Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] die Marckmänner wären mit drey starcken
Hauffen keine Viertelstunde mehr entfernet;
und folgeten diesen etliche bedeckte Wagen. Da-
her Herrmann sich nicht allein mit den Seini-
gen rüstete/ sondern auch den Graff Lingen mit
Zurückziehung des Ritters Gnesebeck wol auff
der Hute zu seyn warnigen ließ. Der Hertzog
blieb hinter einem püschichten Hügel gantz stille
stehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/
und er den Vordrab mit seinen Cheruskern ü-
ber dem Meyne schon ins Gefechte kommen
hörte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen so
unversehens in Rücken: daß das letzte Glied
sich ehe durch die Cheruskischen Lantzen durch-
bohret fühlte/ ehe die Marckmänner ihren
Feind zu Gesichte kriegten. Der Feldhaupt-
mann Bercka/ der diesen von sechs hundert
Marckmännischen Edelleuten bestehenden
Hauffen selbst führte/ und mit einem Theile
schon in dem Flusse war/ wolte sich zwar schwen-
cken; aber so wol die Enge des Furths/ als die
Höhe des Ufers verhinderte es; und gab denen
Cheruskern Zeit inzwischen mit der andern
Helffte dieses Hauffens fertig zu werden; in
dem der Blitz der Cheruskischen Schwerdter/
und fürnehmlich des einen Löwen abbildenden
Herrmanns sie bald von Anfang in Unordnung
brachte/ und theils sie seiner Liebe und Rache ab-
schlachtete/ theils sie auch über Hals und Kopff
in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor-
theilhafftigkeit dieses Ortes Herrmann sich de-
nen Marckmännern/ ob schon der mitlere Hauf-
fe gleichfalls zurück kommen war/ genungsam
gewachsen sahe/ schickte er unter dem Ritter
Maltzan hundert Cherusker/ um sich der Wa-
gen/ und darinnen Thußneldens zu versichern;
durch welche funffzig darbeystehende Caßuari-
sche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die
Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in
Freyheit gesetzt ward. Sie sprang mit tau-
send Freuden aus dem Wagen/ als sie das sie-
gende Theil für Cherusker erkennte. Wie diese
[Spaltenumbruch] ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart
andeuteten/ wuste sie weder ihr Glücke/ noch die
seltzamen Schickungen des Verhängnüßes
zu begreiffen; hielt also ihre Erlösung nicht
so wol für eine wahrhaffte Begebnüs/ als für
eine süsse Einbildung eines Träumenden. Jh-
re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli-
cken versaltzen/ als sie mehr/ als tausend Cas-
suarier spornstreichs gegen die hundert Cherus-
ker und sie/ anrennen sah. Daher Ritter Met-
tich sie im Nahmen seines Hertzogs beschwur:
Sie möchte ohne Zeitverlierung; weil sie sich
um einen vortheilhafftern Stand zu bekom-
men gleichfalls zurück ziehen müsten; in dem
Walde auff dem Berge dieses für sie allein ge-
schehenden Streites auswarten. Welchem sie
denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie-
genden Helms und Schwerdtes eines erlegten
Caßuariers Folge zu leisten gezwungen ward.
Jnzwischen traffen nicht nur die Caßuarier auf
die sich zwischen das Gehöltze zurück gezo genen
Cherusker; sondern der Feldhauptmann Ber-
cka/ der seinen Kopff ohne Thußnelden nicht
nach Hause zu bringen getraute/ hatte mit fünf-
hundert Marckmännern an einem andern Or-
te über den Strom zurücke gesetzt; und gieng
dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem ersten
Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg
durch den Fluß halb verzweiffelt angeführten
Marckmänner alle Hände voll zu thun hatte/
in die Seite; und weil der Graff von Lingen
mit seinen anderthalb hundert Cheruskern dem
gantzen ersten Hauffen begegnen muste/ nach
dem Gnesebeck für der Zurückruffung schon
mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng
an allen Orten das blutigste und hartnäckichste
Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen
Orten mehr als achtfach schwächern Cherus-
ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er-
setzen sich mühten/ der großmüthige Herrmann
auch den streitbaren Bercka zu Bodem rennte
und tödtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/

einem

Achtes Buch
[Spaltenumbruch] die Marckmaͤnner waͤren mit drey ſtarcken
Hauffen keine Viertelſtunde mehr entfernet;
und folgeten dieſen etliche bedeckte Wagen. Da-
her Herrmann ſich nicht allein mit den Seini-
gen ruͤſtete/ ſondern auch den Graff Lingen mit
Zuruͤckziehung des Ritters Gneſebeck wol auff
der Hute zu ſeyn warnigen ließ. Der Hertzog
blieb hinter einem puͤſchichten Huͤgel gantz ſtille
ſtehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/
und er den Vordrab mit ſeinen Cheruskern uͤ-
ber dem Meyne ſchon ins Gefechte kommen
hoͤrte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen ſo
unverſehens in Ruͤcken: daß das letzte Glied
ſich ehe durch die Cheruskiſchen Lantzen durch-
bohret fuͤhlte/ ehe die Marckmaͤnner ihren
Feind zu Geſichte kriegten. Der Feldhaupt-
mann Bercka/ der dieſen von ſechs hundert
Marckmaͤnniſchen Edelleuten beſtehenden
Hauffen ſelbſt fuͤhrte/ und mit einem Theile
ſchon in dem Fluſſe war/ wolte ſich zwar ſchwen-
cken; aber ſo wol die Enge des Furths/ als die
Hoͤhe des Ufers verhinderte es; und gab denen
Cheruskern Zeit inzwiſchen mit der andern
Helffte dieſes Hauffens fertig zu werden; in
dem der Blitz der Cheruskiſchen Schwerdter/
und fuͤrnehmlich des einen Loͤwen abbildenden
Herrmanns ſie bald von Anfang in Unordnung
brachte/ und theils ſie ſeiner Liebe und Rache ab-
ſchlachtete/ theils ſie auch uͤber Hals und Kopff
in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor-
theilhafftigkeit dieſes Ortes Herrmann ſich de-
nen Marckmaͤnneꝛn/ ob ſchon der mitlere Hauf-
fe gleichfalls zuruͤck kommen war/ genungſam
gewachſen ſahe/ ſchickte er unter dem Ritter
Maltzan hundert Cherusker/ um ſich der Wa-
gen/ und darinnen Thußneldens zu verſichern;
durch welche funffzig darbeyſtehende Caßuari-
ſche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die
Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in
Freyheit geſetzt ward. Sie ſprang mit tau-
ſend Freuden aus dem Wagen/ als ſie das ſie-
gende Theil fuͤr Cherusker erkennte. Wie dieſe
[Spaltenumbruch] ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart
andeuteten/ wuſte ſie weder ihr Gluͤcke/ noch die
ſeltzamen Schickungen des Verhaͤngnuͤßes
zu begreiffen; hielt alſo ihre Erloͤſung nicht
ſo wol fuͤr eine wahrhaffte Begebnuͤs/ als fuͤr
eine ſuͤſſe Einbildung eines Traͤumenden. Jh-
re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli-
cken verſaltzen/ als ſie mehr/ als tauſend Caſ-
ſuarier ſpornſtreichs gegen die hundert Cherus-
ker und ſie/ anrennen ſah. Daher Ritter Met-
tich ſie im Nahmen ſeines Hertzogs beſchwur:
Sie moͤchte ohne Zeitverlierung; weil ſie ſich
um einen vortheilhafftern Stand zu bekom-
men gleichfalls zuruͤck ziehen muͤſten; in dem
Walde auff dem Berge dieſes fuͤr ſie allein ge-
ſchehenden Streites auswarten. Welchem ſie
denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie-
genden Helms und Schwerdtes eines erlegten
Caßuariers Folge zu leiſten gezwungen ward.
Jnzwiſchen traffen nicht nur die Caßuarier auf
die ſich zwiſchen das Gehoͤltze zuruͤck gezo genen
Cherusker; ſondern der Feldhauptmann Ber-
cka/ der ſeinen Kopff ohne Thußnelden nicht
nach Hauſe zu bringen getraute/ hatte mit fuͤnf-
hundert Marckmaͤnnern an einem andern Or-
te uͤber den Strom zuruͤcke geſetzt; und gieng
dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem erſten
Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg
durch den Fluß halb verzweiffelt angefuͤhrten
Marckmaͤnner alle Haͤnde voll zu thun hatte/
in die Seite; und weil der Graff von Lingen
mit ſeinen anderthalb hundert Cheruskern dem
gantzen erſten Hauffen begegnen muſte/ nach
dem Gneſebeck fuͤr der Zuruͤckruffung ſchon
mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng
an allen Orten das blutigſte und hartnaͤckichſte
Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen
Orten mehr als achtfach ſchwaͤchern Cherus-
ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er-
ſetzen ſich muͤhten/ der großmuͤthige Herrmann
auch den ſtreitbaren Bercka zu Bodem rennte
und toͤdtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/

einem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f1368" n="1302[1304]"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Buch</hi></fw><lb/><cb/>
die Marckma&#x0364;nner wa&#x0364;ren mit drey &#x017F;tarcken<lb/>
Hauffen keine Viertel&#x017F;tunde mehr entfernet;<lb/>
und folgeten die&#x017F;en etliche bedeckte Wagen. Da-<lb/>
her Herrmann &#x017F;ich nicht allein mit den Seini-<lb/>
gen ru&#x0364;&#x017F;tete/ &#x017F;ondern auch den Graff Lingen mit<lb/>
Zuru&#x0364;ckziehung des Ritters Gne&#x017F;ebeck wol auff<lb/>
der Hute zu &#x017F;eyn warnigen ließ. Der Hertzog<lb/>
blieb hinter einem pu&#x0364;&#x017F;chichten Hu&#x0364;gel gantz &#x017F;tille<lb/>
&#x017F;tehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/<lb/>
und er den Vordrab mit &#x017F;einen Cheruskern u&#x0364;-<lb/>
ber dem Meyne &#x017F;chon ins Gefechte kommen<lb/>
ho&#x0364;rte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen &#x017F;o<lb/>
unver&#x017F;ehens in Ru&#x0364;cken: daß das letzte Glied<lb/>
&#x017F;ich ehe durch die Cheruski&#x017F;chen Lantzen durch-<lb/>
bohret fu&#x0364;hlte/ ehe die Marckma&#x0364;nner ihren<lb/>
Feind zu Ge&#x017F;ichte kriegten. Der Feldhaupt-<lb/>
mann Bercka/ der die&#x017F;en von &#x017F;echs hundert<lb/>
Marckma&#x0364;nni&#x017F;chen Edelleuten be&#x017F;tehenden<lb/>
Hauffen &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;hrte/ und mit einem Theile<lb/>
&#x017F;chon in dem Flu&#x017F;&#x017F;e war/ wolte &#x017F;ich zwar &#x017F;chwen-<lb/>
cken; aber &#x017F;o wol die Enge des Furths/ als die<lb/>
Ho&#x0364;he des Ufers verhinderte es; und gab denen<lb/>
Cheruskern Zeit inzwi&#x017F;chen mit der andern<lb/>
Helffte die&#x017F;es Hauffens fertig zu werden; in<lb/>
dem der Blitz der Cheruski&#x017F;chen Schwerdter/<lb/>
und fu&#x0364;rnehmlich des einen Lo&#x0364;wen abbildenden<lb/>
Herrmanns &#x017F;ie bald von Anfang in Unordnung<lb/>
brachte/ und theils &#x017F;ie &#x017F;einer Liebe und Rache ab-<lb/>
&#x017F;chlachtete/ theils &#x017F;ie auch u&#x0364;ber Hals und Kopff<lb/>
in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor-<lb/>
theilhafftigkeit die&#x017F;es Ortes Herrmann &#x017F;ich de-<lb/>
nen Marckma&#x0364;nne&#xA75B;n/ ob &#x017F;chon der mitlere Hauf-<lb/>
fe gleichfalls zuru&#x0364;ck kommen war/ genung&#x017F;am<lb/>
gewach&#x017F;en &#x017F;ahe/ &#x017F;chickte er unter dem Ritter<lb/>
Maltzan hundert Cherusker/ um &#x017F;ich der Wa-<lb/>
gen/ und darinnen Thußneldens zu ver&#x017F;ichern;<lb/>
durch welche funffzig darbey&#x017F;tehende Caßuari-<lb/>
&#x017F;che Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die<lb/>
Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in<lb/>
Freyheit ge&#x017F;etzt ward. Sie &#x017F;prang mit tau-<lb/>
&#x017F;end Freuden aus dem Wagen/ als &#x017F;ie das &#x017F;ie-<lb/>
gende Theil fu&#x0364;r Cherusker erkennte. Wie die&#x017F;e<lb/><cb/>
ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart<lb/>
andeuteten/ wu&#x017F;te &#x017F;ie weder ihr Glu&#x0364;cke/ noch die<lb/>
&#x017F;eltzamen Schickungen des Verha&#x0364;ngnu&#x0364;ßes<lb/>
zu begreiffen; hielt al&#x017F;o ihre Erlo&#x0364;&#x017F;ung nicht<lb/>
&#x017F;o wol fu&#x0364;r eine wahrhaffte Begebnu&#x0364;s/ als fu&#x0364;r<lb/>
eine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Einbildung eines Tra&#x0364;umenden. Jh-<lb/>
re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli-<lb/>
cken ver&#x017F;altzen/ als &#x017F;ie mehr/ als tau&#x017F;end Ca&#x017F;-<lb/>
&#x017F;uarier &#x017F;porn&#x017F;treichs gegen die hundert Cherus-<lb/>
ker und &#x017F;ie/ anrennen &#x017F;ah. Daher Ritter Met-<lb/>
tich &#x017F;ie im Nahmen &#x017F;eines Hertzogs be&#x017F;chwur:<lb/>
Sie mo&#x0364;chte ohne Zeitverlierung; weil &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
um einen vortheilhafftern Stand zu bekom-<lb/>
men gleichfalls zuru&#x0364;ck ziehen mu&#x0364;&#x017F;ten; in dem<lb/>
Walde auff dem Berge die&#x017F;es fu&#x0364;r &#x017F;ie allein ge-<lb/>
&#x017F;chehenden Streites auswarten. Welchem &#x017F;ie<lb/>
denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie-<lb/>
genden Helms und Schwerdtes eines erlegten<lb/>
Caßuariers Folge zu lei&#x017F;ten gezwungen ward.<lb/>
Jnzwi&#x017F;chen traffen nicht nur die Caßuarier auf<lb/>
die &#x017F;ich zwi&#x017F;chen das Geho&#x0364;ltze zuru&#x0364;ck gezo genen<lb/>
Cherusker; &#x017F;ondern der Feldhauptmann Ber-<lb/>
cka/ der &#x017F;einen Kopff ohne Thußnelden nicht<lb/>
nach Hau&#x017F;e zu bringen getraute/ hatte mit fu&#x0364;nf-<lb/>
hundert Marckma&#x0364;nnern an einem andern Or-<lb/>
te u&#x0364;ber den Strom zuru&#x0364;cke ge&#x017F;etzt; und gieng<lb/>
dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem er&#x017F;ten<lb/>
Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg<lb/>
durch den Fluß halb verzweiffelt angefu&#x0364;hrten<lb/>
Marckma&#x0364;nner alle Ha&#x0364;nde voll zu thun hatte/<lb/>
in die Seite; und weil der Graff von Lingen<lb/>
mit &#x017F;einen anderthalb hundert Cheruskern dem<lb/>
gantzen er&#x017F;ten Hauffen begegnen mu&#x017F;te/ nach<lb/>
dem Gne&#x017F;ebeck fu&#x0364;r der Zuru&#x0364;ckruffung &#x017F;chon<lb/>
mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng<lb/>
an allen Orten das blutig&#x017F;te und hartna&#x0364;ckich&#x017F;te<lb/>
Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen<lb/>
Orten mehr als achtfach &#x017F;chwa&#x0364;chern Cherus-<lb/>
ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er-<lb/>
&#x017F;etzen &#x017F;ich mu&#x0364;hten/ der großmu&#x0364;thige Herrmann<lb/>
auch den &#x017F;treitbaren Bercka zu Bodem rennte<lb/>
und to&#x0364;dtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einem</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1302[1304]/1368] Achtes Buch die Marckmaͤnner waͤren mit drey ſtarcken Hauffen keine Viertelſtunde mehr entfernet; und folgeten dieſen etliche bedeckte Wagen. Da- her Herrmann ſich nicht allein mit den Seini- gen ruͤſtete/ ſondern auch den Graff Lingen mit Zuruͤckziehung des Ritters Gneſebeck wol auff der Hute zu ſeyn warnigen ließ. Der Hertzog blieb hinter einem puͤſchichten Huͤgel gantz ſtille ſtehen/ biß der dritte Hauffen an den Furt kam/ und er den Vordrab mit ſeinen Cheruskern uͤ- ber dem Meyne ſchon ins Gefechte kommen hoͤrte. Hiermit fiel er dem dritten Hauffen ſo unverſehens in Ruͤcken: daß das letzte Glied ſich ehe durch die Cheruskiſchen Lantzen durch- bohret fuͤhlte/ ehe die Marckmaͤnner ihren Feind zu Geſichte kriegten. Der Feldhaupt- mann Bercka/ der dieſen von ſechs hundert Marckmaͤnniſchen Edelleuten beſtehenden Hauffen ſelbſt fuͤhrte/ und mit einem Theile ſchon in dem Fluſſe war/ wolte ſich zwar ſchwen- cken; aber ſo wol die Enge des Furths/ als die Hoͤhe des Ufers verhinderte es; und gab denen Cheruskern Zeit inzwiſchen mit der andern Helffte dieſes Hauffens fertig zu werden; in dem der Blitz der Cheruskiſchen Schwerdter/ und fuͤrnehmlich des einen Loͤwen abbildenden Herrmanns ſie bald von Anfang in Unordnung brachte/ und theils ſie ſeiner Liebe und Rache ab- ſchlachtete/ theils ſie auch uͤber Hals und Kopff in den Strom trieb. Wie nun wegen Vor- theilhafftigkeit dieſes Ortes Herrmann ſich de- nen Marckmaͤnneꝛn/ ob ſchon der mitlere Hauf- fe gleichfalls zuruͤck kommen war/ genungſam gewachſen ſahe/ ſchickte er unter dem Ritter Maltzan hundert Cherusker/ um ſich der Wa- gen/ und darinnen Thußneldens zu verſichern; durch welche funffzig darbeyſtehende Caßuari- ſche Ritter nach einem kurtzen Gefechte in die Flucht gebracht/ und darmit Thußnelde in Freyheit geſetzt ward. Sie ſprang mit tau- ſend Freuden aus dem Wagen/ als ſie das ſie- gende Theil fuͤr Cherusker erkennte. Wie dieſe ihr aber gar Hertzog Herrmanns Gegenwart andeuteten/ wuſte ſie weder ihr Gluͤcke/ noch die ſeltzamen Schickungen des Verhaͤngnuͤßes zu begreiffen; hielt alſo ihre Erloͤſung nicht ſo wol fuͤr eine wahrhaffte Begebnuͤs/ als fuͤr eine ſuͤſſe Einbildung eines Traͤumenden. Jh- re Freude aber ward ihr nach wenig Augenbli- cken verſaltzen/ als ſie mehr/ als tauſend Caſ- ſuarier ſpornſtreichs gegen die hundert Cherus- ker und ſie/ anrennen ſah. Daher Ritter Met- tich ſie im Nahmen ſeines Hertzogs beſchwur: Sie moͤchte ohne Zeitverlierung; weil ſie ſich um einen vortheilhafftern Stand zu bekom- men gleichfalls zuruͤck ziehen muͤſten; in dem Walde auff dem Berge dieſes fuͤr ſie allein ge- ſchehenden Streites auswarten. Welchem ſie denn mit Ergreiffung eines auff der Erde lie- genden Helms und Schwerdtes eines erlegten Caßuariers Folge zu leiſten gezwungen ward. Jnzwiſchen traffen nicht nur die Caßuarier auf die ſich zwiſchen das Gehoͤltze zuruͤck gezo genen Cherusker; ſondern der Feldhauptmann Ber- cka/ der ſeinen Kopff ohne Thußnelden nicht nach Hauſe zu bringen getraute/ hatte mit fuͤnf- hundert Marckmaͤnnern an einem andern Or- te uͤber den Strom zuruͤcke geſetzt; und gieng dem Hertzog Herrmann/ welcher an dem erſten Furthe gegen die von dem Ritter Sternberg durch den Fluß halb verzweiffelt angefuͤhrten Marckmaͤnner alle Haͤnde voll zu thun hatte/ in die Seite; und weil der Graff von Lingen mit ſeinen anderthalb hundert Cheruskern dem gantzen erſten Hauffen begegnen muſte/ nach dem Gneſebeck fuͤr der Zuruͤckruffung ſchon mit dem fremden Feinde verwick elt war/ gieng an allen Orten das blutigſte und hartnaͤckichſte Treffen an. Wiewol nun die an allen dreyen Orten mehr als achtfach ſchwaͤchern Cherus- ker den Abgang durch ihre Tapfferkeit zu er- ſetzen ſich muͤhten/ der großmuͤthige Herrmann auch den ſtreitbaren Bercka zu Bodem rennte und toͤdtete; ward er doch vom Ritter Kinßke/ einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1368
Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1302[1304]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1368>, abgerufen am 23.11.2024.