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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] thät das Tigerscheckichte Pferd/ auf welchem
der Feldherr zwischen dem Hertzog Arpus und
Flavius daher ritt/ so viel mehr Sätze und
Lufft-Springe. Welchen denn alle andere
Fürsten zu Pferde nichts weniger/ als die Kö-
nigin Erato/ die Hertzogin der Catten/ ihre
Tochter/ und viel andere Fürsten begleiteten.

Bey dem Eingange des heiligen Heynes
standen zwölff Priester in schneeweißen Klei-
dern/ mit Lorbern bekräntzet; in den Händen
hatten sie vergüldete Sicheln/ und Eisenkraut.
Nach dem sie beyde Verlobte mit einem Segen
bewillkommt/ und das geweihte Kraut ihnen
auf das Haupt gestreuet hatten/ der Feldherr
auch von seinem Pferde/ Thußnelde von ihrem
Wagen gestiegen war; giengen sie für ihnen
her/ biß zu dem Tanfanischen Tempel. Da-
selbst blieben sie stehen; und wurden in einem
Kreiße von denen sie begleitenden Fürsten um-
geben. Auff Seiten der Fürstlichen Braut
vertrat an statt des abwesenden Segesthes Her-
tzog Arpus die Vater- und Erdmuth seine Ge-
mahlin/ als Thußneldens nahe Base/ die Mut-
ter-Stelle. Ein alter Priester kam hierauff/
und erkundigte sich: Ob die Einwilligung der
Verlobten/ und die sonst darzu nöthigen Hey-
rathsbedingungen ihre Richtigkeit hätten? Denn
ob zwar das Recht der Völcker der Eltern
Willen zu der Kinder Verehligung mehr zum
Wolstande/ als Wesen ihrer Eh erfordert; hei-
schen selbten doch die ehrbaren Deutschen als
eine unentpehrliche Nothwendigkeit; wiewol
die einmahl den Kindern gegebene Einwilli-
gung hernach keine Reue verstattet. Diesemnach
denn Hertzog Arpus dem Priester antwortete:
Segesthes hätte bey der Aufopfferung der Rö-
mischen Gefangenen in Anwesenheit vieler
Priester und aller gegenwärtigen Fürsten/
Hertzog Herrmanns und Thußneldens Hey-
rath gut gesprochen. Weßwegen ihr Bru-
der Fürst Sigismund selbst sich zum Opffer-
Feuer näherte/ in eine Feuer-Sorge eine
[Spaltenumbruch] Schauffel voll glüende Kohlen schüttete/ auff
einen Teller aber Brod und Saltz legte/ und
diß dem Hertzog Arpus reichte/ und selbtes an
statt des Vatern Thußnelden zum Merckmale:
daß sie nun einen eigenen Tisch und Heerd he-
gen möchte/ einhändigte.

Wie nun dieser Priester sich hiermit aller-
dings vergnügt zu seyn erklärte; ließ der Feld-
herr ein Joch zusammen gespannter weissen
Ochsen/ und ein schneeweisses Pferd mit Sat-
tel und Zeug/ eine Lantze/ einen Schild und ein
Schwerd herbringen; welches er nach der
streitbaren Deutschen Art der Fürstin Thuß-
nelde zum Braut-Schatze überliefferte. Sin-
temahl dieses Volck weiblichen Schmuck und
zärtliche Geschäncke bey ihren Vermählungen
viel zu verächtlich hält; sondern sich durch obige
raue Gaben mit einander vereinbart/ und hier-
mit klärer/ als die Grichen und Römer/ die der
Bräute Haar mit einer Lantze zu zertheilen
pflegten/ andeutete: daß beyde Ehleute im
Frieden/ Arbeits-im Kriege Kampffs-Gefär-
then seyn würden. Die freudige Thußnelde
nahm diese Geschäncke mit einer anmuthigen
Ehrerbietung an/ und vermeldete: Sie über-
nehme mit dieser Freygebigkeit ihres Gebie-
ters und Eh-Herrn Herrschafft über sich; zum
Kennzeichen des kräfftigsten Seelen-Bandes/
und des geheimen Heiligthums/ in welchem die
Göttliche Liebe durch das reine Feuer keusch-
verlobter Hertzen verehret würde. Sie würde
an dem grossen Fürsten Herrmann seine Tu-
genden ihr zu einem Spiegel ihres Lebens die-
nen lassen/ und um seinen Befehlen durch Ge-
horsam fürzukommen sich bemühen seinen Wil-
len ihm an den Augen anzusehen. Sie wolte
bey Glück und Unglück alle seine Zufälle für
die ihrigen schätzen; und bey der Ruhe mit ihm
den Pflug halten; bey der Gefahr mit ihm den
Harnisch anziehen/ und diese Waffen für ihn/
und das Vaterland brauchen. Sie hätte ihr
fürgenommen mit ihm tugendhafft zu leben/

und

Arminius und Thußnelda.
[Spaltenumbruch] thaͤt das Tigerſcheckichte Pferd/ auf welchem
der Feldherr zwiſchen dem Hertzog Arpus und
Flavius daher ritt/ ſo viel mehr Saͤtze und
Lufft-Springe. Welchen denn alle andere
Fuͤrſten zu Pferde nichts weniger/ als die Koͤ-
nigin Erato/ die Hertzogin der Catten/ ihre
Tochter/ und viel andere Fuͤrſten begleiteten.

Bey dem Eingange des heiligen Heynes
ſtanden zwoͤlff Prieſter in ſchneeweißen Klei-
dern/ mit Lorbern bekraͤntzet; in den Haͤnden
hatten ſie verguͤldete Sicheln/ und Eiſenkraut.
Nach dem ſie beyde Verlobte mit einem Segen
bewillkommt/ und das geweihte Kraut ihnen
auf das Haupt geſtreuet hatten/ der Feldherr
auch von ſeinem Pferde/ Thußnelde von ihrem
Wagen geſtiegen war; giengen ſie fuͤr ihnen
her/ biß zu dem Tanfaniſchen Tempel. Da-
ſelbſt blieben ſie ſtehen; und wurden in einem
Kreiße von denen ſie begleitenden Fuͤrſten um-
geben. Auff Seiten der Fuͤrſtlichen Braut
vertrat an ſtatt des abweſenden Segeſthes Her-
tzog Arpus die Vater- und Erdmuth ſeine Ge-
mahlin/ als Thußneldens nahe Baſe/ die Mut-
ter-Stelle. Ein alter Prieſter kam hierauff/
und erkundigte ſich: Ob die Einwilligung der
Verlobten/ und die ſonſt darzu noͤthigen Hey-
rathsbedingungen ihre Richtigkeit haͤtten? Deñ
ob zwar das Recht der Voͤlcker der Eltern
Willen zu der Kinder Verehligung mehr zum
Wolſtande/ als Weſen ihrer Eh erfordert; hei-
ſchen ſelbten doch die ehrbaren Deutſchen als
eine unentpehrliche Nothwendigkeit; wiewol
die einmahl den Kindern gegebene Einwilli-
gung heꝛnach keine Reue veꝛſtattet. Dieſemnach
denn Hertzog Arpus dem Prieſter antwortete:
Segeſthes haͤtte bey der Aufopfferung der Roͤ-
miſchen Gefangenen in Anweſenheit vieler
Prieſter und aller gegenwaͤrtigen Fuͤrſten/
Hertzog Herrmanns und Thußneldens Hey-
rath gut geſprochen. Weßwegen ihr Bru-
der Fuͤrſt Sigismund ſelbſt ſich zum Opffer-
Feuer naͤherte/ in eine Feuer-Sorge eine
[Spaltenumbruch] Schauffel voll gluͤende Kohlen ſchuͤttete/ auff
einen Teller aber Brod und Saltz legte/ und
diß dem Hertzog Arpus reichte/ und ſelbtes an
ſtatt des Vatern Thußnelden zum Merckmale:
daß ſie nun einen eigenen Tiſch und Heerd he-
gen moͤchte/ einhaͤndigte.

Wie nun dieſer Prieſter ſich hiermit aller-
dings vergnuͤgt zu ſeyn erklaͤrte; ließ der Feld-
herr ein Joch zuſammen geſpannter weiſſen
Ochſen/ und ein ſchneeweiſſes Pferd mit Sat-
tel und Zeug/ eine Lantze/ einen Schild und ein
Schwerd herbringen; welches er nach der
ſtreitbaren Deutſchen Art der Fuͤrſtin Thuß-
nelde zum Braut-Schatze uͤberliefferte. Sin-
temahl dieſes Volck weiblichen Schmuck und
zaͤrtliche Geſchaͤncke bey ihren Vermaͤhlungen
viel zu veraͤchtlich haͤlt; ſondern ſich durch obige
raue Gaben mit einander vereinbart/ und hier-
mit klaͤrer/ als die Grichen und Roͤmer/ die der
Braͤute Haar mit einer Lantze zu zertheilen
pflegten/ andeutete: daß beyde Ehleute im
Frieden/ Arbeits-im Kriege Kampffs-Gefaͤr-
then ſeyn wuͤrden. Die freudige Thußnelde
nahm dieſe Geſchaͤncke mit einer anmuthigen
Ehrerbietung an/ und vermeldete: Sie uͤber-
nehme mit dieſer Freygebigkeit ihres Gebie-
ters und Eh-Herrn Herrſchafft uͤber ſich; zum
Kennzeichen des kraͤfftigſten Seelen-Bandes/
und des geheimen Heiligthums/ in welchem die
Goͤttliche Liebe durch das reine Feuer keuſch-
verlobter Hertzen verehret wuͤrde. Sie wuͤrde
an dem groſſen Fuͤrſten Herrmann ſeine Tu-
genden ihr zu einem Spiegel ihres Lebens die-
nen laſſen/ und um ſeinen Befehlen durch Ge-
horſam fuͤrzukommen ſich bemuͤhen ſeinen Wil-
len ihm an den Augen anzuſehen. Sie wolte
bey Gluͤck und Ungluͤck alle ſeine Zufaͤlle fuͤr
die ihrigen ſchaͤtzen; und bey der Ruhe mit ihm
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und das Vaterland brauchen. Sie haͤtte ihr
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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1175[1177]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1241>, abgerufen am 23.11.2024.