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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Neuntes Buch
[Spaltenumbruch]

Cybele tantzte mit ihrem Elefanten hierüber
auf der Leine hinauf und wieder zurücke; die
Verschnittenen aber unter sich. Bey welchem
Tantze sie mit einer wunderwürdigen Ge-
schwindigkeit aus eitel Blumen/ wie selbte bey
jeder Jahres-Zeit zu finden sind/ die Bilder des
Frühlings/ des Sommers/ des Herbstes und
des Winters zusammen flochten/ und der Cy-
bele überreichten.

Hierauf öfnete sich der Schrancken einem
Elefanten/ dessen Rücken mit einem Regen-
bogen-färbichten Goldstücke bedeckt/ und mit
einem von allerhand köstlichen Federn über-
schatteten Königs-Stule belegt war; den die
Juno oder die Lufft mit einem Krantze von Per-
len und Opalen/ welcher Stein fast alle Farben
im Wider scheine zeiget/ und am nechsten der
Perle kommt/ besaß. Umb den Elefanten spiel-
ten zwölf Straussen; vorher aber sechs West-
winde mit den lieblichsten Säitenspielen; wor-
zu der Elefant bald auf der Leine/ bald unter
denen Straussen tantzte/ die Lufft aber ihr Vor-
recht in Zeugung der Perlen derogestalt sin-
gende behaupten wolte:

Die Perlen schmückt der Glantz der Regenbogen/
Auch zeigt ihr Gold/ Schmaragd/ Rubin/ Saphir/
Und was sie sonst aus meiner Brust gesogen/
Jhr Zeug sey himmlisch/ ihre Pracht von mir.
Wenn nach dem Meer-Saltz' itzt die durst'gen Schnecken lechsen/
Flöß' ich den Thau den geilen Muscheln ein;
Bepurper ihn durch's braunen Morgenschein/
Da schwängern sie sich mit so himmlischen Gewächsen.
Ja/ daß von meinem Thau/ vom Monden rühr' ihr Wesen/
Wird durch die Krafft des Eßiges bewehrt/
Der sie zerbeitzt/ in ersten Thau verkehrt.
Auch schwinden/ die man läßt bey's Monden Abfall lesen.
So bleibt nun wahr: die Mnschel-Töchter sind
Ein Brutt der Lufft/ und der Gestirne Kind.

Endlich kam auch der vierdte mit Feuer-roth
von Goldstück belegte Elefant in den Schran-
cken. Auf seinem Rücken saß das Feuer/ oder
die Göttin Vesta/ eine thönerne und lichten
loh brennende Ampel in der rechten Hand/ eine
Drommel in der lincken haltende. Diesen
[Spaltenumbruch] begleiteten zwölf ungeheure Cyclopen mit bren-
nenden Fackeln; derer drey auf einem Amboße
mit grossen Hämmern ein artliches Gethöne
machten; die andern neun aber nach solchem
Dreyschlage mit ihrem Elefanten einen seltza-
men Fechter-Tantz hielten/ in welchem der ge-
bländete gegen die andern/ und diese gegen ihn
mit den Fackeln stritten; und das wunderlichste
war: daß weder der bald auf der Leine/ bald
zwischen diesen einäugichten Riesen tantzende
Elefant von so vielem Feuer scheue gemacht;
noch bey so vielen Streichen und Wendungen
einige Fackel ausgelescht ward. Zwischen der
mittelsten Erholung dieses Tantzes eignete ihr
Vesta durch folgenden Gesang für andern die
Geburt der Perlen zu:

Das Fener ist der Geist der Welt/
Der alles schwängert/ wärmt/ erhält.
Die Härtigkeit/ die blitzend-lichten Strahlen/
Die Krafft das Hertz von Gifft zu machen frey/
Bewehrn: daß Glut der Perlen Ursprung sey.
Die Erd' ist Schnee/ die Lufft ist Frost/ das Wasser Eiß/
Die Welt ein hol' und totter-loses Ey/
Die Muschel todt und leer/ macht sie die Glut nicht heiß.
Denn Feuer sämt den Glantz in die Opalen/
Blut in's Geäder/ Purper in die Schnecken/
Oel in's Gestirn'/ anch Safft in Staud' und Hecken/
Jn Berge Gold/ die Perl' in Muschel-Schalen/
Jn Brüste Milch/ die Lieb' in Seel' und Blut;
Ja Lieben selbst ist meine reinste Glut.

Bey dem Ende dieses Riesen- und Elefan-
ten-Tantzes/ fieng das auf dem weissen Elefan-
ten sintzende Jndien an/ selbten durch einen klei-
nen Mohren mit einem silbernen Griffel wie
ein Pferd herumb zu werffen; wie denn dieses
Thier schier mehr wegen seiner lehrsamen Sitt-
samkeit/ als wegen seiner Kräffte wunderwür-
dig ist. Hier auf tantzte er nach denen sanfften
Säitenspielen eben so sanffte. Jndien aber
sang Thußnelden zu Ruhme nachfolgendes
Getichte:

Der grünen See schneeweisses Kind/
Jn dem die Schätze der Natur/
Der Allmacht GOttes grosse Spur
Verwunderns-werth zu schauen sind/
Verdient
Neuntes Buch
[Spaltenumbruch]

Cybele tantzte mit ihrem Elefanten hieruͤber
auf der Leine hinauf und wieder zuruͤcke; die
Verſchnittenen aber unter ſich. Bey welchem
Tantze ſie mit einer wunderwuͤrdigen Ge-
ſchwindigkeit aus eitel Blumen/ wie ſelbte bey
jeder Jahres-Zeit zu finden ſind/ die Bilder des
Fruͤhlings/ des Sommers/ des Herbſtes und
des Winters zuſammen flochten/ und der Cy-
bele uͤberreichten.

Hierauf oͤfnete ſich der Schrancken einem
Elefanten/ deſſen Ruͤcken mit einem Regen-
bogen-faͤrbichten Goldſtuͤcke bedeckt/ und mit
einem von allerhand koͤſtlichen Federn uͤber-
ſchatteten Koͤnigs-Stule belegt war; den die
Juno oder die Lufft mit einem Krantze von Per-
len und Opalen/ welcher Stein faſt alle Farben
im Wider ſcheine zeiget/ und am nechſten der
Perle kommt/ beſaß. Umb den Elefanten ſpiel-
ten zwoͤlf Strauſſen; vorher aber ſechs Weſt-
winde mit den lieblichſten Saͤitenſpielen; wor-
zu der Elefant bald auf der Leine/ bald unter
denen Strauſſen tantzte/ die Lufft aber ihr Vor-
recht in Zeugung der Perlen derogeſtalt ſin-
gende behaupten wolte:

Die Perlen ſchmuͤckt der Glantz der Regenbogen/
Auch zeigt ihr Gold/ Schmaragd/ Rubin/ Saphir/
Und was ſie ſonſt aus meiner Bruſt geſogen/
Jhr Zeug ſey himmliſch/ ihre Pracht von mir.
Wenn nach dem Meer-Saltz’ itzt die durſt’gen Schnecken lechſen/
Floͤß’ ich den Thau den geilen Muſcheln ein;
Bepurper ihn durch’s braunen Morgenſchein/
Da ſchwaͤngern ſie ſich mit ſo himmliſchen Gewaͤchſen.
Ja/ daß von meinem Thau/ vom Monden ruͤhr’ ihr Weſen/
Wird durch die Krafft des Eßiges bewehrt/
Der ſie zerbeitzt/ in erſten Thau verkehrt.
Auch ſchwinden/ die man laͤßt bey’s Monden Abfall leſen.
So bleibt nun wahr: die Mnſchel-Toͤchter ſind
Ein Brutt der Lufft/ und der Geſtirne Kind.

Endlich kam auch der vierdte mit Feuer-roth
von Goldſtuͤck belegte Elefant in den Schran-
cken. Auf ſeinem Ruͤcken ſaß das Feuer/ oder
die Goͤttin Veſta/ eine thoͤnerne und lichten
loh brennende Ampel in der rechten Hand/ eine
Drommel in der lincken haltende. Dieſen
[Spaltenumbruch] begleiteten zwoͤlf ungeheure Cyclopen mit bren-
nenden Fackeln; derer drey auf einem Amboße
mit groſſen Haͤmmern ein artliches Gethoͤne
machten; die andern neun aber nach ſolchem
Dreyſchlage mit ihrem Elefanten einen ſeltza-
men Fechter-Tantz hielten/ in welchem der ge-
blaͤndete gegen die andern/ und dieſe gegen ihn
mit den Fackeln ſtritten; und das wunderlichſte
war: daß weder der bald auf der Leine/ bald
zwiſchen dieſen einaͤugichten Rieſen tantzende
Elefant von ſo vielem Feuer ſcheue gemacht;
noch bey ſo vielen Streichen und Wendungen
einige Fackel ausgeleſcht ward. Zwiſchen der
mittelſten Erholung dieſes Tantzes eignete ihr
Veſta durch folgenden Geſang fuͤr andern die
Geburt der Perlen zu:

Das Fener iſt der Geiſt der Welt/
Der alles ſchwaͤngert/ waͤrmt/ erhaͤlt.
Die Haͤrtigkeit/ die blitzend-lichten Strahlen/
Die Krafft das Hertz von Gifft zu machen frey/
Bewehrn: daß Glut der Perlen Urſprung ſey.
Die Erd’ iſt Schnee/ die Lufft iſt Froſt/ das Waſſer Eiß/
Die Welt ein hol’ und totter-loſes Ey/
Die Muſchel todt und leer/ macht ſie die Glut nicht heiß.
Denn Feuer ſaͤmt den Glantz in die Opalen/
Blut in’s Geaͤder/ Purper in die Schnecken/
Oel in’s Geſtirn’/ anch Safft in Staud’ und Hecken/
Jn Berge Gold/ die Perl’ in Muſchel-Schalen/
Jn Bruͤſte Milch/ die Lieb’ in Seel’ und Blut;
Ja Lieben ſelbſt iſt meine reinſte Glut.

Bey dem Ende dieſes Rieſen- und Elefan-
ten-Tantzes/ fieng das auf dem weiſſen Elefan-
ten ſintzende Jndien an/ ſelbten durch einen klei-
nen Mohren mit einem ſilbernen Griffel wie
ein Pferd herumb zu werffen; wie denn dieſes
Thier ſchier mehr wegen ſeiner lehrſamen Sitt-
ſamkeit/ als wegen ſeiner Kraͤffte wunderwuͤr-
dig iſt. Hier auf tantzte er nach denen ſanfften
Saͤitenſpielen eben ſo ſanffte. Jndien aber
ſang Thußnelden zu Ruhme nachfolgendes
Getichte:

Der gruͤnen See ſchneeweiſſes Kind/
Jn dem die Schaͤtze der Natur/
Der Allmacht GOttes groſſe Spur
Verwunderns-werth zu ſchauen ſind/
Verdient
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[1376[1378]/1444] Neuntes Buch Cybele tantzte mit ihrem Elefanten hieruͤber auf der Leine hinauf und wieder zuruͤcke; die Verſchnittenen aber unter ſich. Bey welchem Tantze ſie mit einer wunderwuͤrdigen Ge- ſchwindigkeit aus eitel Blumen/ wie ſelbte bey jeder Jahres-Zeit zu finden ſind/ die Bilder des Fruͤhlings/ des Sommers/ des Herbſtes und des Winters zuſammen flochten/ und der Cy- bele uͤberreichten. Hierauf oͤfnete ſich der Schrancken einem Elefanten/ deſſen Ruͤcken mit einem Regen- bogen-faͤrbichten Goldſtuͤcke bedeckt/ und mit einem von allerhand koͤſtlichen Federn uͤber- ſchatteten Koͤnigs-Stule belegt war; den die Juno oder die Lufft mit einem Krantze von Per- len und Opalen/ welcher Stein faſt alle Farben im Wider ſcheine zeiget/ und am nechſten der Perle kommt/ beſaß. Umb den Elefanten ſpiel- ten zwoͤlf Strauſſen; vorher aber ſechs Weſt- winde mit den lieblichſten Saͤitenſpielen; wor- zu der Elefant bald auf der Leine/ bald unter denen Strauſſen tantzte/ die Lufft aber ihr Vor- recht in Zeugung der Perlen derogeſtalt ſin- gende behaupten wolte: Die Perlen ſchmuͤckt der Glantz der Regenbogen/ Auch zeigt ihr Gold/ Schmaragd/ Rubin/ Saphir/ Und was ſie ſonſt aus meiner Bruſt geſogen/ Jhr Zeug ſey himmliſch/ ihre Pracht von mir. Wenn nach dem Meer-Saltz’ itzt die durſt’gen Schnecken lechſen/ Floͤß’ ich den Thau den geilen Muſcheln ein; Bepurper ihn durch’s braunen Morgenſchein/ Da ſchwaͤngern ſie ſich mit ſo himmliſchen Gewaͤchſen. Ja/ daß von meinem Thau/ vom Monden ruͤhr’ ihr Weſen/ Wird durch die Krafft des Eßiges bewehrt/ Der ſie zerbeitzt/ in erſten Thau verkehrt. Auch ſchwinden/ die man laͤßt bey’s Monden Abfall leſen. So bleibt nun wahr: die Mnſchel-Toͤchter ſind Ein Brutt der Lufft/ und der Geſtirne Kind. Endlich kam auch der vierdte mit Feuer-roth von Goldſtuͤck belegte Elefant in den Schran- cken. Auf ſeinem Ruͤcken ſaß das Feuer/ oder die Goͤttin Veſta/ eine thoͤnerne und lichten loh brennende Ampel in der rechten Hand/ eine Drommel in der lincken haltende. Dieſen begleiteten zwoͤlf ungeheure Cyclopen mit bren- nenden Fackeln; derer drey auf einem Amboße mit groſſen Haͤmmern ein artliches Gethoͤne machten; die andern neun aber nach ſolchem Dreyſchlage mit ihrem Elefanten einen ſeltza- men Fechter-Tantz hielten/ in welchem der ge- blaͤndete gegen die andern/ und dieſe gegen ihn mit den Fackeln ſtritten; und das wunderlichſte war: daß weder der bald auf der Leine/ bald zwiſchen dieſen einaͤugichten Rieſen tantzende Elefant von ſo vielem Feuer ſcheue gemacht; noch bey ſo vielen Streichen und Wendungen einige Fackel ausgeleſcht ward. Zwiſchen der mittelſten Erholung dieſes Tantzes eignete ihr Veſta durch folgenden Geſang fuͤr andern die Geburt der Perlen zu: Das Fener iſt der Geiſt der Welt/ Der alles ſchwaͤngert/ waͤrmt/ erhaͤlt. Die Haͤrtigkeit/ die blitzend-lichten Strahlen/ Die Krafft das Hertz von Gifft zu machen frey/ Bewehrn: daß Glut der Perlen Urſprung ſey. Die Erd’ iſt Schnee/ die Lufft iſt Froſt/ das Waſſer Eiß/ Die Welt ein hol’ und totter-loſes Ey/ Die Muſchel todt und leer/ macht ſie die Glut nicht heiß. Denn Feuer ſaͤmt den Glantz in die Opalen/ Blut in’s Geaͤder/ Purper in die Schnecken/ Oel in’s Geſtirn’/ anch Safft in Staud’ und Hecken/ Jn Berge Gold/ die Perl’ in Muſchel-Schalen/ Jn Bruͤſte Milch/ die Lieb’ in Seel’ und Blut; Ja Lieben ſelbſt iſt meine reinſte Glut. Bey dem Ende dieſes Rieſen- und Elefan- ten-Tantzes/ fieng das auf dem weiſſen Elefan- ten ſintzende Jndien an/ ſelbten durch einen klei- nen Mohren mit einem ſilbernen Griffel wie ein Pferd herumb zu werffen; wie denn dieſes Thier ſchier mehr wegen ſeiner lehrſamen Sitt- ſamkeit/ als wegen ſeiner Kraͤffte wunderwuͤr- dig iſt. Hier auf tantzte er nach denen ſanfften Saͤitenſpielen eben ſo ſanffte. Jndien aber ſang Thußnelden zu Ruhme nachfolgendes Getichte: Der gruͤnen See ſchneeweiſſes Kind/ Jn dem die Schaͤtze der Natur/ Der Allmacht GOttes groſſe Spur Verwunderns-werth zu ſchauen ſind/ Verdient

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1376[1378]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1444>, abgerufen am 23.11.2024.