Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Achtes Buch [Spaltenumbruch]
die Marckmänner wären mit drey starckenHauffen keine Viertelstunde mehr entfernet; und folgeten diesen etliche bedeckte Wagen. Da- her Herrmann sich nicht allein mit den Seini- gen rüstete/ sondern auch den Graff Lingen mit Zurückziehung des Ritters Gnesebeck wol auff der Hute zu seyn warnigen ließ. Der Hertzog blieb hinter einem püschichten Hügel gantz stille stehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/ und er den Vordrab mit seinen Cheruskern ü- ber dem Meyne schon ins Gefechte kommen hörte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen so unversehens in Rücken: daß das letzte Glied sich ehe durch die Cheruskischen Lantzen durch- bohret fühlte/ ehe die Marckmänner ihren Feind zu Gesichte kriegten. Der Feldhaupt- mann Bercka/ der diesen von sechs hundert Marckmännischen Edelleuten bestehenden Hauffen selbst führte/ und mit einem Theile schon in dem Flusse war/ wolte sich zwar schwen- cken; aber so wol die Enge des Furths/ als die Höhe des Ufers verhinderte es; und gab denen Cheruskern Zeit inzwischen mit der andern Helffte dieses Hauffens fertig zu werden; in dem der Blitz der Cheruskischen Schwerdter/ und fürnehmlich des einen Löwen abbildenden Herrmanns sie bald von Anfang in Unordnung brachte/ und theils sie seiner Liebe und Rache ab- schlachtete/ theils sie auch über Hals und Kopff in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor- theilhafftigkeit dieses Ortes Herrmann sich de- nen Marckmännern/ ob schon der mitlere Hauf- fe gleichfalls zurück kommen war/ genungsam gewachsen sahe/ schickte er unter dem Ritter Maltzan hundert Cherusker/ um sich der Wa- gen/ und darinnen Thußneldens zu versichern; durch welche funffzig darbeystehende Caßuari- sche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in Freyheit gesetzt ward. Sie sprang mit tau- send Freuden aus dem Wagen/ als sie das sie- gende Theil für Cherusker erkennte. Wie diese [Spaltenumbruch] ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart andeuteten/ wuste sie weder ihr Glücke/ noch die seltzamen Schickungen des Verhängnüßes zu begreiffen; hielt also ihre Erlösung nicht so wol für eine wahrhaffte Begebnüs/ als für eine süsse Einbildung eines Träumenden. Jh- re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli- cken versaltzen/ als sie mehr/ als tausend Cas- suarier spornstreichs gegen die hundert Cherus- ker und sie/ anrennen sah. Daher Ritter Met- tich sie im Nahmen seines Hertzogs beschwur: Sie möchte ohne Zeitverlierung; weil sie sich um einen vortheilhafftern Stand zu bekom- men gleichfalls zurück ziehen müsten; in dem Walde auff dem Berge dieses für sie allein ge- schehenden Streites auswarten. Welchem sie denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie- genden Helms und Schwerdtes eines erlegten Caßuariers Folge zu leisten gezwungen ward. Jnzwischen traffen nicht nur die Caßuarier auf die sich zwischen das Gehöltze zurück gezo genen Cherusker; sondern der Feldhauptmann Ber- cka/ der seinen Kopff ohne Thußnelden nicht nach Hause zu bringen getraute/ hatte mit fünf- hundert Marckmännern an einem andern Or- te über den Strom zurücke gesetzt; und gieng dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem ersten Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg durch den Fluß halb verzweiffelt angeführten Marckmänner alle Hände voll zu thun hatte/ in die Seite; und weil der Graff von Lingen mit seinen anderthalb hundert Cheruskern dem gantzen ersten Hauffen begegnen muste/ nach dem Gnesebeck für der Zurückruffung schon mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng an allen Orten das blutigste und hartnäckichste Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen Orten mehr als achtfach schwächern Cherus- ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er- setzen sich mühten/ der großmüthige Herrmann auch den streitbaren Bercka zu Bodem rennte und tödtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/ einem
Achtes Buch [Spaltenumbruch]
die Marckmaͤnner waͤren mit drey ſtarckenHauffen keine Viertelſtunde mehr entfernet; und folgeten dieſen etliche bedeckte Wagen. Da- her Herrmann ſich nicht allein mit den Seini- gen ruͤſtete/ ſondern auch den Graff Lingen mit Zuruͤckziehung des Ritters Gneſebeck wol auff der Hute zu ſeyn warnigen ließ. Der Hertzog blieb hinter einem puͤſchichten Huͤgel gantz ſtille ſtehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/ und er den Vordrab mit ſeinen Cheruskern uͤ- ber dem Meyne ſchon ins Gefechte kommen hoͤrte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen ſo unverſehens in Ruͤcken: daß das letzte Glied ſich ehe durch die Cheruskiſchen Lantzen durch- bohret fuͤhlte/ ehe die Marckmaͤnner ihren Feind zu Geſichte kriegten. Der Feldhaupt- mann Bercka/ der dieſen von ſechs hundert Marckmaͤnniſchen Edelleuten beſtehenden Hauffen ſelbſt fuͤhrte/ und mit einem Theile ſchon in dem Fluſſe war/ wolte ſich zwar ſchwen- cken; aber ſo wol die Enge des Furths/ als die Hoͤhe des Ufers verhinderte es; und gab denen Cheruskern Zeit inzwiſchen mit der andern Helffte dieſes Hauffens fertig zu werden; in dem der Blitz der Cheruskiſchen Schwerdter/ und fuͤrnehmlich des einen Loͤwen abbildenden Herrmanns ſie bald von Anfang in Unordnung brachte/ und theils ſie ſeiner Liebe und Rache ab- ſchlachtete/ theils ſie auch uͤber Hals und Kopff in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor- theilhafftigkeit dieſes Ortes Herrmann ſich de- nen Marckmaͤnneꝛn/ ob ſchon der mitlere Hauf- fe gleichfalls zuruͤck kommen war/ genungſam gewachſen ſahe/ ſchickte er unter dem Ritter Maltzan hundert Cherusker/ um ſich der Wa- gen/ und darinnen Thußneldens zu verſichern; durch welche funffzig darbeyſtehende Caßuari- ſche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in Freyheit geſetzt ward. Sie ſprang mit tau- ſend Freuden aus dem Wagen/ als ſie das ſie- gende Theil fuͤr Cherusker erkennte. Wie dieſe [Spaltenumbruch] ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart andeuteten/ wuſte ſie weder ihr Gluͤcke/ noch die ſeltzamen Schickungen des Verhaͤngnuͤßes zu begreiffen; hielt alſo ihre Erloͤſung nicht ſo wol fuͤr eine wahrhaffte Begebnuͤs/ als fuͤr eine ſuͤſſe Einbildung eines Traͤumenden. Jh- re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli- cken verſaltzen/ als ſie mehr/ als tauſend Caſ- ſuarier ſpornſtreichs gegen die hundert Cherus- ker und ſie/ anrennen ſah. Daher Ritter Met- tich ſie im Nahmen ſeines Hertzogs beſchwur: Sie moͤchte ohne Zeitverlierung; weil ſie ſich um einen vortheilhafftern Stand zu bekom- men gleichfalls zuruͤck ziehen muͤſten; in dem Walde auff dem Berge dieſes fuͤr ſie allein ge- ſchehenden Streites auswarten. Welchem ſie denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie- genden Helms und Schwerdtes eines erlegten Caßuariers Folge zu leiſten gezwungen ward. Jnzwiſchen traffen nicht nur die Caßuarier auf die ſich zwiſchen das Gehoͤltze zuruͤck gezo genen Cherusker; ſondern der Feldhauptmann Ber- cka/ der ſeinen Kopff ohne Thußnelden nicht nach Hauſe zu bringen getraute/ hatte mit fuͤnf- hundert Marckmaͤnnern an einem andern Or- te uͤber den Strom zuruͤcke geſetzt; und gieng dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem erſten Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg durch den Fluß halb verzweiffelt angefuͤhrten Marckmaͤnner alle Haͤnde voll zu thun hatte/ in die Seite; und weil der Graff von Lingen mit ſeinen anderthalb hundert Cheruskern dem gantzen erſten Hauffen begegnen muſte/ nach dem Gneſebeck fuͤr der Zuruͤckruffung ſchon mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng an allen Orten das blutigſte und hartnaͤckichſte Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen Orten mehr als achtfach ſchwaͤchern Cherus- ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er- ſetzen ſich muͤhten/ der großmuͤthige Herrmann auch den ſtreitbaren Bercka zu Bodem rennte und toͤdtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/ einem
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Achtes Buch
die Marckmaͤnner waͤren mit drey ſtarcken
Hauffen keine Viertelſtunde mehr entfernet;
und folgeten dieſen etliche bedeckte Wagen. Da-
her Herrmann ſich nicht allein mit den Seini-
gen ruͤſtete/ ſondern auch den Graff Lingen mit
Zuruͤckziehung des Ritters Gneſebeck wol auff
der Hute zu ſeyn warnigen ließ. Der Hertzog
blieb hinter einem puͤſchichten Huͤgel gantz ſtille
ſtehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/
und er den Vordrab mit ſeinen Cheruskern uͤ-
ber dem Meyne ſchon ins Gefechte kommen
hoͤrte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen ſo
unverſehens in Ruͤcken: daß das letzte Glied
ſich ehe durch die Cheruskiſchen Lantzen durch-
bohret fuͤhlte/ ehe die Marckmaͤnner ihren
Feind zu Geſichte kriegten. Der Feldhaupt-
mann Bercka/ der dieſen von ſechs hundert
Marckmaͤnniſchen Edelleuten beſtehenden
Hauffen ſelbſt fuͤhrte/ und mit einem Theile
ſchon in dem Fluſſe war/ wolte ſich zwar ſchwen-
cken; aber ſo wol die Enge des Furths/ als die
Hoͤhe des Ufers verhinderte es; und gab denen
Cheruskern Zeit inzwiſchen mit der andern
Helffte dieſes Hauffens fertig zu werden; in
dem der Blitz der Cheruskiſchen Schwerdter/
und fuͤrnehmlich des einen Loͤwen abbildenden
Herrmanns ſie bald von Anfang in Unordnung
brachte/ und theils ſie ſeiner Liebe und Rache ab-
ſchlachtete/ theils ſie auch uͤber Hals und Kopff
in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor-
theilhafftigkeit dieſes Ortes Herrmann ſich de-
nen Marckmaͤnneꝛn/ ob ſchon der mitlere Hauf-
fe gleichfalls zuruͤck kommen war/ genungſam
gewachſen ſahe/ ſchickte er unter dem Ritter
Maltzan hundert Cherusker/ um ſich der Wa-
gen/ und darinnen Thußneldens zu verſichern;
durch welche funffzig darbeyſtehende Caßuari-
ſche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die
Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in
Freyheit geſetzt ward. Sie ſprang mit tau-
ſend Freuden aus dem Wagen/ als ſie das ſie-
gende Theil fuͤr Cherusker erkennte. Wie dieſe
ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart
andeuteten/ wuſte ſie weder ihr Gluͤcke/ noch die
ſeltzamen Schickungen des Verhaͤngnuͤßes
zu begreiffen; hielt alſo ihre Erloͤſung nicht
ſo wol fuͤr eine wahrhaffte Begebnuͤs/ als fuͤr
eine ſuͤſſe Einbildung eines Traͤumenden. Jh-
re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli-
cken verſaltzen/ als ſie mehr/ als tauſend Caſ-
ſuarier ſpornſtreichs gegen die hundert Cherus-
ker und ſie/ anrennen ſah. Daher Ritter Met-
tich ſie im Nahmen ſeines Hertzogs beſchwur:
Sie moͤchte ohne Zeitverlierung; weil ſie ſich
um einen vortheilhafftern Stand zu bekom-
men gleichfalls zuruͤck ziehen muͤſten; in dem
Walde auff dem Berge dieſes fuͤr ſie allein ge-
ſchehenden Streites auswarten. Welchem ſie
denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie-
genden Helms und Schwerdtes eines erlegten
Caßuariers Folge zu leiſten gezwungen ward.
Jnzwiſchen traffen nicht nur die Caßuarier auf
die ſich zwiſchen das Gehoͤltze zuruͤck gezo genen
Cherusker; ſondern der Feldhauptmann Ber-
cka/ der ſeinen Kopff ohne Thußnelden nicht
nach Hauſe zu bringen getraute/ hatte mit fuͤnf-
hundert Marckmaͤnnern an einem andern Or-
te uͤber den Strom zuruͤcke geſetzt; und gieng
dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem erſten
Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg
durch den Fluß halb verzweiffelt angefuͤhrten
Marckmaͤnner alle Haͤnde voll zu thun hatte/
in die Seite; und weil der Graff von Lingen
mit ſeinen anderthalb hundert Cheruskern dem
gantzen erſten Hauffen begegnen muſte/ nach
dem Gneſebeck fuͤr der Zuruͤckruffung ſchon
mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng
an allen Orten das blutigſte und hartnaͤckichſte
Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen
Orten mehr als achtfach ſchwaͤchern Cherus-
ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er-
ſetzen ſich muͤhten/ der großmuͤthige Herrmann
auch den ſtreitbaren Bercka zu Bodem rennte
und toͤdtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/
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