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Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689.

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Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] nenberg aber besonders die vorhin mit Erstau-
nen besichtigte Grabe Spitzen in Egypten
nicht genung zu verachten wuste. Ariovist fieng
hierauff an: Es ist nicht ohne: daß die Herrlig-
keit dieses Begräbnüßes allen andern in der
Welt die Wage hält; zumahl ich euch versichern
kan: daß dieser Kristallene Riese gediegenes
Gold zu seinem Fuße hat. Wie er denn ihnen
selbtes mit Wegstossung der obigen gleichsam
gläsernen Schale/ welche von dem abspritzen-
den Versteinerungs-Wasser über den Bodem
gemacht war/ augenscheinlich zeigte/ und sodenn
ferner fort fuhr: Aber ich halte die Kostbarkeit
und die Tauerhafftigkeit dieses Grabes an sich
selbst für kein so grosses Wesen. Jene ist ein
vergrabener Schatz/ welcher wenig Menschen
in das Auge kommt; und wenn ihr mich nicht
zum Ausleger gehabt hättet; würdet ihr so we-
nig errathen haben: daß der grosse Thuiseo
darinnen begraben ist; als die Egyptier zu sa-
gen wissen: wer in ihren Grabe-Spitzen beer-
digt sey. Die andere ist ebenfalls der Vergäng-
ligkeit unterworffen/ als die Leichen selbst/ wel-
che/ wenn sie nicht Feuer oder Fäulnüß verzeh-
ret/ doch Würmer und Ratten fressen. Sinte-
mahl die Eitelkeit nicht nur über/ sondern auch
unter der Erden ihre Herrschafft hat/ und durch
Erdbeben gantze Gebürge und Flüsse verschlu-
cket; durch Schweffel-Brände Ertzt und Fel-
sen einäschert; durch Gewässer die geräumsten
Hölen ersäuffet. Massen denn auch falsch ist:
daß der Blitz kein Grab versehre. Sintemahl
des Gesetzgebers Lycur gus/ und des Tichters
Euripides davon zermalmet worden; und ist die
hieraus auf selbiger Todten Vergötterung ge-
zogene Auslegung nur für eine abgöttische Heu-
cheley zu halten. Es ist aber die Vergänglig-
keit in unterirrdischen Klüfften so viel weniger
zu verwundern; weil die Eitelkeit für längst ü-
ber das Rad der Sonnen sich geschwungen/ und
unterschiedene Sternen wo nicht vertilget/ doch
in dem Gesichte der Menschen ausgelescht hat.
[Spaltenumbruch] Ja mein Sothischer Weltweiser hat mir nicht
nur unterschiedene Merckmahle abnehmender
Sternen gewiesen/ sondern mich auch versi-
chert: daß mit der Zeit vier Sternen in dem Zei-
chen des Schiffes zwischen dem Hintertheile
und denen Rudern/ einer in dem rechten Ohre
des Hundes/ in dem Schnabel des Rabens/ der
sechste im Krebse/ einer ins Ganimedes Knie/
der letzte im Schwantze der Schlange/ und der
helleuchtende im Medusen-Haupte mit der
Zeit gar oder grossen theils verschwinden; Hin-
gegen einer im Mast-Baume/ der eilffte im Lö-
wen/ der neblichte im Schwantze des Scorpion
sich ver grössern/ ja auf der Stirne des Hundes/
in der Caßiopea/ und im Wallfische gar neue
Sternen gebohren werden würden. Wenn
aber auch schon dieses oder einige andere Grä-
ber mit der Erd-Kugel selbst um die Tauerhaff-
tigkeit streiten könte; so scheinet es doch eine ewi-
ge Thorheit zu seyn/ nach Ruhm unter den
Todten streben; und aus dem Grabe eine Son-
ne machen; wenn zumahl einer im Leben kaum
ein Stern der sechsten Gattung/ oder einer der-
selben gewest ist/ die in der Milch-Strasse sich
gar nicht erkiesen lassen. Sintemahl wie die
prächtigen Grab-Maale/ welche Evagoras
und Miltiades ihren auf den Olympischen
Schau-Spielen obsiegenden Pferden/ Lacydes
seiner Ganß/ die Römer einem Raben/ andere
Hunden aufgerichtet/ diese Thiere in keine bes-
sere verwandeln; also werden todte Wercke in
kalten Steinen nicht lebhaft/ und düncken mich
die/ welche nicht durch ruhmwürdiges Begin-
nen die Tage ihres Lebens/ sondern durch Ge-
pränge der Ehren-Maale die Nacht ihres To-
des zu erleuchten vermeinen/ nicht besser/ als die
gläntzenden Feuer-Würmer zu seyn/ welche im
Finstern dem Golde/ in dem Tage verächtli-
chem Kothe gleichen. Alles was nicht die Tu-
gend zum Grunde/ und die Ewigkeit der See-
le zum Absehen hat/ ist vergänglicher Rauch.
Frist die Zeder nicht der Wurm/ das Ertzt nicht

der

Siebendes Buch
[Spaltenumbruch] nenberg aber beſonders die vorhin mit Erſtau-
nen beſichtigte Grabe Spitzen in Egypten
nicht genung zu verachten wuſte. Arioviſt fieng
hierauff an: Es iſt nicht ohne: daß die Herrlig-
keit dieſes Begraͤbnuͤßes allen andern in der
Welt die Wage haͤlt; zumahl ich euch verſichern
kan: daß dieſer Kriſtallene Rieſe gediegenes
Gold zu ſeinem Fuße hat. Wie er denn ihnen
ſelbtes mit Wegſtoſſung der obigen gleichſam
glaͤſernen Schale/ welche von dem abſpritzen-
den Verſteinerungs-Waſſer uͤber den Bodem
gemacht war/ augenſcheinlich zeigte/ und ſodeñ
ferner fort fuhr: Aber ich halte die Koſtbarkeit
und die Tauerhafftigkeit dieſes Grabes an ſich
ſelbſt fuͤr kein ſo groſſes Weſen. Jene iſt ein
vergrabener Schatz/ welcher wenig Menſchen
in das Auge kommt; und wenn ihr mich nicht
zum Ausleger gehabt haͤttet; wuͤrdet ihr ſo we-
nig errathen haben: daß der groſſe Thuiſeo
darinnen begraben iſt; als die Egyptier zu ſa-
gen wiſſen: wer in ihren Grabe-Spitzen beer-
digt ſey. Die andere iſt ebenfalls der Vergaͤng-
ligkeit unterworffen/ als die Leichen ſelbſt/ wel-
che/ wenn ſie nicht Feuer oder Faͤulnuͤß verzeh-
ret/ doch Wuͤrmer und Ratten freſſen. Sinte-
mahl die Eitelkeit nicht nur uͤber/ ſondern auch
unter der Erden ihre Herꝛſchafft hat/ und durch
Erdbeben gantze Gebuͤrge und Fluͤſſe verſchlu-
cket; durch Schweffel-Braͤnde Ertzt und Fel-
ſen einaͤſchert; durch Gewaͤſſer die geraͤumſten
Hoͤlen erſaͤuffet. Maſſen denn auch falſch iſt:
daß der Blitz kein Grab verſehre. Sintemahl
des Geſetzgebers Lycur gus/ und des Tichters
Euripides davon zermalmet worden; und iſt die
hieraus auf ſelbiger Todten Vergoͤtterung ge-
zogene Auslegung nur fuͤr eine abgoͤttiſche Heu-
cheley zu halten. Es iſt aber die Vergaͤnglig-
keit in unterirrdiſchen Kluͤfften ſo viel weniger
zu verwundern; weil die Eitelkeit fuͤr laͤngſt uͤ-
ber das Rad der Sonnen ſich geſchwungen/ und
unterſchiedene Sternen wo nicht vertilget/ doch
in dem Geſichte der Menſchen ausgeleſcht hat.
[Spaltenumbruch] Ja mein Sothiſcher Weltweiſer hat mir nicht
nur unterſchiedene Merckmahle abnehmender
Sternen gewieſen/ ſondern mich auch verſi-
chert: daß mit der Zeit vier Sternen in dem Zei-
chen des Schiffes zwiſchen dem Hintertheile
und denen Rudern/ einer in dem rechten Ohre
des Hundes/ in dem Schnabel des Rabens/ der
ſechſte im Krebſe/ einer ins Ganimedes Knie/
der letzte im Schwantze der Schlange/ und der
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Zeit gar oder groſſen theils verſchwinden; Hin-
gegen einer im Maſt-Baume/ der eilffte im Loͤ-
wen/ der neblichte im Schwantze des Scorpion
ſich ver groͤſſern/ ja auf der Stirne des Hundes/
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Sternen gebohren werden wuͤrden. Wenn
aber auch ſchon dieſes oder einige andere Graͤ-
ber mit der Erd-Kugel ſelbſt um die Tauerhaff-
tigkeit ſtreiten koͤnte; ſo ſcheinet es doch eine ewi-
ge Thorheit zu ſeyn/ nach Ruhm unter den
Todten ſtreben; und aus dem Grabe eine Son-
ne machen; wenn zumahl einer im Leben kaum
ein Stern der ſechſten Gattung/ oder einer der-
ſelben geweſt iſt/ die in der Milch-Straſſe ſich
gar nicht erkieſen laſſen. Sintemahl wie die
praͤchtigen Grab-Maale/ welche Evagoras
und Miltiades ihren auf den Olympiſchen
Schau-Spielen obſiegenden Pferden/ Lacydes
ſeiner Ganß/ die Roͤmer einem Raben/ andere
Hunden aufgerichtet/ dieſe Thiere in keine beſ-
ſere verwandeln; alſo werden todte Wercke in
kalten Steinen nicht lebhaft/ und duͤncken mich
die/ welche nicht durch ruhmwuͤrdiges Begin-
nen die Tage ihres Lebens/ ſondern durch Ge-
praͤnge der Ehren-Maale die Nacht ihres To-
des zu erleuchten vermeinen/ nicht beſſer/ als die
glaͤntzenden Feuer-Wuͤrmer zu ſeyn/ welche im
Finſtern dem Golde/ in dem Tage veraͤchtli-
chem Kothe gleichen. Alles was nicht die Tu-
gend zum Grunde/ und die Ewigkeit der See-
le zum Abſehen hat/ iſt vergaͤnglicher Rauch.
Friſt die Zeder nicht der Wurm/ das Ertzt nicht

der
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[1118[1120]/1182] Siebendes Buch nenberg aber beſonders die vorhin mit Erſtau- nen beſichtigte Grabe Spitzen in Egypten nicht genung zu verachten wuſte. Arioviſt fieng hierauff an: Es iſt nicht ohne: daß die Herrlig- keit dieſes Begraͤbnuͤßes allen andern in der Welt die Wage haͤlt; zumahl ich euch verſichern kan: daß dieſer Kriſtallene Rieſe gediegenes Gold zu ſeinem Fuße hat. Wie er denn ihnen ſelbtes mit Wegſtoſſung der obigen gleichſam glaͤſernen Schale/ welche von dem abſpritzen- den Verſteinerungs-Waſſer uͤber den Bodem gemacht war/ augenſcheinlich zeigte/ und ſodeñ ferner fort fuhr: Aber ich halte die Koſtbarkeit und die Tauerhafftigkeit dieſes Grabes an ſich ſelbſt fuͤr kein ſo groſſes Weſen. Jene iſt ein vergrabener Schatz/ welcher wenig Menſchen in das Auge kommt; und wenn ihr mich nicht zum Ausleger gehabt haͤttet; wuͤrdet ihr ſo we- nig errathen haben: daß der groſſe Thuiſeo darinnen begraben iſt; als die Egyptier zu ſa- gen wiſſen: wer in ihren Grabe-Spitzen beer- digt ſey. Die andere iſt ebenfalls der Vergaͤng- ligkeit unterworffen/ als die Leichen ſelbſt/ wel- che/ wenn ſie nicht Feuer oder Faͤulnuͤß verzeh- ret/ doch Wuͤrmer und Ratten freſſen. Sinte- mahl die Eitelkeit nicht nur uͤber/ ſondern auch unter der Erden ihre Herꝛſchafft hat/ und durch Erdbeben gantze Gebuͤrge und Fluͤſſe verſchlu- cket; durch Schweffel-Braͤnde Ertzt und Fel- ſen einaͤſchert; durch Gewaͤſſer die geraͤumſten Hoͤlen erſaͤuffet. Maſſen denn auch falſch iſt: daß der Blitz kein Grab verſehre. Sintemahl des Geſetzgebers Lycur gus/ und des Tichters Euripides davon zermalmet worden; und iſt die hieraus auf ſelbiger Todten Vergoͤtterung ge- zogene Auslegung nur fuͤr eine abgoͤttiſche Heu- cheley zu halten. Es iſt aber die Vergaͤnglig- keit in unterirrdiſchen Kluͤfften ſo viel weniger zu verwundern; weil die Eitelkeit fuͤr laͤngſt uͤ- ber das Rad der Sonnen ſich geſchwungen/ und unterſchiedene Sternen wo nicht vertilget/ doch in dem Geſichte der Menſchen ausgeleſcht hat. Ja mein Sothiſcher Weltweiſer hat mir nicht nur unterſchiedene Merckmahle abnehmender Sternen gewieſen/ ſondern mich auch verſi- chert: daß mit der Zeit vier Sternen in dem Zei- chen des Schiffes zwiſchen dem Hintertheile und denen Rudern/ einer in dem rechten Ohre des Hundes/ in dem Schnabel des Rabens/ der ſechſte im Krebſe/ einer ins Ganimedes Knie/ der letzte im Schwantze der Schlange/ und der helleuchtende im Meduſen-Haupte mit der Zeit gar oder groſſen theils verſchwinden; Hin- gegen einer im Maſt-Baume/ der eilffte im Loͤ- wen/ der neblichte im Schwantze des Scorpion ſich ver groͤſſern/ ja auf der Stirne des Hundes/ in der Caßiopea/ und im Wallfiſche gar neue Sternen gebohren werden wuͤrden. Wenn aber auch ſchon dieſes oder einige andere Graͤ- ber mit der Erd-Kugel ſelbſt um die Tauerhaff- tigkeit ſtreiten koͤnte; ſo ſcheinet es doch eine ewi- ge Thorheit zu ſeyn/ nach Ruhm unter den Todten ſtreben; und aus dem Grabe eine Son- ne machen; wenn zumahl einer im Leben kaum ein Stern der ſechſten Gattung/ oder einer der- ſelben geweſt iſt/ die in der Milch-Straſſe ſich gar nicht erkieſen laſſen. Sintemahl wie die praͤchtigen Grab-Maale/ welche Evagoras und Miltiades ihren auf den Olympiſchen Schau-Spielen obſiegenden Pferden/ Lacydes ſeiner Ganß/ die Roͤmer einem Raben/ andere Hunden aufgerichtet/ dieſe Thiere in keine beſ- ſere verwandeln; alſo werden todte Wercke in kalten Steinen nicht lebhaft/ und duͤncken mich die/ welche nicht durch ruhmwuͤrdiges Begin- nen die Tage ihres Lebens/ ſondern durch Ge- praͤnge der Ehren-Maale die Nacht ihres To- des zu erleuchten vermeinen/ nicht beſſer/ als die glaͤntzenden Feuer-Wuͤrmer zu ſeyn/ welche im Finſtern dem Golde/ in dem Tage veraͤchtli- chem Kothe gleichen. Alles was nicht die Tu- gend zum Grunde/ und die Ewigkeit der See- le zum Abſehen hat/ iſt vergaͤnglicher Rauch. Friſt die Zeder nicht der Wurm/ das Ertzt nicht der

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Zitationshilfe: Lohenstein, Daniel Casper von: Großmüthiger Feldherr Arminius oder Herrmann. Bd. 1. Leipzig, 1689, S. 1118[1120]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lohenstein_feldherr01_1689/1182>, abgerufen am 23.11.2024.