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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] grossen Alexander nachgethan/ welcher nach er-
langtem Siege wider der Triballer König Syr-
mus und die Geten/ vielen Hirschen silberne/
auch hernach in Jndien güldne Halsbänder um-
gemacht. Uberdiß wäre auch des Diomedes
Hirsch allererst zu Zeiten des Königs Agathocles
gefangen worden/ und Käyser August hätte an
unterschiedenen Orten solche Hirsche mit güld-
nen Halsbändern und dieser Uberschrifft lauffen
lassen: Rühre mich nicht an/ ich stehe dem Käyser
zu. Malovend fiel ihm ein; Er könte nicht glau-
ben/ daß ein Hirsch so lange leben solle. Auch ich
nicht/ antwortete ihm Rhemetalces; Gleichwohl
aberleben sie sehr lange/ theils wegen ihrer natür-
lichen Leibes-Kräfften/ welche auch bey ungestü-
mem Meere aus Cypern in Cilicien und Syrien
zu schwimmen vermöchten; ja mit ihrem Atheme
Nattern aus den Steinritzen zu ziehen/ die ver-
schlungenen Schlangen im Magen in Stein
zu verwandeln/ und gleichsam in einen fleischer-
nen Sarge ein steinernes Aas zu vergraben
mächtig sind; theils wegen mangelnder Galle/
theils wegen ihrer eingepflantzten Wissenschafft
wider Gifft und andere Schwachheiten aller-
hand heilsame Kräuter und Artzneyen zu erkie-
sen. Wie sie denn/ um der Blödigkeit ihrer Au-
gen abzuhelffen/ so viel schlangen fressen/ hernach
sich in die kalten Flüsse eintauchen/ biß das Gifft
aus dem Magen durch die Augen schwitze. Glei-
chergestalt hätten die verwundeten Hirschen den
Menschen die wilde Poley als ein Kraut gewie-
sen/ wodurch die ins Fleisch geschossene Pfeile
heraus zu ziehen sind. Dieser gegenwärtige
Hirsch könne nu selbst ein Zeugniß ihrer Lebhaf-
tigkeit abgeben/ denn er habe diß Halsband schon
etliche sechzig Jahr getragen/ und als man es ihm
umgemacht/ wird er nicht klein gewest seyn. Ja/
sagte Malovend/ diß kan leicht seyn/ weil ein
Hirsch in fünff Jahren zu seiner Vollkommenheit
gelangt; und wir in Deutschland insgemein da-
für halten/ daß ein Hirsch hundert Jahr lebe. Ze-
no brach hierauff ein: Für hundert Jahren
[Spaltenumbruch] kriegte ein Hirsch wohl keinen Stein im Auge/
aber sonst müste er viel länger leben. Denn
sein Vater Polemon/ König im Pontus/ habe
nach einen Hirsch am schwartzen Meer geschla-
gen/ auff dessen Halsbande diese Griechische U-
berschrifft zu lesen gewest: Alexanders Scytische
Beute ist meine Zierrath. Nun aber sind es na-
he vierdtehalb hundert Jahr/ seit Alexander in
selbigen Ländern Krieg geführet. Es kan viel-
leicht wohl seyn/ daß zuweilen ein Hirsch so lan-
ge lebe/ begegnete ihm Rhemetalces; aber ich
besorge/ es gehe wie in andern Alterthümern
viel Unterschleif mit unter/ und haben solche Sa-
chen meist einen viel jüngern Vater/ als den sie
an der Stirne führen. Und insonderheit sind die
Griechen hierinnen Meister/ welche viel Dinge/
die gestern jung worden/ einer greißen und un-
gewissen Zeit Kinder heissen. Sie tichten ihnen
nicht allein Helden/ die nie in der Welt gewest;
Sie rühmen sich Städte eingeäschert zu haben/
die nie gestanden/ und die Stadt Troja/ ja Pri-
amus/ Hector und ihre Nachkommen sind noch
etliche hundert Jahr hernach in voller Blüthe
gewest/ als sie solche zerstört und erlegt zu ha-
ben die gantze Welt lügenhafft überredet. Sie
verhandeln noch itzt den einfältigen Ausländern
zwar in der Erde verschimmelte aber neu gegos-
sene Müntzen/ die ihr Cadmus und Ceerops sol-
len haben prägen lassen. Und wie lange ist es/
daß ein verschlagener Hetrurier etliche bleyer-
ne Taffeln/ auf welche ein alter berühmter War-
sager Olemus Calenus die alten Hetrurischen
Gesetze und nachdenckliche Wahrsagungen ge-
schrieben haben solle/ er aber selbst in eine Hö-
le versteckt gehabt/ für mehr als so viel wiegendes
Silber verkaufft. Zeno fiel hier ein/ es hat ein
Betrüger sich nicht unbillich auff einen andern
bezogen. Denn so viel ich mich erinnere/ ist diß e-
ben der Calenus/ welchen der Rath zu Rom über
dem auff dem Tarpejischen Berge gefunde-
nen Kopffe zu rathe gefragt/ und der den Bau
des Capitolinischen Tempels arglistig nach He-

truri-
M 2

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] groſſen Alexander nachgethan/ welcher nach er-
langtem Siege wider der Triballer Koͤnig Syr-
mus und die Geten/ vielen Hirſchen ſilberne/
auch hernach in Jndien guͤldne Halsbaͤnder um-
gemacht. Uberdiß waͤre auch des Diomedes
Hirſch allereꝛſt zu Zeiten des Koͤnigs Agathocles
gefangen worden/ und Kaͤyſer Auguſt haͤtte an
unterſchiedenen Orten ſolche Hirſche mit guͤld-
nen Halsbaͤndern und dieſer Uberſchrifft lauffen
laſſen: Ruͤhre mich nicht an/ ich ſtehe dem Kaͤyſer
zu. Malovend fiel ihm ein; Er koͤnte nicht glau-
ben/ daß ein Hirſch ſo lange leben ſolle. Auch ich
nicht/ antwortete ihm Rhemetalces; Gleichwohl
abeꝛleben ſie ſehr lange/ theils wegen ihreꝛ natuͤꝛ-
lichen Leibes-Kraͤfften/ welche auch bey ungeſtuͤ-
mem Meere aus Cypern in Cilicien und Syrien
zu ſchwimmen veꝛmoͤchten; ja mit ihrem Atheme
Nattern aus den Steinritzen zu ziehen/ die ver-
ſchlungenen Schlangen im Magen in Stein
zu verwandeln/ und gleichſam in einen fleiſcher-
nen Sarge ein ſteinernes Aas zu vergraben
maͤchtig ſind; theils wegen mangelnder Galle/
theils wegen ihrer eingepflantzten Wiſſenſchafft
wider Gifft und andere Schwachheiten aller-
hand heilſame Kraͤuter und Artzneyen zu erkie-
ſen. Wie ſie denn/ um der Bloͤdigkeit ihrer Au-
gen abzuhelffen/ ſo viel ſchlangen freſſen/ hernach
ſich in die kalten Fluͤſſe eintauchen/ biß das Gifft
aus dem Magen durch die Augen ſchwitze. Glei-
chergeſtalt haͤtten die verwundeten Hirſchen den
Menſchen die wilde Poley als ein Kraut gewie-
ſen/ wodurch die ins Fleiſch geſchoſſene Pfeile
heraus zu ziehen ſind. Dieſer gegenwaͤrtige
Hirſch koͤnne nu ſelbſt ein Zeugniß ihrer Lebhaf-
tigkeit abgeben/ denn er habe diß Halsband ſchon
etliche ſechzig Jahr getꝛagen/ und als man es ihm
umgemacht/ wird er nicht klein geweſt ſeyn. Ja/
ſagte Malovend/ diß kan leicht ſeyn/ weil ein
Hirſch in fuͤnff Jahren zu ſeiner Vollkom̃enheit
gelangt; und wir in Deutſchland insgemein da-
fuͤr halten/ daß ein Hirſch hundert Jahr lebe. Ze-
no brach hierauff ein: Fuͤr hundert Jahren
[Spaltenumbruch] kriegte ein Hirſch wohl keinen Stein im Auge/
aber ſonſt muͤſte er viel laͤnger leben. Denn
ſein Vater Polemon/ Koͤnig im Pontus/ habe
nach einen Hirſch am ſchwartzen Meer geſchla-
gen/ auff deſſen Halsbande dieſe Griechiſche U-
berſchrifft zu leſen geweſt: Alexanders Scytiſche
Beute iſt meine Zierrath. Nun aber ſind es na-
he vierdtehalb hundert Jahr/ ſeit Alexander in
ſelbigen Laͤndern Krieg gefuͤhret. Es kan viel-
leicht wohl ſeyn/ daß zuweilen ein Hirſch ſo lan-
ge lebe/ begegnete ihm Rhemetalces; aber ich
beſorge/ es gehe wie in andern Alterthuͤmern
viel Unterſchleif mit unter/ und habẽ ſolche Sa-
chen meiſt einen viel juͤngern Vater/ als den ſie
an der Stirne fuͤhren. Und inſonderheit ſind die
Griechen hierinnen Meiſter/ welche viel Dinge/
die geſtern jung worden/ einer greißen und un-
gewiſſen Zeit Kinder heiſſen. Sie tichten ihnen
nicht allein Helden/ die nie in der Welt geweſt;
Sie ruͤhmen ſich Staͤdte eingeaͤſchert zu haben/
die nie geſtanden/ und die Stadt Troja/ ja Pri-
amus/ Hector und ihre Nachkommen ſind noch
etliche hundert Jahr hernach in voller Bluͤthe
geweſt/ als ſie ſolche zerſtoͤrt und erlegt zu ha-
ben die gantze Welt luͤgenhafft uͤberredet. Sie
verhandeln noch itzt den einfaͤltigen Auslaͤndern
zwar in der Erde verſchimmelte aber neu gegoſ-
ſene Muͤntzen/ die ihr Cadmus und Ceerops ſol-
len haben praͤgen laſſen. Und wie lange iſt es/
daß ein verſchlagener Hetrurier etliche bleyer-
ne Taffeln/ auf welche ein alter beruͤhmter War-
ſager Olemus Calenus die alten Hetruriſchen
Geſetze und nachdenckliche Wahrſagungen ge-
ſchrieben haben ſolle/ er aber ſelbſt in eine Hoͤ-
le verſteckt gehabt/ fuͤꝛ mehr als ſo viel wiegendes
Silber verkaufft. Zeno fiel hier ein/ es hat ein
Betruͤger ſich nicht unbillich auff einen andern
bezogen. Denn ſo viel ich mich erinnere/ iſt diß e-
ben der Calenus/ welchen der Rath zu Rom uͤber
dem auff dem Tarpejiſchen Berge gefunde-
nen Kopffe zu rathe gefragt/ und der den Bau
des Capitoliniſchen Tempels argliſtig nach He-

truri-
M 2
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/141>, abgerufen am 23.11.2024.