Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
Gesetze aufgebürdet. Uber diß ist nicht zu ver-gessen: daß bey des Saturnus Zelte zwölff Ge- fangene/ aber hier deutsch-gerüstete nackte Rö- mer/ als welche bey ihren Gastmahlen die Deutschen hierzu gleichfalls zwangen/ biß aufs Blut fechten musten. Bey dem Zelte des Ju- piters aber stellte Amalthea und Melissa nebst noch vierzehn Schäferinnen und einer Ziege/ welcher Hörner vergüldet waren/ in einem zier- lichen Tantze mit der blossen Geberdung die Auferziehung des Jupiters so deutlich für/ als wenn sie redeten. Sintemal diese Kunst mit den Händen allerhand Schauspiele vorzustellen zwar schon alt/ auch vom Socrates und Plato gebilliget; aber neulich durch des Käysers Au- gustus Schauspiel-Meister den Pylades und Bathyllus aufs höchste gebracht war. Für dem Zelte des Mars ward ein Mohren-Tantz/ wie ihn selbte für angehenden Schlachten zu halten pflegen/ wie nichts minder ein Waffen- Tantz/ wie selbten die Curetes in Creta erdacht haben sollen/ von vier Cyclopen und zwölff ge- harnschten Zwergen geheget; darinnen sie den Streit des Ulysses und seiner Gefärthen mit dem Polyphemus aufs deutlichste fürstellten; und die Riesen mit ihren flennichten Antlitzen und grausamen Geberdungen/ die Zwerge aber mit ihrer Behendigkeit/ da sie denen Cyclopen bald zwischen den Beinen durchkrochen/ bald auf den Achseln und den Köpfen sassen; auch mit Aneinanderstossung ihrer silbernen Schilde und Waffen ein annehmliches Gethöne mach- ten/ die Zuschauer zu öffterem Gelächter und Ergetzung bewegten. Hinter dem Zelte der Venus sangen die sieben Musen in einem Schauspiele die Liebe des Cupido und der Psy- che; und regte iede ein absonderes Seitenspiel darzu. Für dem Zelte des Mercur ward durch künstliche Seil-Täntzer/ welche auf gantz dinnen und unsichtbaren Fädemen sich durch die Lufft bewegten/ der Flug des Dedalus/ und die Ab- stürtzung des Jcarus fürgebildet. Und hier- auf der Tantz des Theseus von zwölff Knaben/ [Spaltenumbruch] welche die seltzamen Gänge des Cretischen Jrr- Gartens andeuteten/ fürgestellt. Für dem Zelte des Monden sahe man das Bad Dia- nens/ die Verwandel- und Zerreissung des Acteons in einem Tantze/ darinnen auch die Hunde/ wie bey den Jndianern die Elefanten/ bey den Sybariten die Pferde zu tantzen abge- richtet waren/ aufgeführt wurden. Endlich bilde- ten bey dem Zelte der Sonnen des Atlas sieben Töchter die gestirnten Plejades den Lauff der sieben Jrr-Sterrnen ab; welcher Bewegung zur Erfindung des Tantzens den ersten Anlaß gegeben haben soll. Celäno war wie der bley- farbichte Saturn; Sterope wie der helle Ju- piter/ Merope wie der feurige Mars/ Alcyone wie die strahlende Venus/ Maja wie der blasse Mercur/ Taygete wie der liebliche Monde/ und Electra wie die freudige Sonne ausgerüstet. Hierzu leuchteten grosse angezündete Wachs- Seulen; die Zelten aber wurden mit Ampeln erhellet; darinnen ein balsamichtes Oel brenn- te. Mit welchem Gastmahle denn der übrige Tag und die halbe Nacht durchgebracht/ auch iedem Fürsten von sechs Wald-Göttinnen/ iedem Fürstlichen Frauenzimmer von sechs Satyren mit grossen silbernen Leuchtern nach der Burg vorgeleuchtet/ und von eben so vielen allerhand köstliche Geschirre mit denen kräfftig- sten Säfften und Erfrischungen/ als ein Ge- schencke iedem in sein Zimmer getragen/ alle andere Speisen aber vollends unter das Kriegs- Volck vertheilet wurden. Welches alles bey dem deutschen Adel nicht kleine Verwunderung erweckte/ zumal bey dem der nicht zu Rom vor- her die unmässige Pracht und Verschwendung/ (die bey diesem vorhin etliche hundert Jahr lang so mässigem Volcke erst nach Uberwin- dung des Antonius bey Actium mit Gewalt eingerissen war/) gesehen hatte. Folgenden Morgen/ als es beginnte zu ta- Wagen/
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
Geſetze aufgebuͤrdet. Uber diß iſt nicht zu ver-geſſen: daß bey des Saturnus Zelte zwoͤlff Ge- fangene/ aber hier deutſch-geruͤſtete nackte Roͤ- mer/ als welche bey ihren Gaſtmahlen die Deutſchen hierzu gleichfalls zwangen/ biß aufs Blut fechten muſten. Bey dem Zelte des Ju- piters aber ſtellte Amalthea und Meliſſa nebſt noch vierzehn Schaͤferinnen und einer Ziege/ welcher Hoͤrner verguͤldet waren/ in einem zier- lichen Tantze mit der bloſſen Geberdung die Auferziehung des Jupiters ſo deutlich fuͤr/ als wenn ſie redeten. Sintemal dieſe Kunſt mit den Haͤnden allerhand Schauſpiele vorzuſtellen zwar ſchon alt/ auch vom Socrates und Plato gebilliget; aber neulich durch des Kaͤyſers Au- guſtus Schauſpiel-Meiſter den Pylades und Bathyllus aufs hoͤchſte gebracht war. Fuͤr dem Zelte des Mars ward ein Mohren-Tantz/ wie ihn ſelbte fuͤr angehenden Schlachten zu halten pflegen/ wie nichts minder ein Waffen- Tantz/ wie ſelbten die Curetes in Creta erdacht haben ſollen/ von vier Cyclopen und zwoͤlff ge- harnſchten Zwergen geheget; darinnen ſie den Streit des Ulyſſes und ſeiner Gefaͤrthen mit dem Polyphemus aufs deutlichſte fuͤrſtellten; und die Rieſen mit ihren flennichten Antlitzen und grauſamen Geberdungen/ die Zwerge abeꝛ mit ihrer Behendigkeit/ da ſie denen Cyclopen bald zwiſchen den Beinen durchkrochen/ bald auf den Achſeln und den Koͤpfen ſaſſen; auch mit Aneinanderſtoſſung ihrer ſilbernen Schilde und Waffen ein annehmliches Gethoͤne mach- ten/ die Zuſchauer zu oͤffterem Gelaͤchter und Ergetzung bewegten. Hinter dem Zelte der Venus ſangen die ſieben Muſen in einem Schauſpiele die Liebe des Cupido und der Pſy- che; und regte iede ein abſonderes Seitenſpiel darzu. Fuͤr dem Zelte des Mercur ward durch kuͤnſtliche Seil-Taͤntzer/ welche auf gantz dinnen und unſichtbaren Faͤdemen ſich durch die Lufft bewegten/ der Flug des Dedalus/ und die Ab- ſtuͤrtzung des Jcarus fuͤrgebildet. Und hier- auf der Tantz des Theſeus von zwoͤlff Knaben/ [Spaltenumbruch] welche die ſeltzamen Gaͤnge des Cretiſchen Jrr- Gartens andeuteten/ fuͤrgeſtellt. Fuͤr dem Zelte des Monden ſahe man das Bad Dia- nens/ die Verwandel- und Zerreiſſung des Acteons in einem Tantze/ darinnen auch die Hunde/ wie bey den Jndianern die Elefanten/ bey den Sybariten die Pferde zu tantzen abge- richtet waren/ aufgefuͤhꝛt wuꝛden. Endlich bilde- ten bey dem Zelte der Sonnen des Atlas ſieben Toͤchter die geſtirnten Plejades den Lauff der ſieben Jrr-Sterrnen ab; welcher Bewegung zur Erfindung des Tantzens den erſten Anlaß gegeben haben ſoll. Celaͤno war wie der bley- farbichte Saturn; Sterope wie der helle Ju- piter/ Merope wie der feurige Mars/ Alcyone wie die ſtrahlende Venus/ Maja wie der blaſſe Mercur/ Taygete wie der liebliche Monde/ und Electra wie die freudige Sonne ausgeruͤſtet. Hierzu leuchteten groſſe angezuͤndete Wachs- Seulen; die Zelten aber wurden mit Ampeln erhellet; darinnen ein balſamichtes Oel brenn- te. Mit welchem Gaſtmahle denn der uͤbrige Tag und die halbe Nacht durchgebracht/ auch iedem Fuͤrſten von ſechs Wald-Goͤttinnen/ iedem Fuͤrſtlichen Frauenzimmer von ſechs Satyren mit groſſen ſilbernen Leuchtern nach der Burg vorgeleuchtet/ und von eben ſo vielen allerhand koͤſtliche Geſchirre mit denen kraͤfftig- ſten Saͤfften und Erfriſchungen/ als ein Ge- ſchencke iedem in ſein Zimmer getragen/ alle andere Speiſen aber vollends unter das Kriegs- Volck vertheilet wurden. Welches alles bey dem deutſchen Adel nicht kleine Verwunderung erweckte/ zumal bey dem der nicht zu Rom vor- her die unmaͤſſige Pracht und Verſchwendung/ (die bey dieſem vorhin etliche hundert Jahr lang ſo maͤſſigem Volcke erſt nach Uberwin- dung des Antonius bey Actium mit Gewalt eingeriſſen war/) geſehen hatte. Folgenden Morgen/ als es beginnte zu ta- Wagen/
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Neuntes Buch
Geſetze aufgebuͤrdet. Uber diß iſt nicht zu ver-
geſſen: daß bey des Saturnus Zelte zwoͤlff Ge-
fangene/ aber hier deutſch-geruͤſtete nackte Roͤ-
mer/ als welche bey ihren Gaſtmahlen die
Deutſchen hierzu gleichfalls zwangen/ biß aufs
Blut fechten muſten. Bey dem Zelte des Ju-
piters aber ſtellte Amalthea und Meliſſa nebſt
noch vierzehn Schaͤferinnen und einer Ziege/
welcher Hoͤrner verguͤldet waren/ in einem zier-
lichen Tantze mit der bloſſen Geberdung die
Auferziehung des Jupiters ſo deutlich fuͤr/ als
wenn ſie redeten. Sintemal dieſe Kunſt mit
den Haͤnden allerhand Schauſpiele vorzuſtellen
zwar ſchon alt/ auch vom Socrates und Plato
gebilliget; aber neulich durch des Kaͤyſers Au-
guſtus Schauſpiel-Meiſter den Pylades und
Bathyllus aufs hoͤchſte gebracht war. Fuͤr
dem Zelte des Mars ward ein Mohren-Tantz/
wie ihn ſelbte fuͤr angehenden Schlachten zu
halten pflegen/ wie nichts minder ein Waffen-
Tantz/ wie ſelbten die Curetes in Creta erdacht
haben ſollen/ von vier Cyclopen und zwoͤlff ge-
harnſchten Zwergen geheget; darinnen ſie den
Streit des Ulyſſes und ſeiner Gefaͤrthen mit
dem Polyphemus aufs deutlichſte fuͤrſtellten;
und die Rieſen mit ihren flennichten Antlitzen
und grauſamen Geberdungen/ die Zwerge abeꝛ
mit ihrer Behendigkeit/ da ſie denen Cyclopen
bald zwiſchen den Beinen durchkrochen/ bald
auf den Achſeln und den Koͤpfen ſaſſen; auch
mit Aneinanderſtoſſung ihrer ſilbernen Schilde
und Waffen ein annehmliches Gethoͤne mach-
ten/ die Zuſchauer zu oͤffterem Gelaͤchter und
Ergetzung bewegten. Hinter dem Zelte der
Venus ſangen die ſieben Muſen in einem
Schauſpiele die Liebe des Cupido und der Pſy-
che; und regte iede ein abſonderes Seitenſpiel
darzu. Fuͤr dem Zelte des Mercur ward durch
kuͤnſtliche Seil-Taͤntzer/ welche auf gantz dinnen
und unſichtbaren Faͤdemen ſich durch die Lufft
bewegten/ der Flug des Dedalus/ und die Ab-
ſtuͤrtzung des Jcarus fuͤrgebildet. Und hier-
auf der Tantz des Theſeus von zwoͤlff Knaben/
welche die ſeltzamen Gaͤnge des Cretiſchen Jrr-
Gartens andeuteten/ fuͤrgeſtellt. Fuͤr dem
Zelte des Monden ſahe man das Bad Dia-
nens/ die Verwandel- und Zerreiſſung des
Acteons in einem Tantze/ darinnen auch die
Hunde/ wie bey den Jndianern die Elefanten/
bey den Sybariten die Pferde zu tantzen abge-
richtet waren/ aufgefuͤhꝛt wuꝛden. Endlich bilde-
ten bey dem Zelte der Sonnen des Atlas ſieben
Toͤchter die geſtirnten Plejades den Lauff der
ſieben Jrr-Sterrnen ab; welcher Bewegung
zur Erfindung des Tantzens den erſten Anlaß
gegeben haben ſoll. Celaͤno war wie der bley-
farbichte Saturn; Sterope wie der helle Ju-
piter/ Merope wie der feurige Mars/ Alcyone
wie die ſtrahlende Venus/ Maja wie der blaſſe
Mercur/ Taygete wie der liebliche Monde/ und
Electra wie die freudige Sonne ausgeruͤſtet.
Hierzu leuchteten groſſe angezuͤndete Wachs-
Seulen; die Zelten aber wurden mit Ampeln
erhellet; darinnen ein balſamichtes Oel brenn-
te. Mit welchem Gaſtmahle denn der uͤbrige
Tag und die halbe Nacht durchgebracht/ auch
iedem Fuͤrſten von ſechs Wald-Goͤttinnen/
iedem Fuͤrſtlichen Frauenzimmer von ſechs
Satyren mit groſſen ſilbernen Leuchtern nach
der Burg vorgeleuchtet/ und von eben ſo vielen
allerhand koͤſtliche Geſchirre mit denen kraͤfftig-
ſten Saͤfften und Erfriſchungen/ als ein Ge-
ſchencke iedem in ſein Zimmer getragen/ alle
andere Speiſen aber vollends unter das Kriegs-
Volck vertheilet wurden. Welches alles bey
dem deutſchen Adel nicht kleine Verwunderung
erweckte/ zumal bey dem der nicht zu Rom vor-
her die unmaͤſſige Pracht und Verſchwendung/
(die bey dieſem vorhin etliche hundert Jahr
lang ſo maͤſſigem Volcke erſt nach Uberwin-
dung des Antonius bey Actium mit Gewalt
eingeriſſen war/) geſehen hatte.
Folgenden Morgen/ als es beginnte zu ta-
gen; kamen auf einmal drey Herolden in das
Fuͤrſtliche Schloß. Der erſte war ein Scythe
oder Sarmatier. Er ſaß auf einem leichten
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Zitationshilfe: | Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1366[1368]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1434>, abgerufen am 17.07.2024. |