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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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[Spaltenumbruch] kamen zu rennen die vier Pferde führende und
überspringende Ritter; worunter der Graf
von Ascanien einen mit Agstein versetzten Köcher
und Bogen zum Dancke bekam. Auf diese
erwiesen die fünff Pferde im Rennen führende
Ritter solche Geschwindigkeit: daß iedermann
glaubte: Sie hätten durch ihr fünsffaches Uber-
springen der Pferde in einem so kurtzen Ziele al-
ler grössern Geschickligkeit den Vortheil abge-
rennet/ insonderheit der Graf zu Düringen;
welcher ein mit Agstein geziertes Schwerdt zum
Preiße erhielt. Aber aller Augen wurden schier
verblendet; als die zwantzig Deutschen und so
viel Seythische Grafen mit ihren sechs Pfer-
den solches noch allen vorhergehenden im Ren-
nen und Springen zuvor thäten; und darmit
den Ruhm erhielten: daß sie dem Könige Teu-
tobach/ den die Römer destwegen für ein Wun-
derwerck gehalten/ gleich kommen wären. Jn-
sonderheit frolockte der gantze Schauplatz über
dem darunter rennenden Fürsten der Wenden/
welchem die Cattische Hertzogin einen mit Scy-
thischen Schmaragden versetzten Köcher/ Bogen
und Schwerdt selbsthändig überlieferte. Jeder-
mann verlangte nun zu vernehmen: Ob es
möglich wäre: daß der auf Deutscher Seiten
zurückbliebene Feldherr/ und auf Scythischer/
Fürst Catumer/ an statt so vieler vollkommener
Renner und Springer alleine den Schauplatz
vergnügen könten. Alleine dieser ward bald
gewahr: daß er zu wenig Augen für zwey so
ausbündige Helden hatte. Anfangs erschie-
nen beyde nur auf einem Pferde; Herrmann
bildete den Morgen-Catumer den Abend-
Stern für. Jeder aber sprang bey währen-
dem Rennen siebenmal vom Pferde/ und so viel
mal wieder darauf; das erste mal auf der lin-
cken/ das andere auf der rechten Seite des
Pferdes/ das drittemal mit beyden/ das vierdte
mal mit einer/ das fünfte mal ohne Gebrauch
einiger Hand über den Rücken/ das sechste und
siebende mal/ iedoch auf unterschiedene Art/ über
[Spaltenumbruch] den Kopf des Pferdes in Sattel; also: daß
alle Zuschauer hierüber erstarreten. Hierauff
setzten sie sich in Gestalt des Monden auf einen
mit zwey weissen Pferden bespannten Wagen;
dar mit sie durch ein überaus künstliches Kreiß-
Rennen und auf der Stelle geschehendes Umb-
drehen umb Thußneldens Seule den Schau-
platz auffs neue gleichsam bezauberten. Sie
erschienen aber bald darauf wie der Pluto gerü-
stet/ auf einem mit drey kohlschwartzen Pferden
jagendem Wagen; mit welchem Rennen sie
fast an statt der Proserpina das Bild Thußnel-
dens zu rauben vorhätten. Nach diesem voll-
brachten Rennen kam ieder nicht anders/ als ein
Blitz auf einem mit vier goldgelben Pferden
rennenden Wagen durch den Schauplatz ge-
jagt; von welchem sie sich mehrmals wie ein
Phaethon abstürtzten; gleichwohl aber so genau
die Gelegenheit ihren Sitz wieder zu erlangen
beobachteten: daß sie weder den Ansprung ver-
säumten/ noch auch die Pferde in vollen Bügen
hemmeten. Nach diesem erschien Hertzog
Herrmann wie Castor/ Fürst Catumer wie Pol-
lux mit fünf rennen den Pferden auf den Schau-
platz/ welche sie für dem Ziele nicht alleine nach
der Reye/ wie vorige Ritter/ sondern mit Uber-
hopfung eines/ zweyer und dreyer besprangen.
Welches alles so viel wunderwürdiger war;
weil dieses Numidische Pferde waren/ und
weder Zaum noch Saitel hatten; gleichwohl
aber sich mit blossen Worten und andern An-
deutungen so leichte regieren liessen. Als diß
Rennen vollendet war/ erschienen sie wie der
Bellerophon geflügelt mit sechs Pferden; wel-
che sie nicht nur in vollem Lauffe übersprangen;
sondern auch sechs Pfeile von ihrem Bogen in
die Lufft schossen; und zuletzt denen Pferden
gleichlauffende das Ziel/ wie in denen Olympi-
schen Spielen bräuchlich war/ zu Fusse erreich-
ten. Endlich erschienen sie in ihrer ersten
Deutschen und Scythischen Tracht mit sieben
Pferden/ weil kein Mensch aus dem Alterthum

sich

Neuntes Buch
[Spaltenumbruch] kamen zu rennen die vier Pferde fuͤhrende und
uͤberſpringende Ritter; worunter der Graf
von Aſcanien einen mit Agſtein verſetzten Koͤcheꝛ
und Bogen zum Dancke bekam. Auf dieſe
erwieſen die fuͤnff Pferde im Rennen fuͤhrende
Ritter ſolche Geſchwindigkeit: daß iedermann
glaubte: Sie haͤtten durch ihr fuͤnſffaches Uber-
ſpringen der Pferde in einem ſo kurtzen Ziele al-
ler groͤſſern Geſchickligkeit den Vortheil abge-
rennet/ inſonderheit der Graf zu Duͤringen;
welcher ein mit Agſtein geziertes Schwerdt zum
Preiße erhielt. Aber aller Augen wurden ſchier
verblendet; als die zwantzig Deutſchen und ſo
viel Seythiſche Grafen mit ihren ſechs Pfer-
den ſolches noch allen vorhergehenden im Ren-
nen und Springen zuvor thaͤten; und darmit
den Ruhm erhielten: daß ſie dem Koͤnige Teu-
tobach/ den die Roͤmer deſtwegen fuͤr ein Wun-
derwerck gehalten/ gleich kommen waͤren. Jn-
ſonderheit frolockte der gantze Schauplatz uͤber
dem darunter rennenden Fuͤrſten der Wenden/
welchem die Cattiſche Hertzogin einen mit Scy-
thiſchen Schmaragden verſetzten Koͤcher/ Bogen
und Schwerdt ſelbſthaͤndig uͤberlieferte. Jeder-
mann verlangte nun zu vernehmen: Ob es
moͤglich waͤre: daß der auf Deutſcher Seiten
zuruͤckbliebene Feldherr/ und auf Scythiſcher/
Fuͤrſt Catumer/ an ſtatt ſo vieler vollkommener
Renner und Springer alleine den Schauplatz
vergnuͤgen koͤnten. Alleine dieſer ward bald
gewahr: daß er zu wenig Augen fuͤr zwey ſo
ausbuͤndige Helden hatte. Anfangs erſchie-
nen beyde nur auf einem Pferde; Herrmann
bildete den Morgen-Catumer den Abend-
Stern fuͤr. Jeder aber ſprang bey waͤhren-
dem Rennen ſiebenmal vom Pferde/ und ſo viel
mal wieder darauf; das erſte mal auf der lin-
cken/ das andere auf der rechten Seite des
Pferdes/ das drittemal mit beyden/ das vierdte
mal mit einer/ das fuͤnfte mal ohne Gebrauch
einiger Hand uͤber den Ruͤcken/ das ſechſte und
ſiebende mal/ iedoch auf unterſchiedene Art/ uͤber
[Spaltenumbruch] den Kopf des Pferdes in Sattel; alſo: daß
alle Zuſchauer hieruͤber erſtarreten. Hierauff
ſetzten ſie ſich in Geſtalt des Monden auf einen
mit zwey weiſſen Pferden beſpannten Wagen;
dar mit ſie durch ein uͤberaus kuͤnſtliches Kreiß-
Rennen und auf der Stelle geſchehendes Umb-
drehen umb Thußneldens Seule den Schau-
platz auffs neue gleichſam bezauberten. Sie
erſchienen aber bald darauf wie der Pluto geruͤ-
ſtet/ auf einem mit drey kohlſchwartzen Pferden
jagendem Wagen; mit welchem Rennen ſie
faſt an ſtatt der Proſerpina das Bild Thußnel-
dens zu rauben vorhaͤtten. Nach dieſem voll-
brachten Rennen kam ieder nicht anders/ als ein
Blitz auf einem mit vier goldgelben Pferden
rennenden Wagen durch den Schauplatz ge-
jagt; von welchem ſie ſich mehrmals wie ein
Phaethon abſtuͤrtzten; gleichwohl aber ſo genau
die Gelegenheit ihren Sitz wieder zu erlangen
beobachteten: daß ſie weder den Anſprung ver-
ſaͤumten/ noch auch die Pferde in vollen Buͤgen
hemmeten. Nach dieſem erſchien Hertzog
Herrmann wie Caſtor/ Fuͤrſt Catumer wie Pol-
lux mit fuͤnf rennen den Pfeꝛden auf den Schau-
platz/ welche ſie fuͤr dem Ziele nicht alleine nach
der Reye/ wie vorige Ritter/ ſondern mit Uber-
hopfung eines/ zweyer und dreyer beſprangen.
Welches alles ſo viel wunderwuͤrdiger war;
weil dieſes Numidiſche Pferde waren/ und
weder Zaum noch Saitel hatten; gleichwohl
aber ſich mit bloſſen Worten und andern An-
deutungen ſo leichte regieren lieſſen. Als diß
Rennen vollendet war/ erſchienen ſie wie der
Bellerophon gefluͤgelt mit ſechs Pferden; wel-
che ſie nicht nur in vollem Lauffe uͤberſprangen;
ſondern auch ſechs Pfeile von ihrem Bogen in
die Lufft ſchoſſen; und zuletzt denen Pferden
gleichlauffende das Ziel/ wie in denen Olympi-
ſchen Spielen braͤuchlich war/ zu Fuſſe erreich-
ten. Endlich erſchienen ſie in ihrer erſten
Deutſchen und Scythiſchen Tracht mit ſieben
Pferden/ weil kein Menſch aus dem Alterthum

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[1370[1372]/1438] Neuntes Buch kamen zu rennen die vier Pferde fuͤhrende und uͤberſpringende Ritter; worunter der Graf von Aſcanien einen mit Agſtein verſetzten Koͤcheꝛ und Bogen zum Dancke bekam. Auf dieſe erwieſen die fuͤnff Pferde im Rennen fuͤhrende Ritter ſolche Geſchwindigkeit: daß iedermann glaubte: Sie haͤtten durch ihr fuͤnſffaches Uber- ſpringen der Pferde in einem ſo kurtzen Ziele al- ler groͤſſern Geſchickligkeit den Vortheil abge- rennet/ inſonderheit der Graf zu Duͤringen; welcher ein mit Agſtein geziertes Schwerdt zum Preiße erhielt. Aber aller Augen wurden ſchier verblendet; als die zwantzig Deutſchen und ſo viel Seythiſche Grafen mit ihren ſechs Pfer- den ſolches noch allen vorhergehenden im Ren- nen und Springen zuvor thaͤten; und darmit den Ruhm erhielten: daß ſie dem Koͤnige Teu- tobach/ den die Roͤmer deſtwegen fuͤr ein Wun- derwerck gehalten/ gleich kommen waͤren. Jn- ſonderheit frolockte der gantze Schauplatz uͤber dem darunter rennenden Fuͤrſten der Wenden/ welchem die Cattiſche Hertzogin einen mit Scy- thiſchen Schmaragden verſetzten Koͤcher/ Bogen und Schwerdt ſelbſthaͤndig uͤberlieferte. Jeder- mann verlangte nun zu vernehmen: Ob es moͤglich waͤre: daß der auf Deutſcher Seiten zuruͤckbliebene Feldherr/ und auf Scythiſcher/ Fuͤrſt Catumer/ an ſtatt ſo vieler vollkommener Renner und Springer alleine den Schauplatz vergnuͤgen koͤnten. Alleine dieſer ward bald gewahr: daß er zu wenig Augen fuͤr zwey ſo ausbuͤndige Helden hatte. Anfangs erſchie- nen beyde nur auf einem Pferde; Herrmann bildete den Morgen-Catumer den Abend- Stern fuͤr. Jeder aber ſprang bey waͤhren- dem Rennen ſiebenmal vom Pferde/ und ſo viel mal wieder darauf; das erſte mal auf der lin- cken/ das andere auf der rechten Seite des Pferdes/ das drittemal mit beyden/ das vierdte mal mit einer/ das fuͤnfte mal ohne Gebrauch einiger Hand uͤber den Ruͤcken/ das ſechſte und ſiebende mal/ iedoch auf unterſchiedene Art/ uͤber den Kopf des Pferdes in Sattel; alſo: daß alle Zuſchauer hieruͤber erſtarreten. Hierauff ſetzten ſie ſich in Geſtalt des Monden auf einen mit zwey weiſſen Pferden beſpannten Wagen; dar mit ſie durch ein uͤberaus kuͤnſtliches Kreiß- Rennen und auf der Stelle geſchehendes Umb- drehen umb Thußneldens Seule den Schau- platz auffs neue gleichſam bezauberten. Sie erſchienen aber bald darauf wie der Pluto geruͤ- ſtet/ auf einem mit drey kohlſchwartzen Pferden jagendem Wagen; mit welchem Rennen ſie faſt an ſtatt der Proſerpina das Bild Thußnel- dens zu rauben vorhaͤtten. Nach dieſem voll- brachten Rennen kam ieder nicht anders/ als ein Blitz auf einem mit vier goldgelben Pferden rennenden Wagen durch den Schauplatz ge- jagt; von welchem ſie ſich mehrmals wie ein Phaethon abſtuͤrtzten; gleichwohl aber ſo genau die Gelegenheit ihren Sitz wieder zu erlangen beobachteten: daß ſie weder den Anſprung ver- ſaͤumten/ noch auch die Pferde in vollen Buͤgen hemmeten. Nach dieſem erſchien Hertzog Herrmann wie Caſtor/ Fuͤrſt Catumer wie Pol- lux mit fuͤnf rennen den Pfeꝛden auf den Schau- platz/ welche ſie fuͤr dem Ziele nicht alleine nach der Reye/ wie vorige Ritter/ ſondern mit Uber- hopfung eines/ zweyer und dreyer beſprangen. Welches alles ſo viel wunderwuͤrdiger war; weil dieſes Numidiſche Pferde waren/ und weder Zaum noch Saitel hatten; gleichwohl aber ſich mit bloſſen Worten und andern An- deutungen ſo leichte regieren lieſſen. Als diß Rennen vollendet war/ erſchienen ſie wie der Bellerophon gefluͤgelt mit ſechs Pferden; wel- che ſie nicht nur in vollem Lauffe uͤberſprangen; ſondern auch ſechs Pfeile von ihrem Bogen in die Lufft ſchoſſen; und zuletzt denen Pferden gleichlauffende das Ziel/ wie in denen Olympi- ſchen Spielen braͤuchlich war/ zu Fuſſe erreich- ten. Endlich erſchienen ſie in ihrer erſten Deutſchen und Scythiſchen Tracht mit ſieben Pferden/ weil kein Menſch aus dem Alterthum ſich

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1370[1372]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1438>, abgerufen am 23.11.2024.