Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
und unver gleichlichen Leibes- und Gemüths-Schönheit eingeerndet hat. Wie nun Lycurgus denen Spartanern ein Der Feldherr Segimer/ fieng Adgandester durch Erster Theil. L l l l l l l
Arminius und Thußnelda. [Spaltenumbruch]
und unver gleichlichen Leibes- und Gemuͤths-Schoͤnheit eingeerndet hat. Wie nun Lycurgus denen Spartanern ein Der Feldherr Segimer/ fieng Adgandeſter durch Erſter Theil. L l l l l l l
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Arminius und Thußnelda.
und unver gleichlichen Leibes- und Gemuͤths-
Schoͤnheit eingeerndet hat.
Wie nun Lycurgus denen Spartanern ein
Geſetze gab: daß neue Eh - Leute eine Zeit
lang faſt immer Tag und Nacht bey anderer
Geſellſchafft zubringen/ und ihre heimliche
Ergoͤtzligkeiten ſchier nur ſtehlen muſten; Alſo
iſt hingegen bey denen Deutſchen Beylagern
die Gewonheit: daß die Fuͤrſtlichen Vermaͤhl-
ten ſich den andern Tag nicht oͤffentlich zeigen;
ſondern ſich in ihren Zim̃ern einſam aufhalten;
inzwiſchen aber ihren Gaͤſten die freye Will-
kuͤhr ihrer Ergoͤtzligkeiten uͤberlaſſen. Dieſe
Zeit meinte nun die Koͤnigin Erato nicht nuͤtzli-
cher anzulegen; als daß ſie bey der Cattiſchen
Hertzogin Erdmuth fuͤr ſich und andere gefan-
gene Fuͤrſten eine Erſuchung ausbitten ließ.
Weil nun dieſe mit der allerhoͤchſten Hoͤfligkeit
ſolche Ehre annahm/ Fuͤrſt Adgandeſter und
die Graͤfin von der Lippe aber befehlicht waren/
dieſe zwey groſſe Frauen mit aller erſinnlichen
Bedienung zu unterhalten/ fanden ſich nach
dem Hertzoge Zeno Rhemetalces/ Malovend/
Flavius/ Salonine auch dieſe bey noch ziemlich
fruͤhen Morgen dahin. Bey welcher auch
Jſmene/ die Cattiſche Fraͤulein Catta/ und die
den Abend zuvor nach Deutſchburg angekom-
mene Fuͤrſtin Adelgunda des Herzogs Ganaſch
Tochter angetroſfen wurden. Nach vielfaͤlti-
gen gegen einander erwieſenen Liebes-Bezei-
gungen fiel die Koͤnigin Erato bald auff die
Gluͤckſeligkeit der zweyen Fuͤrſtlichen Ver-
maͤhlten; lag auch der Graͤfin von der Lippe
an/ ihr vertroͤſteter maſſen beyder Liebes-Ge-
ſchichte zu entwerffen/ um ihre Freude ſo viel
mehr vollkommener zu machen. Hertzog Ar-
pus ſahe der Graͤfin ihre fuͤrhabende Entſchul-
digung an der Stirne an; und meldete: daß die-
ſe nicht ihre vollkommene Vergnuͤgung erlan-
gen koͤnte; wenn nicht Fuͤrſt Adgandeſter die
vorhergehenden und ihm am beſten bekannte
Ebentheuer des Feldherrn voran ſetzte. Her-
tzog Zeno nahm ſich deſſen alsbald an; und erin-
nerte Adgandeſtern ſeiner deßwegen gethanen
Vertroͤſtung. Daher dieſer ſich hiervon nicht
loß zu wuͤrcken vermochte; ſondern ohne einige
Zeitverlierung folgende Erzehlung anfieng;
wiewol mit dieſer hoͤflichen Bedingung: daß
ſeine Willfaͤhrigkeit fuͤr keinen Vorwitz/ ſeine
Fehler fuͤr keine Unvollkommenheit eines ſo
groſſen Fuͤrſten aufgenommen; ſondern viel
mehr ſeine Gebrechen mit der Pflicht ſeines
Gehorſams entſchuldiget werden moͤchten.
Der Feldherr Segimer/ fieng Adgandeſter
an/ ſaß mit ſeiner unvergleichlichen Asblaſte
ſieben Jahr in der Eh/ ehe ſie einmahl ſchwan-
ger ward. Welche Unfruchtbarkeit nicht allein
beyden Ehleuten/ ſondern auch dem Volcke
empfindlich zu Hertzen gieng. Jnſonderheit
aber erwog dieſe kluge Fuͤrſtin: daß Kinder die
ſicherſte Vormauer eines herrſchenden Hauſes
ſind; derſelben Mangel aber den tapfferſten
Fuͤrſten ſo wol bey ſeinen Unterthanen als
Nachbarn veraͤchtlich mache; jenen Anlaß ge-
be ſich nach einem neuen Haupte fuͤr der Zeit
umzuſehen; dieſen aber die auf dem Falle ſte-
hende Herrſchafft mit Liſt oder Gewalt an ſich
zu bringen. Ja Gifft und Verraͤtherey im
Hertzen kochende Staats-Diener werden von
ihren ehrſuͤchtigen Rathsſchlaͤgen durch nichts
mehr zuruͤcke gehalten; Als wenn ihres Fuͤr-
ſten Hauß mit vielen Soͤhnen befeſtiget iſt. Die-
ſen Kummer hielt Asblaſte dem Feldherrn Se-
gimer fuͤr; und bemuͤhte ſich von ihm die Ein-
willigung ihrer Ehſcheidung zu erbitten; weil
ſie/ ihrem Beduͤncken nach/ nichts großmuͤthi-
gers ausuͤben konte; als wenn ſie der gemeinen
Wolfarth wegen ſich ihrer groͤſten Vergnuͤ-
gung enteuſſerte. Weßwegen auch/ welchen ihre
Tugend bekandt war/ und der Sache recht
nachdachten/ urtheilten: daß Asblaſtens heim-
lich fuͤrgenommene Ruͤckkehrung in Perſien
nicht ſo wol aus Eyverſucht gegen die Aleman-
niſche Hertzogin Vocione; als um Segimern
durch
Erſter Theil. L l l l l l l
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