/ und
die Colophonier ſtelleten ſie Gliederweiſe in die
Spitze des Treffens. Die Cimbrer richteten
ihre eigene Hunde darauff ab. Rhe-
metalces fuhr fort: Jch habe gemeint/ meine
Nachbarn die Magneten fuͤhrten nur mit Hun-
den Kriege. Ja ſagte Zeno; brauchte ſie nicht
Koͤnig Maſiniſſa zur Leibwache? und noch heu-
te zu Tage iſt diß in Africa nicht ungemein.
Die Roͤmer ſelbſt haben ſolche als M. Pompo-
nius Sardinien eingenommen/ zu Ausſpuͤh-
rung ihrer in oͤde Oerter gefluͤchteten Feinde
gebraucht. Rhemetalces antwortete ihm: al-
les diß iſt der Hunde Eigenſchafft aͤhnlicher/ als
daß ſie zu Rom auff den Schau-Buͤhnen die
Stelle und Verrichtungen der Gauckler ver-
treten. Sie ſollen uns/ rieff Malovend/ hier
zuverſichtlich auch ein nicht unangenehmes
Schauſpiel fuͤrſtellen/ und erinnerte ſie ruͤck-
waͤrts umzuſchauen/ allwo die Jaͤger zwey
groſſe Baͤren gegen ſie auffgejagt hatten. Die
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Thiere
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[97/0147] Arminius und Thußnelda. nechſten Jaͤger ein Eiſen langen/ hielt ſelbtes ge- gen dem dritten Schweine/ welches gantz ver blendet darein lieff/ und mit dieſem Fange ſtein- todt zur Erden fiel. Rhemetalces fing hier- uͤber an: Jch glaͤube/ daß die wilden Schweine in Deutſchland keine Augen haben/ daß ſie ſich ſo ſelbſt auffopffern. Ja/ ſagte Malovend/ wie in der gantzen Welt die Menſchen/ welche entweder Furcht oder Begierden verblenden. Hiermit gab er dem vierdten Schweine einen gleichmaͤßigen Fang. Zeno fing hierauff an: Jch ſehe wohl/ daß Malovend diß Handwerck beſſer als wir gelernet/ ſprang hiermit/ nach dem er noch unterſchiedene groſſe Stuͤcke folgen ſahe/ vom Pferde/ welchem Rhemetalces bald folge- te. Jener begegnete einem Hauer gleichfalls mit einem Eiſen/ welches zwar wohl antraff/ a- ber am Holtze in ſtuͤcken brach/ alſo er mit ſei- nem Degen ſich zu beſchirmen gezwungen ward. Dieſem gelang es noch aͤrger. Denn das Schwein rennte ihn gar uͤber einen Hauf- fen/ verletzte ihn auch ein wenig in die Huͤffte/ weßwegen die Jaͤger etliche der groſſen Britan- niſchen Tocken auff ſie loß laſſen muſten. Die- ſe hielten die Schweine bey den Ohren ſo feſte/ daß man ihnen die Eiſen ohne einige Kunſt ins Hertze ſtoſſen konte. Nachdem nun wohl zwoͤlff Stuͤck erlegt/ fing Zeno an: Jch glaube/ daß P. Servilius Rullus aus dieſem Forſt entſproſſen ſey/ weil er zu Rom mit den wilden Schweinen ſo groſſe Verſchwendung angefangen/ und der erſte geweſt/ der iedem Gaſte ein gantzes Schwein fuͤrgeſetzt. Ja/ ſagte Zeno/ und die- ſe wuͤrden auch wohl dem Apicius das Gewich- te halten/ der keines auffſetzen ließ/ welches nicht tauſend Pfund ſchwer war. Malovend ant- wortete: zum wenigſten hat er dieſen Pracht von den Deutſchen gelernet/ welche bey ihren Her- tzogs-Wahlen nicht nur gantze Schweine/ ſon- dern groſſe Ochſen braten. Zeno aber fiel ein: Er wundere ſich vielmehr/ daß die deutſchen Schweine ſo wohl ihre Landsleute kenneten/ in dem ſie nur die Auslaͤnder beleidigten. Malo- vend verſetzte dieſen Schertz: vielleicht waͤren ſie ſo klug oder guͤtig/ als die Tyrintiſchen Schlan- gen/ die Nattern am Phrat/ und die Scorpi- onen auff dem Berge Latmus/ von denen man ihn zu Rom im Ernſt bereden wollen/ daß ſie gegen die Eingebohrnen gantz kirre waͤren/ auch ihnen kein Leid anthaͤten. Jch begehrte ihrer vernuͤnfftigen Unterſcheidung/ ſagte Rhemetal- ces/ nicht ſo viel/ als auff die Staͤrcke gegenwaͤr- tiger Hunde zu trauen. Zeno fielihm ein: Er wuͤnſchte/ daß dieſe Gegend noch ſtreitbarere Thiere hegete/ um zu verſuchen/ ob dieſe Hun- de auch Loͤwen und Elefanten bemeiſtern koͤn- ten/ wie die/ welche der Koͤnig in Albanien und Sophites in Jndien dem groſſen Alexan- der verehret haͤtten. Jch weiß/ ſie wuͤrden ih- ren Feind nicht ſcheuen/ antwortete Marcomir. Denn die Gallier holten ſie aus Britannien/ und brauchten ſie wie die Garamanten in Schlachten an ſtatt der Kriegs-Knechte/ und die Colophonier ſtelleten ſie Gliederweiſe in die Spitze des Treffens. Die Cimbrer richteten ihre eigene Hunde darauff ab. Rhe- metalces fuhr fort: Jch habe gemeint/ meine Nachbarn die Magneten fuͤhrten nur mit Hun- den Kriege. Ja ſagte Zeno; brauchte ſie nicht Koͤnig Maſiniſſa zur Leibwache? und noch heu- te zu Tage iſt diß in Africa nicht ungemein. Die Roͤmer ſelbſt haben ſolche als M. Pompo- nius Sardinien eingenommen/ zu Ausſpuͤh- rung ihrer in oͤde Oerter gefluͤchteten Feinde gebraucht. Rhemetalces antwortete ihm: al- les diß iſt der Hunde Eigenſchafft aͤhnlicher/ als daß ſie zu Rom auff den Schau-Buͤhnen die Stelle und Verrichtungen der Gauckler ver- treten. Sie ſollen uns/ rieff Malovend/ hier zuverſichtlich auch ein nicht unangenehmes Schauſpiel fuͤrſtellen/ und erinnerte ſie ruͤck- waͤrts umzuſchauen/ allwo die Jaͤger zwey groſſe Baͤren gegen ſie auffgejagt hatten. Die ſich erſchuͤtternden Pferde aber hatten dieſer Thiere Erſter Theil. N

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/147>, abgerufen am 23.11.2024.