Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
thengel/ der weise Jäger und Schütze Chironmit dem Niese-Kraute/ damit er seine Pfeile anzumachen pflegte; der Hunds-Stern Si- rius mit dem Hunds-Zahne/ und Acteon mit dem gelben Winterlichen Hahnen-Fusse. Das vierdte Glied der blauen bestand am Archi- medes/ welcher als der Haupt-Künstler in Spiegeln ihm den Frauen-Spiegel zuge- eignet hatte. Der vom Löwen zerrissene Jäger-Knabe Hyas hatte ihm den Winter- Hyacinth; der vom Rauche den Nahmen führende ungeheure Sohn der Erde Typheus den Erd-Rauch/ Zevxes den Garten-Schar- lach/ und wegen des ihm gewiedmeten Hah- nes Esculapius den blauen Winter-Hahnen- Fuß. Endlich kamen die bundten Winter- Blumen auch ans Licht/ und zeigte sich der gü- tige Chrysanthes mit dem güldenen Klee/ Al- cydes seiner geliebten Omphale zu Liebe mit dem nach ihr genennten Nabel-Kraute/ Hy- rius mit dem Harn-Kraute zum Gedächtnüs- se seines aus der Götter Garne gezeugten Sohnes Orion/ Cinyras der Myrrha Ehmann mit dem Mastich-Kraute/ und sein das köstli- che Balsam-Geschirre zerbrechende Knabe Amaracus mit dem Winter-Majoran/ dar- ein er aus Bestürtzung verwandelt worden. Alle vorerwehnte Personen hatten von denen ihnen zugeeigneten Blumen auf dem Haupte und umb beyde Armen Kräntze/ welche ent- weder natürlich oder von Seide waren. So bald die Blumen-Göttin ihren Gesang ste-
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
thengel/ der weiſe Jaͤger und Schuͤtze Chironmit dem Nieſe-Kraute/ damit er ſeine Pfeile anzumachen pflegte; der Hunds-Stern Si- rius mit dem Hunds-Zahne/ und Acteon mit dem gelben Winterlichen Hahnen-Fuſſe. Das vierdte Glied der blauen beſtand am Archi- medes/ welcher als der Haupt-Kuͤnſtler in Spiegeln ihm den Frauen-Spiegel zuge- eignet hatte. Der vom Loͤwen zerriſſene Jaͤger-Knabe Hyas hatte ihm den Winter- Hyacinth; der vom Rauche den Nahmen fuͤhrende ungeheure Sohn der Erde Typheus den Erd-Rauch/ Zevxes den Garten-Schar- lach/ und wegen des ihm gewiedmeten Hah- nes Eſculapius den blauen Winter-Hahnen- Fuß. Endlich kamen die bundten Winter- Blumen auch ans Licht/ und zeigte ſich der guͤ- tige Chryſanthes mit dem guͤldenen Klee/ Al- cydes ſeiner geliebten Omphale zu Liebe mit dem nach ihr genennten Nabel-Kraute/ Hy- rius mit dem Harn-Kraute zum Gedaͤchtnuͤſ- ſe ſeines aus der Goͤtter Garne gezeugten Sohnes Orion/ Cinyras der Myrrha Ehmann mit dem Maſtich-Kraute/ und ſein das koͤſtli- che Balſam-Geſchirre zerbrechende Knabe Amaracus mit dem Winter-Majoran/ dar- ein er aus Beſtuͤrtzung verwandelt worden. Alle vorerwehnte Perſonen hatten von denen ihnen zugeeigneten Blumen auf dem Haupte und umb beyde Armen Kraͤntze/ welche ent- weder natuͤrlich oder von Seide waren. So bald die Blumen-Goͤttin ihren Geſang ſte-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f1452" n="1384[1386]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Neuntes Buch</hi></fw><lb/><cb/> thengel/ der weiſe Jaͤger und Schuͤtze Chiron<lb/> mit dem Nieſe-Kraute/ damit er ſeine Pfeile<lb/> anzumachen pflegte; der Hunds-Stern Si-<lb/> rius mit dem Hunds-Zahne/ und Acteon mit<lb/> dem gelben Winterlichen Hahnen-Fuſſe. Das<lb/> vierdte Glied der blauen beſtand am Archi-<lb/> medes/ welcher als der Haupt-Kuͤnſtler in<lb/> Spiegeln ihm den Frauen-Spiegel zuge-<lb/> eignet hatte. Der vom Loͤwen zerriſſene<lb/> Jaͤger-Knabe Hyas hatte ihm den Winter-<lb/> Hyacinth; der vom Rauche den Nahmen<lb/> fuͤhrende ungeheure Sohn der Erde Typheus<lb/> den Erd-Rauch/ Zevxes den Garten-Schar-<lb/> lach/ und wegen des ihm gewiedmeten Hah-<lb/> nes Eſculapius den blauen Winter-Hahnen-<lb/> Fuß. Endlich kamen die bundten Winter-<lb/> Blumen auch ans Licht/ und zeigte ſich der guͤ-<lb/> tige Chryſanthes mit dem guͤldenen Klee/ Al-<lb/> cydes ſeiner geliebten Omphale zu Liebe mit<lb/> dem nach ihr genennten Nabel-Kraute/ Hy-<lb/> rius mit dem Harn-Kraute zum Gedaͤchtnuͤſ-<lb/> ſe ſeines aus der Goͤtter Garne gezeugten<lb/> Sohnes Orion/ Cinyras der Myrrha Ehmann<lb/> mit dem Maſtich-Kraute/ und ſein das koͤſtli-<lb/> che Balſam-Geſchirre zerbrechende Knabe<lb/> Amaracus mit dem Winter-Majoran/ dar-<lb/> ein er aus Beſtuͤrtzung verwandelt worden.<lb/> Alle vorerwehnte Perſonen hatten von denen<lb/> ihnen zugeeigneten Blumen auf dem Haupte<lb/> und umb beyde Armen Kraͤntze/ welche ent-<lb/> weder natuͤrlich oder von Seide waren.</p><lb/> <p>So bald die Blumen-Goͤttin ihren Geſang<lb/> geendigt hatten/ fiengen auf einem zwoͤlff-<lb/> eckichten Thurme/ welcher nach dem vom<lb/> Andronicus zu Athen erbautem gemacht zu<lb/> ſeyn ſchien/ und an ieder Seite eines Win-<lb/> des Bildnuͤß hatte; die Weſt- und Mit-<lb/> ternacht-Winde/ derer jene ein Lufft-dieſe<lb/> ein Waſſer-farbenes Drey-Eck in der<lb/> Hand fuͤhrten/ mit Paucken und einer Art<lb/> Poſaunen ein kriegeriſches Gethoͤne an/<lb/><cb/> welche denen Hiſpaniſchen Narciſſen gantz<lb/> aͤhnlich waren/ die uͤber ihre ſechs ausgebreite-<lb/> te Blaͤtter einen langen holen Hals hervor<lb/> ſtreckten; gleich als wenn die Werckzeuge/<lb/> wordurch die Ohren vergnuͤgt werden ſolten/<lb/> nach denen die Augen ſo ſehr erfreuenden<lb/> Blumen gebildet werden muͤſten. Nach<lb/> dieſen hielten die vier Theile der Welt umb<lb/> die Blumen - Goͤttin herumb ein ſehens-<lb/> wuͤrdiges Rennen/ worinnen die Rehe/ die<lb/> Loͤwen/ die Kuͤhe und Renn-Thiere ſich in<lb/> denen ſchnellen Umbwendungen und Ringel-<lb/> Drehungen nicht anders als zugerittene Pfer-<lb/> de herumb werffen lieſſen. Endlich ſetzten<lb/> ſie ſich harte an die Blumen-Goͤttin an/ und<lb/> zwar der Fruͤhling gegen Morgen/ der Som-<lb/> mer gegen Mittag/ der Herbſt gegen Abend/<lb/> der Winter gegen Mitternacht. Nach wel-<lb/> cher Ordnung ſich nunmehr die Blumen der<lb/> vier Zeiten ausbreiteten. Der auf vorer-<lb/> wehnten Thurmes Spitze ſtehende Triton<lb/> wendete ſich hiermit gleichfalls umb gegen<lb/> die Mittags- und Oſt-Winde; derer jene ein<lb/> feuriges/ dieſe ein graſe-gruͤnes Drey-Eck<lb/> zum Zeichen hatten/ beyde zuſammen aber<lb/> liebliche Seitenſpiele anſtimmeten. Hierzu<lb/> fiengen an allen vier Enden die Blumen einen<lb/> luſtigen Tantz an/ in welchem die weiblichen<lb/> Blumen ſich mit denen maͤnnlichen bald ver-<lb/> mengten/ bald wieder abſonderten/ und zwar<lb/> ſo kuͤnſtlich: daß man iedesmals ihre genau<lb/> beobachtete Ordnung nach ihren fuͤnferley<lb/> Farben unterſcheiden konte. Beym Ende<lb/> ieden Satzes ſtellten ſich die maͤnnlichen und<lb/> weiblichen abſonderlich; und kam iedesmals<lb/> in das Mittel eine andere Blume/ umb<lb/> welche die andern Blumen ihrer Farbe einen<lb/> Kreiß machten/ und ſich gegen ihr als ihrer<lb/> Fuͤrſtin neigten. Die anderfaͤrbichten Blu-<lb/> men aber bildeten mit ihrer artlichen Stel-<lb/> lung die Geſtalt der ſo denn in der Mitte<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſte-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1384[1386]/1452]
Neuntes Buch
thengel/ der weiſe Jaͤger und Schuͤtze Chiron
mit dem Nieſe-Kraute/ damit er ſeine Pfeile
anzumachen pflegte; der Hunds-Stern Si-
rius mit dem Hunds-Zahne/ und Acteon mit
dem gelben Winterlichen Hahnen-Fuſſe. Das
vierdte Glied der blauen beſtand am Archi-
medes/ welcher als der Haupt-Kuͤnſtler in
Spiegeln ihm den Frauen-Spiegel zuge-
eignet hatte. Der vom Loͤwen zerriſſene
Jaͤger-Knabe Hyas hatte ihm den Winter-
Hyacinth; der vom Rauche den Nahmen
fuͤhrende ungeheure Sohn der Erde Typheus
den Erd-Rauch/ Zevxes den Garten-Schar-
lach/ und wegen des ihm gewiedmeten Hah-
nes Eſculapius den blauen Winter-Hahnen-
Fuß. Endlich kamen die bundten Winter-
Blumen auch ans Licht/ und zeigte ſich der guͤ-
tige Chryſanthes mit dem guͤldenen Klee/ Al-
cydes ſeiner geliebten Omphale zu Liebe mit
dem nach ihr genennten Nabel-Kraute/ Hy-
rius mit dem Harn-Kraute zum Gedaͤchtnuͤſ-
ſe ſeines aus der Goͤtter Garne gezeugten
Sohnes Orion/ Cinyras der Myrrha Ehmann
mit dem Maſtich-Kraute/ und ſein das koͤſtli-
che Balſam-Geſchirre zerbrechende Knabe
Amaracus mit dem Winter-Majoran/ dar-
ein er aus Beſtuͤrtzung verwandelt worden.
Alle vorerwehnte Perſonen hatten von denen
ihnen zugeeigneten Blumen auf dem Haupte
und umb beyde Armen Kraͤntze/ welche ent-
weder natuͤrlich oder von Seide waren.
So bald die Blumen-Goͤttin ihren Geſang
geendigt hatten/ fiengen auf einem zwoͤlff-
eckichten Thurme/ welcher nach dem vom
Andronicus zu Athen erbautem gemacht zu
ſeyn ſchien/ und an ieder Seite eines Win-
des Bildnuͤß hatte; die Weſt- und Mit-
ternacht-Winde/ derer jene ein Lufft-dieſe
ein Waſſer-farbenes Drey-Eck in der
Hand fuͤhrten/ mit Paucken und einer Art
Poſaunen ein kriegeriſches Gethoͤne an/
welche denen Hiſpaniſchen Narciſſen gantz
aͤhnlich waren/ die uͤber ihre ſechs ausgebreite-
te Blaͤtter einen langen holen Hals hervor
ſtreckten; gleich als wenn die Werckzeuge/
wordurch die Ohren vergnuͤgt werden ſolten/
nach denen die Augen ſo ſehr erfreuenden
Blumen gebildet werden muͤſten. Nach
dieſen hielten die vier Theile der Welt umb
die Blumen - Goͤttin herumb ein ſehens-
wuͤrdiges Rennen/ worinnen die Rehe/ die
Loͤwen/ die Kuͤhe und Renn-Thiere ſich in
denen ſchnellen Umbwendungen und Ringel-
Drehungen nicht anders als zugerittene Pfer-
de herumb werffen lieſſen. Endlich ſetzten
ſie ſich harte an die Blumen-Goͤttin an/ und
zwar der Fruͤhling gegen Morgen/ der Som-
mer gegen Mittag/ der Herbſt gegen Abend/
der Winter gegen Mitternacht. Nach wel-
cher Ordnung ſich nunmehr die Blumen der
vier Zeiten ausbreiteten. Der auf vorer-
wehnten Thurmes Spitze ſtehende Triton
wendete ſich hiermit gleichfalls umb gegen
die Mittags- und Oſt-Winde; derer jene ein
feuriges/ dieſe ein graſe-gruͤnes Drey-Eck
zum Zeichen hatten/ beyde zuſammen aber
liebliche Seitenſpiele anſtimmeten. Hierzu
fiengen an allen vier Enden die Blumen einen
luſtigen Tantz an/ in welchem die weiblichen
Blumen ſich mit denen maͤnnlichen bald ver-
mengten/ bald wieder abſonderten/ und zwar
ſo kuͤnſtlich: daß man iedesmals ihre genau
beobachtete Ordnung nach ihren fuͤnferley
Farben unterſcheiden konte. Beym Ende
ieden Satzes ſtellten ſich die maͤnnlichen und
weiblichen abſonderlich; und kam iedesmals
in das Mittel eine andere Blume/ umb
welche die andern Blumen ihrer Farbe einen
Kreiß machten/ und ſich gegen ihr als ihrer
Fuͤrſtin neigten. Die anderfaͤrbichten Blu-
men aber bildeten mit ihrer artlichen Stel-
lung die Geſtalt der ſo denn in der Mitte
ſte-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |