Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
denen Römern in denen Armen verwundetwar: daß sie ihren Vorsatz sich zu tödten nicht ausüben konte/ nebst etwan noch dreyßig andern Cimbrischen Frauen-Zimmern gefangen zu bekommen. Von diesen wurden zwölff Jung- frauen durchs Looß erkieset um des Marius ge- opfferter Tochter Calphurnia zu Ehren le- bendig verbrennt zu werden. Weil nun dieses die sterbens-würdige Hiarne nicht traff/ stach sie einer unter den zwölffen unversehens das Mes- ser in die Brust/ um statt ihrer das Glücke der Verbrennung zu genüssen. Aber als der sie über dieser That rechtfertigende Marius zu Gesichte bekam/ ward sein Hertze gegen sie feu- riger/ als der von ihm angezündete Holtzstoß. Ob sie nun zwar um verbrennet zu werden/ dem Marius tausend Thränen opfferte/ ja sich nach Erkiesung einer andern Jungfrau mit Gewalt in die Flammen stürtzen wolte/ ließ es doch Ma- rius verwehren/ sie sorgfältig verwahren/ und auf sein an dem Misenischen Strande haben- des schöne Vorwerg führen. So bald nun Marius zu Rom sein Siegs-Gepränge gehal- ten/ und den Nahmen des dritten Römischen Uhrhebers bekommen/ ja die Ehre: daß ihm das Römische Volck eben so/ wie den Göttern opfferte/ erworben hatte/ kam er auf sein Vor- werg seiner hefftigen Liebes-Flamme ein Ver- gnügen zu schaffen. Er eröffnete seine Zunei- gung Hiarnen; welche aber/ nach dem Marius an Julien schon eine Eh-Frau hatte/ und sie selbst eine Braut eines Cimbrischen Fürsten war; ja wie sie vorher in Gallien in den feuri- gen Holtzstoß/ also sich nunmehr in das benach- barte Meer zu stürtzen mühte/ nach dem Ma- rius durch ihre Seuffzer und Thränen seine Liebe nicht ausleschen lassen wolte. Alleine nach Hiarnens so verzweiffelter Entschlüssung entbrennte des Marius Seele nur noch immer hefftiger gegen sie. Denn es ist kein kräfftiger Zunder der Liebe/ als der Schnee der Keusch- heit in der/ die man liebet. Aber an der tugend- [Spaltenumbruch] hafften Hiarne richteten alle seine Lock- und Dräuungen eben so wenig/ als das sich auff- schwellende Meer an dem weichen Ufer San- de aus. Wiewol er endlich was grausamers entschlossen hätte/ wenn nicht des Marius be- rühmte Wahrsagerin Martha dahin kommen wäre/ und dem Marius angedeutet hätte: daß/ im Fall er Hiarnen und die andern Cimbri- schen Frauenzimmer zu Rom in den Tempel der Vesta liefferte/ würde er aus Göttlichem Verhängnüsse durch einen Cimber sein sonst unfehlbar verspieltes Leben erhalten; wiedrigen Falls aber sich in frühzeitigen Tod und grau- samstes Unglück stürtzen. Wordurch er denn bewogen ward/ sie alle sämtlich in dem Vesta- lischen Heiligthume mit auskommentlichen Stifftungen/ und Erbauung eines absonderen Altares/ darauf sie ihr ewiges Feuer gleichsam zur Nachartung der unausleschlichen Gestir- ne unterhielten/ zu versehen. Wie sie nun von denen Vestalischen Jungfrauen wegen ihrer so theuer bewehrten Keuschheit für Schwestern billich aufgenommen wurden; also erwarben sie hernach des Römischen Volckes allgemeine Gewogenheit/ nach dem sie bey der sieghafften Rückkunfft des verjagten/ und wieder den Adel unmenschlich-wütenden Marius vielen Edlen das Leben erbaten; als welcher der heiligen Hiarne nichts abzuschlagen getraute; nicht so wol/ weil die Jungfrauen dieses Heiligthums die schon verdammten Missethäter/ denen sie bey ihrer Ausführung ungefähr begegnen/ vom Tode erretten; Dahingegen die/ welche ihre Senffte anrühren/ das Leben verwürcken; als weil der Martha Wahrsagung ihm so genau eingetroffen; und der ihn zu ermorden geschick- te Cimber den Degen weggeworffen hatte. Ja es brachten diese Jungfrauen durch ihre unge- meine Tugenden so viel zu wege: daß hernach fort für fort von denen Cimbern derogleichen der Keuschheit sich wiedmendes Frauenzimmer ausgebeten/ und zu Rom unterhalten ward. Bey
Neuntes Buch [Spaltenumbruch]
denen Roͤmern in denen Armen verwundetwar: daß ſie ihren Vorſatz ſich zu toͤdten nicht ausuͤben konte/ nebſt etwan noch dreyßig andern Cimbriſchen Frauen-Zimmern gefangen zu bekommen. Von dieſen wurden zwoͤlff Jung- frauen durchs Looß erkieſet um des Marius ge- opfferter Tochter Calphurnia zu Ehren le- bendig verbrennt zu werden. Weil nun dieſes die ſterbens-wuͤrdige Hiarne nicht traff/ ſtach ſie einer unter den zwoͤlffen unverſehens das Meſ- ſer in die Bruſt/ um ſtatt ihrer das Gluͤcke der Verbrennung zu genuͤſſen. Aber als der ſie uͤber dieſer That rechtfertigende Marius zu Geſichte bekam/ ward ſein Hertze gegen ſie feu- riger/ als der von ihm angezuͤndete Holtzſtoß. Ob ſie nun zwar um verbrennet zu werden/ dem Marius tauſend Thraͤnen opfferte/ ja ſich nach Erkieſung einer andern Jungfrau mit Gewalt in die Flammen ſtuͤrtzen wolte/ ließ es doch Ma- rius verwehren/ ſie ſorgfaͤltig verwahren/ und auf ſein an dem Miſeniſchen Strande haben- des ſchoͤne Vorwerg fuͤhren. So bald nun Marius zu Rom ſein Siegs-Gepraͤnge gehal- ten/ und den Nahmen des dritten Roͤmiſchen Uhrhebers bekommen/ ja die Ehre: daß ihm das Roͤmiſche Volck eben ſo/ wie den Goͤttern opfferte/ erworben hatte/ kam er auf ſein Vor- werg ſeiner hefftigen Liebes-Flamme ein Ver- gnuͤgen zu ſchaffen. Er eroͤffnete ſeine Zunei- gung Hiarnen; welche aber/ nach dem Marius an Julien ſchon eine Eh-Frau hatte/ und ſie ſelbſt eine Braut eines Cimbriſchen Fuͤrſten war; ja wie ſie vorher in Gallien in den feuri- gen Holtzſtoß/ alſo ſich nunmehr in das benach- barte Meer zu ſtuͤrtzen muͤhte/ nach dem Ma- rius durch ihre Seuffzer und Thraͤnen ſeine Liebe nicht ausleſchen laſſen wolte. Alleine nach Hiarnens ſo verzweiffelter Entſchluͤſſung entbrennte des Marius Seele nur noch immer hefftiger gegen ſie. Denn es iſt kein kraͤfftiger Zunder der Liebe/ als der Schnee der Keuſch- heit in der/ die man liebet. Aber an der tugend- [Spaltenumbruch] hafften Hiarne richteten alle ſeine Lock- und Draͤuungen eben ſo wenig/ als das ſich auff- ſchwellende Meer an dem weichen Ufer San- de aus. Wiewol er endlich was grauſamers entſchloſſen haͤtte/ wenn nicht des Marius be- ruͤhmte Wahrſagerin Martha dahin kommen waͤre/ und dem Marius angedeutet haͤtte: daß/ im Fall er Hiarnen und die andern Cimbri- ſchen Frauenzimmer zu Rom in den Tempel der Veſta liefferte/ wuͤrde er aus Goͤttlichem Verhaͤngnuͤſſe durch einen Cimber ſein ſonſt unfehlbar verſpieltes Leben erhalten; wiedrigen Falls aber ſich in fruͤhzeitigen Tod und grau- ſamſtes Ungluͤck ſtuͤrtzen. Wordurch er denn bewogen ward/ ſie alle ſaͤmtlich in dem Veſta- liſchen Heiligthume mit auskommentlichen Stifftungen/ und Erbauung eines abſonderen Altares/ darauf ſie ihr ewiges Feuer gleichſam zur Nachartung der unausleſchlichen Geſtir- ne unterhielten/ zu verſehen. Wie ſie nun von denen Veſtaliſchen Jungfrauen wegen ihrer ſo theuer bewehrten Keuſchheit fuͤr Schweſtern billich aufgenommen wurden; alſo erwarben ſie hernach des Roͤmiſchen Volckes allgemeine Gewogenheit/ nach dem ſie bey der ſieghafften Ruͤckkunfft des verjagten/ und wieder den Adel unmenſchlich-wuͤtenden Marius vielen Edlen das Leben erbaten; als welcher der heiligen Hiarne nichts abzuſchlagen getraute; nicht ſo wol/ weil die Jungfrauen dieſes Heiligthums die ſchon verdammten Miſſethaͤter/ denen ſie bey ihrer Ausfuͤhrung ungefaͤhr begegnen/ vom Tode erretten; Dahingegen die/ welche ihre Senffte anruͤhren/ das Leben verwuͤrcken; als weil der Martha Wahrſagung ihm ſo genau eingetroffen; und der ihn zu ermorden geſchick- te Cimber den Degen weggeworffen hatte. Ja es brachten dieſe Jungfrauen durch ihre unge- meine Tugenden ſo viel zu wege: daß hernach fort fuͤr fort von denen Cimbern derogleichen der Keuſchheit ſich wiedmendes Frauenzimmer ausgebeten/ und zu Rom unterhalten ward. Bey
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Neuntes Buch
denen Roͤmern in denen Armen verwundet
war: daß ſie ihren Vorſatz ſich zu toͤdten nicht
ausuͤben konte/ nebſt etwan noch dreyßig andern
Cimbriſchen Frauen-Zimmern gefangen zu
bekommen. Von dieſen wurden zwoͤlff Jung-
frauen durchs Looß erkieſet um des Marius ge-
opfferter Tochter Calphurnia zu Ehren le-
bendig verbrennt zu werden. Weil nun dieſes
die ſterbens-wuͤrdige Hiarne nicht traff/ ſtach ſie
einer unter den zwoͤlffen unverſehens das Meſ-
ſer in die Bruſt/ um ſtatt ihrer das Gluͤcke der
Verbrennung zu genuͤſſen. Aber als der ſie
uͤber dieſer That rechtfertigende Marius zu
Geſichte bekam/ ward ſein Hertze gegen ſie feu-
riger/ als der von ihm angezuͤndete Holtzſtoß.
Ob ſie nun zwar um verbrennet zu werden/ dem
Marius tauſend Thraͤnen opfferte/ ja ſich nach
Erkieſung einer andern Jungfrau mit Gewalt
in die Flammen ſtuͤrtzen wolte/ ließ es doch Ma-
rius verwehren/ ſie ſorgfaͤltig verwahren/ und
auf ſein an dem Miſeniſchen Strande haben-
des ſchoͤne Vorwerg fuͤhren. So bald nun
Marius zu Rom ſein Siegs-Gepraͤnge gehal-
ten/ und den Nahmen des dritten Roͤmiſchen
Uhrhebers bekommen/ ja die Ehre: daß ihm
das Roͤmiſche Volck eben ſo/ wie den Goͤttern
opfferte/ erworben hatte/ kam er auf ſein Vor-
werg ſeiner hefftigen Liebes-Flamme ein Ver-
gnuͤgen zu ſchaffen. Er eroͤffnete ſeine Zunei-
gung Hiarnen; welche aber/ nach dem Marius
an Julien ſchon eine Eh-Frau hatte/ und ſie
ſelbſt eine Braut eines Cimbriſchen Fuͤrſten
war; ja wie ſie vorher in Gallien in den feuri-
gen Holtzſtoß/ alſo ſich nunmehr in das benach-
barte Meer zu ſtuͤrtzen muͤhte/ nach dem Ma-
rius durch ihre Seuffzer und Thraͤnen ſeine
Liebe nicht ausleſchen laſſen wolte. Alleine
nach Hiarnens ſo verzweiffelter Entſchluͤſſung
entbrennte des Marius Seele nur noch immer
hefftiger gegen ſie. Denn es iſt kein kraͤfftiger
Zunder der Liebe/ als der Schnee der Keuſch-
heit in der/ die man liebet. Aber an der tugend-
hafften Hiarne richteten alle ſeine Lock- und
Draͤuungen eben ſo wenig/ als das ſich auff-
ſchwellende Meer an dem weichen Ufer San-
de aus. Wiewol er endlich was grauſamers
entſchloſſen haͤtte/ wenn nicht des Marius be-
ruͤhmte Wahrſagerin Martha dahin kommen
waͤre/ und dem Marius angedeutet haͤtte: daß/
im Fall er Hiarnen und die andern Cimbri-
ſchen Frauenzimmer zu Rom in den Tempel
der Veſta liefferte/ wuͤrde er aus Goͤttlichem
Verhaͤngnuͤſſe durch einen Cimber ſein ſonſt
unfehlbar verſpieltes Leben erhalten; wiedrigen
Falls aber ſich in fruͤhzeitigen Tod und grau-
ſamſtes Ungluͤck ſtuͤrtzen. Wordurch er denn
bewogen ward/ ſie alle ſaͤmtlich in dem Veſta-
liſchen Heiligthume mit auskommentlichen
Stifftungen/ und Erbauung eines abſonderen
Altares/ darauf ſie ihr ewiges Feuer gleichſam
zur Nachartung der unausleſchlichen Geſtir-
ne unterhielten/ zu verſehen. Wie ſie nun von
denen Veſtaliſchen Jungfrauen wegen ihrer
ſo theuer bewehrten Keuſchheit fuͤr Schweſtern
billich aufgenommen wurden; alſo erwarben ſie
hernach des Roͤmiſchen Volckes allgemeine
Gewogenheit/ nach dem ſie bey der ſieghafften
Ruͤckkunfft des verjagten/ und wieder den Adel
unmenſchlich-wuͤtenden Marius vielen Edlen
das Leben erbaten; als welcher der heiligen
Hiarne nichts abzuſchlagen getraute; nicht ſo
wol/ weil die Jungfrauen dieſes Heiligthums
die ſchon verdammten Miſſethaͤter/ denen ſie
bey ihrer Ausfuͤhrung ungefaͤhr begegnen/ vom
Tode erretten; Dahingegen die/ welche ihre
Senffte anruͤhren/ das Leben verwuͤrcken; als
weil der Martha Wahrſagung ihm ſo genau
eingetroffen; und der ihn zu ermorden geſchick-
te Cimber den Degen weggeworffen hatte. Ja
es brachten dieſe Jungfrauen durch ihre unge-
meine Tugenden ſo viel zu wege: daß hernach
fort fuͤr fort von denen Cimbern derogleichen
der Keuſchheit ſich wiedmendes Frauenzimmer
ausgebeten/ und zu Rom unterhalten ward.
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